Normen
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z2 idF 2011/I/038;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2;
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z2 idF 2011/I/038;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Republik L und seit 9. November 2000 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet. Der Ehe entstammt ein minderjähriger Sohn, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Die 1997 in L geborene Tochter der Beschwerdeführerin lebt ebenfalls in Österreich. Der Beschwerdeführerin wurde erstmals am 12. Jänner 2001 eine Niederlassungsbewilligung, am 25. Februar 2003 sodann ein Niederlassungsnachweis erteilt.
Im Hinblick auf rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen der Beschwerdeführerin wurde gegen sie mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien (LPD Wien) vom 15. Oktober 2012 gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Unter einem wurde gemäß § 68 Abs. 3 FPG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen und der Beschwerdeführerin gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt.
Gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2012 fristgerecht Berufung. Die Ladung zu der vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien für den 6. März 2013 anberaumten Berufungsverhandlung wurde der LPD Wien am 30. Jänner 2013 zugestellt. Mit Schreiben vom 21. Februar 2013 teilte die LPD Wien mit, dass an dieser Verhandlung nicht teilgenommen werde.
Mit dem angefochtenen Ladungsbescheid der LPD Wien (der belangten Behörde) vom 20. März 2013 wurde die - mittlerweile am 14. Dezember 2012 aus der Strafhaft (bedingt) entlassene - Beschwerdeführerin aufgefordert, am 26. April 2013 um 9.00 Uhr "zu uns" zu kommen und in der wie folgt umschriebenen Angelegenheit als Partei mitzuwirken:
"Gegen Sie besteht eine durchsetzbare Ausreiseentscheidung. Sie sind somit verpflichtet, das österreichische Bundesgebiet zu verlassen. Zur Regelung Ihrer Ausreise, der Würdigung Ihrer persönlichen Verhältnisse und der Prüfung des Vorliegens von Gründen zur Ergreifung polizeilicher Maßnahmen ist Ihre Vorsprache im Fremdenpolizeilichen Büro erforderlich."
Weiters wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, neben dem Ladungsbescheid und einem amtlichen Lichtbildausweis den "Reisepass, Personalausweis" mitzubringen. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes wurde in erster Linie die zwangsweise Vorführung gemäß § 19 Abs. 3 AVG, weiters auch die Erlassung eines Festnahmeauftrages nach § 74 Abs. 2 Z 1 und 2 FPG angedroht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 16. April 2013 beim Verwaltungsgerichtshof überreichte Beschwerde. Die Beschwerdeführerin brachte vor, der Unabhängige Verwaltungssenat Wien habe mit dem in der Berufungsverhandlung am 6. März 2013 verkündeten Bescheid der Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid vom 15. Oktober 2010 in Bezug auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung Folge gegeben und den diesbezüglichen Spruchteil ersatzlos behoben. Die Wirksamkeit (Durchsetzbarkeit) des erstinstanzlich erlassenen Aufenthaltsverbotes sei daher bis auf weiteres beseitigt worden. Für die Beschwerdeführerin bestehe somit aktuell keine Ausreiseverpflichtung; sie sei (als Unionsbürgerin) weiterhin rechtmäßig aufhältig. Der bekämpfte Ladungsbescheid beruhe daher auf "völlig falschen Sachverhaltsprämissen".
Das Beschwerdevorbringen wurde durch die Vorlage des Verhandlungsprotokolls vom 6. März 2013 bescheinigt. Im Hinblick darauf hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. April 2013, AW 2013/21/0024, dem mit der Beschwerde verbundenen Antrag, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, stattgegeben.
Den dem Verwaltungsgerichtshof nach Einleitung des Vorverfahrens vorgelegten Akten lässt sich entnehmen, dass der Berufung der Beschwerdeführerin gegen das Aufenthaltsverbot mit dem am 30. April 2013 verkündeten und am 22. Mai 2013 schriftlich ausgefertigten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid (ersatzlos) behoben wurde. In Bezug auf den bekämpften Ladungsbescheid wurden von der belangten Behörde keine weiteren Schritte mehr gesetzt.
Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch einen Ladungsbescheid liegt dann nicht mehr vor, wenn die belangte Behörde ein Verhalten gesetzt hat, das einen Verzicht auf die in einem Ladungsbescheid angedrohten Sanktionen darstellt. Ein derartiger Verzicht kann auch implizit zum Ausdruck gebracht werden (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0140; siehe aus der letzten Zeit etwa auch den hg. Beschluss vom 20. März 2012, Zl. 2012/21/0016, mwN).
Die belangte Behörde hat offenbar im Hinblick auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom 17. April 2013 die Ladung der Beschwerdeführerin für den 26. April 2013 - zu Recht - als hinfällig angesehen. Die maßgeblich angedrohte Sanktion für ein unentschuldigtes Nichtbefolgen der Ladung in Form der zwangsweisen Vorführung kommt daher im vorliegenden Fall nicht (mehr) in Betracht. Die weiters angedrohte Erlassung von Festnahmeaufträgen nach § 74 Abs. 2 Z 1 und 2 FPG ging von vornherein ins Leere (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 5. Juli 2012, Zl. 2011/21/0196, mwN).
Demnach ist im vorliegenden Fall das - bei Beschwerdeeinbringung noch bestehende - Rechtsschutzinteresse nachträglich weggefallen. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die gegen den Ladungsbescheid vom 20. März 2013 erhobene Beschwerde käme somit nur mehr abstrakttheoretische Bedeutung zu. Dem ist die Beschwerdeführerin - ungeachtet der ihr zu dieser Frage ermöglichten Stellungnahme - nicht entgegengetreten. Die vorliegende Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das verwaltungsgerichtliche Verfahren einzustellen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 30. August 2011, Zl. 2011/21/0095).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen. Die demnach vorzunehmende hypothetische Prüfung des Verfahrensausganges ergibt im vorliegenden Fall, dass die Beschwerde bei einer inhaltlichen Behandlung erfolgreich gewesen wäre. Im Hinblick darauf, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides für die Beschwerdeführerin keine Ausreiseverpflichtung bestand und ein Ende ihres Aufenthaltsrechtes nicht konkret absehbar war, war die Ladung zum persönlichen Erscheinen zur Erörterung der dort umschriebenen Angelegenheit nicht "nötig" iSd § 19 Abs. 1 AVG (vgl. das eine ähnliche Konstellation betreffende hg. Erkenntnis vom 19. April 2012, Zl. 2010/21/0287). Dieser in der Beschwerde somit zutreffend vertretenen Auffassung ist die belangte Behörde im Übrigen aus Anlass der Aktenvorlage auch nicht entgegen getreten.
Es hatte daher ein Kostenzuspruch an die Beschwerdeführerin, der Höhe nach gemäß der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, zu erfolgen.
Wien, am 2. August 2013
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)