Spruch:
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
Begründung
Mit Beschluss vom 25. Juli 2013, 2013/15/0172-5, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die vom Antragsteller erhobene Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 14. März 2013, Zl. RV/0361-S/12, wegen unterlassener Mängelbehebung gemäß § 33 Abs. 1 und § 34 Abs. 2 VwGG ein. Der Antragsteller habe zwar innerhalb der offenen Frist einen verbesserten Beschwerdeschriftsatz in dreifacher Ausfertigung eingebracht. Die Urschrift der zurückgestellten unverbesserten Beschwerde samt ihrer Ausfertigungen und Beilagen (angefochtener Bescheid) sei allerdings nicht wieder vorgelegt worden. Der Mängelbehebungsauftrag sei insoweit nicht erfüllt worden.
In dem am 26. August 2013 zur Post gegebenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird vorgebracht, die Kanzleileiterin der Rechtsvertreterin habe es entgegen dem ausdrücklichen Auftrag irrtümlich unterlassen, mit dem verbesserten Schriftsatz auch das Konvolut der ursprünglichen Beschwerde vorzulegen. Bei Unterfertigen der Post habe die Rechtsvertreterin nochmals darauf hingewiesen, dass die ursprünglichen Originale mitzuschicken seien. Die Kanzleileiterin habe bestätigt, dass sie die Anweisung verstanden habe. Dementsprechend sei auch im Begleitschreiben vom 14. Juni 2013 an den Verwaltungsgerichtshof angeführt worden, dass die ursprünglichen Beschwerdeschriften samt Beilagen angefügt werden.
Es sei unerfindlich, warum die Kanzleileiterin entgegen der klaren Weisung das Mitversenden der betreffenden Schriftstücke unterlassen habe. Die Kanzleileiterin sei für das Sekretariat verantwortlich und gerade wegen ihrer absoluten Verlässlichkeit und Genauigkeit in dieser Position. Dementsprechend habe sie noch nie irgendeinen Anlass zu einer Beanstandung gegeben. Anweisungen habe sie stets genau und vollständig ausgeführt. Warum ihr gerade im gegenständlichen Fall das Versehen passiert sei, wesentliche Schriftstücke nicht mitzuschicken, sei nicht nachvollziehbar. Der Fehler der Kanzleileiterin sei weder vorauszusehen noch zu verhindern gewesen.
Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Antrag ist gemäß § 46 Abs. 3 VwGG binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt ein dem Vertreter der Partei widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei nur um einen minderen Grad des Versehens gehandelt hat (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 15. Juni 2005, 2005/13/0043). Fehlleistungen von Mitarbeitern stellen für den Vertreter der Partei dann ein solches unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, wenn der Parteienvertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Pflicht zur Überwachung seiner Mitarbeiter nachgekommen ist und durch geeignete Kontrollmechanismen dafür vorgesorgt hat, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen voraussichtlich rechtzeitig erkannt und deren Folgen vermieden werden können (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 22. März 2006, 2005/13/0177, mwN).
Rein mechanische Vorgänge, wie etwa das Kuvertieren oder die Postaufgabe, kann der Vertreter zwar der alleinigen Erledigung der Kanzlei überlassen. Dies setzt aber voraus, dass auf Grund eindeutiger Anordnung (vor allem einem Beilagen- oder Gleichschriftenvermerk) klargestellt ist, welche Schriftstücke zu kuvertieren sind. Erfolgt keine solche Anordnung, wird ausnahmsweise auch eine Kontrollpflicht des Vertreters über einfache Verrichtungen wie die Kuvertierung eines Verbesserungsschriftsatzes ausgelöst (vgl. den hg. Beschluss vom 23. September 2010, 2010/15/0137).
Im Wiedereinsetzungsantrag wird die unterbliebene vollständige Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages vom 22. Mai 2013 im Wesentlichen mit einem der Kanzleileiterin unterlaufenen Kuvertierungsfehler begründet. Dabei bleibt allerdings unerwähnt, dass das Begleitschreiben vom 14. Juni 2013 keinen Beilagenvermerk enthielt, an Hand dessen die Mitarbeiterin die vollständige Abfertigung der Beilagen nochmals hätte kontrollieren können. Mit der Erteilung einer bloß mündlichen Anordnung, welche Beilagen zu kuvertieren seien, hat die Rechtsvertreterin eine gefahrengeneigte Situation geschaffen.
Darüber hinaus weist der neue Schriftsatz nicht das tatsächliche Datum seiner Abfassung, sondern das Datum der ursprünglichen Beschwerde auf. Solcherart muss aber selbst bei einer sorgfältigen Kanzleikraft der Anschein hervorgerufen werden, mit der Abfertigung dieser Schriftstücke sei dem (mündlichen) Auftrag, die ursprüngliche Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zu übermitteln, entsprochen worden.
Die offenkundig bestehende Verwechslungsgefahr hätte eine weitere Kontrolltätigkeit betreffend die richtige Abfertigung der Schriftstücke seitens der Beschwerdevertreterin erfordert.
Insgesamt ist der Beschwerdevertreterin daher ein nicht nur minderer Grad des Versehens an der unterbliebenen vollständigen Mängelbehebung im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG anzulasten, sodass dem Wiedereinsetzungsantrag kein Erfolg beschieden sein konnte.
Wien, am 19. September 2013
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