VwGH 2012/07/0016

VwGH2012/07/001628.5.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der A W in L, vertreten durch Mag. Josef Kunzenmann, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 30. November 2011, Zl. IIIa1-W-60.383/44, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (im Folgenden: BH) vom 14. Juni 2010 wurde der Verlassenschaft nach A., vertreten durch die erbserklärte Erbin F., gemäß § 138 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 aufgetragen, Maßnahmen zur Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes durchzuführen. So seien sämtliche auf dem Grundstück Nr. 1, KG L., befindlichen Entwässerungsmaßnahmen, welche nicht mehr dem Stand der Technik entsprächen, sowie weiters die neu errichteten Entwässerungsmaßnahmen, welche zur Ableitung der auf dem Grundstück befindlichen Oberflächenwässer und Wässer aus der Vernässungszone dienten und durch welche die Wässer auf das darunterliegende Grundstück Nr. 2, KG L., geleitet würden, zu entfernen. Alternativ sei ein dem Stand der Technik entsprechendes, von einem fachkundigen Büro erstelltes Sanierungsprojekt zur Ableitung der Oberflächenwässer und der aus der Vernässungszone austretenden Wässer bei der BH bis spätestens zum 30. September 2010 zur wasserrechtlichen Bewilligung einzureichen.

Auf Grund der von der genannten erbserklärten Erbin und der Verlassenschaft nach A. erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (im Folgenden: LH) vom 8. Juli 2011 der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben. Dieser Berufungsbescheid wurde abschriftlich auch der Beschwerdeführerin übermittelt.

Diese ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 2, KG L., und erhob gegen den Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof Beschwerde, die mit hg. Beschluss vom 13. Oktober 2011, Zl. 2011/07/0203, zurückgewiesen wurde. In diesem Beschluss führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass nur im Fall des § 138 Abs. 1 WRG 1959 ein Betroffener als Antragsteller und damit als Partei in Betracht komme, nicht jedoch im Fall des im Einparteienverfahren zu erlassenden Alternativauftrages nach § 138 Abs. 2 leg. cit. Da die Beschwerdeführerin nicht Adressatin des wasserpolizeilichen Auftrages gewesen sei und wasserpolizeiliche Alternativaufträge nach § 138 Abs. 2 leg. cit. in einem Verfahren ergingen, welches allein die Rechtsbeziehungen zwischen der Behörde und dem Adressaten eines solchen Auftrages gestalte und in dem dritten Personen keine Parteistellung zukomme, fehle der Beschwerdeführerin die Berechtigung zur Beschwerdeführung.

Nach Erlassung des Bescheides vom 8. Juli 2011 ersuchte die BH mit Schreiben vom 20. Juli 2011 den Amtssachverständigen für Siedlungswasserwirtschaft Ing. P. um eine fachliche Stellungnahme, welche Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes (Entwässerung der Servitutsstraße auf dem Grundstück Nr. 1, Einleitung der Oberflächen- und Dachentwässerung des Grundstückes der Beschwerdeführerin bzw. Rückbau der Einleitung) vorzuschreiben seien.

In seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Juli 2011 führte der Amtssachverständige Ing. P. im Wesentlichen Folgendes aus:

"(...)

Einleitung von Drain-Oberflächenwässern (Dachwässer) in einen Vorfluter aus dem Grundstück der (Beschwerdeführerin):

Zur Erwirkung einer wasserrechtlichen Bewilligung ist (die Beschwerdeführerin) aufzufordern ein Einreichprojekt (3-fach) der Behörde vorzulegen.

Das Projekt hat im Wesentlichen zu beinhalten: Technischer Bericht mit Angaben über Art, Zweck und Umfang der Entwässerungsanlage, Angabe der durch die beantragte Anlage beanspruchten Grundstücke und deren Eigentümer, Pläne (Katasterlageplan in dem die beantragte Anlage maßstabsgetreu dargestellt ist und Längenschnitt), Konsensermittlung (Ermittlung der Wassermenge in l/s), Angabe über fremde Rechte.

