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Auslegungsfragen zur Schrott-Umsatzsteuerverordnung

BMFBMF-010219/0408-VI/4/20075.11.20072007

Zur Schrott-Umsatzsteuerverordnung sind Auslegungsfragen aufgetreten, zu denen das Bundesministerium für Finanzen im Folgenden seine Rechtsauffassung mitteilt.

1. Allgemeines (zu § 1 der Verordnung)

Bei den von der Schrott-Umsatzsteuerverordnung, BGBl. II Nr. 129/2007, erfassten Umsätzen kommt es zum Übergang der Steuerschuld unabhängig davon, ob ein inländischer oder ausländischer leistender Unternehmer vorliegt und ob ein inländischer oder ausländischer Unternehmer Leistungsempfänger ist.

Zu einem Übergang der Steuerschuld kann es allerdings nur kommen, wenn eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Leistung erbracht wird.

Entsteht gar keine Steuerschuld, kann auch keine Steuer übergehen. Dies ist zB der Fall bei

Erbringt ein pauschalierter Landwirt Leistungen im Sinne der Verordnung (zB er liefert unbrauchbare Maschinen an einen Schrotthändler), kommt es zu keinem Übergang der Steuerschuld, da dies zu einer Kürzung des pauschalen Vorsteuerabzuges führen würde. Der pauschalierte Landwirt kann 12% Umsatzsteuer in Rechnung stellen (analog zu den Bauleistungen, siehe UStR 2000 Rz 2602b).

2. Lieferung von in der Anlage aufgezählten Gegenständen (zu § 2 Z 1 und § 3 der Verordnung)

Die Auflistung der vom Übergang der Steuerschuld erfassten Gegenstände erfolgt zwecks weitgehender Vermeidung von Abgrenzungs- und Vollziehungsschwierigkeiten nach Zolltarifpositionen (siehe auch Punkt 6).

Beispiel 1:

Ein Schrotthändler veräußert Abfälle und Schrott aus Metallen (Z 10 bis Z 32 der Anlage zur Verordnung) an ein Stahlwerk und erhält hiefür ein Entgelt in Höhe von 1000 Euro (netto). In der Rechnung des Schrotthändlers (bzw. - bei Abrechnung mittels Gutschrift - in der Gutschrift des Stahlwerks) darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen sein; es ist nur der Nettobetrag in Rechnung zu stellen. Es kommt zum Übergang der Steuerschuld in Höhe von 200 Euro (20% von 1000 Euro) auf das Stahlwerk, das diesen Betrag bei Zutreffen der Voraussetzungen als Vorsteuer abziehen kann.

Werden nicht mehr gebrauchsfähige Gegenstände geliefert, die sich aus mehreren Stoffen zusammensetzen (Verbundstoffe), so kommt es zum Übergang der Steuerschuld, wenn das Entgelt überwiegend für einen oder mehrere im Gegenstand enthaltene Stoffe, die in der Anlage zur Verordnung genannt sind, geleistet wird. Es kommt hier insgesamt zum Übergang der Steuerschuld, auch wenn für andere Teile des Gegenstandes, die in der Verordnung nicht genannt sind, ebenfalls ein Entgelt geleistet wird.

Bei durch Bruch, Verschleiß oder aus ähnlichen Gründen nicht mehr gebrauchsfähigen Maschinen, Elektro- und Elektronikgeräten, Heizkesseln und bei Autowracks ist davon auszugehen, dass sie unter die von der Verordnung erfassten Gegenstände fallen.

3. Sonstige Leistungen (zu § 2 Z 2 der Verordnung)

Von den sonstigen Leistungen sind die in der Verordnung taxativ aufgezählten Leistungen (Sortieren, Zerschneiden, Zerteilen einschließlich Demontage, und Pressen) im Zusammenhang mit in der Anlage zur Verordnung genannten Gegenständen erfasst.

