VwGH 2013/04/0179

VwGH2013/04/017926.2.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die (gemäß § 4 Abs. 1 zweiter Satz VwGbk-ÜG als Revision geltende) Beschwerde des TS in W, vertreten durch Dr. Philip Jessich, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Henslerstraße 3/10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. November 2013, Zl. M63/007583/2012, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §13 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
GewO 1994 §87 Abs3;
GewO 1994 §91 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §13 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
GewO 1994 §87 Abs3;
GewO 1994 §91 Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Revisionswerber die Gewerbeberechtigung für das an einem näher genannten Standort ausgeübte Gewerbe "Baumeister" gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 entzogen.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, der Revisionswerber habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S. Bau GesmbH das Ausländerbeschäftigungsgesetz in sieben Fällen übertreten (rechtswidrige Beschäftigung von sieben Arbeitnehmern an näher genannten Tagen im Februar und Juli 2008 sowie im Juli 2010), wofür über ihn rechtskräftige Geldstrafen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG (die in Summe zwischen EUR 5.000,-- bis 10.000,-- betragen hätten) verhängt worden seien.

Weiters sei der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S. Bau GesmbH rechtskräftig wegen Übertretungen des § 111 ASVG bestraft worden (Geldstrafen zwischen EUR 2.370,-- und 3.640,--), weil er zu den genannten Tatzeiten insgesamt neun Dienstnehmer ohne Anmeldung bei der zuständigen Krankenkasse beschäftigt habe.

Weiters sei der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S. Bau GesmbH u.a. auch deshalb (allerdings noch nicht rechtskräftig) bestraft worden, weil diese Gesellschaft als Bauführerin entgegen § 125 Abs. 1 lit. a der Wiener Bauordnung Änderungen der Raumeinteilung und der Fenstereinteilung vorgenommen habe.

Soweit es sich demnach um rechtskräftige Bestrafungen handle, seien diese für die Gewerbebehörde bindend, wobei aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Verstöße gegen Rechtsvorschriften unabhängig von einer allfälligen Bestrafung zur Entziehung der Gewerbeberechtigung führen könnten. Schon die genannten Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG und dem ASVG seien - in ihrer Gesamtheit - als schwerwiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem Baumeistergewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen iSd § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 anzusehen, die nach der letztgenannten Bestimmung zum Verlust der Zuverlässigkeit des Revisionswerbers und damit zur Erfüllung des genannten Entziehungstatbestandes führten, ohne dass es einer zusätzlichen Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Revisionswerbers bedürfe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2007/04/0137). Auf die übrigen im Erstbescheid genannten Verwaltungsübertretungen, die nach ihren Ausführungen bloß der Abrundung des Gesamtbildes dienten, ging die belangte Behörde nicht gesondert ein.

Da neben der S. Bau GesmbH, deren (alleiniger) vertretungsbefugter Geschäftsführer der Revisionswerber bis zum 13. Juli 2012 gewesen sei, auch der Revisionswerber selbst über die Gewerbeberechtigung "Baumeister" verfüge, sei infolge des Wegfalls der Zuverlässigkeit des Revisionswerbers gegenständlich dessen Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 zu entziehen gewesen. Entscheidend sei nämlich nur, ob die als schwerwiegend beurteilten Verstöße Rechtsvorschriften beträfen, die bei der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes besonders zu beachten seien. Dabei wären sogar Verstöße, die der Betreffende bei der Ausübung anderer, von der Entziehung nicht betroffener Gewerbe begangen habe, zu berücksichtigen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2009, Zl. 2008/04/0092).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die gemäß § 4 Abs. 1 zweiter Satz VwGbk-ÜG als Revision gilt, auf welche gemäß § 4 Abs. 5 fünfter und sechster Satz VwGbk-ÜG das VwGG, soweit hier wesentlich, in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Revisionswerber bestreitet die ihm im angefochtenen Bescheid angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht. Er bringt gegen den angefochtenen Bescheid zusammengefasst vor, dass ein Entzug seiner "persönlichen" Gewerbeberechtigung rechtswidrig sei, da er die Verstöße als Geschäftsführer der S. Bau GesmbH begangen habe. Die belangte Behörde hätte daher seines Erachtens nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 (der unter bestimmten Voraussetzungen zur Entziehung der Gewerbeberechtigung der von ihm vertretenen S. Bau GesmbH führen würde) vorgehen müssen, weil diese Bestimmung nach Ansicht des Revisionswerbers gegenüber § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 die speziellere sei. Die belangte Behörde habe nicht begründet, weshalb die Entziehung seiner "persönlichen" Gewerbeberechtigung zur Verhütung weiterer Verstöße der S. Bau GesmbH erforderlich sei, obwohl der Revisionswerber seit 13. Juli 2012 nicht mehr als handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft tätig sei.

