vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Freiwillige Abfindung an ein Vorstandsmitglied einer deutschen Gesellschaft

BMFA 13/8-IV/4/0029.5.20002000

EAS 1662

In einer österreichisch-deutschen Verständigung wurde der allgemeine Grundsatz festgehalten, dass im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem Kausalitätsprinzip Vorrang vor dem Zuflussprinzip einzuräumen ist (AÖFV. Nr. 134/1999 Z 4). Zahlt daher eine deutsche Kapitalgesellschaft aus Anlass der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses mit einem Vorstandsmitglied, der nach Eintritt in den Ruhestand seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt hat, eine freiwillige Abfindung, dann wird davon auszugehen sein, dass diese Abfindungsleistung eine nachträgliche Abgeltung für die seinerzeit erbrachte Arbeitsleistung darstellt.

Wird dem Artikel 9 Abs. 4 des Abkommens (Ruhegehälter) derselbe Inhalt wie dem Artikel 18 des OECD-Musterabkommens zugemessen, dann wird die Abfindungszahlung nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der für Ruhegehälter maßgebenden Bestimmung unterstellt werden können, da es sich hiebei weder um Ruhegehälter (bzw. um deren Abfindung) noch um diesen "ähnliche Zahlungen" handelt. Wegen des nicht völlig identen Wortlautes von Artikel 9 Abs. 4 DBA-Deutschland mit jenem des Art. 18 OECD-MA könnte der Bestimmung im DBA-Deutschland indessen auch eine von der OECD-Regelung abweichende Bedeutung zugemessen werden, mit der Folge, daß die Abfindungzahlung als "Bezug für frühere Dienstleistungen" (ohne Ähnlichkeitserfordernis mit den Ruhegehältern) doch der Besteuerung in Deutschland entzogen und Österreich als Wohnsitzstaat zur steuerlichen Erfassung zugewiesen wird.

Angesichts der gegebenen Auslegungsspielräume kann ohne vorhergehende Abstimmung mit Deutschland nicht bestätigt werden, dass Österreich durch das Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland das Besteuerungsrecht an der Abfindungszahlung entzogen wird. Solange dies aber nicht feststeht, wird die inländische Einkommensteuerpflicht wahrzunehmen sein; sollte hingegen der Nachweis erbracht wird, dass Deutschland auf Grund des Abkommens die Besteuerung der Abfindungszahlung tatsächlich vornimmt, könnte sich Österreich dieser deutschen Abkommensauslegung aus den eingangs erwähnten Gründen anschließen (siehe die ähnliche Problematik in EAS 1531).

29. Mai 2000
Für den Bundesminister:
Dr. Loukota

Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 9 Abs. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955

Schlagworte:

Freiwilligkeit

Verweise:

EAS 1531
BMF 25.06.1999, 04 1482/43-IV/4/99, AÖF Nr. 134/1999

Stichworte