Nicht erfasst von der Verordnung sind daher zB folgende Leistungen:

Beispiel 2:

Altelektrogeräte, Altpapier, Altglas, gebrauchte Getränkedosen oder andere in der Verordnung genannte Gegenstände werden zu einem Unternehmer U (Entsorgungsunternehmer, Deponie, Betreiber einer Schredderanlage etc.) gebracht, wobei die Verfügungsmacht über diese Gegenstände auf den Unternehmer U übergeht. Für die Entgegennahme der Gegenstände wird vom Unternehmer U eine Gebühr verrechnet. Diese Leistung (Entgegennahme der Gegenstände zwecks ordnungsgemäßer Behandlung, Entsorgung etc.) ist vom Übergang der Steuerschuld nicht betroffen. Der entgegennehmende Unternehmer U muss Umsatzsteuer in Rechnung stellen, wobei der ermäßigte Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z 13 UStG 1994 zur Anwendung kommen kann.

Auf welche Weise der Unternehmer die Abfallstoffe behandelt (zB Zerteilen, Zerschneiden), entsorgt (Verbrennen, Deponieren etc) oder zur Entsorgung weitergibt bzw. ob die Gegenstände einer Wiederverwertung zuführt werden, ist hiebei unerheblich.

Anders ist der Fall dann gelagert, wenn von der Verordnung erfasste Abfallstoffe einem anderen Unternehmer (Auftragnehmer) mit dem Auftrag übergeben werden, eine oder mehrere in § 2 Z 2 der Verordnung genannte Leistungen zu erbringen und die Verfügungsmacht über diese Gegenstände weder vor noch nach der Erbringung der sonstigen Leistungen auf den Auftragnehmer übergeht.

Beispiel 3:

Ein Abfallbeseitigungsunternehmer übergibt einem Schredderunternehmer Altmetalle mit dem Auftrag, diese zu sortieren und zu zerschneiden (oder Altpapier zu schreddern). Nach dieser Bearbeitung wird das in der Verfügungsmacht des Abfallbeseitigungsunternehmers verbleibende Material von diesem veräußert. Die Leistungen des Schredderunternehmers fallen unter § 2 Z 2 der Verordnung (Übergang der Steuerschuld auf den Abfallbeseitigungsunternehmer).

Werden in der Verordnung genannte sonstige Leistungen betreffend überwiegend von der Verordnung erfasste Gegenstände erbracht, kommt es insgesamt zum Übergang der Steuerschuld (zB Sortieren von überwiegend von der Verordnung erfassten Verpackungsabfällen).

Wird für mehrere sonstige Leistungen, die nur teilweise unter § 2 Z 2 der Verordnung fallen, ein einheitliches Entgelt verrechnet, so kann von einer einheitlichen Leistung ausgegangen werden. Zum Übergang der Steuerschuld kommt es in diesen Fällen, wenn die in § 2 Z 2 der Verordnung genannten Leistungen wertmäßig überwiegen.

Bei Beförderungsleistungen im Zusammenhang mit der Lieferung von in der Anlage zur Verordnung genannten Gegenständen bzw. im Zusammenhang mit von der Verordnung erfassten sonstigen Leistungen handelt es sich in der Regel um unselbständige Nebenleistungen.

Wird von einem zB Entsorgungsunternehmer für die Entgegennahme von Abfallstoffen ein (Entsorgungs-)Entgelt verlangt und von diesem Unternehmer andererseits für die Abfallstoffe ein Entgelt bezahlt (der Materialwert vergütet), liegen grundsätzlich getrennte Leistungen vor.

