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Zinsennachbelastung bei unverzinsten konzerninternen Lieferforderungen im Gefolge einer deutschen Betriebsprüfung

BMFW 670/1-IV/4/0012.1.20012001

EAS 1779

 

 

Wurden von der österreichischen Vertriebstochtergesellschaft wegen schlechter Wirtschaftslage in den Jahren 1990 bis 1995 die von der deutschen Konzernmutter fakturierten Lieferungen erst nach ca. 400 Tagen bezahlt und anerkennt in der weiteren Folge die deutsche Betriebsprüfung nur ein zinsenfreies Zahlungsziel von 120 Tagen als fremdverhaltenskonform, sodass es schließlich im Gefolge der deutschen Prüfung im Jahr 1997 zu einer Zinsennachbelastung von über S 50 Mio. an die österreichische Vertriebstochter kommt, dann anerkennt eine im Jahr 2001 laufende österreichische Betriebsprüfung diesen Aufwand wegen Periodenfremdheit zu Recht nicht als Betriebsausgabe des Jahres 1997.

Ob auf österreichischer Seite eine korrespondierende Gegenberichtigung in den bereits rechtskräftig veranlagten Jahren ab 1990 noch zulässig ist, hängt vor allem von der Beantwortung folgender zwei Fragen ab:

1. Ist es unter einander fremd gegenüberstehenden Unternehmen tatsächlich unüblich, dass ein Produkthersteller im Interesse der Aufrechterhaltung der Geschäftsverbindung zu seinem Händler Zahlungsfristen über 1 Jahr hinaus gewährt, wenn dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät? Im gegebenen Zusammenhang wird auch zu berücksichtigen sein, dass Deutschland erfahrungsgemäß im Fall von deutschen Vertriebsunternehmen ausländischer Hersteller unter Berufung auf den Fremdverhaltensgrundsatz regelmäßig darauf besteht, dass Verluste, die beim Absatz der Produkte anfallen, grundsätzlich vom Produzenten zu tragen sind (denn ein fremder Händler hätte sich von der Vermarktung eines verlustbringenden Produktes getrennt).

2. Doch selbst wenn die erste Frage im Sinn der Feststellungen der deutschen Betriebsprüfung zu beantworten ist, stellt sich die weitere Frage, ob dem österreichisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommen im Auslegungsweg die gleiche Wirkung zuzumessen ist, wie Verträgen die auf der Grundlage des OECD-Musterabkommens abgeschlossen worden sind, dass nämlich Ergebnisse von Verständigungsverfahren ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechtes umzusetzen sind (Art. 25 Abs. 2 OECD-Muster). Diese Auslegungsfrage kann nur gemeinsam mit dem deutschen Vertragspartner geklärt werden.

Aus der Sicht des BM für Finanzen wird es daher der deutschen Konzernmutter freizustellen sein, im Wege eines in Deutschland einzubringenden Antrages auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens eine grenzüberschreitende Fallabklärung herbeizuführen. Die Einleitung eines solchen Verfahrens hindert im Übrigen nicht den Abschluss des österreichischen Betriebsprüfungsverfahrens betreffend das Jahr 1997.

12. Jänner 2001 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 5 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955

Schlagworte:

Konzernforderungen, Vertriebsgesellschaft, Tochtergesellschaft, Fremdüblichkeit, Periodenabgrenzung, Verständigungsverfahren

Verweise:

Art. 25 Abs. 2 OECD-MA, OECD-Musterabkommen

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