VwGH 2013/01/0060

VwGH2013/01/006017.12.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Holzmann Rechtsanwalts GmbH in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 17, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 25. Februar 2013, Zl. E1/1550/2013-B1, betreffend Vorschreibung von Überwachungsgebühren nach § 5b SPG, zu Recht erkannt:

Normen

SPG 1991 §48a;
SPG 1991 §5a Abs1;
SPG 1991 §5b Abs3;
SPG 1991 §48a;
SPG 1991 §5a Abs1;
SPG 1991 §5b Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2012 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (BH) gemäß § 48a SPG die Überwachung des Fußball-Meisterschaftsspiels (der R-Liga) der Beschwerdeführerin gegen den SV A S am 20. Mai 2012 im A-Stadion durch 62 Polizeibeamte an. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug als Veranstalterin dieses Fußballspiels gemäß § 5b Abs. 3 SPG iVm den §§ 1 und 2 der Sicherheitsgebühren-Verordnung die Entrichtung der Überwachungsgebühren in der Höhe von EUR 6.306,02 für diese gemäß § 48a SPG angeordnete Überwachung vorgeschrieben.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei Veranstalterin und Verursacherin der besonderen Überwachung des in Rede stehenden Vorhabens gewesen. Die Beschwerdeführerin habe das Vorhaben tatsächlich durchgeführt und habe die ihr gegenüber ergangene behördliche Überwachungsanordnung gemäß § 48a SPG nicht bekämpft.

§ 5b Abs. 3 zweiter Satz SPG sei vorliegend nicht anzuwenden gewesen, weil ein Verschulden der mitbeteiligten Partei (aus im angefochtenen Bescheid näher angeführten Gründen) nicht gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012 (SPG), lauten:

"Überwachungsgebühren

§ 5a. (1) Für besondere Überwachungsdienste durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die auf Grund der Verwaltungsvorschriften für Vorhaben mit Bescheid angeordnet oder bewilligt werden, sind Überwachungsgebühren einzuheben, wenn es sich um die Überwachung von Vorhaben handelt, die - wenn auch nur mittelbar - Erwerbsinteressen dienen, oder um Vorhaben, für die die Zuseher oder Besucher ein Entgelt zu entrichten haben oder die nicht jedermann zur Teilnahme offenstehen.

Entrichtung der Überwachungsgebühren

§ 5b. (1) Die Überwachungsgebühren sind, wenn sie nicht ohne weiteres entrichtet werden, von jener Behörde vorzuschreiben, die die Überwachung anordnet oder bewilligt. Sie fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der mit der Überwachung betrauten Organe zu tragen hat.

(3) Die Verpflichtung zur Entrichtung von Überwachungsgebühren trifft denjenigen, der das Vorhaben, dessen Überwachung bewilligt oder angeordnet wurde, durchführt. Wurde die Überwachung von einer anderen Person beantragt oder durch das Verschulden einer anderen Person verursacht, so sind die Überwachungsgebühren von dieser zu tragen. Treffen die Voraussetzungen auf mehrere Beteiligte zu, so trifft alle die Verpflichtung zur Entrichtung zu ungeteilter Hand.

Besonderer Überwachungsdienst

§ 27a. Den Sicherheitsbehörden obliegt im Rahmen des Streifen- und Überwachungsdienstes (§ 5 Abs. 3) die besondere Überwachung gefährdeter Vorhaben, Menschen oder Sachen in dem Maße, in dem der Gefährdete oder der für das Vorhaben oder die Sache Verantwortliche nicht bereit oder in der Lage ist, durch zumutbare Vorkehrungen den erforderlichen Schutz zu gewährleisten und die dadurch entstehende Gefahr im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht hingenommen werden kann.

Anordnung von Überwachungen

§ 48a. Soferne eine besondere Überwachung im Rahmen des Streifen- und Überwachungsdienstes nach § 27a erforderlich ist und die Voraussetzungen für die Einhebung der Überwachungsgebühren (§ 5a Abs. 1) vorliegen, hat die Sicherheitsbehörde die Überwachung von Amts wegen oder auf Antrag desjenigen, der das Vorhaben durchführt, mit Bescheid anzuordnen."

2. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, "nicht mit den Überwachungsgebühren in Höhe von EUR 6.306,02 zur Zahlung verpflichtet zu werden".

3. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Überwachungsgebühren trifft gemäß § 5b Abs. 3 erster Satz SPG grundsätzlich denjenigen, der das Vorhaben, dessen Überwachung bewilligt oder angeordnet wurde, durchführt.

Eine Überwachung kann schon begrifflich nur vor oder allenfalls während des Vorhabens angeordnet werden. Dem entspricht der Wortlaut des § 5 Abs. 3 erster Satz SPG (arg.: "angeordnet wurde". Ohne vorherige bescheidmäßige Anordnung besonderer Überwachungsdienste dürfen Überwachungsgebühren daher nicht eingehoben werden (vgl. Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz4 (2011), 109, Anm. 3.2. zu § 5a SPG).

4. Im Beschwerdefall erfolgte die bescheidmäßige Anordnung der Überwachung jedoch erst nachträglich und zwar mehr als vier Monate nach dem in Rede stehenden Fußballspiel.

Zwar ist die Rechtmäßigkeit eines rechtskräftigen, die Überwachung anordnenden Bescheides aus Anlass eines Beschwerdefalles betreffend die Entrichtung der Überwachungsgebühren für diese rechtskräftig angeordnete Überwachung nicht mehr zu untersuchen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. April 2009, Zl. 2007/05/0038). Dies ändert aber nichts an der (tatbestandlichen) Voraussetzung für die Verpflichtung zur Entrichtung von Überwachungsgebühren, dass die Überwachung des jeweiligen Vorhabens zeitlich vor der Durchführung des Vorhabens mittels Bescheid angeordnet oder bewilligt wurde.

5. Da sich der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig erweist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im beantragten Ausmaß auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. Dezember 2013

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