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Abgabenrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Flutwellenkatastrophe Asien

BMFBMF-010000/0010-IV/200519.1.20052005Abgabenrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Flutwellenkatastrophe Asien

Um Abgabepflichtige vor Rechtsnachteilen aus Anlass der Flutwellenkatastrophe zu bewahren und eine einheitliche Vorgangsweise sicher zu stellen wird Folgendes angeordnet:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955

1. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Schenkungssteuer

1.1 Abzugsfähigkeit von Spenden

Neben den bis 2001 in der Verwaltungspraxis anerkannten Sachspenden aus dem Waren- und Produktsortiment des Unternehmers (siehe dazu Rz 4837a EStR 2000) sind gemäß § 4 Abs. 4 Z 9 EStG 1988 ab der Veranlagung 2002 auch werbewirksame Geld- oder Sachspenden, die im Zusammenhang mit der Hilfestellung in Katastrophenfällen geleistet werden, als Betriebsausgaben abzugsfähig. Eine Angemessenheitsprüfung ist hinsichtlich werbewirksamer Katastrophenspenden nicht vorzunehmen.

Werbewirksamkeit der Zuwendungen (Spenden) ist u.a. gegeben,

Abzugsfähig sind auch werbewirksame Katastrophenspenden an Hilfsorganisationen oder Gemeinden, Direktspenden an Familien oder Einzelpersonen sowie Direktspenden an Arbeitnehmer des Unternehmers.

1.2 Schenkungssteuer - Abstandnahme von der Festsetzung

Die Finanzämter werden gemäß § 206 lit. a BAO angewiesen, für Spenden, die an die überlebenden Opfer der Flutwellenkatastrophe 2004 und/oder an ihre Familien ausgezahlt werden, von der Erhebung der Schenkungssteuer Abstand zu nehmen.

1.3 Außergewöhnliche Belastungen

Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden können im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden.

Unter Glaubhaftmachung des Aufenthalts in einer von der Flutwellenkatastrophe besonders stark betroffenen Region können als außergewöhnliche Belastung ohne Nachweis pauschal 1.000 € pro Erwachsener und 500 € pro Kind (bis 7 Jahre) abgesetzt werden. Mit diesem Pauschalbetrag sind alle Aufwendungen iSd § 34 Abs. 6 EStG 1988 abgegolten. Wird von der Pauschale nicht Gebrauch gemacht, richtet sich die Absetzbarkeit von Kosten für die Ersatzbeschaffung zerstörter Gegenstände oder für die Reparatur beschädigter Gegenstände nach Rz 838 ff der Lohnsteuerrichtlinien 2002. Danach können Kosten für die Ersatzbeschaffung glaubhaft gemachter zerstörter Gegenstände nur dann abgesetzt werden, wenn die zerstörten Gegenstände für die "übliche Lebensführung" benötigt werden (z.B. Bekleidung, Gepäck). Nicht absetzbar sind daher insbesondere Kosten für die Ersatzbeschaffung von "Luxusgütern", Sportgeräten oder Foto- und Film(Video)ausrüstungen (LStR 2002 Rz 838d ff).

Aufwendungen im Zusammenhang mit Kranken- oder Unfallheilbehandlungen oder Kosten für die Überführung und für das Begräbnis verstorbener Angehöriger werden von der Pauschale nicht erfasst und stellen nach den allgemeinen Grundsätzen eine außergewöhnliche Belastung dar (zu den Krankheitskosten siehe LStR 2002, Rz 902; zu den Begräbniskosten LStR 2002, Rz 890).

Angehörige von Flutwellenopfern, die aus Anlass der Flutwellenkatastrophe in die Katastrophenregion reisen, können ebenfalls pauschal ohne Selbstbehalt 1.000 € als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Mit diesem Pauschalbetrag sind alle Aufwendungen im Zusammenhang mit der Reise des Angehörigen in die Katastrophenregion abgedeckt. Wird der Pauschalbetrag nicht in Anspruch genommen, gelten die allgemeinen Grundsätze für den Abzug außergewöhnlicher Belastungen.

Zuschüsse der öffentlichen Hand sowie Ersatzleistungen durch Dritte (insbesondere Versicherungsleistungen) kürzen die außergewöhnliche Belastung bzw. den Pauschalbetrag, auch wenn sie erst in einem späteren Jahr zufließen (vgl. LStR 2002, Rz 822).

Verbleibende Detailauskünfte zu speziellen außergewöhnlichen Belastungen werden über die zentrale Hotline (siehe Pkt. 4.1) beantwortet.

2. Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben

2.1 Gebühren

Die Finanzämter werden angewiesen, gemäß § 206 lit.a BAO von der Erhebung folgender im Zusammenhang mit der Flutwellen-Katastrophe anfallender Gebühren nach dem Gebührengesetz 1957 Abstand zu nehmen:

a) Für notwendige Ersatzausstellungen von gebührenpflichtigen Schriften (zB Reisepässe, Führerscheine, Zulassungsscheine) und

b) für die Schadensfeststellung, Schadensabwicklung oder die Schadensbereinigung ausgestellter oder vorgelegter Schriften.