(...)

Die desolate Entwässerung im Bereich der Garage und Garagenvorplatz ist soweit instandzusetzen, dass die dort anfallenden Oberflächenwässer nicht auf fremde Grundstücke geleitet werden. Eine Ableitung dieser Wässer wie vor genannt sollte überlegt werden.

Sollte keine wasserrechtliche Bewilligung erwirkt werden, ist der gesetzliche Zustand herzustellen:

Die bestehende Leitung ist auf Gp. 2, KG (L.), dauerhaft zu verschließen.

Im Einvernehmen mit den berührten Grundeigentümern ist die bestehende Leitung außerhalb der Gp. 2, KG (L.), zu entfernen (bei Zustimmung der Grundeigentümer könnte die stillgelegte Leitung auch im Boden verbleiben). Im Bereich der Einleitstelle ist das sichtbare Kanalrohr zu entfernen und die Böschung an dieser Stelle in den ursprünglichen Zustand herzustellen.

(...)"

Mit Bescheid der BH vom 16. August 2011 wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Grundstückes Nr. 2 gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 der Auftrag erteilt, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes bis spätestens 31. Oktober 2011 entweder

"1. ein wasserrechtliches Einreichoperat für die Einleitung der Dachwässer, sowie der Oberflächenwässer des Garagen- bzw. Gartenbereiches des Wohnhauses (der Beschwerdeführerin) auf Gst. 2, KG (L.), in das natürliche Gerinne unterhalb des asphaltierten Servitutsweges auf Gp. 3, KG (L.), der (BH) in 3- facher Ausfertigung gemäß § 103 WRG vorzulegen,

oder alternativ

2. zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes die bestehende Leitung in das natürliche Gerinne auf Gp. 2, KG (L.), dauerhaft zu verschließen. Weiters ist im Einvernehmen mit den berührten Grundeigentümern die bestehende Leitung außerhalb der Gp. 2, KG (L.), zu entfernen (bei Zustimmung der Grundeigentümer könnte die stillgelegte Leitung auch im Boden verbleiben).

Im Bereich der Einleitstelle in das natürliche Gerinne auf Gp. 3, KG (L.), ist das sichtbare Kanalrohr zu entfernen und die Böschung an dieser Stelle in den ursprünglichen Zustand herzustellen.

Weiters ist die desolate Entwässerung im Bereich der Garage und dem Garagenvorplatz soweit instand zu setzen, dass die dort anfallenden Oberflächenwässer nicht auf fremde Grundstücke geleitet werden."

Mit Schreiben (Mail) der BH vom 31. August 2011 wurde der Beschwerdeführerin die gutachterliche Stellungnahme vom 26. Juli 2011 übermittelt.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid der BH vom 16. August 2011 Berufung. Darin rügte sie u.a. als Verfahrensmangel, dass die BH ihren Anträgen und Einwendungen nicht gefolgt und ihr im Verfahren keine Gelegenheit gegeben worden sei, vom Ergebnis der Beweisaufnahmen Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Es seien ihr zwar diverse Protokolle von Niederschriften übermittelt worden, eine Aufforderung zur Stellungnahme dazu sei jedoch nicht erfolgt. Sie habe daher keine Gelegenheit gehabt, zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens Stellung zu nehmen, sodass ihr Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des LH vom 30. November 2011 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dem Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes bis spätestens 31. Jänner 2012 nachzukommen sei.

Nach Darstellung des Verfahrensverlaufes führte der LH aus, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Entwässerungsmaßnahmen im Bereich der Garage des Grundstückes der Beschwerdeführerin nur mangelnd funktionstüchtig seien und Schäden aufwiesen. Das Wasser sei im Rigol vor der Garage im Einlaufbereich aufgestaut und trete wenige Meter später noch im Bereich der Böschung unterhalb der dort befindlichen Mauersteine druckhaft wiederum aus. Die auf dem Servitutsweg anfallenden Oberflächenwässer würden entgegen dem Stand der Technik nicht großflächig zur Versickerung gebracht, sondern gelangten ohne Vorreinigung von einer asphaltierten Verkehrsfläche direkt in das namenlose Gerinne. Eine wasserrechtliche Bewilligung dafür liege nicht vor.