Beispiel 4:

Für die Entgegennahme zur Entsorgung von unter die Verordnung fallenden Gegenständen (zB nicht mehr gebrauchsfähige Maschinen oder Altpapier) verrechnet der Entsorgungsunternehmer, in dessen Verfügungsmacht die Gegenstände übergehen, dem Übergeber (zB Industrieunternehmen oder Druckerei) ein Entgelt in Höhe von 1000 Euro (netto). Diese Leistung des Entsorgungsunternehmers ist von der Verordnung nicht erfasst. Der Entsorgungsunternehmer stellt 1000 Euro zuzüglich 100 Euro USt (10% von 1000 Euro) in Rechnung. Für das in den entgegengenommenen Gegenständen enthaltene Material (im Beispielsfall Eisen oder Papier) leistet der Entsorgungsunternehmer (unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt) ein Entgelt in Höhe von 200 Euro (netto). Dieses Entgelt wird für die Lieferung von unter die Verordnung fallenden Gegenständen geleistet (Lieferer ist das Industrieunternehmen/die Druckerei) und es kommt diesbezüglich zum Übergang der Steuerschuld (in Höhe von 40 Euro) vom Industrieunternehmen bzw. von der Druckerei auf den Entsorgungsunternehmer.

Werden diese Leistungen nicht gesondert verrechnet, sondern erfolgt von vornherein eine (pauschale) Gegenverrechnung bzw. wird für das entgegengenommene Material überhaupt kein Entgelt geleistet, kann von einer einzigen Leistung ausgegangen werden.

Beispiel 5:

Für die Entgegennahme zur Entsorgung von unter die Verordnung fallenden Gegenständen verrechnet der Entsorgungsunternehmer, in dessen Verfügungsmacht die Gegenstände übergehen, dem Übergeber ein Entgelt in Höhe von 800 Euro (netto). Eine gesonderte Vergütung des Materialwertes der übergebenen Gegenstände erfolgt nicht. Es kommt zu keinem Übergang der Steuerschuld. Der Entsorgungsunternehmer stellt 800 Euro zuzüglich 80 Euro USt (10% von 800 Euro) in Rechnung.

Getrennte Leistungen werden jedenfalls bei Containervermietung und Abtransport der Abfallstoffe einerseits (normale Umsatzbesteuerung) und Entgeltzahlung für die Abfallstoffe andererseits (Übergang der Steuerschuld) vorliegen.

4. Steuersatz

Grundsätzlich kommt für die vom Übergang der Steuerschuld erfassten Umsätze der Normalsteuersatz zur Anwendung. In Ausnahmefällen kann es im Bereich der von der Verordnung erfassten sonstigen Leistungen zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes kommen.

Beispiel 6:

Ein Entsorgungsunternehmer A sortiert und zerkleinert (schreddert) für einen anderen mit der Abfallentsorgung befassten Unternehmer B Altmetalle, die in der Verfügungsmacht des B verbleiben. Der Unternehmer A erbringt eine im Sinne der Judikatur des VwGH als Müllbeseitigung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z 13 UStG 1994 zu qualifizierende Leistung, für die der ermäßigte Steuersatz angewendet werden kann. Es kommt zum Übergang der Steuerschuld von A auf B. In der Rechnung darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen sein und es wäre - zusätzlich zu den sonstigen Rechnungsmerkmalen (siehe Punkt 5) - auf die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes hinzuweisen.

Es bestehen keine Einwände, wenn auch in diesen Fällen im Interesse der leichteren (buchhalterischen) Handhabung die übergegangene Steuer mit dem Normalsteuersatz berechnet wird.

5. Rechnungslegung, Eintragung in der Umsatzsteuervoranmeldung (Umsatzsteuererklärung), Umsatzsteuererstattung

Wie bei allen anderen Fällen des Übergangs der Steuerschuld ist auch im gegenständlichen neuen Anwendungsfall die Rechnung netto (ohne USt) zu legen und in der Rechnung (neben der UID-Nummer des leistenden Unternehmers) auch die UID-Nummer des Leistungsempfängers anzuführen (unabhängig von der Höhe des Rechnungsbetrages) sowie auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen (siehe § 11 Abs. 1a UStG 1994 idF des BudgetbegleitG 2007). Dasselbe gilt bei Abrechnung mittels Gutschrift. Es handelt sich hiebei um Formvorschriften. Zum Übergang der Steuerschuld und zum allfälligen Vorsteuerabzug hinsichtlich der übergegangenen Steuer kommt es unabhängig davon, ob eine ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung oder überhaupt eine Rechnung vorliegt.

