Normen
AlVG 1977 §12 Abs1 Z2 idF 2007/I/104;
ASVG §11 Abs2;
ASVG §49 Abs3 Z7;
AVG §38;
VwRallg;
AlVG 1977 §12 Abs1 Z2 idF 2007/I/104;
ASVG §11 Abs2;
ASVG §49 Abs3 Z7;
AVG §38;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ausgesprochen, dass der Arbeitslosengeldbezug der Beschwerdeführerin ab dem 1. Februar 2013 gemäß § 24 Abs. 1 iVm §§ 7 und 12 AlVG mangels Arbeitslosigkeit eingestellt werde.
Die Beschwerdeführerin sei vom 1. Mai 2009 bis zum 31. Dezember 2012 in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis bei der L. GmbH gestanden. Das Dienstverhältnis habe durch Dienstgeberkündigung geendet. Am 11. Jänner 2013 haben sie einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld gestellt. Im Zuge des von ihr beim Kreisgericht Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht geführten Kündigungsanfechtungsverfahrens habe sie sich mit der L. GmbH außergerichtlich verglichen. Die Zahlung von sechs Bruttomonatsgehältern an sie sei als "freiwillige Abfertigung" bezeichnet worden. Im Anschluss an das am 31. Dezember 2012 beendete Dienstverhältnis habe sie somit von ihrem ehemaligen Dienstgeber bis zum 30. Juni 2013 Entgeltzahlungen bezogen, die der Arbeitslosenversicherungspflicht unterlägen und von ihrem ehemaligen Arbeitgeber als Kündigungsentschädigung bezeichnet worden seien. Die Wiener Gebietskrankenkasse habe den "Zeitraum 1.1. bis 30.6.2013 als arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis versichert".
Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung hätten nur Personen, die alle Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere das Vorliegen von Arbeitslosigkeit erfüllen würden. Eine Person, die in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehe, gelte nicht als arbeitslos. Seit dem 1. Jänner 2009 sei auch nicht als arbeitslos anzusehen, wer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliege. Die Wiener Gebietskrankenkasse habe die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsansicht, es handle sich um eine Abgangsentschädigung bzw. eine freiwillige Abfertigung, nicht geteilt. Sie sei vom Weiterbestehen des Dienstverhältnisses ausgegangen und habe eine entsprechende sozialversicherungsrechtliche Qualifikation vorgenommen. In Anbetracht dessen, dass die Beschwerdeführerin ihre Kündigung gerichtlich angefochten habe, bestehe kein Rechtsgrund für die Zahlung einer freiwilligen Abfertigung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
1.1. Die Beschwerde wendet sich gegen die Ansicht, dass das Ausmaß der der Beschwerdeführerin zuerkannten Abschlagzahlung den Bezug von Arbeitslosengeld verhindere. Das Dienstverhältnis sei nicht verlängert worden. Der Beschwerdeführerin sei als Gegenleistung für die Zurückziehung ihrer Anfechtungsklage eine freiwillige Abfindungszahlung ("freiwillige Abfertigung") bezahlt worden. Die Zahlung sei eine Abgangsentschädigung iSd § 49 Abs. 3 Z 7 ASVG. Sie führte nicht zur Verlängerung der Pflichtversicherung gemäß § 11 Abs. 2 ASVG. Die Höhe der Leistung sei nicht entscheidend.
1.2. Nach § 12 Abs. 1 Z 2 AlVG idF der Novelle BGBl. I Nr. 104/2007 schließt eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung Arbeitslosigkeit aus (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Juli 2011, Zl. 2011/08/0048, vom 6. Juni 2012, Zl. 2010/08/0038, und vom 14. März 2013, Zl. 2012/08/0053; vgl. auch die Ruhenstatbestände des § 16 Abs. 1 lit. k und l AlVG).
Die Behörden des Arbeitsmarktservice sind in der Frage des Vorliegens einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung an einen rechtskräftigen Bescheid des Sozialversicherungsträgers gebunden. Eine weiter reichende Bindung, insbesondere an die beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger tatsächlich geführten Versicherten-Daten kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bzw. die belangte Behörde hatte in Ermangelung eines rechtskräftigen Bescheides über das Bestehen der Pflichtversicherung diese Frage als Vorfrage iSd § 38 AVG selbst zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2000, Zl. 98/08/0269).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem auch von der Beschwerde zitierten hg. Erkenntnis vom 11. Juli 2012, Zl. 2009/08/0117, ausgesprochen hat, ist eine "freiwillige Abfertigung", die ein Dienstgeber im Gegenzug zur Zurückziehung einer Kündigungsanfechtungsklage gezahlt hat, eine Abgangsentschädigung iSd § 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG. Diese Leistung führt nicht zu einer Verlängerung der Pflichtversicherung gemäß § 11 Abs. 2 ASVG.
Die belangte Behörde hat das Bestehen einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung insbesondere für die verfahrensgegenständliche Zeit ab 1. Februar 2013 zu Unrecht auf die Zahlung der genannten "freiwilligen Abfertigung" gestützt. Eine Einstellung des Arbeitslosengeldes kann daraus nicht abgeleitet werden.
Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 11. Dezember 2013
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