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Gruppenerlass, Besteuerung von Unternehmensgruppen

BMFBMF-010216/0031-IV/6/20051.1.20052005Gruppenerlass, Besteuerung von Unternehmensgruppen

Mit dem Steuerreformgesetz 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, wurde unter anderem die Besteuerung von Unternehmensgruppen eingeführt. Das Bundesministerium für Finanzen gibt im Folgenden seine Rechtsansicht zur Auslegung der Bestimmungen des § 9 KStG 1988 in der Fassung des StRefG wieder. Über gesetzliche Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten werden dadurch nicht berührt.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 9 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988

Schlagworte:

Gruppenbesteuerung, Organschaften

2 Gruppenmitglieder

2.1 Allgemeines

Mit dem Begriff der Gruppenmitglieder werden nach § 9 Abs. 2 KStG 1988 alle Körperschaften angesprochen, die unter dem Gruppenträger in der Unternehmensgruppe vereinigt sind. Im Hinblick auf die mögliche vertikale Struktur verbundener Gruppenmitglieder ist der Begriff Gruppenmitglied doppelsinnig: Zum einen ist ein Gruppenmitglied in seiner Eigenschaft als untergeordnetes Gruppenmitglied "Beteiligungskörperschaft", zum anderen kann ein Gruppenmitglied in seiner Eigenschaft als übergeordnetes Gruppenmitglied auch "beteiligte Körperschaft" sein. Jede beteiligte Körperschaft ist zugleich auch Beteiligungskörperschaft. Beteiligte Körperschaften können nur inländische Körperschaften sein (siehe Pkt. 2.6.2).

Die Gruppenmitgliedschaft ist auf die in Abs. 2 taxativ aufgezählten Körperschaften beschränkt.

2.2 Rechtsform

Gruppenmitglieder als Beteiligungskörperschaft (untergeordnetes Gruppenmitglied) oder als beteiligte inländische Körperschaft (übergeordnetes Gruppenmitglied) können nach § 9 Abs. 2 erster TS KStG 1988 nur unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sein.

Nach § 5 KStG 1988 oder nach einem Sondergesetz persönlich von der Körperschaftsteuer befreite Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sind nur beschränkt körperschaftsteuerpflichtig und kommen daher als Gruppenmitglied nicht in Betracht. Ist eine subjektiv steuerbefreite Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft partiell unbeschränkt steuerpflichtig (siehe KStR 2001 Rz 142) und sind die Beteiligungen an gruppenfähigen Körperschaften dem unbeschränkt steuerpflichtigen Betrieb zuzurechnen, steht die subjektive Teilsteuerbefreiung der Eigenschaft dieser Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft als Gruppenmitglied nicht entgegen.

Nicht unbeschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaften können nach § 9 Abs. 2 zweiter TS KStG 1988 Gruppenmitglied sein, wenn sie mit einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft vergleichbar sind und innerhalb der Unternehmensgruppe "ausschließlich" mit inländischen Gruppenmitgliedern oder dem Gruppenträger finanziell verbunden sind (siehe Pkt. 2.6.1). Die Gruppenmitgliedschaft ist im Ausland auf eine Ebene begrenzt; Tochterkörperschaften von ausländischen Gruppenmitgliedern sind von der Unternehmensgruppe ausgeschlossen (siehe Pkt. 2.6.2).

2.3 Unternehmensgegenstand des Gruppenmitglieds

Die Qualifikation der in § 9 Abs. 2 KStG 1988 genannten Körperschaften als operativ oder vermögensverwaltend ist, abgesehen von der Frage der Zulässigkeit einer Firmenwertabschreibung (siehe Pkt. 7.2), ohne Bedeutung.

2.4 Vorgesellschaft

Eine Vorgesellschaft (dazu KStR 2001 Rz 120 bis 122) kann trotz fehlender Eintragung im Firmenbuch bereits Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger sein, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Kommt die Eintragung im Firmenbuch nicht zustande, ist die Vorgesellschaft steuerlich wie eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) zu behandeln und kann daher von Beginn an nicht Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger sein. Die bescheidmäßige Anerkennung der beantragten Unternehmensgruppe (siehe Pkt. 8.3.4) hat daher erst nach der Eintragung des Gruppenträgers und der Mitglieder zu erfolgen.

