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Anwendung von § 299 BAO im Hinblick auf das "Ausland-Verlusterkenntnis" des VwGH

BMF04 0101/28-IV/4/023.6.20022002

EAS 2068

Nach der neuen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.09.2001, 99/14/0217) vermag ein Doppelbesteuerungsabkommen nicht zu bewirken, dass ausländische Betriebstättenverluste bei Ermittlung des Welteinkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht bemessungsgrundlagenkürzend zu berücksichtigen sind.

Wurde in der Vergangenheit auf der Grundlage der früheren gegenteiligen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie in Übereinstimmung mit der nach wie vor unverändert belassenen Judikatur des BFH bei unbeschränkt Steuerpflichtigen der Auslandsverlust in Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen außer Betracht gelassen, dann ist durch die diesbezüglichen Abgabenbescheide keine völkerrechtliche Verpflichtung verletzt worden. Denn Doppelbesteuerungsabkommen teilen lediglich die Besteuerungsrechte an den Einkunftsquellen zwischen den beiden Vertragstaaten auf, enthalten aber keine Verpflichtung, dass jener Vertragstaat, dem die Einkunftsquelle nicht zur Besteuerung zugeteilt worden ist, die darin anfallenden Verluste berücksichtigen müsste. Die Verpflichtung zur Berücksichtigung der Auslandsverluste leitet sich daher ausschließlich aus dem inländischen Steuerrecht ab. Abgabenbescheide, die Auslandsverluste nicht berücksichtigt haben, stehen daher mit inländischem Steuerrecht, nicht aber mit zwischenstaatlichem Steuerrecht im Widerspruch. Sie können daher nicht auf der Grundlage von § 299 Abs. 4 BAO (innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist) sondern nur auf der Grundlage von § 299 Abs. 2 BAO (innerhalb der einjährigen Frist) der neuen Rechtslage angepasst werden.

Eine Aufhebung der heute als rechtswidrig erkannten Bescheide wird bei Geltendmachung durch den Abgabepflichtigen und bei nicht nur geringfügigen Auswirkungen zu erfolgen haben. Dies deshalb, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 299 BAO bei der Ermessensübung der Rechtsmäßigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zukommt (VwGH 24.10.2000, 95/14/0085 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Abgabepflichtige, die eine solche Bescheidaufhebung geltend machen, werden aber auf die damit verbundenen Verpflichtungen aufmerksam zu machen sein. Dazu gehört die Beibringung aller Unterlagen, aus denen ohne aufwendige Kontrollarbeit einwandfrei nachvollziehbar ist, dass die Ermittlung des ausländischen Verlustes nach österreichischem Recht erfolgt ist; weiters gehört dazu die Verpflichtung, Nachweise darüber zu führen, dass keine Verlustdoppelverwertung im Ausland bewirkt wird, bzw. dass eine solche der rechtlich vorgesehenen Nachversteuerung unterzogen worden ist.

03. Juni 2002 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 299 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Auslandsverluste, ausländische Betriebstättenverluste, Auslandsverlustverwertung, Bescheidaufhebung, Verlustdoppelverwertung

Verweise:

VwGH 25.09.2001, 99/14/0217
VwGH 24.10.2000, 95/14/0085

Stichworte