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Liechtensteinische Handelsgesellschaft mit österreichischer Tochtergesellschaft

BMFSch 330/2-IV/4/9923.8.19991999

EAS 1512

Werden von ausländischen Investoren internationale Handelsaktivitäten in der Weise organisiert, dass diese Investoren in Liechtenstein eine Kapitalgesellschaft gründen, die ihrerseits in Österreich eine Tochtergesellschaft (die A-GmbH) zwecks kommissionsweisem Einkauf der Handelsware auf den Weltmärkten errichtet, dann setzt die Beurteilung, in welcher Weise die aus diesen internationalen Geschäften erzielten Gewinne auf die involvierten Staaten aufzuteilen sind, eine eingehende "Funktionsanalyse" voraus.

In Fällen der vorliegenden Art (Fälle, in denen internationale Geschäfte nur von Steuerausländern getätigt werden) wird sich die Aufgabe der österreichischen Finanzverwaltung in erster Linie darauf zu konzentrieren haben sicherzustellen, dass die auf österreichischem Staatsgebiet ausgeübten Funktionen der A-GmbH im Verrechnungspreisweg ausreichend abgegolten werden. Die Gewinnaufteilung zwischen Liechtenstein und den involvierten Drittstaaten könnte hiefür nur dann eine - mittelbare - Bedeutung gewinnen, wenn Grund zu der Sorge besteht, dass der A-GmbH zustehende Gewinnteile nach Liechtenstein abgesaugt werden.

Wird zwischen der liechtensteinischen Muttergesellschaft und der A-GmbH ein Kommissionvertrag abgeschlossen, auf Grund dessen die A-GmbH eigenverantwortlich innerhalb der von der Muttergesellschaft vorgegebenen Rahmenbedingungen den Produkteinkauf auf den Weltmärkten besorgt und übt die A-GmbH in fremdüblicher Weise diese Einkaufskommissionstätigkeit aus, dann kann sie gemäß Art. 5 Abs. 6 DBA-Liechtenstein nicht als inländische Betriebstätte der liechtensteinischen Muttergesellschaft angesehen werden.

Ob die Abgeltung der Kommissionstätigkeit durch eine Provision von 2% bis 5% der Einkaufspreise angemessen ist und daher dem Fremdverhaltensgrundsatz entspricht, kann im ministeriellen Auskunftsverfahren nicht beurteilt werden; wie überhaupt das ministerielle EAS-Auskunftsverfahren nicht dazu dienen kann, im Kurzverfahren Sachverhaltsbeurteilungen vorzunehmen, die in der Folge einer genaueren Falldurchleuchtung durch die örtlich zuständigen Abgabenbehörden entgegenstehen. Denn sollte es so sein, dass der Einkaufskommissionär auch den zumindest teilweisen Verkauf der Rohprodukte übernimmt und sollte es weiters so sein, dass die liechtensteinische Gesellschaft lediglich eine steuerfreie off-shore Gesellschaft ist, dann stellt sich natürlich die weitere Frage, wem die aus den Verkaufsgeschäften insgesamt resultierenden Gewinne funktional nun wirklich zuzurechnen sind; nach Ziffer 2.26 der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, AÖFV. Nr.114/1996, kann dies jedenfalls nicht zugunsten einer funktionslosen Zwischengesellschaft geschehen. Es kann sein, dass die Gewinne auf die Aktivität der ausländischen Investoren zurückzuführen sind; es kann aber auch sein, dass hier Aktivitäten der österreichischen A-GmbH zu dieser Gewinnerzielung funktional beigetragen haben; in diesem letzten Fall wäre eine Abgeltung bloß der Einkaufsaktivitäten jedenfalls nicht mehr fremdverhaltenskonform. Es wird daher um Verständnis gebeten, dass in dieser Sache auf ministerieller Ebene keine weiteren Absicherungen gegeben werden können (in gleichem Sinn EAS 1061 betr. eine zypriotische Muttergesellschaft).

23. August 1999
Für den Bundesminister:
Dr. Loukota

Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 5 Abs. 6 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971

Schlagworte:

Gewinnaufteilung, Funktionsanalyse, Verrechnungspreise, Konzernverrechnungspreise, Kommissionsvertrag, Fremdvergleich, Fremdverhaltensgrundsatz, funktionslose Zwischengesellschaft

Verweise:

EAS 1061
BMF 08.07.1996, 04 0610/188-IV/4/96, AÖF Nr. 114/1996

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