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Erhöhte Mitwirkungspflicht bei international verflochtenen Gesellschaften

BMFC 1/4-IV/4/9715.12.19971997

EAS 1191

Abgabepflichtige sind gemäß § 138 BAO in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet; sie müssen auf Verlangen der Abgabenbehörde zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Abgabenerklärungen erläutern, ergänzen und erforderlichenfalls beweisen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft den Abgabepflichtigen in dieser Hinsicht bei Bestand von Auslandsbeziehungen eine "erhöhte Mitwirkungspflicht". Wie weit der Rahmen dieser erhöhten Mitwirkungspflicht im Einzelfall tatsächlich reicht, kann vereinzelt aus Judikaten des Gerichtshofes abgeleitet werden. Im Fall international verbundener Unternehmen kommt in diesem Zusammenhang auch den OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen, AÖF Nr. 114/1996 und 122/1997 Bedeutung zu. Denn es handelt sich hiebei um eine auch vom Bundesminister für Finanzen mitgetragene Empfehlung dieser Organisation, die dazu nötigt, im noch freien Auslegungsspielraum innerstaatlicher Gesetze (wenn sowohl eine OECD-konforme wie auch eine OECD-widrige Interpretation in der Gesetzesbestimmung Deckung finden) der OECD-konformen Gesetzesanwendung den Vorzug zu geben.

Die Frage, ob im Zuge eines Betriebsprüfungsverfahrens vom geprüften österreichischen Unternehmen verlangt werden kann, ausländische Steuerbescheide eines nahestehenden ausländischen Unternehmens als Beweismittel vorzulegen, ist weder in der Judikatur noch in den OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen behandelt. Sie muss daher nach den jeweiligen Gegebenheiten des Einzelfalles entschieden werden, wobei alle Fakten insgesamt einer Würdigung zu unterziehen sind. Eine solche Untersuchung kann nicht im ministeriellen EAS-Verfahren angestellt werden. Ein Beweisauftrag der genannten Art hätte beispielsweise dann keine Relevanz für das österreichische Besteuerungsverfahren, wenn er im Zusammenhang mit der internationalen Gewinnaufteilung gestellt wird und beabsichtigt sein sollte, zweifelsfrei der schweizerischen Gesellschaft zuzuordnende Gewinnteile im Falle der steuerlichen Nichterfassung in der Schweiz der österreichischen Gesellschaft zuzurechnen (EAS 1138). Steuerliche Relevanz käme ihm hingegen zu, wenn die Gewinnabgrenzung dubios ist und das Finanzamt aus dem Umstand der steuerlichen Erfassung in der Schweiz den Schluss ziehen möchte, dass diesfalls die konzerninterne Verrechnungspreisgestaltung insoweit in Österreich steuerlich anerkannt werden kann.

15. Dezember 1997
Für den Bundesminister:
Dr. Loukota

Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Verbundene Unternehmen, Konzernverrechnungspreise, Verrechnungspreisgrundsätze, Mitwirkungsverpflichtung, Gewinnaufteilung, Zurechnung

Verweise:

Art. 9 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
EAS 1138
BMF 08.07.1996, 04 0610/188-IV/4/96, AÖF Nr. 114/1996

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