2.5 Doppelt ansässige Gruppenmitglieder

Aus § 7 Abs. 3 KStG 1988 und aus der gesetzlichen Normierung der doppelt ansässigen Körperschaften beim Gruppenträger (siehe Pkt. 3.3) ergibt sich, dass doppelt ansässige Körperschaften auch als Gruppenmitglieder in Betracht kommen (zur Einstufung als ausländische oder inländische Körperschaft siehe Pkt. 2.6.1). Sollte ein in- oder ausländisches Gruppenmitglied einer bestehenden Unternehmensgruppe doppelt ansässig werden, ergeben sich dadurch für den Gruppenaufbau keine Änderungen.

Beispiel:

a) Eine GmbH mit Geschäftsleitung und Sitz in Deutschland ist Mitglied einer Unternehmensgruppe. Verlegt die deutsche GmbH ihre Geschäftsleitung nach Österreich, wird sie zum unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglied. Da sie aber weiterhin keine "inländische" Körperschaft ist (siehe Pkt. 2.6.1), kann durch die Verlegung der Geschäftsleitung keine weitere ausländische Ebene (Tochtergesellschaft der deutschen GmbH) in die Unternehmensgruppe einbezogenen werden, weil als beteiligte (übergeordnete) Körperschaft nach dem Gesetzeswortlaut nur eine "inländische" Körperschaft in Betracht kommt.

b) Verlegt umgekehrt eine GmbH mit Geschäftsleitung und Sitz in Österreich die Geschäftsleitung ins Ausland, bleibt sie eine unbeschränkt steuerpflichtige "inländische" Kapitalgesellschaft. Die ausländischen Töchter der österreichischen GmbH ("erste Auslandsebene") können unverändert Gruppenmitglieder bleiben.

Bei doppelt ansässigen Gruppenmitgliedern sind, anders als bei doppelt ansässigen Gruppenträgern (siehe Pkt. 3.4), keine zusätzlichen Voraussetzungen wie die im Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassung und die Zurechnung der Beteiligung an Gruppenmitgliedern an die Zweigniederlassung erforderlich. Ein inländischer Betrieb oder eine inländische Betriebsstätte ist daher für ein doppelt ansässiges Gruppenmitglied nicht erforderlich.

2.6 Ausländische Gruppenmitglieder

2.6.1 Ausländische Körperschaft und Vergleichbarkeit

Nicht unbeschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaften kommen nach § 9 Abs. 2 zweiter TS KStG 1988 als Gruppenmitglieder in Betracht, wenn sie mit einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft vergleichbar sind. Eine "ausländische" Körperschaft liegt dann vor, wenn sich der Sitz der Körperschaft nicht in Österreich befindet. Ob eine ausländische Körperschaft mit einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft "vergleichbar" ist, ist aus dem Blickwinkel des österreichischen Gesellschaftsrechts zu beurteilen. Die ausländische Körperschaft muss hinsichtlich ihrer Wesensmerkmale einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft entsprechen (Typenvergleich, s. KStR 2001 Rz 551).

Steht ein ausländisches Gruppenmitglied seinerseits an der Spitze einer ausländischen nach ausländischem Abgabenrecht gebildeten "Gruppe" oder "Organschaft", kann nur das ausländische Gruppenmitglied individuell als solches in die (nationale) Gruppe einbezogen werden, weil nur das ausländische Gruppenmitglied einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft vergleichbar ist (siehe auch Pkt. 4 und Pkt. 6.6.4.1 zur "Nachverrechnung").

2.6.2 Ausschluss der Gruppenzugehörigkeit von Tochtergesellschaften von ausländischen Gruppenmitgliedern

Ein ausländisches Gruppenmitglied darf nach § 9 Abs. 2 zweiter TS KStG 1988 innerhalb der Unternehmensgruppe "ausschließlich" mit unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern oder dem Gruppenträger finanziell iSd § 9 Abs. 4 KStG 1988 verbunden sein. Die Gruppenbildung im Ausland ist daher auf eine Ebene begrenzt; ausländische Tochterkörperschaften eines ausländischen Gruppenmitglieds sind von der Unternehmensgruppe ausgeschlossen. Die erforderliche "ausschließliche" finanzielle Verbindung hat nur für die Gruppenzugehörigkeit Bedeutung, eine Beteiligung anderer nicht zur Gruppe gehörender Personen an der ausländischen Körperschaft hindert die Gruppenzugehörigkeit nicht.