Darüber hinaus betreibe die Beschwerdeführerin bewilligungslos eine Entwässerung auf ihrem Grundstück (Drainagen um das Gebäude und eine Ableitung der Dachwässer), welche dem in der Nähe befindlichen Gewässer zugeleitet werde. Zudem sei die Dachrinne ihres Wohnhauses nicht funktionstüchtig und weise große Undichtheiten auf. Der Amtssachverständige für Siedlungswasserwirtschaft habe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens festgestellt, dass diese nicht funktionierenden Anlagenteile Ursache für Vernässungen, insbesondere im Bereich der Garage, ebenso wie im Bereich der Terrasse im Nahbereich des Wohnhauses, sein könnten. Er habe daraus den Schluss gezogen, dass ein Großteil der Vernässungen durch mangelhafte Eigenanlagen verursacht werde. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 8. Juli 2011 habe der LH festgestellt, dass die Dachentwässerung des Anwesens V. Hütte bei Heranziehen eines näher bezeichneten Leitfadens als nicht wasserrechtlich bewilligungspflichtig eingestuft werden könne, weil dadurch das Maß der Geringfügigkeit nicht überschritten werde. Der Grund für die auftretenden Vernässungen liege darin, dass nur eine vorübergehende Einsickerung von Oberflächenwässern im Bereich dieser Hanglage möglich sei.

Mangels Wegentwässerung und nicht funktionstüchtiger Rigole im Bereich der Garage der Beschwerdeführerin führe dies bei Starkniederschlägen zu Überflutungen und Vernässungen in diesem Bereich. Die nicht funktionstüchtige Dachrinne im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführerin komme noch hinzu. Es sei allerdings festzuhalten, dass diese Dachrinne ebenso wie die Dachentwässerung des Anwesens V. Hütte als nicht wasserrechtlich bewilligungspflichtig eingestuft werden könnten, weil dadurch das Maß der Geringfügigkeit nicht überschritten werde. Die mangelnde Funktionstüchtigkeit der Dachrinne sei daher nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Die fehlende Entwässerung des Servitutsweges und die Einleitung der Oberflächenwässer des Wohnhauses der Beschwerdeführerin in das unterhalb des Weges verlaufende Gerinne überschritten jedenfalls das Maß der Geringfügigkeit und seien daher bewilligungspflichtig.

In Bezug auf das Berufungsvorbringen führte der LH (u.a.) aus, zunächst sei darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof mit dem oben genannten Beschluss vom 13. Oktober 2011 die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des LH vom 8. Juli 2011 zurückgewiesen habe, sodass dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei und auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Mangelhaftigkeit dieses Verfahrens nicht habe eingegangen werden müssen. Entgegen ihrem Vorbringen habe sich die Behörde mit den tatsächlichen Gegebenheiten auseinandergesetzt und das Vorbringen der mit der Beschwerdeführerin "verstrittenen" Nachbarn überprüft. Grundlage für die von der Behörde getroffenen Feststellungen bildeten neben dem vorgelegten Videomaterial auch die vorgelegten Fotodokumentationen vom 26. Mai 2010 und 27. August 2010, die Ergebnisse der Lokalaugenscheine vom 13. Oktober 2010 und 14. April 2011 sowie die Ausführungen des Amtssachverständigen für Siedlungswasserwirtschaft und Geologie. Im Zuge des Lokalaugenscheines vom 14. April 2011 habe festgestellt werden können, dass, ausgehend vom Anwesen der Beschwerdeführerin, eine unzulässige Oberflächenwassereinleitung in das unterhalb liegende namenlose Gerinne erfolge. Hier seien bereits Anrisse der Böschung zu erkennen. Des Weiteren habe festgestellt werden müssen, dass der in diesem Bereich befindliche Weg, ausgehend vom Parkplatz V. Hütte, über keine Oberflächenentwässerung verfüge, sodass die dort anfallenden Regenwässer ungehindert über die Straßenfläche ebenfalls diesem namenlosen Gerinne zuflössen.

