VwGH 2013/07/0179

VwGH2013/07/017928.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde

1. der H Z und 2. des L Z, beide in L, beide vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Schulstraße 12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. August 2013, Zl. Wa-2013-602498/32-Sg/Ka, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde X in L, 2. Landeshauptstadt L in L), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §72 Abs1;
WRG 1959 §72;
WRG 1959 §72 Abs1;
WRG 1959 §72;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zum bisherigen Verfahrensgang wird auf die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 2009, 2006/07/0110 (im Folgenden: Vorerkenntnis I), und vom 20. September 2012, 2011/07/0005 (im Folgenden: Vorerkenntnis II), verwiesen.

Der Sachverhaltsdarstellung in Vorerkenntnis I ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde im Instanzenzug mit Bescheid vom 13. Juli 2006 den mitbeteiligten Parteien die wasserrechtliche Bewilligung zur Neuerrichtung einer Brücke und zur befristeten Inanspruchnahme des Grundstückes Nr. 1297/2, KG L., im Eigentum der beschwerdeführenden Parteien zum Zwecke der Durchführung der Bauarbeiten erteilte. Hinsichtlich der dauernden Inanspruchnahme des Grundeigentums der beschwerdeführenden Parteien durch das Brückenbauwerk war die belangte Behörde davon ausgegangen, dass keine Inanspruchnahme erfolge.

Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Bescheid mit dem genannten Vorerkenntnis I wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

Hinsichtlich der dauernden Inanspruchnahme des GSt. Nr. 1297/2 durch das Brückenbauwerk hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass mangels genauerer Feststellung der Grundgrenzen dieses Grundstücks im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht klar geworden sei, ob durch den Brückenbau selbst eine dauernde Inanspruchnahme dieses Grundstückes stattfinde oder nicht. Das in Rede stehende Grundstück sei unbestritten nicht im Grenzkataster erfasst. Es komme daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) für die Frage des richtigen Grenzverlaufes vorrangig auf die tatsächlichen Verhältnisse an, somit auf den in der Natur festzustellenden Verlauf der Grenze und nicht auf die Übertragung der aus den Mappenplänen ersichtlichen Grenzen in der Natur.

Im fortgesetzten Verfahren hielt der Amtssachverständige für Wasserbautechnik, Dipl.-Ing. F.S., in einem Schreiben vom 3. November 2010 fest, dass in einem näher genannten Plan verzeichnete Grenzzeichen in der Natur vorhanden seien. Aufgrund der Lage der Grenzpunkte und der Lage der bestehenden Brücke könne geschlossen werden, dass mit Ausnahme eines Stehers des oberwasserseitigen Brückengeländes keine Inanspruchnahme des Grundstückes der beschwerdeführenden Parteien durch sichtbare Teile der Brücke bestehe. Aufgrund der Darstellungen des geplanten neuen Brückenbauwerkes in den Projektsunterlagen und der Lage der Grenzpunkte könne aus fachlicher Sicht durch eine geringfügige Projektsänderung um wenige Zentimeter das Brückenbauwerk ohne dauernde Inanspruchnahme des GSt. Nr. 1297/2 ausgeführt werden. Das heiße, dass auch nach Abschluss der Bauarbeiten keine unter der Erdoberfläche liegenden bzw. nach Baufertigstellung nicht sichtbaren Teile des Bauwerks über die Parzellengrenze ragten.

Darüber hinaus erstattete der vermessungstechnische Amtssachverständige Dipl.-Ing. R.H. mit Schreiben vom 10. November 2010 eine Sachverhaltsdarstellung zur Grundstücksgrenze im vorliegenden Bereich, bei der er im Wesentlichen die Lage der in der Natur vorhandenen Grenzpunkte (Eisenrohre und Metallschlagmarken) und deren Übereinstimmung mit früheren Vermessungen feststellte.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Parteien großteils als unbegründet ab. Mit der wasserrechtlichen Bewilligung wurde u. a. folgende Auflage verbunden:

"- Das Brückenbauwerk ist projektsgemäß und entsprechend dem Befund der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft (U.) vom 8. April 2003 bzw. so auszuführen, dass keine Teile dieses Bauwerkes auf Grundstück Nr. 1297/2, KG (L.), errichtet werden bzw. zu liegen kommen. Dies bezieht sich auch auf eventuelle Fundamentvorsprünge."

