VwGH 2013/21/0109

VwGH2013/21/010920.2.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. Sporrer als Richterin und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des SC in W, vertreten durch Mag. Nora Huemer-Stolzenburg, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Schüttaustraße 69/46, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. Februar 2013, Zl. UVS- 01/25/1683/2013-4, betreffend Festnahme und Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der bekämpfte Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (Entscheidung über Schubhaft und Kostenausspruch) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, gemäß seinen Behauptungen ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste spätestens im Juli 2011 nach Österreich ein und stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde letztlich zweitinstanzlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27. September 2012 vollinhaltlich abgewiesen, außerdem wurde der Beschwerdeführer nach Sierra Leone ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer verblieb in Österreich. Am 6. Februar 2013 wurde er aufgegriffen und im Hinblick auf seinen rechtswidrigen Aufenthalt festgenommen. Mit Bescheid vom 7. Februar 2013 verhängte die Landespolizeidirektion Wien dann gegen ihn gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung.

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde gemäß § 82 FPG und beantragte, seine Festnahme, den Schubhaftbescheid und die (weitere) Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären. Er brachte u.a. vor, dass seine Abschiebung nach Sierra Leone gar nicht möglich sei; er besitze kein Reisedokument und die Landespolizeidirektion Wien habe weder ein Ersatzreisedokument noch begründete Aussicht auf Erlangung eines solchen.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 19. Februar 2013 entschied der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde) über die Administrativbeschwerde dergestalt, dass sie gemäß § 83 Abs. 2 und 4 FPG den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung in Schubhaft für rechtmäßig erklärte. Außerdem verpflichtete die belangte Behörde den Beschwerdeführer zum Kostenersatz.

Über die gegen diesen Bescheid - erkennbar nur insoweit, als er über die Schubhaft abspricht und dem Beschwerdeführer Kostenersatz auferlegt - erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung des BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdesachen - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind. Weiters ist vorweg darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung (im Februar 2013) zu überprüfen hat.

Die belangte Behörde hat dem oben wiedergegebenen Vorbringen in der Administrativbeschwerde nur entgegengehalten, aus dem Akteninhalt ergäbe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer kein Ersatzdokument (für den Beschwerdeführer) erlangt werden könnte und die Vertretungsbehörde (gemeint: die Botschaft von Sierra Leone in Berlin) das bereits beantragte Heimreisezertifikat nicht ausstellen würde. Das stellt indes keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers dar. Insofern gleicht der vorliegende Fall jenem, der dem schon in der Beschwerde genannten hg. Erkenntnis vom 18. April 2013, Zl. 2013/21/0017, zugrunde liegt (zu vergleichbaren Konstellationen siehe außerdem etwa die hg. Erkenntnisse vom 12. September 2013, Zl. 2013/21/0110, und vom 20. Dezember 2013, Zlen. 2013/21/0014 und 0015). Außerdem hätte die belangte Behörde - auch insoweit sei auf die eben genannten Erkenntnisse verwiesen - nicht im Sinn des § 83 Abs. 2 Z 1 FPG von einem geklärten Sachverhalt ausgehen und von der ausdrücklich beantragten mündlichen Verhandlung absehen dürfen. Auch das wird in der vorliegenden Beschwerde zutreffend geltend gemacht.

Insgesamt ist der bekämpfte Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er - im Umfang seiner Anfechtung - gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 20. Februar 2014

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