Der siedlungswasserwirtschaftliche Amtssachverständige habe in seiner Stellungnahme am 13. Oktober 2010 ausgeführt, dass die nicht funktionierenden Anlagenteile Ursache für Vernässungen insbesondere im Bereich der Garage wie im Bereich der Terrasse im Nahbereich des Wohnhauses (der Beschwerdeführerin) sein könnten, wodurch die Vermutung naheliege, dass ein Großteil der Vernässungen durch mangelhafte Eigenanlagen verursacht werde. Jedenfalls sei damit nachweislich, dass ein Großteil des Regenwassers aus dem Bereich der Straße und der Dachfläche nicht über vorhandene Entwässerungsanlagen abgeführt werde und unkontrolliert über das Grundstück der Beschwerdeführerin ablaufe. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Bestätigung der Firma R. bestätige lediglich, dass ein Rohr, welches angeblich die Hausdrainage darstelle, durchgängig vorhanden und gut bespülbar sei. Dies bestätige jedoch nicht, dass es so verlegt sei, dass es zum Einzug von Drainwässern geeignet sei. Die Bestätigung stamme vom März 2010 und sei damit älter als das Videodokument.

Bei dem dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde gelegten Gutachten handle es sich zweifellos um ein in sich schlüssiges, sowohl mit den allgemeinen Denkgesetzen als auch den Erfahrungen des täglichen Lebens in Einklang stehendes Gutachten, dem die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei. Die Ausführungen des siedlungswasserwirtschaftlichen Amtssachverständigen stünden zudem in keiner Weise in Widerspruch zu den bisher getroffenen Feststellungen, weshalb sich der LH nicht dazu veranlasst sehe, die Ausführungen des Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass mit rechtskräftigem Bescheid des LH vom 8. Juli 2011 festgestellt worden sei, dass die Wässer der Liegenschaft der Verlassenschaft nach A. eine untergeordnete Rolle spielten und ein Großteil der Hangwässer auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin vielmehr aus den angrenzenden Waldflächen sowie von den unbefestigten Flächen oberhalb des Grundstückes der Beschwerdeführerin stamme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der LH legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach §§ 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Die Beschwerde bringt vor, dass die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht beigezogen und dadurch ihr rechtliches Gehör verletzt worden sei. So habe sie laut dem oben genannten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes keine Parteistellung im bisherigen Verfahren gehabt. Ohne ihr eine Möglichkeit zur Stellungnahme - insbesondere auch nach Vorliegen der abschließenden Stellungnahme des Sachverständigen Ing. P. vom 26. Juli 2011 - einzuräumen, habe die BH den Bescheid mit verschiedenen Aufträgen erlassen. Richtigerweise hätte der LH nach Vorliegen des Berichtes dieses Sachverständigen vom 26. Juli 2011 eine Möglichkeit zur abschließenden Stellungnahme geben müssen. Der LH gehe von einer rechtskräftigen Vorentscheidung und davon aus, dass keine weiteren Erhebungen oder Stellungnahmen notwendig wären. Dadurch sei das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin massiv verletzt worden, die im zuvor geführten Verfahren nicht Partei gewesen sei. Ihr sei keine Gelegenheit gegeben worden, zu allen Beweisergebnissen Stellung zu nehmen.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Wie oben (I.) dargestellt, kam der Beschwerdeführerin in dem gegen die Verlassenschaft nach A., vertreten durch die erbserklärte Erbin F., geführten wasserpolizeilichen Verfahren keine Parteistellung zu. Erst nach Erlassung des Bescheides des LH vom 8. Juli 2011 wurde von der BH gegen die Beschwerdeführerin das gegenständliche wasserpolizeiliche Verfahren eingeleitet, in dem die oben (I.) angeführte gutachterliche Stellungnahme des Amtssachverständigen für Siedlungswasserwirtschaft vom 26. Juli 2011 eingeholt wurde. Diese Stellungnahme enthält Vorschläge für die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages an die Beschwerdeführerin, umfasst jedoch weder einen Befund noch eine schlüssige Darstellung der Ursachen für den nach Auffassung der Behörde zu beseitigenden Zustand.

