vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Besteuerung ausländischer Orchester

BMFSt 28/1-IV/4/965.3.19961996

EAS 828

 

Abs. 2 des "Orchestererlasses", AÖF Nr. 112/1995, weist darauf hin, dass von österreichischen Veranstaltern, die ausländische Orchester engagieren, im allgemeinen keine Steuerentlastung auf Grund von DBAs gewährt werden kann, "weil dem inländischen Haftungspflichtigen die hiefür erforderliche Nachweisführung im Regelfall nicht zumutbar ist".

Diese Unzumutbarkeit gründet sich ua. auf bestehende Rechtsunsicherheiten über die rechtliche Tragweite von Bestimmungen österreichischer Doppelbesteuerungsabkommen, die der Bestimmung des Artikels 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen nachgebildet sind. Auf der Grundlage der deutschen Judikatur gilt eine dem Art. 17 Abs. 1 OECD-MA nachgebildete Bestimmung nur für natürliche Personen. Die ausländische Trägerorganisation eines in Österreich gastierenden Orchesters (zB Verein, Stadtgemeinde) darf aus dieser Sicht, wenn das DBA nur eine dem Art. 17 Abs. 1 und nicht auch eine dem Art. 17 Abs. 2 entsprechende Bestimmung enthält, in Österreich nicht besteuert werden. Die österreichische Judikatur ist uneinheitlich. Mit Erkenntnis vom 14.3.1990, 86/13/0177, hat der VwGH die Besteuerung eines britischen Orchesters in Österreich auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 1 DBA-Großbritannien nicht beanstandet. Aus dem VwGH Erkenntnis vom 27.7.1994, 91/13/0222, könnte der Schluss gezogen werden, dass in Anwendung von Art. 17 Abs. 1 OECD-MA nur 50% der Orchestervergütungen in Österreich besteuert werden dürfen. Diese Rechtsunsicherheit auf österreichischer Seite wird noch durch die Ungewissheit über die Haltung der ausländischen DBA-Partnerstaaten verschärft.

Will ein österreichischer Haftungspflichtiger die Auszahlung von Einkünften nach einem Doppelbesteuerungsabkommen unter Berufung auf ein Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei behandeln und folglich den Steuerabzug unterlassen, dann muss er den Nachweis für das Vorliegen der Steuerfreistellungsvoraussetzungen erbringen. Misslingt dieser Nachweis, muss er mit den entsprechenden Haftungsfolgen rechnen.

Um die Steuerfreiheit von Vergütungen an ausländische Orchester aus einem DBA abzuleiten, müsste insbesondere nachgewiesen werden,

Die bereits einleitend dargestellten Rechtsunsicherheiten werden zudem durch Z 11 des OECD-Kommentars zu Art. 17 intensiviert, weil dort die - aus österreichischer Sicht unrichtige - Ansicht vertreten wird, dass die an das Orchester gezahlten Vergütungen auch bei Fehlen einer dem Art. 17 Abs. 2 OECD-MA nachgebildeten Bestimmung einer Abzugsbesteuerung unterzogen werden dürfen; allerdings diesfalls nur mit jenem Teil , der an die Orchesterkünstler weiterfließt. Folgt der andere Staat der OECD-Auffassung, tut dies auch Österreich: in diesem Fall müssten auf der Grundlage des VwGH-Erkenntnisses 50% der Orchestervergütung der Abzugsbesteuerung in Österreich unterworfen werden. Folgt der andere Staat einer Haltung, wie sie dem VwGH-Erkenntnis vom 14.3.1990, 86/13/0177, zugrunde liegt (volle Besteuerung österreichischer Orchester nach Art. 17 Abs. 1) würde dies auch Österreich tun.

Unter den gegebenen Umständen werden daher österreichische Orchestergastspielveranstalter zur Vermeidung von Haftungsfolgen genötigt sein, den vollen Steuerabzug vorzunehmen und es dem ausländischen Orchester überlassen müssen, im Rahmen eines Rückerstattungsverfahrens oder unmittelbar im Rahmen eines internationalen Verständigungsverfahrens eine Klärung der Rechtslage in Bezug auf den betreffenden Staat herbeizuführen.

5. März 1996 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 17 OECD-MA, OECD-Musterabkommen

Schlagworte:

Orchestererlass, Gastspiel, Orchestergastspiel, künstlerische Tätigkeit, Künstlerbesteuerung, Musiker, Steuerfreistellung, Abzugssteuer, Rückerstattungsverfahren, Verständigungsverfahren

Verweise:

AÖF Nr. 112/1995
VwGH 14.03.1990, 86/13/0177
VwGH 27.07.1994, 91/13/0222

Stichworte