Nach Erbringung des entsprechenden Nachweises bzw. der Glaubhaftmachung ist auf der betreffenden Schrift der Vermerk "Keine Gebühren; Flutwelle 2004" anzubringen. Ist die Anbringung des Vermerks nicht möglich, so hat die die Schrift ausstellende Stelle in ihren Unterlagen die entsprechenden Abstandnahme von der Gebührenentrichtung festzuhalten. Für den Nachweis bzw die Glaubhaftmachung reicht es aus, den Aufenthalt in einem von der Flutwelle betroffenen Gebiet zu diesem Zeitpunkt zu dokumentieren.

Hinsichtlich Rechtsgeschäftsgebühren ist bei sinngemäßem Vorliegen der Voraussetzungen des Erlasses AÖFV 254/2002 in der Fassung AÖFV 53/2004 gleichfalls von der Gebührenerhebung Abstand zu nehmen.

Wurden für die unter lit. a oder b errichteten Schriften bereits Gebühren entrichtet, so sind diese vom für die Erhebung der Gebühren zuständigen Finanzamt auf Antrag rückzuerstatten.

2.2 Bundesverwaltungsabgaben

Für die durch die Flutkatastrophe 2004 veranlassten Amtshandlungen, die der Ersatzausstellung von Urkunden oder der Schadensfeststellung, Schadensabwicklung oder der Schadensbereinigung dienen, sind auch keine Bundesverwaltungsabgaben zu entrichten. Wurden Bundesverwaltungsabgaben hiefür bereits entrichtet, sind die entrichteten Beträge zu erstatten.

3. Einhebungs- und verfahrensrechtliche Regelungen

3.1 Fristversäumnisse

Bei vermissten Personen wird auf der Grundlage der bekannten Personendaten der Einhebungsdienst vorläufig durch eine zentrale Maßnahme ausgesetzt, so dass bis auf weiteres weder Maßnahmen der Abgabeneinhebung (z.B. Vorschreibung von Säumniszuschlägen) noch der Abgabeneinbringung (z.B. keine Einleitung von Vollstreckungshandlungen) gesetzt werden.

Bei Personen, die aus dem Katastrophengebiet bereits zurückgekehrt sind oder noch zurückkehren (einschließlich der Helfer und Angehörigen, die in das Katastrophengebiet gereist sind), sind die Konsequenzen von Fristversäumnissen (Verspätungszuschlag, Säumniszuschlag, Ablauf verfahrensrechtlicher Fristen usw.) unter Ausnützung der rechtlichen Möglichkeiten (§§ 217 Abs. 7, 236, 308 BAO) zu beseitigen. Dies gilt auch für Rechtsnachfolger von Todesopfern.

3.2 Zahlungserleichterungen

Ansuchen auf Zahlungserleichterung (Stundung, Entrichtung in Raten) von Betroffenen der Flutwellenkatastrophe sind im Rahmen der Ermessensübung einer großzügigen Erledigung zuzuführen.

4. Organisatorische Maßnahmen der Finanzverwaltung

4.1 Zentrale Hotline im Bundesministerium für Finanzen

Im Bundesministerium für Finanzen wird bei Generalsekretär Univ.-Prof. Dr. Peter Quantschnigg eine zentrale Hotline für telefonische Auskünfte und Mailauskünfte auf Grund von externen Anfragen und für Anfragen aus den Finanzämtern eingerichtet (0800 202 730). Der Informationsaustausch mit dem Bundesministerium für Inneres und dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten einerseits und den Finanzämtern andererseits wird durch das Bundesministerium für Finanzen sichergestellt.

4.2 Ansprechpartner in den Finanzämtern

In jedem Finanzamt ist für die Koordinierung der proaktiven Maßnahmen und für die Beantwortung auftretender Fragen ein jederzeit erreichbarer Ansprechpartner vorzusehen. Mit der Funktion des Ansprechpartners ist grundsätzlich der Fachvorstand des jeweiligen Finanzamtes zu betrauen. Eine Vertretung dieses Ansprechpartners ist durch den Vorstand sicherzustellen.

4.3 Sonstige organisatorische Maßnahmen in den Finanzämtern

Neben der Vermeidung der Folgen von Fristversäumnissen und der großzügigen Behandlung von Ansuchen um Zahlungserleichterung ist weiters sicherzustellen, dass geplante Prüfungs- oder Erhebungsmaßnahmen bei Opfern der Flutwellenkatastrophe unterbrochen oder verschoben werden.

Die Ansprechperson in dem jeweiligen Finanzamt erhält eine Liste jener vermissten Personen (Namen, Sozialversicherungsnummer, Steuernummer, Finanzamtsnummer), für die das Finanzamt örtlich zuständig ist. Seitens der Ansprechperson in dem jeweiligen Finanzamt ist die Weitergabe der Fachinformationen einerseits sowie der Informationen über die seitens des Finanzamtes zu setzenden Maßnahmen andererseits an die Mitarbeiter sicherzustellen. Die Ansprechperson in dem jeweiligen Finanzamt hat dafür Sorge zu, dass die übermittelten Personendaten absolut vertraulich behandelt werden.

Bundesministerium für Finanzen, 19. Jänner 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955

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