VwGH 2013/18/0064

VwGH2013/18/006410.9.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des F M in W, vertreten durch Mag. Dr. Ralf Heinrich Höfler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Türkenstraße 25/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 3. August 2010, Zl. SD 1245/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein kroatischer Staatsangehöriger, heiratete am 11. Juni 2005 eine österreichische Staatsbürgerin und beantragte in der Folge unter Berufung auf diese Ehe die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG".

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer wegen des Eingehens einer Aufenthaltsehe gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides legte die belangte Behörde näher ihre beweiswürdigenden Erwägungen dar, auf Grund welcher sie zur Feststellung gelangt war, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin geschlossen und sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf diese Ehe berufen habe, ohne mit ihr ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt zu haben.

Davon ausgehend sah die belangte Behörde den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG als verwirklicht an, und sie bejahte mit näherer Begründung auch das Vorliegen einer Gefährdung im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG.

Zur Beurteilung nach § 66 FPG führte die belangte Behörde aus, dass sich der Beschwerdeführer zuletzt seit mehr als viereinhalb Jahren in Österreich aufhalte (nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid hatte sich der Beschwerdeführer bereits vor der Eheschließung unrechtmäßig im Bundesgebiet befunden) und im Inland über familiäre Bindungen zu einem Bruder, einer Tante und mehreren Cousins verfüge. Seit 5. Dezember 2005 gehe er auch laufend einer Beschäftigung als Arbeiter nach. Die belangte Behörde ging deshalb von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers aus, kam nach einer Interessenabwägung aber zum Ergebnis, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet keinesfalls schwerer wiegen würden als das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbots.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat und sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf diesen Zeitpunkt (August 2010) nach den Bestimmungen des FPG in der Fassung des BGBl. I Nr. 135/2009 richtet.

Der gegenständliche Fall gleicht darin, dass es im Berufungsverfahren zu einem mehrjährigen Verfahrensstillstand - hier: von knapp vier Jahren - gekommen ist, jenem Fall, der dem Erkenntnis vom 12. Dezember 2012, Zl. 2012/18/0173, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen (vgl. auch das in einem ähnlich gelagerten Fall ergangene Erkenntnis vom 22. Jänner 2013, Zl. 2012/18/0183).

Auch im vorliegenden Fall wäre es im Hinblick auf die seit der erstinstanzlichen Entscheidung vom 18. September 2006 vergangene Zeit geboten gewesen, die Entscheidungsgrundlage zu verbreitern, um die dem Gesetz entsprechende Beurteilung einer vom Beschwerdeführer (allenfalls: immer noch) ausgehenden maßgeblichen Gefahr einerseits und der Voraussetzungen nach § 66 FPG andererseits vornehmen zu können. Dies hat die belangte Behörde, die vor Erlassung des angefochtenen Bescheides lediglich Auskünfte aus elektronisch geführten Registern - wie einen "Versicherungsdatenauszug" oder einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister - einholte, jedoch unterlassen. Zudem hätte es angesichts der vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Dauer des Berufungsverfahrens einer nachvollziehbaren Begründung bedurft, weshalb trotz des mittlerweile vergangenen Zeitraums und angesichts der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Grundes noch immer erst nach der für solche Fälle (damals) vorgesehenen Höchstdauer von zehn Jahren angenommen wurde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2013, Zl. 2011/23/0632).

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 10. September 2013

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