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Antennen und Satellitenschüsseln als Betriebstätten

BMFE 12/20-IV/4/984.2.19991999

EAS 1368

Der in § 98 EStG 1988 verwendete und auf § 29 BAO beruhende Betriebstättenbegriff dient der Abgrenzung der bei Steuerausländern im Inland erfassbaren gewerblichen Einkünfte. Im Interesse der Sicherung des inländischen Steueraufkommens aber auch zur Vermeidung von internationaler Doppelnichtbesteuerung wird der Betriebstättenbegriff im Zweifel keiner restriktiven Auslegung zugänglich sein. Der Begriff der betriebstättenbegründenden "Einrichtungen" bezieht sich hiebei auf alle örtlich gebundene Vorrichtungen, die bei Ausübung des Betriebes Verwendung finden. Die gewerbliche Tätigkeit in diesen Einrichtungen muss nicht durch Menschen ausgeübt werden, auch bloße Verkaufsautomaten werden daher bereits als Betriebstätten angesehen.

Es spricht daher einiges dafür, dass ein US-Unternehmen, das für die Erbringung seiner Telekommunikationsleistungen bei den österreichischen Kunden über ein Netzwerk von fest montierten Satellitenschüsseln und Antennen verfügen muss, hiedurch in Österreich Betriebstätten begründet. Die Frage kann indessen im Rahmen des EAS-Verfahrens nicht abschließend beantwortet werden, da eine vertiefte Befassung mit dem Fragenkreis erforderlich wäre. Stellt man einen Vergleich mit einem Telefon-Kommunikationsunternehmen an, würde man in den bloßen Telefonapparaten dieser Gesellschaft vermutlich noch keine Betriebstätten erblicken; auch dann nicht, wenn die Apparate fest montiert sind. Die Beurteilung der Betriebstätteneigenschaft wird daher von der Dimension der montierten Vorrichtungen mitbeeinflusst sein.

Zu bedenken wird auch sein, ob das US-Unternehmen seine Leistungen im Inland unter Einschaltung eines ständigen Vertreters anbietet.

Sollte kein ständiger Vertreter in Österreich tätig werden, könnte unmittelbar das Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA für eine Lösung der Besteuerungsfrage herangezogen werden. Denn wenn die Kommunikationsleistungen schwerpunktmäßig auf ausländischem Staatsgebiet erbracht werden, wäre nicht ausgeschlossen, in den inländischen Vorrichtungen - selbst wenn es sich um inländische Betriebstätten im Sinn des § 29 BAO handeln sollte - bloße unterstützende Hilfseinrichtungen des US-Unternehmens zu erblicken, die gemäß Artikel 5 Abs. 4 lit. e des österreichisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 31. Mai 1996 nicht zur Begründung einer inländischen Betriebstätte im Sinn des Abkommens führen. Für diesen Fall würde eine körperschaftsteuerliche Erfassung des US-Unternehmens nur wegen der inländischen Empfangseinrichtungen nicht erfolgen. Eine solche Abkommensauslegung könnte indessen nur auf Reziprozitätsbasis erfolgen, denn es geht letztlich um die Funktionsbeurteilung von Einrichtungen, deren Nichtbestand die unternehmerische Leistungserbringung vereiteln würde und denen daher durchaus auch Hauptfunktion zugemessen werden könnte. Falls das US-Unternehmen für den Aufbau seiner Geschäftsbeziehungen zu Österreich in dieser Hinsicht rasch Rechtssicherheit benötigt, kann sich empfehlen, dass das US-Unternehmen bei seiner eigenen Steuerverwaltung eine entsprechende Beurteilung einholt. Österreich würde sich unter den gegebenen Umständen sodann einer derartigen Beurteilung anschließen. Über Antrag könnte über diese Frage allerdings auch ein internationales Verständigungsverfahren eingeleitet werden.

Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Aspekte wird auf folgendes hingewiesen: Erbringt das US-Unternehmen Telekommunikationsdienstleistungen iSd § 3a Abs. 10 Z 13 UStG 1994 an Unternehmer mit Sitz in Österreich, liegt der Ort der sonstigen Leistung gem. § 3a Abs. 9 lit. a UStG 1994 in Österreich. Wird die Telekommunikationsdienstleistung an Nichtunternehmer erbracht, wird sie gem. § 1 der VO BGBl II Nr. 102/1997 in Österreich ausgeführt, wenn die Leistung im Inland genutzt oder ausgewertet wird. In diesen Fällen hat das US-Unternehmen gem. § 27 Abs. 7 UStG 1994 grundsätzlich einen Fiskalvertreter zu bestellen. Die Frage des Vorliegens einer Betriebsstätte in Österreich ist in den genannten Fällen für die Beurteilung des Ortes der sonstigen Leistung für den Bereich der Umsatzsteuer ohne Bedeutung.

Für die verbleibenden Fälle wäre für die Beurteilung, ob gem. § 3a Abs. 12 UStG 1994 eine sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt wird, die Judikatur des EuGH Rs 168/84 (UR 85, 226) zu beachten. Danach kommt die Zuordnung einer Dienstleistung zu einer anderen Niederlassung als dem Sitz nur dann in Betracht, wenn diese Niederlassung aufgrund des ständigen Zusammenwirkens der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen persönlichen Mittel und Sachmittel einen zureichenden Mindestbestand aufweist.

4. Februar 1999 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 98 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 29 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 5 Abs. 4 lit. e DBA USA (E), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Staaten von Amerika (Einkommensteuer - Steuerumgehung), BGBl. III Nr. 6/1998
§ 3a Abs. 9 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3a Abs. 10 Z 13 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3a Abs. 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 27 Abs. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 1 Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung - Telekommunikationsd., BGBl. II Nr. 102/1997

Schlagworte:

betriebstättenbegründende Einrichtungen, örtliche gebundene Vorrichtungen, Verkaufsautomaten, Telekommunikationsleistungen, ständiger Vertreter, Hilfseinrichtungen, Ort der sonstigen Leistung

Verweise:

EuGH 04.07.1985, Rs 168/84

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