In ihrer Begründung stützte sich die belangte Behörde im Wesentlichen auf die im Verwaltungsverfahren erstatteten Äußerungen der Amtssachverständigen.

Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit dem genannten Vorerkenntnis II wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, soweit mit ihm über die Berufung der beschwerdeführenden Parteien abgesprochen wurde.

Dabei verwies der Verwaltungsgerichtshof auf das Vorerkenntnis I, insbesondere auf das bereits dort zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2009, 2006/07/0104. Dort habe es geheißen:

"Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl. etwa das Urteil vom 5. Juni 2008, 6 Ob 102/08f, mit Judikatur- und Literaturhinweisen) beurkundet die Grundbuchsmappe nicht die Grenze; sie ist nur ein Beweismittel wie jedes andere auch. Erst durch die Eintragung der Grundstücke im Grenzkataster wird die 'Papiergrenze' verbindlich. Die Frage, wo die natürliche Grenze verläuft, ist eine Frage der Würdigung aller Beweise einschließlich der Kataster- und der Grundbuchsmappe sowie eine Frage der Feststellung von Tatsachen. Es besteht auch keine Beweislast für denjenigen, der einen von der Grundbuchsmappe abweichenden Grenzverlauf behauptet.

In diesem Sinn führte der Oberste Gerichtshof auch in seinem Urteil vom 8. Juli 2008, 4 Ob 94/08i, unter Bezugnahme auf Vorjudikatur und weitere Kommentarstellen aus, nach § 8 Z 1 VermG erbringe der Grenzkataster den verbindlichen Nachweis für die darin enthaltenen Grundstücksgrenzen. Demgegenüber diene die Grundbuchsmappe lediglich zur 'Veranschaulichung der Lage der Liegenschaften' (§ 3 Allgemeines Grundbuchsanlegungsgesetz). Die 'Papiergrenze' (Mappengrenze) nehme nicht 'am öffentlichen Glauben des Grundbuchs' teil. Die Grundbuchsmappe mache keinen Beweis über die Größe und die Grenzen der Grundstücke, wenn sie auch ein im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu berücksichtigendes Beweismittel ist. Die Behauptung eines bestimmten Grenzverlaufs könne aber nicht bereits durch Grundbuchsauszüge oder durch Mappenkopien verlässlich bewiesen werden. Bei nicht im Grenzkataster enthaltenen Grenzen sei daher vorrangig ihr in der Natur festzustellender Verlauf maßgeblich. Die Einverleibung des Eigentumsrechts an den in der Einlage zusammengefassten Grundstücken bewirke daher grundsätzlich den Eigentumserwerb an den in der Mappe unter den betreffenden Bezeichnungen veranschaulichten Grundstücken in der Gestalt, in der sie sich tatsächlich befinden. Keinesfalls bewirke die Eintragung des Eigentums an bestimmten Parzellen, dass mehr als die durch die maßgeblichen Naturgrenzen umrissene Fläche oder ein jenseits dieser Grenze liegender Grund erworben worden wäre. Maßgeblich sei vielmehr nur der zur Zeit der Grundbuchsanlegung in der Natur bestehende oder seither rechtswirksam in der Natur veränderte Grenzverlauf."

Unter Hinweis auf weitere Urteile des OGH kam der Verwaltungsgerichtshof, soweit im vorliegenden Verfahren noch von Bedeutung, zum Ergebnis, dass von Menschen angebrachte Grenzmarkierungen (wie den hier vom Amtssachverständigen aufgefundenen Grenzsteinen) durchaus eine gewisse Bedeutung bei der Ermittlung der Grenze in der Natur zukommen könne. Vorrangig sei aber die Feststellung der in der Natur vorhandenen Grenze; die Lage der Grenzsteine bzw. die Grundbuchsmappe gewinne erst dann an Bedeutung, wenn Naturgrenzen fehlten oder wenn es sich um eine einvernehmliche Grenzneuziehung und deren Markierung handle.

