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Betrieb einer schweizerischen Berghütte mit inländischem Hüttentransportdienst

BMFBMF-010221/0410-IV/4/200619.7.20062006

EAS 2746

Betreibt ein in Österreich ansässiger Unternehmer eine im schweizerischen Ski- und Wandergebiet gelegene profitable Berghütte und einen in Österreich als Taxibetrieb angemeldeten (verlustbringenden) Hüttentransportdienst, dann ist zunächst nach österreichischem Steuerrecht zu beurteilen, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliegt. Wird die Einheitlichkeit des Betriebes bejaht (vor allem weil der Taxibetrieb ausschließlich dem Personen- und Gütertransport von und zur Hütte dient) und wird aus dem einheitlichen Betrieb insgesamt ein Gewinn erzielt, kommt ein Herausschälen des verlustbringenden Hüttentransportdienstes unter dem Gesichtspunkt der Liebhaberei nicht in Betracht: Kleinste Beurteilungseinheit für die Liebhabereibetrachtung ist der Teilbetrieb (vgl. Punkt 2.2.2 der LRL, AÖF 1998/47). Sollte der Hüttenzubringerdienst sachverhaltsmäßig als Teilbetrieb zu qualifizieren sein (vgl. dazu EStR 2000 Rz 5579 ff), verbietet § 1 Abs. 3 der L-VO die Qualifikation des verlustbringenden Teilbetriebes als Liebhaberei. Sollte aber dem Hüttenzubringerdienst nicht die Qualität eines Teilbetriebes zukommen, kann eine isolierte Liebhabereiqualifikation im Bezug auf den Hüttenzubringerdienst nicht erfolgen. Die im Gesamtbetrieb anfallenden Gewinne unterliegen somit der österreichischen unbeschränkten Steuerpflicht; es sind daher diese Gewinne nach österreichischem Recht zu ermitteln und zwar auch dann, wenn die Hüttengewinne in der Schweiz in bloß pauschalierter Form steuerlich erfasst werden.

Bei Anwendung des DBA-Schweiz ist nun Folgendes zu beachten: Der schweizerische Hüttenbetrieb stellt nicht ein schweizerisches, sondern ein österreichisches Unternehmen dar, weil der Hüttenbetreiber in Österreich ansässig ist (Art. 3 Abs. 1 lit. c DBA-Schweiz). Das Besteuerungsrecht an den aus diesem Hüttenbetrieb erzielten Gewinnen steht daher gemäß Artikel 7 Abs. 1 DBA grundsätzlich der Republik Österreich zu; nur jener Teil des nach österreichischem Recht ermittelten Gesamtgewinnes, der nach Fremdüblichkeitsgrundsätzen (Art. 7 Abs. 2 DBA) der schweizerischen Betriebstätte zuzuordnen ist, ist aus der österreichischen Besteuerungsgrundlage auszuscheiden und in Österreich nur für Zwecke des Progressionsvorbehaltes anzusetzen.

Um diese Gewinnaufteilung vornehmen zu können ist zunächst in einem ersten Schritt eine Funktionsanalyse anzustellen. Hierbei wird es vermutlich offenkundig sein, dass die Routinefunktionen einer Berghütte (Gästeverköstigung und Gästebeherbergung, Lagerhaltung, kleinere Reparaturen usw.) der Berghüttenbetriebstätte zuzuordnen sind. Ob die für die Gewinnerzielung aber primär entscheidenden unternehmensstrategischen und unternehmensleitenden Funktionen (z.B. Werbeaktivitäten, Kontaktpflege mit gästebringenden Touristikunternehmen, Finanzierungsangelegenheiten und andere geschäftsleitende Aktivitäten) aber ebenfalls von der alpinen Berghütte aus ausgeübt werden, erscheint indessen fraglich und aufklärungsbedürftig. Sollte sich zeigen, dass der Hüttenbetriebstätte lediglich Routinefunktionen zuzuordnen sind, dann könnte der der Schweiz zu überlassende Gewinnteil durch eine Kostenaufschlagsmethode ermittelt werden, wobei der sodann verbleibende Restgewinn ("residual profit") als Abgeltung der höherwertigen Geschäftsleitungsfunktionen in Österreich zu versteuern wäre.

Sollte sich allerdings ergeben, dass auch die Geschäftsleitungsfunktionen tatsächlich der Berghütte zuzuordnen sind, dann wäre denkbar, die Österreich zuzuordnenden Transportfunktionen nach der Kostenaufschlagsmethodik abzugelten und den Restgewinn der Schweiz zur Besteuerung zu überlassen. Keinesfalls kann aber bei einem insgesamt gewinnbringenden österreichischen Unternehmen mit schweizerischer Betriebstätte Österreich nur ein Verlustanteil aus der Gästezubringung verbleiben.

Sollte von Parteienseite die Auffassung vertreten werden, dass Ergebniskorrekturen, die in einem Betriebsprüfungsverfahren unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen vorgenommen werden, zu einer Doppelbesteuerung mit der Schweiz führen, steht es ihr frei, zur zwischenstaatlichen Abstimmung der Gewinnaufteilung nach Artikel 25 DBA-Schweiz die Einleitung eines Verständigungsverfahrens mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung zu beantragen; ein solches Verständigungsverfahren steht aber dem Abschluss des laufenden Betriebsprüfungsverfahrens nicht entgegen; denn es gibt keine Verfahrensvorschrift, die es gebieten würde, die Abgabenfestsetzung erst nach Abschluss eines (beantragten) Verständigungsverfahrens vorzunehmen (VwGH 26.2.2004, 99/15/0127).

Bundesministerium für Finanzen, 19. Juli 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 3 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 7 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 7 Abs. 2 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 25 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975

Schlagworte:

Gewinnaufteilung, Betriebstätte, residual profit, Restgewinn, Kostenaufschlagsmethode, Verständigungsverfahren, LiebhabereiVO

Verweise:

VwGH 26.02.2004, 99/15/0127
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 5579
BMF 23.12.1997, 14 0661/6-IV/14/97, LRL 1997

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