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3.4. Werklieferung

BMF09 4501/58-IV/9/0013.7.2005

3.4.1. Begriff

Rz 391
Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder die Verarbeitung eines vom Auftraggeber beigestellten Gegenstandes übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so liegen gleichzeitig Merkmale der Lieferung und einer sonstigen Leistung vor. Der Beistellung eines Gegenstandes ist gleichzuhalten, wenn die Stoffe mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

§ 3 Abs. 4 UStG 1994 bestimmt, dass der Vorgang als Lieferung (Werklieferung) anzusehen ist, wenn der Unternehmer, der den Gegenstand be- oder verarbeitet, Hauptstoffe verwendet, die er selbst beschafft hat. Der vom Auftraggeber beigestellte Gegenstand nimmt am Leistungsaustausch nicht teil.

3.4.2. Verwendung von Hauptstoffen

Rz 392
Ob eine Werklieferung oder eine sonstige Leistung vorliegt, hängt davon ab, ob der Unternehmer bei der Be- oder Verarbeitung des beigestellten Gegenstandes Stoffe verwendet, die er selbst beschafft und die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind.

Bei der Unterscheidung, was unter einem Hauptstoff, einer Zutat oder sonstigen Nebensache zu verstehen ist, kommt es in erster Linie auf die Natur des Stoffes und in Zweifelsfällen auf die Verkehrsauffassung sowie auf den Vergleich der wirtschaftlichen Bedeutung der verwendeten Stoffe an.

Als "wesentlich" und damit als Hauptstoff ist jener Grundstoff anzusehen, der für die Herstellung des Werkes ausschlaggebend ist, wobei das Wertverhältnis, in dem die Stoffe zueinander stehen, in den Hintergrund zu treten hat (VwGH 23.12.1964, 0418/63). Für die Frage, ob ein Stoff als Hauptstoff anzusehen ist, kann auch nicht maßgebend sein, ob der betreffende Stoff zur Herstellung des Gegenstandes unentbehrlich ist, denn idR wird der Gegenstand auch ohne den Nebenstoff nicht hergestellt werden können (VwGH 12.9.1952, 1338/51). Nicht entscheidend ist weiters das Verhältnis zwischen dem Wert des Stoffes und dem Wert der Arbeit (VwGH 24.9.1958, 0591/55) sowie das Wertverhältnis zwischen den vom Unternehmer und vom Auftraggeber beigestellten Stoffen.

Rz 393
Beim Binden von Büchern und Dissertationen liegt eine Werklieferung vor (Bucheinband als Hauptstoff; VwGH 13.12.1973, 0231/73; VwGH 12.1.1978, 2005/77; VwGH 29.10.1979, 2259/77), wohingegen das Binden von Zeitschriften, Tätigkeitsberichten usw. eine Werkleistung darstellt (VwGH 29.11.1984, 83/15/0083, VwGH 14.11.1988, 86/15/0086).

Eine Werklieferung liegt bereits vor, wenn der Unternehmer einen von mehreren Hauptstoffen selbst beschafft und die übrigen Hauptstoffe vom Auftraggeber beigestellt werden.

Beispiel:

Ein Goldschmied fertigt aus ihm vom Auftraggeber übergebenen Feingold einen Ring an, wobei der Goldschmied einen Edelstein aus eigenen Vorräten beistellt.

Randzahlen 394 bis 400: derzeit frei.

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