Weiter erklärte der Verwaltungsgerichtshof:

"Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus der 'Sachverhaltsdarstellung' des vermessungstechnischen Amtssachverständigen aber nicht, von wem und aus welchem Anlass die aufgefundenen Grenzzeichen gesetzt wurden. Auch fehlen im angefochtenen Bescheid jegliche Feststellungen dazu, ob in der Natur frei erkennbare Zeichen, auffällige Gegebenheiten oder in der Natur vorkommende natürliche Abgrenzungshilfen (im oben dargestellten Sinn) feststellbar sind.

Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass beim hier verfahrensgegenständlichen Grenzverlauf solcherart in der Natur vorkommende Abgrenzungshilfen vorhanden sind; sollten solche auffindbar sein, würden diese zur Festlegung des wahren Grenzverlaufs heranzuziehen sein, auch wenn sie von den vom Amtssachverständigen aufgefundenen Grenzzeichen abwichen. Die Grenzzeichen (Grenzsteine) wären nur dann von Bedeutung, wenn sie eine einvernehmliche Abweichung von der Naturgrenze darstellten, eine Ersitzung im Rahmen der Grenzzeichen nachvollziehbar sein sollte oder wenn es gar keine Möglichkeit gäbe, die Naturgrenzen festzustellen.

(…)

Die belangte Behörde stellte daher nicht die in der Natur vorliegenden Grenzen fest; ob und welche Beweiskraft den Grenzsteinen zukommt, bleibt offen, weil ebenfalls nicht feststeht, dass Naturgrenzen oder Anhaltspunkte für ihren Verlauf fehlen.

1.3. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die zusätzlich in den Bescheid aufgenommene Auflage, wonach das Brückenbauwerk so auszuführen sei, dass keine Teile dieses Bauwerkes auf dem GSt. Nr. 1297/2 errichtet würden bzw. zu liegen kämen, an diesem Ergebnis nichts zu ändern vermag. Unter anderem der aufgezeigte Ermittlungsmangel führt nämlich zu einer Ergänzungsbedürftigkeit der dieser Auflage zu Grunde gelegenen sachverständigen Beurteilung.

Diese Auflage ist offenbar das Ergebnis des Gutachtens des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik vom 3. November 2010, der die Ansicht vertrat, 'mit Ausnahme eines Stehers des oberwasserseitigen Brückengeländers' würde das Grundstück der beschwerdeführenden Parteien nicht in Anspruch genommen. Dieses Problem könne aber eine geringfügige Projektsänderung in Bezug auf das Brückenbauwerk beseitigen.

Aus dem Akt ergibt sich nicht, dass die Bewilligungswerber eine Projektsänderung im vorgenannten Sinn vorgenommen hätten.

Der Bewilligungsbescheid modifiziert vor dem Hintergrund dieses Gutachtens und der fehlenden Projektsänderung nun das bewilligte Projekt, allerdings mangels genauer Kenntnis der Grenzen des GSt. Nr. 1297/2 in einer nicht nachvollziehbaren Art und Weise. Der wasserbautechnische Amtssachverständige ging vermutlich von den Grenzen der Mappe aus, von denen - wie oben dargestellt - nicht klar ist, ob sie die tatsächlichen Grundgrenzen sind. Ob nach Klärung des wahren Grenzverlaufes lediglich eine Verschiebung um wenige Zentimeter ausreicht und wie dies dann aus technischer Hinsicht zu beurteilen ist, erscheint aber ungeklärt."

Im fortgesetzten Verfahren führte die belangte Behörde am 14. Mai 2013 vor Ort eine mündliche Verhandlung durch.

Bei dieser Verhandlung gab der Amtssachverständige für Vermessungstechnik folgende Stellungnahme ab:

"Ausgehend von den amtlichen Festpunkten (…) wurden im Vermessungsbereich drei Polygonpunkte per GPS geschaffen, die tatsächliche Vermessung wurde terrestrisch, ausgehend von diesen drei Polygonpunkten, durchgeführt.

