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Doppelansässige Kapitalgesellschaften und internationales Schachtelprivileg

BMFE 12/14-IV/4/9822.9.19981998

EAS 1326

Wird festgestellt, dass sich die Geschäftsleitung einer im Ausland errichteten Kapitalgesellschaft im Inland befindet, dann unterliegt das Einkommen dieser Kapitalgesellschaft der inländischen unbeschränkten Steuerpflicht. Handelt es sich bei dieser Gesellschaft um eine Gesellschaft, die an ihrem satzungsgemäßen Sitz keine Betriebstätte unterhält (Briefkastengesellschaft), dann entzieht ein mit dem betreffenden ausländischen Staat abgeschlossenes Doppelbesteuerungsabkommen idR Österreich keine Besteuerungsrechte.

Die Erfassung der Einkünfte der ausländischen Kapitalgesellschaft zur unbeschränkten Steuerpflicht öffnet nicht automatisch auch den Anspruch auf alle Steuervorteile, die den nach österreichischem Recht gegründeten inländischen Kapitalgesellschaften zustehen. Unter EAS 598 wurde die Auffassung vertreten, dass im Fall einer doppelansässigen schweizerischen Tochtergesellschaft der nach österreichischem Recht gegründeten österreichischen Muttergesellschaft kein Anspruch auf Beteiligungsertragsbefreiung zusteht.

Im Fall einer doppelansässigen Muttergesellschaft (Sitz im Ausland/Geschäftsleitung im Inland) steht nach innerstaatlichem Recht dieser Gesellschaft kein Anrecht auf das internationale Schachtelprivileg zu, da § 10 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 als Voraussetzung hiefür verlangt, dass die Muttergesellschaft unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fällt. Dies ist nicht der Fall, weil die ausländische Gesellschaft durch die bloße inländische Geschäftsleitung im Sinn von § 7 Abs. 3 KStG 1988 nicht auf Grund ihrer Rechtsform zur (österreichischen) handelsrechtlichen Buchführung verpflichtet ist.

22. September 1998 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Anmerkungen:
Die EAS-Antwort geht nicht auf die Frage ein, ob diese Auffassung auch gegenüber Briefkastengesellschaften mit Tochtergesellschaften in EU-Staaten aufrechtzuerhalten ist. Denn die Mutter-Tochterrichtlinie stellt als Voraussetzung für die Steuerentlastung der internationalen Gewinnausschüttungen weder auf den Sitz noch auf die Verpflichtung zur Buchführung, sondern nur auf die "Ansässigkeit" der Muttergesellschaft ab. Bei doppelansässigen Kapitalgesellschaften ist diese im Staat der Geschäftsleitung und nicht im Staat des statutarischen Sitzes gegeben.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 10 Abs. 2 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 7 Abs. 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
Mutter-Tochter-Richtlinie, RL 90/435/EWG , ABl. Nr. L 225 vom 20.08.1990 S. 6

Schlagworte:

Doppelansässigkeit, internationale Schachtelbegünstigung, Ort der Geschäftsleitung, Briefkastenfirma, Beteiligungsertragsbefreiung

Verweise:

EAS 598

Stichworte