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Verrechnungspreis für Roggenpollen

BMFD 14/1-IV/4/9622.2.19961996

EAS 813

Hat eine in einem EU-Staat ansässige Kapitalgesellschaft in Österreich eine Tochtergesellschaft errichtet, damit ihr diese für die Medikamentenerzeugung benötigte Roggenpollen in gesäubertem und abgepacktem Zustand beschafft, dann sind richtigerweise vor Abschluss der konzerninternen Lieferverträge die Methoden festzulegen und zu dokumentieren, nach denen fremdverhaltenskonforme Lieferpreise angesetzt werden. Es ist weiters richtig, dass bei der Methodenwahl der Preisvergleichsmethode Vorrang gebührt; dies allerdings nur dann, wenn vergleichbare Preise zur Verfügung stehen. Ob in diesem Fall der Weltmarktpreis für Roggen eine geeignete Vergleichsgrundlage darstellt, kann im Rahmen des EAS-Verfahrens, bei dem keine umfangreichen Sachverhaltsermittlungen angestellt werden können, nicht ohne weiteres bestätigt werden.

Denn im vorliegenden Fall treten nach Darstellung in der Anfrage einige Besonderheiten hinzu:

Der Weltmarktpreis wäre in einem derartigen Fall nur dann ein sachgerecht ansetzbarer Vergleichspreis, wenn die Unterschiede zwischen einem zwischen unabhängigen Unternehmen stattfindenden Ankauf von Roggen und dem konzernintern stattfindenden Roggenpollenankauf ausreichend identifizierbar und bewertbar sind.

Die Wiederverkaufspreismethode dürfte sich in einem Fall der vorliegenden Art nicht als Methode eignen, da die aus den Roggenpollen gewonnenen Medikamente und die hiebei eintretende Wertschöpfung vermutlich keinen verlässlichen Rückschluss mehr auf die für den Medikamentenerzeuger sachgerecht anzusetzenden Einkaufspreise für Roggenpollen zulassen.

Hingegen könnte die Kostenaufschlagsmethode als durchaus brauchbare Lösung herangezogen werden; doch wäre diesfalls nicht von einem Roggenweltmarktpreis, sondern von den an die österreichischen Landwirte zu zahlenden Abnahmepreisen auszugehen und hiezu die übrigen Kosten (Aberntung, Reinigung, Abpacken usw.) hinzuzurechnen. Hiebei werden die Plankosten maßgebend sein können.

Aus Sicht des BM für Finanzen könnte sich als praktikabler Weg anbieten, dass von Unternehmensseite diesbezüglich ziffernmäßig untermauerte Unterlagen als Grundlage für die Verrechnungspreisgestaltung erstellt und den zuständigen lokalen Finanzbehörden der beiden Staaten mit dem Ersuchen um Anerkennung der gewählten Methodik für einen zunächst begrenzten Zeitraum von z.B. 3 Jahren unterbreitet werden. Sollte auf diese Weise eine (mittelbare) Einigung zwischen den lokalen Steuerbehörden der beiden Staaten nicht erzielt werden können, müsste die Angelegenheit im Wege eines internationalen Verständigungsverfahrens einer Lösung zugeführt werden. Vorsorglich ist daher beizufügen, dass eine finanzamtliche Anerkennung nur die vorgeschlagene Methodik, nicht hingegen einen ziffernmäßigen Preisansatz je kg Pollen betreffen sollte, da andernfalls zu umfangreiche und vor allem zeitraubende finanzamtliche Erhebungen nötig werden könnten, die sodann keine rasche Abklärung zulassen.

22. Feber 1996 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

OECD-MA, OECD-Musterabkommen

Schlagworte:

OECD-Verrechnungspreise, Verrechnungspreise, Fremdverhaltenskonformität, Verständigungsverfahren, Fremdvergleich, Fremdverhaltensgrundsatz

Verweise:

OECD-Verrechnungspreisgrundsätze

Stichworte