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Nach der hg. Judikatur ist den Parteien dabei für ihre Stellungnahme eine ausreichende Frist einzuräumen. Das Recht einer Partei, im Zuge des Ermittlungsverfahrens im Sinne der §§ 37 ff AVG gehört zu werden, stellt einen fundamentalen Grundsatz des Verwaltungsverfahrens dar. Einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde dürfen nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen die Partei des Verwaltungsverfahrens auch Stellung nehmen konnte. Die Gelegenheit zur Stellungnahme erfordert die Gestaltung des Vorganges in einer Weise, die der Partei jeweils nicht nur dessen Bedeutung zum Bewusstsein bringt, sondern auch die Möglichkeit zu Überlegungen und entsprechender Formulierung ihrer Stellungnahme bietet (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 8. April 2014, Zl. 2012/05/0004, mwN).

Der LH hat sich im angefochtenen Bescheid (u.a.) auf in seinem rechtskräftigen Bescheid vom 8. Juli 2011 getroffene Feststellungen und auf diesem Bescheid zugrunde liegende Ermittlungsergebnisse gestützt. Weder dem angefochtenen Bescheid noch den vorgelegten Verwaltungsakten kann entnommen werden, dass der Beschwerdeführerin in dem gegen sie geführten wasserpolizeilichen Verfahren die Gelegenheit eingeräumt wurde, zu den im vorangegangenen, nicht gegen sie geführten Verwaltungsverfahren gewonnenen Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. Ihre in der Berufung erhobene Verfahrensrüge wegen Verletzung des Parteiengehörs erachtete der LH deshalb für unbeachtlich, weil er die in seinem Bescheid vom 8. Juli 2011 getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die Rechtskraft des Bescheides auch in Bezug auf die Beschwerdeführerin für bindend hielt.

Mit dieser Auffassung verkannte der LH jedoch das Gesetz.

So kann ein Bescheid nur für jene Parteien in formelle Rechtskraft erwachsen, denen gegenüber er erlassen wurde, sofern nicht durch Gesetz ausdrücklich anderes geregelt ist (vgl. dazu etwa Hengstschläger/Leeb, AVG, § 68 Rz 7 mwH auf die hg. Judikatur).

Die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Rechtskraft bezieht sich daher grundsätzlich nur auf die Parteien des Verfahrens. Wird in einem Verfahren bestimmten Personen vom Gesetzgeber ein Mitspracherecht nicht eingeräumt, kann der das Verfahren abschließende Bescheid diesen Personen gegenüber keine bindende Wirkung in dem Sinn entfalten, dass sie Fragen, die in diesem Verfahren beantwortet wurden, nicht in einem anderen Verfahren aufwerfen dürften, in dem ihnen ein Mitspracherecht zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2007, Zl. 2006/03/0151, mwN).

Da somit der Beschwerdeführerin in dem wasserpolizeilichen Verfahren, das mit dem genannten Bescheid des LH vom 8. Juli 2011 rechtskräftig beendet wurde, keine Parteistellung zukam, war es unzulässig, die in diesem Verfahren gewonnenen Ermittlungsergebnisse und im Bescheid vom 8. Juli 2011 getroffenen Feststellungen in dem gegen die Beschwerdeführerin geführten wasserpolizeilichen Verfahren zu verwerten, ohne der Beschwerdeführerin in diesem Verfahren zuvor Parteiengehör eingeräumt und die Möglichkeit geboten zu haben, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. In Verkennung der Grenzen der Rechtskraft und der Bindungswirkung des Bescheides vom 8. Juli 2011 hat der LH somit die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt.

Im Hinblick darauf war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. Mai 2014

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