VwGH 2012/17/0586

VwGH2012/17/058615.1.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich Außenstelle Wiener Neustadt vom 19. November 2012, Zl. Senat-BN-12-1229, betreffend Beschlagnahme nach § 53 GSpG (mitbeteiligte Partei: E M in N, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
GSpG 1989 §53 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
GSpG 1989 §53 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem der Berufung der mitbeteiligten Partei stattgebenden Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1.1. Mit erstinstanzlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 3. April 2012 wurde die Beschlagnahme von sechs Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a. § 53 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei hinsichtlich vier der beschlagnahmten Geräte Folge und hob den bekämpften Beschlagnahmebescheid in diesem Umfang auf. Im Übrigen (betreffend zwei weitere Geräte) wurde die Berufung der mitbeteiligten Partei - unangefochten - abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich einer Kontrolle am 19. Dezember 2011 in einem Lokal in Baden seien zwei Geräte betriebsbereit aufgestellt vorgefunden worden. Auf einem dieser Geräte hätten Tipps für bereits in der Vergangenheit stattgefundene Hunderennen abgegeben werden können, wobei ein auf diesem Gerät durchgeführtes Probespiel ergeben habe, dass die Entscheidung über das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig gewesen sei. Auf dem anderen Gerät seien virtuelle Walzenspiele angeboten worden. Ein auf diesem Gerät durchgeführtes Probespiel habe ergeben, dass die Spieler keine Möglichkeit gehabt hätten, gezielt Einfluss auf das Spielergebnis zu nehmen.

Die belangte Behörde ging hinsichtlich dieser Geräte vom Vorliegen eines die Beschlagnahme rechtfertigenden Verdachts wiederholter und fortgesetzter Verstöße gegen § 52 Abs. 1 GSpG aus.

Hinsichtlich der anderen vier Geräte hielt die belangte Behörde lediglich fest, es habe an diesen kein Probespiel durchgeführt werden können, weil die Geräte nicht reagiert hätten. Weiter führte sie aus, von der Berufungswerberin sei weder in Abrede gestellt worden, dass es sich bei den Geräten um Glücksspielgeräte handle, noch dass Ausspielungen erfolgt seien. In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde, mangels Durchführung von Probespielen sei nicht nachvollziehbar gewesen, ob mit den Geräten in das Glücksspielmonopol eingegriffen worden sei bzw. werde, sodass ein die Beschlagnahme rechtfertigender

Verdacht nicht hinreichend substantiiert sei.

2. Gegen diesen Bescheid in seinem der Berufung der mitbeteiligten Partei stattgebenden Umfang richtet sich die Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Finanzen mit dem Antrag, diesen im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligte Partei -, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

3. 1. Eine Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG setzt an sich lediglich den Verdacht des Verstoßes mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG voraus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2009, Zl. 2005/17/0223, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 2007, Zl. 2004/05/0268). Eine abschließende, einer juristischen "Feinprüfung" standhaltende Qualifikation eines Spieles als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel ist im Beschlagnahmebescheid hingegen noch nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2012, Zl. 2012/17/0033). Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch bereits ausgesprochen hat, hat die Berufungsbehörde im Falle der Berufung gegen einen Beschlagnahmebescheid nicht nur zu prüfen, ob der Verdacht im Sinne des § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz bestanden hat, sondern darüber hinaus auch, ob der Verdacht im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung noch besteht. Sie hat dabei insbesondere allfällige in der Zwischenzeit gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen bzw. auf Einwände der Parteien einzugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097). Daran ändern auch allfällige Schwierigkeiten bei der Beweisaufnahme nichts (vgl das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2013, Zl. 2012/17/0332).

3.2. Die bloße Feststellung der belangten Behörde, auf vier Geräten hätten keine Probespiele durchgeführt werden können, reicht nicht aus, um die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines hinreichend substantiierten Verdachts der Verwirklichung einer die Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG rechtfertigenden Verwaltungsübertretung beurteilen zu können, weil damit lediglich eine Aussage über das Scheitern einer - von mehreren der belangten Behörde zur Verfügung stehenden - Ermittlungsmöglichkeiten getroffen wird. Der angefochtene Bescheid enthält jedoch weder Feststellungen zur Funktionsweise der Geräte noch zur Inbetriebnahme derselben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde selbst davon ausgeht, dass von der Berufungswerberin weder in Abrede gestellt worden sei, dass es sich bei den Geräten um Glücksspielgeräte handle, noch dass Ausspielungen erfolgt seien.

Der angefochtene Bescheid war aufgrund der aufgezeigten sekundären Feststellungsmängel wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 15. Jänner 2014

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