Die in der Natur vorgefundenen Grenzzeichen (…) (Metallmarken und Eisenrohre) wurden auf ihre unveränderte Lage in der Natur geprüft. Diese Punkte (bis auf Punkt 2613) stammen aus der 'Neuvermessung' (P.) aus den 1940er Jahren, für die keine Zustimmungserklärungen für den Grenzverlauf vorgefunden wurden. Der Punkt 2613 stammt aus dem Plan Vhw 5/77 ('Güterweg (T.) II' (…)). Auch für diesen Punkt liegen keine Zustimmungserklärungen für den Grenzverlauf vor.

Die gemäß dem Stand in der Natur festgelegte Grenze wurde mittels Metallmarken (Punkte 1,2,3,6 und 7) bzw. Eisenbolzen (4) und Eisenrohr (5) gekennzeichnet und aufgemessen.

Des Weiteren wurde der Fahrbahn-(Schotter-)rand eingemessen. (…)"

Der Amtssachverständige für Wasserbautechnik führte unter anderem aus:

"Die Grenze zum öffentlichen Wassergut wurde entlang der in der Natur bestehenden Böschungskrone abgesteckt. Die Ufer- bzw. Böschungsbereiche sind als solche in der Natur deutlich erkennbar und sind im Wesentlichen frei von Grasbewuchs. Zur Häufigkeit eines bordvollen Abflusses bzw. des Auftretens von Ausuferungen werden in den Projektsunterlagen keine Angaben gemacht. Einen Anhaltspunkt gibt der im Technischen Bericht enthaltene Hinweis auf das zu kleine Abflussprofil der bestehenden Brücke. Aus fachlicher Einschätzung ist aufgrund der Querschnittsverhältnisse im Bachprofil davon auszugehen, dass beim Eintritt eines Aufstaues vor dem Brückentragwerk es jedenfalls zu Ausuferungen und Überflutungen des rechtsufrigen Geländebereiches landseits der Böschungskrone kommt.

(…)"

Darüber hinaus erstattete der Amtssachverständige eine ausführliche Stellungnahme zum Ausmaß des für die Herstellung der Brücke erforderlichen "Arbeitsraums".

Die Erstbeschwerdeführerin erklärte dazu, dass für den richtigen Grenzverlauf nur der zur Zeit der Grundbuchsanlegung in der Natur bestehende oder rechtswirksam in der Natur veränderte Grenzverlauf maßgebend sei. Der bei der Verhandlung in der Natur festgehaltene Grenzverlauf stelle nicht den in der Natur seit der Grundbuchsanlegung bestehenden Grenzverlauf dar.

Der Verhandlungsleiter stellte abschließend fest, dass im Zuge des Lokalaugenscheines die Grenze zwischen dem Grundstück der beschwerdeführenden Parteien, dem öffentlichen Wassergut und dem Grundstück der mitbeteiligten Gemeinde festgelegt worden sei. Als Anhaltspunkt für die Festlegung der Grenze zwischen dem GSt. Nr. 1297/2 und dem öffentlichen Wassergut sei die Böschungskante herangezogen worden. Hinsichtlich der Abgrenzung zum öffentlichen Gut der mitbeteiligten Gemeinde sei zum einen der Fahrbahnrand vermessen und zum anderen mit Metallmarken fixiert worden, der Fahrbahnrand und das dazugehörige Bankett seien als Abgrenzung herangezogen worden.

Die beschwerdeführenden Parteien wiesen mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 neuerlich darauf hin, dass es auf den Stand in der Natur im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung ankomme und dass die in der mündlichen Verhandlung festgelegte "Naturgrenze" nur eine Bestandaufnahme darstelle, aber nicht den relevanten Grenzverlauf aufzeige. So sei die Böschungsoberkante (Grenze zwischen öffentlichem Wassergut und Grundstück 1297/2) durch Ausspülungen nach Materialverbringungen verändert worden und es sei auch unrichtig, dass der Straßengraben die Grenze zwischen dem öffentlichen Gut 1929/2 und dem Grundstück der Beschwerdeführer darstelle.

