Normen
AVG §73;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §33 Abs2;
BauO NÖ 1996 §35;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §73;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §33 Abs2;
BauO NÖ 1996 §35;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als damit die Zurückweisung des Devolutionsantrages behoben wurde.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unstrittig ist, dass die Mitbeteiligte im Juni 2011 bei einer Vorsprache beim Gemeindeamt der beschwerdeführenden Gemeinde anzeigte, dass ihr Nachbar konsenslos einen Zubau zu seinem Wohnhaus errichtet habe. Dazu wurde seitens der Baubehörde noch im Juni 2011 eine Besichtigung durchgeführt, wobei sich die Beurteilung ergab, dass der Zubau in den seitlichen Bauwich zum Grundstück der Mitbeteiligten rage (strittig ist im Beschwerdeverfahren ua., ob die Mitbeteiligte bei ihrer Vorsprache beim Gemeindeamt oder auch in der Folge die Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages begehrte). Die Baubehörde forderte den Nachbarn auf, ein Bauansuchen einzubringen. In der Folge kam es am 2. Oktober 2012 zu einer Bauverhandlung an Ort und Stelle, wobei sich Differenzen hinsichtlich des Grenzverlaufes ergaben; das Baubewilligungsverfahren ist (daher) noch nicht abgeschlossen.
Die Mitbeteiligte hatte zwischenzeitig mit Schriftsatz vom 9. Juli 2012 einen Devolutionsantrag an den Gemeindevorstand eingebracht.
Der Gemeindevorstand wies mit Bescheid vom 18. Oktober 2012 den Devolutionsantrag als unzulässig zurück (erster Absatz des Spruches) und sprach aus, dass die Mitbeteiligte verpflichtet sei, Gebühren in bestimmter Höhe binnen Monatsfrist zu bezahlen (zweiter Absatz des Spruches). Zur Begründung heißt es, die Mitbeteiligte übersehe in ihrem Devolutionsantrag, dass der Nachbar nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zwar einen verfolgbaren Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung eines Antrages habe. Dieser bestehe allerdings nur dann, wenn der vorschriftwidrig errichtete Bau die vom Nachbarn in seinem Antrag geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechte verletze. Dem Nachbarn komme kein subjektiv-öffentliches Recht auf Geltendmachung des Nichtbestehens einer baubehördlichen Bewilligung bzw. der Unzulässigkeit der Erteilung einer solchen und auf die Wahrnehmung derartiger Rechtswidrigkeiten von Amts wegen zu. Der Devolutionsantrag sei daher schon deshalb unberechtigt. Darüber hinaus habe die Mitbeteiligte nie "einen zu erledigenden Antrag" bei der Baubehörde erster Instanz gestellt. Sie habe lediglich eine Anzeige erstattet, worin dargelegt worden sei, dass ihrer Ansicht nach ein konsensloser Bau vorliege. Eine Anzeige stelle jedoch keinen Antrag im Sinne der Bauordnung dar und verpflichte die erstinstanzliche Behörde nicht zum Tätigwerden. Eine Säumigkeit (der Behörde) sei daher auch deshalb nicht gegeben. Im Übrigen liege seitens der erstinstanzlichen Behörde kein Verschulden hinsichtlich allfälliger Verzögerungen vor.
Dagegen erhob die Mitbeteiligte Vorstellung.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den bekämpften Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand zurückverwiesen.
Soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, führte sie zur Begründung aus, es sei als gegeben anzusehen, dass der Nachbar der Mitbeteiligten sein Wohnhaus konsenslos in den seitlichen Bauwich erweitert habe. Die Mitbeteiligte sei dadurch in einem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht beeinträchtigt worden. Sie sei "daher als Partei im baupolizeilichen Verfahren anzusehen".
Allerdings sei zu beachten, dass es im zugrunde liegenden Fall zwei getrennte Verfahren gebe: Das baupolizeiliche Verfahren (in dem es zur Aufforderung gekommen sei, um die nachträgliche Baubewilligung anzusuchen) einerseits und das "nachträgliche Baubewilligungsverfahren" andererseits. Der Devolutionsantrag der Mitbeteiligten habe sich auf das baupolizeiliche Verfahren bezogen. Hier sei der Mitbeteiligten beizupflichten, dass die Baubehörde verschuldet säumig gewesen sei (wurde näher ausgeführt; die belangte Behörde kam weiters zum Ergebnis, es werde der Gemeindevorstand "einen entsprechenden Bauauftrag" hinsichtlich des konsenslosen Zubaus (…) erteilen müssen").
Gegen die Behebung der zurückweisenden Entscheidung über den Devolutionsantrag richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit (die Gemeinde bestreitet darin insbesondere, dass die Mitbeteiligte die Erlassung eines Bauauftrages beantragt hätte; die Behebung im Gebührenpunkt bleibt unangefochten).
Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt und, ebenso wie die Mitbeteiligte, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Gemeinde hat ihre Akten vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Unstrittig ist, dass sich der Devolutionsantrag auf das baupolizeiliche Verfahren bezog (zur Zulässigkeit eines Devolutionsantrages eines Nachbarn im Baubewilligungsverfahren - nämlich erst im Berufungsverfahren - siehe beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 28. September 2010, Zl. 2009/05/0316, und den Beschluss vom 28. November 2006, Zl. 2006/06/0259, mwN.). Strittig ist im Beschwerdeverfahren (aber) insbesondere, ob die Mitbeteiligte die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages beantragt hatte (wozu sie grundsätzlich berechtigt war - siehe dazu beispielsweise den hg. Beschluss vom 3. April 2003, Zl. 2002/05/1238, mwN.). oder nicht.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid verkannt, dass die Mitbeteiligte nicht schon (allein) deshalb Partei des baupolizeilichen Auftragsverfahrens ist, weil sie (wie angenommen) durch die Errichtung des Zubaues im seitlichen Bauwich in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten "beeinträchtigt" wurde. Parteistellung und einen Anspruch auf Entscheidung (was wiederum, soweit hier erheblich, Voraussetzung für einen zulässigen Devolutionsantrag ist) hat sie vielmehr nur dann, wenn sie (wegen Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes) die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages beantragt hatte (siehe dazu näher den bereits genannten hg. Beschluss vom 3. April 2003, Zl. 2002/05/1238). Der Gemeindevorstand hat aber verneint, dass es einen solchen Antrag gegeben hätte (und daher jedenfalls im Ergebnis folgerichtig den Devolutionsantrag mangels Entscheidungsanspruches zurückgewiesen).
Einem Nachbarn bleibt es unbenommen, einen solchen Umstand bloß der Baubehörde anzuzeigen (die dann allenfalls von Amts wegen tätig zu werden hätte) oder aber die Erlassung eines Bauauftrages zu beantragen. Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Mitbeteiligte die Verletzung des Bauwiches nicht bloß angezeigt, sondern vielmehr deshalb (bei ihrer ersten Vorsprache oder auch später, und diesfalls wann) die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages beantragt hatte, was sie aber in Verkennung der Rechtslage unterließ.
Der angefochtene Bescheid war daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 28. Mai 2013
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