Auch eine inländische Tochterkörperschaft eines ausländischen Gruppenmitglieds, die mit diesem gemäß § 9 Abs. 4 finanziell verbunden ist, kann nicht in die Unternehmensgruppe einbezogen werden, weil nach § 9 Abs. 2 KStG 1988 die "beteiligte Körperschaft" (übergeordnetes Gruppenmitglied) eine "inländische" Körperschaft sein muss. Tochterkörperschaften von ausländischen Gruppenmitgliedern sind daher von der Unternehmensgruppe unabhängig davon ausgeschlossen, ob die Tochterkörperschaft eine inländische oder eine ausländische Gesellschaft ist.

2.7 Gruppenmitglieder als Mitbeteiligte einer Beteiligungsgemeinschaft

Nach § 9 Abs. 2 KStG 1988 können inländische unbeschränkt steuerpflichtige Gruppenmitglieder auch Mitbeteiligte einer Beteiligungsgemeinschaft nach Maßgabe des Abs. 3 und des Abs. 4 sein (zu den Voraussetzungen der Beteiligungsgemeinschaft siehe Pkt. 3.5). Die Bildung einer Beteiligungsgemeinschaft ist daher auch auf einer "mittleren Ebene" einer Unternehmensgruppe möglich. Ausländische Gruppenmitglieder können nicht Mitbeteiligte einer Beteiligungsgemeinschaft sein.

Die hier angesprochene Beteiligungsgemeinschaft steht nicht an der Spitze der Unternehmensgruppe (dazu siehe Pkt. 3.5), weil es sich hier um Gruppenmitglieder handelt, die auch Mitbeteiligte einer Beteiligungsgemeinschaft sein können. Ob die anderen Mitbeteiligten der Beteiligungsgemeinschaft ebenfalls Gruppenmitglieder einer (anderen) Unternehmensgruppe sind oder nicht, ist für die Bildung der Beteiligungsgemeinschaft ohne Bedeutung.

Im Hinblick auf die in § 9 Abs. 4 beschriebenen Mindestbeteiligungsquoten (40% und 15%) können maximal fünf Mitbeteiligte eine Beteiligungsgemeinschaft bilden (40% + 15% +15% + 15% + 15%). Ob nur ein Mitbeteiligter einer Unternehmensgruppe angehört oder mehrere oder alle Mitbeteiligte(n) je einer Unternehmensgruppe angehören, ist nicht beachtlich.

Für die Anerkennung einer Gruppenmitglieder-Beteiligungsgemeinschaft ist Voraussetzung, dass ihr als Mitbeteiligte nur inländische unbeschränkt steuerpflichtige mitgliedsfähige Körperschaften angehören. Zur Beteiligungsgemeinschaft siehe insbesondere auch Pkt. 3.5 und Pkt. 4.3.7 bis 4.3.9.

2.8 Finanzielle Verbindung

Die Einbeziehung in eine Unternehmensgruppe setzt eine finanzielle Verbindung von mehr als 50% am Nennkapital und an den Stimmrechten voraus (siehe Pkt. 4). Ausländische Gruppenmitglieder dürfen in diesem Ausmaß nur mit unbeschränkt steuerpflichtigen inländischen Gruppenmitgliedern oder dem Gruppenträger finanziell verbunden sein. Bis zu einem Ausmaß von höchstens 50% können ausländische Gruppenmitglieder untereinander finanziell verbunden sein. Ist daher zB der inländische Gruppenträger GT am ausländischen Gruppenmitglied GM1 zu 100% beteiligt und GM1 am ausländischen Gruppenmitglied GM2 zu 50% beteiligt, kann GM2 in die Unternehmensgruppe einbezogen werden, wenn auch GT an GM2 (zB zu 10%) unmittelbar beteiligt ist.

 

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Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 9 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988

Schlagworte:

Gruppenbesteuerung, Organschaften

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