Mit E-Mail vom 7. August 2013 teilte die mitbeteiligte Stadt mit, dass in Absprache mit der mitbeteiligten Gemeinde und der Wildbach- und Lawinenverbauung die nunmehr festgelegten Grundgrenzen im Bereich des GSt. Nr. 1297/2 ausreichten, um die Errichtung der Brücke ohne dauerhafte Inanspruchnahme desselben zu ermöglichen. Falls sich im Zuge der Erstellung des Detailprojektes ein geringfügiger, über das öffentliche Gut hinausgehender Grundbedarf ergeben sollte, werde dieser an der Westseite (somit auf der nicht an das Grundstück der beschwerdeführenden Parteien angrenzenden Seite, Anm.) abgedeckt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. August 2013 änderte die belangte Behörde den Erstbescheid vom 24. Oktober 2005 dahingehend ab, dass dessen Spruchabschnitt II (Duldungsverpflichtung nach § 72 WRG 1959) neu formuliert wurde. Die mitbeteiligten Parteien seien berechtigt, zur Ausführung des Bauvorhabens den südöstlichen Teil des Grundstückes 1297/2 vorübergehend zu benutzen, insbesondere die erforderliche Baugrube auszuheben, und diesen Teil des angeführten Grundstückes zu betreten und zu befahren. Die für die Bauausführung erforderliche Fläche (Arbeitsraum) des Grundstückes 1297/2 sei im Plan des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung GeoL, GZ: CS- 203a/13 in gelber Farbe dargestellt und durch die Punkte 1 - 6 umgrenzt. Dieser Plan bilde einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides. Den Beschwerdeführern werde eine Entschädigung für die vorübergehende Grundinanspruchnahme dem Grund nach zuerkannt. Die Bestimmung des Entschädigungsbetrages bleibe einem späteren Bescheid vorbehalten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde auch Auflagenpunkt 26 des Spruchpunktes I des Erstbescheides dahingehend abgeändert, dass dessen Absatz a) aufgehoben und Absatz b) neu formuliert wurde. Schließlich wurde die wasserrechtliche Bewilligung des Vorhabens u.a. mit folgenden zusätzlichen Auflagen verbunden:

"Das Brückenbauwerk ist projektsgemäß und entsprechend dem Befund der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft (U.) vom 8. April 2003 bzw. so auszuführen, dass keine Teile dieses Bauwerks auf Grundstück Nr. 1297/2, KG (L.), errichtet werden bzw. zu liegen kommen. Dies bezieht sich auch auf eventuelle Fundamentvorsprünge."

Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus:

"(…) Der Behauptung, dass die 'Naturgrenze' vom Verhandlungsleiter festgelegt wurde, ist zu entgegnen, dass den Beschwerdeführern und deren rechtsfreundlichen Vertretung die Möglichkeit der Mitwirkung an der Festlegung der 'Naturgrenze' gegeben wurde, diese jedoch nur begrenzt in Anspruch genommen wurde.

Der Einwand der Erstbeschwerdeführerin im Zuge der Berufungsverhandlung am 14. Mai 2013, dass Material von ihrem Grundstück entfernt wurde und die Behauptung, dass die Grenze zum Öffentlichen Wassergut im Öffentlichen Wassergut sei, entspricht nicht der Naturgrenze. Die Naturgrenze zum Öffentlichen Wassergut und zum Öffentlichen Gut der mitbeteiligten Gemeinde wurde mit deren Vertretern und unter Mitwirkung der rechtsfreundlichen Vertretung der Berufungswerber festgelegt. Die Erstbeschwerdeführerin stand der Festlegung der Naturgrenze jedoch ablehnend gegenüber.

Hinsichtlich der Abgrenzung zum Öffentlichen Gut der mitbeteiligten Gemeinde wurde nicht der Fahrbahnrand, sondern die Abgrenzung in der Natur zwischen der Sickermulde und dem Grundstück Nr. 1297/2, im Eigentum der Beschwerdeführer, herangezogen. In der Regel stellen Entwässerungseinrichtungen, in diesem Fall asphaltierte Straßenrinnen, einen Bestandteil der Straßenanlage dar, der der Sammlung und Weiterleitung von Oberflächenwässern dient.

Durch die Fixierung der Grundgrenze ist nunmehr auszuschließen, dass durch die Brücke bzw. durch Brückenteile dauerhaft das Grundstück (1297/2) der Beschwerdeführer in Anspruch genommen wird.

