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Teilweiser DBA-Ausschluss liechtensteinischer Domizilgesellschaften ist EWR-konform

BMFE 14/26-IV/4/9621.10.19961996

EAS 944

 

Das BMF hält die Ansicht für verfehlt, dass ein Verstoß gegen Artikel 4 EWR-Vertrag (entspricht Art. 6 EG-Vertrag) vorliegt, wenn Art. 26 DBA-Liechtenstein die steuerfreien Domizilgesellschaften insoweit aus dem persönlichen DBA-Anwendungsbereich ausschließt, als daran nicht in Liechtenstein ansässige natürliche Personen oder öffentliche Einrichtungen beteiligt oder begünstigt sind.

Der Grund für den DBA-Ausschluss der steuerfreien liechtensteinischen Domizilgesellschaften ist u.a. darin zu sehen, dass einer Nutzung steuerfreier liechtensteinischer Gesellschaften zwecks Umgehung österreichischer Steuern entgegenzuwirken war. Denn es geht nicht an, dass der Ertrag von Vermögenswerten österreichischer Abgabepflichtiger durch Verlagerung in derartige steuerfreie Gesellschaften einerseits vor der österreichischen Besteuerung abgeschirmt wird und dass andererseits der solche Erträge (zB Lizenzgebühren, Gewinnausschüttungen) sonst belastende österreichische Quellensteuerabzug zusätzlich auf Grund des DBA herabgesetzt werden müsste. Ein derartiges Umgehungsmuster kann allerdings von den in Liechtenstein ansässigen (und daher dort steuerpflichtigen) natürlichen Personen sowie von den öffentlichen Einrichtungen Liechtensteins nicht genutzt werden, so dass es anlässlich der DBA-Verhandlungen für Österreich nicht erforderlich war, auch auf dem Ausschluss der liechtensteinischen Investoren zu bestehen.

Dass sich Staaten vor Missbräuchen und Umgehungshandlungen schützen dürfen, ist auch in einem Binnenmarkt anerkannt (siehe zB die Antimissbrauchsklausel in der Mutter-Tochter-Richtlinie, Art. 1 Abs. 2) und kann nicht in eine wirtschaftsstörende Diskriminierung umgedeutet werden.

Im Übrigen bestünde jederzeit die Möglichkeit, die kritisierte Differenzierung dadurch zu beseitigen, dass die Sonderbehandlung der liechtensteinischen Beteiligten aufgegeben wird.

Tiefergehendere Auseinandersetzungen mit dem gegenständlichen Themenkreis könnten allerdings im Rahmen des EAS-Verfahrens nicht angestellt werden.

21. Oktober 1996 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971

Schlagworte:

Domizilgesellschaft, Domizilcharakter, Steueroasengesellschaft, Steuerumgehung, Lizenzgebühr, Gewinnausschüttung, Quellensteuer, Quellenbesteuerung, Missbrauch, Abzugsbesteuerung, Abzugssteuer

Verweise:

EGV, EG-Vertrag, ABl. Nr. C 241 vom 29.08.1994 S. 1
Mutter-Tochter-Richtlinie, RL 90/435/EWG , ABl. Nr. L 225 vom 20.08.1990 S. 6
Art. 4 EWR-Abkommen, BGBl. Nr. 909/1993

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