Der Revisionswerber sei von 1998 bis 2008 unbeanstandet als Baumeister bzw. Geschäftsführer einer Baugesellschaft tätig gewesen und habe seit dem letzten Vorfall (am 7. Juli 2010) vollkommene Rechtstreue und Zuverlässigkeit bewiesen. Bei der Beurteilung seiner Zuverlässigkeit hätte sich die belangte Behörde auch damit auseinanderzusetzen gehabt, dass die inkriminierten Vorfälle "demnächst" schon wieder getilgt seien. Die belangte Behörde habe außerdem keine Erwägungen zur Möglichkeit einer befristeten Entziehung nach § 87 Abs. 3 GewO 1994 angestellt.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

1. Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Gemäß § 87 Abs. 1 letzter Absatz GewO 1994 zählt zu den Schutzinteressen gemäß Z. 3 insbesondere (auch) die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung.

Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft und beziehen sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.

2. Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde die Gewerbeberechtigung des Revisionswerbers rechtens gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 entzogen hat.

Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass sie diese Frage in Bindung an die rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers vor allem wegen Übertretungen des AuslBG (bewilligungslose Beschäftigung von sieben Arbeitnehmern) und wegen Übertretungen des ASVG (Nichtanmeldung zur Krankenversicherung von neun Dienstnehmern) zu beurteilen hat.

Dabei ist die belangte Behörde in nicht zu beanstandender Weise zum Ergebnis gelangt, dass der Revisionswerber schon wegen dieser Übertretungen (die erwähnte Übertretung der StVO hat die belangte Behörde in ihre rechtliche Beurteilung ohnedies nicht einbezogen) die für die Gewerbeausübung erforderliche Zuverlässigkeit gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 nicht mehr besitzt (vgl. aus vielen das ebenfalls Übertretungen des AuslBG und die Frage des Wohlverhaltens betreffende hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 2008, Zlen. 2008/04/0135, 0136, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

3.1. Der Revisionswerber vertritt die Rechtsauffassung, die belangte Behörde hätte als Konsequenz des Wegfalls seiner Zuverlässigkeit nur gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 (somit letztlich mit Entziehung der Gewerbeberechtigung der S. Bau GesmbH) vorgehen dürfen, weil der Verlust der Zuverlässigkeit Resultat jener Übertretungen sei, die der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S. Bau GesmbH begangen habe.

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis, Zlen. 2008/04/0135, 0136, im Zusammenhang mit dem Verlust der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ausgesprochen, dass es unerheblich ist, ob der Gewerbetreibende die (damals fallbezogen: einen Teil der) Tathandlungen bei Ausübung eines anderen, mittlerweile eingestellten Gewerbes begangen hat. Entscheidend sei gemäß der letztgenannten Vorschrift vielmehr, ob die übertretenen Rechtsvorschriften und Schutzinteressen bei der Ausübung des (von der Entziehung betroffenen) Gewerbes zu beachten sind. Das Schutzinteresse der "Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung" sei bei der Ausübung aller Gewerbe zu beachten (vgl. ebenso das Erkenntnis vom 1. Juli 2009, Zl. 2008/04/0092).

3.3. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Gewerbeberechtigung des Revisionswerbers gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 dann zu entziehen ist, wenn der Verlust seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit auf schwerwiegenden Verstößen gegen Rechtsvorschriften und Schutzinteressen beruht, die der Revisionswerber im Rahmen der Ausübung seiner Gewerbeberechtigung zu beachten hat, mag er diese Verstöße auch nicht in Ausübung seiner eigenen Gewerbeberechtigung (oder in Ausübung einer eigenen, aber anderen als der entziehungsgegenständlichen Gewerbeberechtigung) begangen haben.

Hätte der Gesetzgeber Gegenteiliges beabsichtigt, so hätte er in § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 als Tatbestandsvoraussetzung nicht bloß schwerwiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe "zu beachtenden" Rechtsvorschriften und Schutzinteressen normiert, sondern verlangt, dass die Verstöße bei Ausübung des betreffenden Gewerbes begangen wurden.

3.4. Für dieses Ergebnis spricht auch der systematische Zusammenhang mit § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994, der auf die Ausschlussgründe (strafbaren Handlungen) des § 13 Abs. 1 und 2 GewO 1994 abstellt, die ihrerseits gleichfalls nicht bei der Ausübung des betreffenden Gewerbes verwirklicht werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2009, Zl. 2007/04/0195).

3.5. Auch die Ansicht des Revisionswerbers, die Anwendbarkeit des § 91 Abs. 2 GewO 1994 auf juristische Personen bzw. eingetragene Personengesellschaften schließe die Anwendung des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 auf natürliche Personen aus, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen, bezieht sich doch der jeweilige Anwendungsbereich dieser beiden Bestimmungen auf jeweils andere Normadressaten.

4. Soweit der Revisionswerber schließlich bemängelt, die belangte Behörde habe sich nicht mit der Frage der befristeten Entziehung der Gewerbeberechtigung auseinander gesetzt, zeigt er nicht auf, dass besondere Gründe gegeben wären, die erwarten ließen, eine bloß befristete Maßnahme reiche aus, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Beschwerdeführers zu sichern (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 2008/04/0092, sowie etwa das Erkenntnis vom 12. Juni 2013, Zl. 2013/04/0036).

5. Da somit bereits der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Februar 2014

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