(…)

Der Einwand der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer, dass davon auszugehen sei, dass die zu errichtende Brücke zumindest teilweise auf dem Grundstück der beschwerdeführenden Parteien zu liegen komme, weil die neue Brücke größer als die alte sei, geht ins Leere, da die Antragsteller mit Schreiben vom 7. August 2013 mitgeteilt haben, dass aufgrund der Festlegung der Grenze zum Grundstück Nr. 1297/2 (…) die Errichtung der Brücke ohne dauerhafte Inanspruchnahme des Grundstückes der Beschwerdeführer erfolgt. (…)

(…)"

Darüber hinaus verwies die belangte Behörde zur vorübergehenden Einräumung der Dienstbarkeit unter Anführung von § 72 WRG 1959 auf die Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen zum unbedingt notwendigen Ausmaß der vorübergehenden Grundinanspruchnahme für die Errichtung der Brücke.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführer bringen in ihrer Beschwerde im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde die im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung gegebene Naturgrenze nicht ermittelt, sondern eine Bestandsaufnahme des Straßengrabens und der Böschungskrone vorgenommen und somit eine von der wahren Grenze abweichende Grenze "geschaffen" habe. Eine Inanspruchnahme des Grundstückes der beschwerdeführenden Parteien könne weiterhin nicht ausgeschlossen werden. Nach Ansicht der Beschwerdeführer verlaufe die Grenze entsprechend dem Vermessungsplan vom 30. November 1978. Aus den vorliegenden Projektunterlagen werde nicht ersichtlich, wo die Brücke und der Gerinneausbau im Hinblick auf die von der belangten Behörde festgestellte Grenze zu liegen kämen. Schließlich habe die belangte Behörde auch nicht geklärt, ob die geplante Baumaßnahme überhaupt notwendig sei, um das Ziel (Hochwasserschutz) zu erreichen, was aber notwendig sei, um die in § 62 WRG 1959 vorgesehene Interessenabwägung durchführen zu können.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in beiden Vorerkenntnissen festgehalten, dass es primär auf den Verlauf der Grenze in der Natur ankomme. Wie oben wörtlich wiedergegeben, verwies der Verwaltungsgerichtshof in beiden Vorerkenntnissen auf das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2009, 2006/07/0104. Dort hatte der Verwaltungsgerichtshof u.a. unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OGH die Ansicht vertreten, dass bei der Festlegung einer nicht im Grenzkataster eingetragenen Grundgrenze "nur der zur Zeit der Grundbuchsanlegung in der Natur bestehende oder seither rechtswirksam in der Natur veränderte Grenzverlauf maßgeblich sei."

Auf diese Aussage der Vorerkenntnisse und auf die dort zitierte Rechtsprechung des OGH haben die Beschwerdeführer mehrfach verwiesen, als es im fortgesetzten Verfahren zur Festlegung der Grenze nach der Natur kam. Auch in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof bringen sie vor, dass anstelle des oder eines seither rechtswirksam veränderten Grenzverlaufes im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung relevanten Grenzverlaufes in der Natur eine aktuelle Bestandsaufnahme der Naturgrenzen vorgenommen worden sei.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg, zumal sich die belangte Behörde mit dem Grenzverlauf im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung oder einer seither rechtswirksam erfolgten Veränderung des Grenzverlaufs überhaupt nicht befasst hat.

Dazu ist vorab zu bemerken, dass aus den Projektsunterlagen (Beilage Nr. 3) mangels Eintragung von Vermessungspunkten in Bezug auf die genauen Ausmaße der möglichen Grundinanspruchnahme dieses Stehers nur mit Schwierigkeiten zu entnehmen ist, wie weit sich nach dem verfahrensgegenständlichen Projekt das Brückenbauwerk Richtung Nordosten - im Vergleich zum Altbestand - erweitert. Den Projektsunterlagen ist aber zu entnehmen, dass es sowohl in nördlicher als auch in östlicher Richtung über den vermessenen Punkt 12356 hinaus errichtet werden soll. Von entscheidender Bedeutung ist im vorliegenden Fall daher der Grenzverlauf nach diesem Vermessungspunkt 12356 zwischen dem öffentlichen Gut der mitbeteiligten Gemeinde (Straße) und dem nördlich anschließenden Grundstück der Beschwerdeführer Nr. 1297/2.

Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus den alten Plänen, dass an dieser Stelle offenbar schon seit mehr als einem Jahrhundert eine Brücke (mit anschließender Weganlage) bestand. Es erscheint nun grundsätzlich nachvollziehbar, die genannte Grenzziehung an der Grenze des Straßenkörpers vorzunehmen, weil dies eine auf natürliche Umstände Bezug nehmende Abgrenzungshilfe darstellt. Auch die weitere Annahme der Behörde, zum Straßenkörper zählten auch Entwässerungsanlagen (Sickermulde, Bankett), ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Es wäre aber zu ermitteln gewesen, wo im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung im unmittelbar an die Brücke anschließenden Bereich der so verstandene Straßenkörper endete, ob also - so wie offenbar im Jetztstand - schon damals noch ein Bankett bzw. eine Sickermulde oder Ähnliches vorhanden war, an die dann erst das Grundstück der Beschwerdeführer (bzw. deren Rechtsvorgänger) anschloss, oder ob die Breite des Straßenkörpers mit der Breite der Fahrbahn über die Brücke ident war, also eine Sickermulde oä fehlte. Auch die Frage, ob in der Zwischenzeit der damalige Naturzustand rechtswirksam verändert worden wäre, blieb offen.

Wäre aber damals die Breite des Straßenkörpers mit der Breite der Fahrbahn über die Brücke ident gewesen und fehlte es an einer späteren rechtswirksamen Veränderung, so verliefe die Grenze zum Grundstück der Beschwerdeführer aber entlang dieses (schmäleren) Straßenkörpers und daher möglicherweise weiter südlich. Diesfalls erschiene aber eine Inanspruchnahme von Grundflächen der Beschwerdeführer durch die Errichtung der Brücke nicht ausgeschlossen.

Dieser Ermittlungsmangel führt zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Daran vermag auch die schon im Vorerkenntnis II erwähnte und nun wiederholte Auflage nichts zu ändern, wonach das Brückenbauwerk so auszuführen sei, dass keine Teile dieses Bauwerkes auf dem GSt. Nr. 1297/2 errichtet würden bzw. zu liegen kämen. Diese Auflage und ihr Vollzug setzt voraus, dass die Grenzen des Grundstückes 1297/2 feststehen. Die belangte Behörde und der von ihr beigezogene Amtssachverständige gingen aufgrund des Planes vom 15. Mai 2013 von den dort durch die Punkte 1, 2, 3, 4 und 5 festgelegten Grenzen des Grundstückes 1297/2 aus. Wie bereits dargestellt, erscheint es aber durchaus möglich, dass das Grundstück in diesem Bereich einen anderen Grenzverlauf hatte. Das zur dieser Auflage schon im Vorerkenntnis II näher Ausgeführte gilt daher unverändert.

Ergänzend wird bemerkt, dass das Beschwerdevorbringen zur Duldungsverpflichtung übersieht, dass sich diese nicht auf § 62 WRG 1959, sondern auf die Bestimmung des § 72 leg. cit. stützte, die keine Interessenabwägung vorsieht. § 72 Abs. 1 WRG 1959 enthält allerdings eine gesetzliche Einschränkung auf das unbedingt Notwendige (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, 2006/07/0110). Dieses unbedingt notwendige Ausmaß hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter Heranziehung der Aussagen des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik aber nachvollziehbar dargelegt. Gegen diese Art der Umschreibung der Duldungsverpflichtung und gegen ihre inhaltliche Begründetheit bestünden daher keine Bedenken. Eine gesonderte Aufrechterhaltung dieses Spruchpunktes kam aber nicht in Frage, weil die Duldungsverpflichtung im vorliegenden Fall eine aufrechte wasserrechtliche Bewilligung voraussetzt.

3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

4. Gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG konnte von der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

5. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführer war abzuweisen, weil Umsatzsteuer nicht gesondert zuzusprechen war, zumal diese bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. April 2012, 2010/07/0137, und das Vorerkenntnis II).

Wien, am 28. November 2013

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