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Steuerumgehende Nutzung einer "Kanalinselgesellschaft"

BMF04 0610/317-IV/4/869.10.19961996

EAS 945

 

Hat eine österreichische Kapitalgesellschaft ihre Beteiligung an einer kanadischen Tochtergesellschaft nach einem Gesellschafterzuschuss in Höhe von rund 1 Md. ATS in eine Kanalinselgesellschaft (ebenfalls Tochtergesellschaft) als Sacheinlage eingebracht und veräußert in der Folge diese Kanalinselgesellschaft diese Beteiligung an eine (nicht nahe stehende) Gesellschaft wiederum um 1 Md. ATS, wobei dieser Veräußerungserlös gewinnerhöhend gebucht und in der Folge (im Jahr 1993) als nach § 10 KStG steuerfreie Dividende an die österreichische Muttergesellschaft ausgeschüttet wird und nimmt daraufhin die österreichische Kapitalgesellschaft eine (1993 noch mögliche) ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung in Höhe von 1 Md. ATS vor, dann deutet dies auf eine Umgehung österreichischer Steuern hin. Denn die österreichische Muttergesellschaft hat hierdurch die Besteuerungsgrundlage in Österreich um 1 Md ATS verringert und damit Körperschaftsteuer in der Größenordnung von ATS 300 Mio. sowie Gewerbesteuer eingespart, ohne dass die vorbeschriebenen Vorgänge zu einer Wertminderung des Betriebsvermögens der inländischen Gesellschaft geführt hätten.

Es muss bezweifelt werden, dass es sich bei Umgehungshandlungen dieser Art um eine hinzunehmende unerwünschte (aber legale) Gestaltung gehandelt hat; vieles spricht dafür, dass eine illegale Gestaltung vorliegt.

Denn nach Auffassung des BM für Finanzen kann die Qualifizierung eines von einer ausländischen Gesellschaft überwiesenen Betrages als Gewinnausschüttung nicht davon abhängen, wie diese Vorgänge im Rechnungswerk der ausländischen Gesellschaft dargestellt worden sind. Der Begriff der "Gewinnanteile" im Sinn des § 10 Abs. 2 lit. a KStG. ist nicht nach ausländischem Recht, sondern aus der Perspektive des österreichischen Steuerrechtes zu interpretieren. Eine bloße Kapitalrückführung erfüllt nicht diese Voraussetzungen. Wurde daher von einer österreichischen Muttergesellschaft in die Kanalinselgesellschaft ein Sachwert in Höhe von 1 Md ATS eingebracht und eben diese Kapitalzuführung nach "Versilberung" wieder an die österreichische Muttergesellschaft rückgeführt, dann kann darin nicht der Bezug eines "Gewinnanteiles" durch die Muttergesellschaft gesehen werden. Denn eine solche Kapitalrückführung vermag keine steuerwirksame Verminderung des Betriebsvermögens der Muttergesellschaft zu bewirken: die diesfalls eintretende Betriebsvermögenserhöhung von 1 Md. ATS wäre nicht nach § 10 KStG steuerfrei, sondern es stünde ihr lediglich steuerneutralisierend die Wertminderung der Beteiligung in gleicher Höhe gegenüber.

09. Oktober 1996 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 10 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988

Schlagworte:

Steuerumgehung, Missbrauch, Steueroasengesellschaft, Veräußerung von Beteiligungen, Gewinnausschüttung, Veräußerungsgewinn, Missbrauchsverdacht, Dividenden, Dividendenausschüttung

Stichworte