Der vorsteuerabzugsberechtigte Leistungsempfänger kann in derselben Umsatzsteuervoranmeldung (Steuererklärung), in der er die übergegangene Steuer erklärt (unter Kennzahl 057), diese Steuer als Vorsteuer geltend machen (Kennzahl 066). Der leistende Unternehmer erklärt die Bemessungsgrundlage für diese Umsätze unter Kennzahl 000 und zieht diese Umsätze unter Kennzahl 021 wieder ab.

Hat ein ausländischer Unternehmer nur sonstige Leistungen ausgeführt, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, hat er seine Vorsteuern im Erstattungsverfahren geltend zu machen, ausgenommen, wenn er selbst als Leistungsempfänger eine übergegangene Steuer schuldet (analog zu den Bauleistungen, siehe UStR 2000 Rz 2601).

Beispiel 7:

Ein Unternehmer, der weder Sitz noch Betriebsstätte in Österreich hat, demontiert und zerschneidet maschinelle Anlagen für ein österreichisches Industrieunternehmen. Die Leistung fällt unter § 2 Z 2 der Verordnung (Übergang der Steuerschuld auf das Industrieunternehmen). Allfällige Vorsteuern sind vom ausländischen Unternehmer im Erstattungsverfahren (gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 in der geltenden Fassung) geltend zu machen.

6. Aufgetretene Zweifelsfragen zu den in der Anlage zur Verordnung aufgezählten Gegenständen

Zu Nr. 3 (Schlacken, Aschen und Rückstände [ausgenommen solche der Eisen- und Stahlherstellung], die Metalle, Arsen oder deren Verbindungen enthalten):

Rückstände aus der Verbrennung von Siedlungsabfällen fallen auch dann nicht unter diese Ziffer, wenn sie Metalle enthalten; sie gehören in die Position 2621 der Kombinierten Nomenklatur und sind somit von der Verordnung nicht erfasst. Der Metallgehalt solcher Aschen und Rückstände ist für eine wirtschaftliche Wiedergewinnung der Metalle oder Metallverbindungen zu gering. Unter Siedlungsabfällen gelten solche Abfälle, die von Haushalten, Hotels, Restaurants, Krankenhäusern, Geschäften, Büros usw. entsorgt werden, und auch Abfälle der Straßenreinigung, sowie auch Abfälle von Bau- und Abbrucharbeiten.

Anmerkung: Bezüglich Schlacken aus der Eisen- und Stahlherstellung siehe Nr. 1 und 2 der Anlage zur Verordnung.

Zu Nr. 4 (Abfälle, Schnitzel und Bruch von Kunststoffen):

Unter Kunststoffe fällt auch Styropor.

Zu Nr. 5 (Abfälle, Bruch und Schnitzel von Weichkautschuk, auch zu Pulver oder Granulat zerkleinert):

Hierunter fallen auch zum Runderneuern ungeeignete, gebrauchte Reifen sowie Granulate aus Altreifen.

Zu Nr. 33 (Abfälle und Schrott von elektrischen Primärelementen, Primärbatterien und Akkumulatoren; ausgebrauchte elektrische Primärelemente, Primärbatterien und Akkumulatoren):

Hierunter fallen nicht mehr gebrauchsfähige Batterien und nicht mehr aufladbare Akkus.

Bundesministerium für Finanzen, 5. November 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 19 Abs. 1d UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Schrott-UStV, Schrott-Umsatzsteuerverordnung, BGBl. II Nr. 129/2007

Schlagworte:

Übergang der Steuerschuld, Schrott, Abfallstoffe

Verweise:

UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000 Rz 2602b
UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000 Rz 2601

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