VwGH 2013/08/0183

VwGH2013/08/01839.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des K E in S, vertreten durch Anzböck & Brait Rechtsanwälte GmbH in 3430 Tulln, Stiegengasse 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 5. Juli 2013, Zl. Senat-KO-12-2119, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §10 Abs1;
ASVG §11 Abs1;
ASVG §111;
ASVG §33;
VStG §5 Abs1;
ASVG §10 Abs1;
ASVG §11 Abs1;
ASVG §111;
ASVG §33;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Wie sich aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt, hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG mit einer Geldstrafe von EUR 2.180,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) belegt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. GmbH zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft es unterlassen habe, den bei ihr am 25. Februar 2012 als Kraftfahrer beschäftigten und in der Krankenversicherung pflichtversicherten K. K. vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger, der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, anzumelden.

K. K., ein slowakischer Staatsangehöriger, habe am 25. Februar 2013 als Lenker eines auf das vom Beschwerdeführer vertretene Unternehmen zugelassenen Lkw eine Ladung Kartoffeln nach Hollabrunn verbracht, ohne zur Sozialversicherung angemeldet gewesen zu sein. Werde jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei der Tätigkeit eines Lkw-Lenkers der Fall sei), so sei die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen. Atypische Umstände lägen nicht vor. Es sei von einem entgeltlichen Dienstverhältnis auszugehen. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, glaubhaft darzulegen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden getroffen habe. Auf Grund einer vorhandenen rechtskräftigen Vormerkung wegen der Übertretung des § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG (Bestrafung durch die Bezirkshauptmannschaft K.) handle es sich um ein Wiederholungsdelikt. Es sei die gesetzliche Mindeststrafe verhängt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bringt vor, der 25. Februar 2012 sei ein Samstag gewesen, an welchem er nicht am Betriebsstandort anwesend gewesen sei. K. K. habe sich besuchsweise bei seinen ebenfalls für die B. GmbH tätigen Freunden und Bekannten aufgehalten und sei von einem dieser Bekannten ersucht worden, die gegenständliche Fahrt durchzuführen. Dies alles ohne Wissen und ohne Kenntnis des Beschwerdeführers, der dazu in seinen Stellungnahmen vom 23. Mai und 7. August 2012 die Einvernahme des Zeugen K. K. im Rechtshilfeweg vor der zuständigen slowakischen Behörde beantragt habe. Die belangte Behörde habe den beantragten Zeugenbeweis nicht aufgenommen. Es würden

"keine positiven Beweisergebnisse vorliegen, die darauf schließen lassen, dass der beantragte Zeuge die Fahrtüberweisung oder aber mit Wissen und Willen des Beschwerdeführers vorgenommen hat. Ohne dessen Kenntnis ist aber auch die Tatbildmäßigkeit des gegenständlichen Verwaltungstatbestandes nicht erfüllt und liegt vor allem die subjektive Tatseite, nämlich ein wie immer geartetes Verschulden des Beschwerdeführers nicht vor."

Der Beschwerdeführer habe nicht damit rechnen können, dass ein ausländischer Staatsbürger an einem Wochenende eine Fahrt für einen bei der B. GmbH beschäftigten Freund durchführe. Aus der Sicht der Mentalität osteuropäischer Dienstnehmer sei ein solches Vorgehen zwar verständlich, aus Sicht eines Geschäftsführers aber nicht unbedingt zu erwarten. K. K. habe die gegenständliche Fahrt ohne Wissen und Kenntnis und ohne Weisung des Beschwerdeführers durchgeführt. Überdies habe die belangte Behörde zu Unrecht die Höchststrafe verhängt.

Damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass K. K. am 25. Februar 2013 als Lenker eines auf die B. GmbH zugelassenen Lkw für diese einen Transport von Kartoffeln nach Hollabrunn vorgenommen hat. Die Vorschriften des ASVG über das Beschäftigungsverhältnis stehen auf dem Boden der Eingliederungstheorie. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird durch den "Einstellungsakt" begründet. Es setzt einen "Verpflichtungsakt" nicht voraus. Die Pflichtversicherung der Dienstnehmer beginnt nach § 10 Abs. 1 ASVG in der Regel mit dem Tage des Beginnes (Antritt) ihrer Beschäftigung, sie dauert mit dem Beschäftigungsverhältnis fort, bis sie nach § 11 Abs. 1 ASVG in der Regel mit dem Ende der Beschäftigung erlischt. Das Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird in der Regel durch die Aufnahme der Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers begründet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Dezember 1957, VwSlg Nr. 4.495A/1957, sowie vom 19. Dezember 2012, Zl. 2012/08/0260).

Übertretungen des § 33 ASVG sind Ungehorsamsdelikte im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Das verantwortliche Organ ist strafbar, wenn es nicht genügende Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. In einem solchen Fall einer zur Last gelegten Unterlassung besteht gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Es ist daher Sache des Dienstgebers, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf, und initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.

Für eine Befreiung von der Verantwortlichkeit des Dienstgebers für eine unterbliebene Anmeldung zur Sozialversicherung ist die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems entscheidend, welches verhindert, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers ohne dessen Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden. Die Erteilung entsprechender Weisungen entschuldigt den Arbeitgeber nur dann, wenn er darlegt und nachgewiesen hat, dass er Maßnahmen ergriffen hat, die die Einhaltung der erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Rechtsvorschriften über die Anmeldung von pflichtversicherten Dienstnehmern gewährleisten, insbesondere, welche Kontrollen er eingerichtet hat und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2012/08/0260).

Der Beschwerdeführer hat auch in der Beschwerde lediglich darauf verwiesen, dass er selbst abwesend und von der Aufnahme der Beschäftigung durch K. K. nicht informiert gewesen sei. Er hat verabsäumt, darzulegen, wie im Betrieb der B. GmbH unbefugte Beschäftigungsaufnahmen (die unbefugte Inbetriebnahme eines Lkw) verhindert werden sollten und welche Kontrollmechanismen er dafür vorgesehen habe. Vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund begründet die Unterlassung der Aufnahme der vom Beschwerdeführer beantragten Beweise zu den von ihm genannten Beweisthemen mangels Relevanz keinen Verfahrensmangel. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer die fahrlässige Unterlassung der Anmeldung des K. K. zur Sozialversicherung zu Recht angelastet.

Was die Höhe der Strafe betrifft, so bestreitet der Beschwerdeführer nicht, bereits einmal wegen der Unterlassung der Anmeldung eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung bestraft worden zu sein. Die belangte Behörde hatte somit den in § 111 Abs. 2 erster Teilstrich zweite Alternative ASVG vorgesehenen Strafrahmen anzuwenden, wobei sie die Mindeststrafe verhängt hat.

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 9. Oktober 2013

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