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Anteile an deutschen Immobilienfonds

BMFK 3020/48/1-IV/4/946.7.19941994

EAS 464

 

Legen in Österreich ansässige Steuerpflichtige Geld in einer deutschen Kapitalgesellschaft an, die im Rahmen eines ihr gehörenden Sondervermögens Grundstücke hält, deren Ertrag sodann an die Investoren verteilt wird, so spricht zunächst nichts dafür, von dieser zivilrechtlich gewählten Gestaltung im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise abzugehen. Die von der Kapitalgesellschaft aus der Immobilienvermietung bezogenen Erträge sind daher - aus österreichischer Sicht - als Einkünfte der Kapitalgesellschaft zu werten; die Verteilung an die Anleger stellt sodann für diese einen Kapitalertrag dar, der - soweit keine Erfassung unter den betrieblichen Einkunftsarten zu erfolgen hat - Einkünfte aus Kapitalvermögen bildet. Deutsche sondergesetzliche Bestimmungen, nach denen das als Sondervermögen der Kapitalanlagegesellschaft gehaltene Immobilienvermögen als eigenes (körperschaftsteuerfreies) Körperschaftsteuersubjekt ("Zweckvermögen") betrachtet wird, entfalten im Geltungsbereich der österreichischen Rechtsordnung keine Wirkung.

Eine Erfassung thesaurierter Gewinne in den Händen der österreichischen Anleger als "ausschüttungsgleiche Erträge" erfolgt nicht, da solche Erträge von Veranlagungsgemeinschaften in Immobilien gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 Investmentfondsgesetz aus der diesbezüglichen Steuerpflicht ausgenommen sind.

Für die Einordnung der Erträge auf der Ebene des DBA-Deutschland enthält Artikel 10A Abs. 3 des Abkommens die Anordnung, dass Gewinnverteilungen auf Grund von Genussrechten dann als "Dividenden" im Sinn des Abkommens zu werten sind, wenn es sich bei diesen Genussrechten nicht um Forderungen handelt. Der Umstand, dass eine Kapitalzuführung an eine Kapitalgesellschaft erst im Liquidationsfall an den dann Berechtigten zurückfließt, spricht dafür, dass kein Forderungsrecht begründet worden ist. Für diese Einordnung spricht auch die im deutschen Recht vorgesehene Behandlung der Gewinnverteilung als Dividendenausschüttung.

Werden die Anteilscheine an dem deutschen Immobilienfondsvermögen von inländischen Kapitalgesellschaften gehalten, kann weder auf Grund des § 10 KStG noch auf Grund des Artikels 15 Abs. 2 DBA-Deutschland ein Anspruch auf Steuerfreistellung erwachsen; denn die als "Anteilsscheine" bezeichneten Wertpapiere verbriefen im Sinn dieser Rechtsvorschriften keine Beteiligung in Form von Gesellschaftsrechten an der deutschen Kapitalanlagegesellschaft.

Die Gewinnverteilungen unterliegen daher bei den österreichischen Investoren der Einkommens- bzw. Körperschaftsbesteuerung, wobei ein nachgewiesener deutscher Kapitalertragsteuerabzug mit höchstens 15% der Bruttobeträge anzurechnen ist.

Die vorstehend dargelegte Rechtsauffassung ist allerdings bisher noch nicht mit der deutschen Steuerverwaltung abgestimmt worden. Es ist beabsichtigt, dies anlässlich der nächsten Verständigungsgespräche im Oktober 1994 zu veranlassen.

6. Juli 1994 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 10a DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955
Art. 15 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955

Schlagworte:

Immobilieneinkünfte, Immobilienerträgnisse, Kapitalerträge, Wertpapier, Kapitalertragsteuer, Anrechnung, Anrechnung der ausländischen Steuer, Steuerabzug, Abzugsbesteuerung, Abzugssteuer

Verweise:

§ 42 InvFG 1993, Investmentfondsgesetz, BGBl. Nr. 532/1993
§ 10 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988

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