VwGH 2012/17/0588

VwGH2012/17/058814.1.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 23. November 2012, Zl. Senat-BN-12-1121, betreffend Beschlagnahme nach § 53 GSpG (mitbeteiligte Partei: C GmbH in G, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
GSpG 1989 §53 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
GSpG 1989 §53 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem der Berufung der mitbeteiligten Partei stattgebenden Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1.1. Mit erstinstanzlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 27. März 2012 wurde die Beschlagnahme von zwei Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a, § 53 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei hinsichtlich eines der beschlagnahmten Geräte Folge und hob den bekämpften Beschlagnahmebescheid in diesem Umfang auf. Im Übrigen wurde die Berufung der mitbeteiligten Partei - unangefochten - abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich einer Kontrolle am 19. Dezember 2011 in einem Lokal in Baden seien zwei Geräte - eines davon betriebsbereit - aufgestellt vorgefunden worden. Auf dem betriebsbereit aufgestellten Gerät hätten Tipps für bereits in der Vergangenheit stattgefundene Hunderennen abgegeben werden können, wobei ein auf diesem Gerät durchgeführtes Probespiel ergeben habe, dass die Entscheidung über das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig gewesen sei. Die belangte Behörde ging hinsichtlich dieses Gerätes vom Vorliegen eines die Beschlagnahme rechtfertigenden Verdachts wiederholter und fortgesetzter Verstöße gegen § 52 Abs. 1 GSpG aus.

Hinsichtlich des anderen Gerätes hielt die belangte Behörde unter den Feststellungen lediglich fest, es habe auf diesem kein Probespiel durchgeführt werden können, weil das Gerät nicht reagiert hätte. Die belangte Behörde folgerte in rechtlicher Hinsicht, mangels Durchführung von Probespielen sei nicht nachvollziehbar gewesen, ob mit diesem Gerät in das Glücksspielmonopol eingegriffen worden sei bzw. werde, sodass ein die Beschlagnahme rechtfertigender Verdacht nicht hinreichend substantiiert sei.

2. Gegen diesen Bescheid in seinem der Berufung der mitbeteiligten Partei stattgebenden Teil richtet sich die Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Finanzen mit dem Antrag, diesen im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligte Partei -, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

3.1. Eine Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG setzt an sich lediglich den Verdacht des Verstoßes mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG voraus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2009, Zl. 2005/17/0223, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 2007, Zl. 2004/05/0268). Eine abschließende, einer juristischen "Feinprüfung" standhaltende Qualifikation eines Spieles als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel ist im Beschlagnahmebescheid hingegen noch nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2012, Zl. 2012/17/0033). Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch bereits ausgesprochen hat, hat die Berufungsbehörde im Falle der Berufung gegen einen Beschlagnahmebescheid nicht nur zu prüfen, ob der Verdacht im Sinne des § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz bestanden hat, sondern darüber hinaus auch, ob der Verdacht im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung noch besteht. Sie hat dabei insbesondere allfällige in der Zwischenzeit gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen bzw. auf Einwände der Parteien einzugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097). Daran ändern auch allfällige Schwierigkeiten bei der Beweisaufnahme nichts (vgl das hg. Erkenntnis vom 21.10.2013, Zl. 2012/17/0332).

3.2. Die bloße Feststellung der belangten Behörde, auf einem Gerät hätten keine Probespiele durchgeführt werden können, reicht nicht aus, um die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines hinreichend substantiierten Verdachts der Verwirklichung einer die Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG rechtfertigenden Verwaltungsübertretung beurteilen zu können, weil damit lediglich eine Aussage über das Scheitern einer - von mehreren der belangten Behörde zur Verfügung stehenden - Ermittlungsmöglichkeiten getroffen wird. Der angefochtene Bescheid enthält jedoch weder Feststellungen zur Funktionsweise des Gerätes noch zur Inbetriebnahme desselben.

Der angefochtene Bescheid war aufgrund der aufgezeigten sekundären Feststellungsmängel wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 14. Jänner 2014

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