VwGH 2013/01/0050

VwGH2013/01/005024.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, in der Beschwerdesache der C in S, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte OG in 1220 Wien, Ares-Tower, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. November 2008, Zl. MA35/III - O 8/2008, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1965 §7 Abs2;
StbG 1965 §7 Abs3;
StbG 1965 §7 Abs2;
StbG 1965 §7 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Angefochtener Bescheid:

Mit dem angefochtenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. November 2008 wurde auf Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 39 und § 42 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 in der geltenden Fassung (StbG) festgestellt, dass die Beschwerdeführerin, geboren am 25. Juli 1974 in S, Dominikanische Republik, wohnhaft in S, die österreichische Staatsbürgerschaft "weder durch Abstammung gemäß § 7 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 250 (StbG 1965), in der bis 31. August 1983 in Kraft gestandenen Fassung, noch auf andere Art erworben hat". Des Weiteren wurde in diesem Bescheid ausgesprochen, dass auch die für die Beschwerdeführerin am 26. März 2008 abgegebene Erklärung, der Republik Österreich als getreue Staatsbürgerin angehören zu wollen, gemäß Art. I § 1 des Staatsbürgerschafts-Übergangsrechts 1985, BGBl. Nr. 311/1985, nicht zum Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft geführt hat. Die Beschwerdeführerin besitze nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie sei verpflichtet, eine näher bezeichnete Verwaltungsabgabe zu entrichten.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe am 26. März 2008 den Antrag gestellt, festzustellen, dass sie die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, in eventu erlangt habe. Für die Beschwerdeführerin sei gleichzeitig die Erklärung abgegeben worden, der Republik Österreich als getreue Staatsbürgerin angehören zu wollen. Die Beschwerdeführerin sei am 25. Juli 1974 in S als eheliches Kind geboren. Zum Zeitpunkt ihrer Geburt seien ihr Vater dominikanischer Staatsangehöriger und ihre Mutter österreichische Staatsbürgerin gewesen. Bis 31. Dezember 1988 sei keine Erklärung der Beschwerdeführerin, der Republik Österreich als treue Staatsbürgerin angehören zu wollen, bei der belangten Behörde eingelangt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen aus, der Wortsinn der entscheidungsrelevanten staatsbürgerschaftsrechtlichen Bestimmungen lasse keinen Raum für eine lückenschließende oder sinnermittelnde Auslegung. Eine (korrigierende) verfassungskonforme Auslegung, wegen Widerspruchs zu Art. 7 B-VG oder zu Art. 9 Abs. 2 der Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau, sei der Behörde verwehrt. Eine "unhistorische", am jeweils aktuellen Stand des Verfassungsrechts orientierte Auslegung der "bereits der Geschichte angehörenden Tatbestände müsste zu unvertretbaren Ergebnissen führen". Aufgrund des ermittelten Sachverhaltes und des durch ihn während seiner Geltungszeit verwirklichten gesetzlichen Tatbestandes sei wie im Spruch zu entscheiden.

2. Beschwerdevorbringen:

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 23. Juni 2010, B 2073/08-3, ablehnte und diese mit weiterem Beschluss vom 12. Juli 2010, B 2073/08-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ein, die Bestimmung des § 7 Abs. 1 StbG 1965 müsse verfassungskonform dahin interpretiert werden, dass auch "Staatsbürgerinnen wie die Mutter der Beschwerdeführerin" die Staatsbürgerschaft (im maßgeblichen Zeitpunkt) weitergeben konnten. Für eine Differenzierung zwischen Mann und Frau (Kindern männlicher und weiblicher Österreicher) sei eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich. Auch durch die Übergangsregelung des Art. I § 1 Staatsbürgerschafts-Übergangsrecht 1985 werde (wurde) diese Benachteiligung nicht beseitigt, weil nur ein zeitlich beschränktes Recht zur Geltendmachung der österreichischen Staatsbürgerschaft eingeräumt und dabei nicht berücksichtigt worden sei, dass im Ausland befindliche Personen sich von dieser Regelung keine Kenntnis verschaffen und die Frist (zur Abgabe der Erklärung) nicht wahrnehmen konnten. Hauptziel der StbG-Novelle 1983 sei es gewesen, eine "weitestgehende Gleichstellung von Mann und Frau im Staatsbürgerschaftsrecht" zu erreichen. Hilfsweise müsse die genannte Übergangsregelung verfassungskonform dahin interpretiert werden, dass die Abgabe der entsprechenden Erklärung zeitlich nicht befristet sei. Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 StbG hätte zudem - um nicht gegen Unionsrecht zu verstoßen - nach dem der Richtlinie 76/207/EG des Rates inhärenten Grundsatz der Gleichbehandlung von Mann und Frau ausgelegt werden müssen.

3. Rechtslage:

Voranzustellen ist, dass die im Beschwerdefall strittige Rechtsfrage, ob die Beschwerdeführerin die österreichische Staatsbürgerschaft durch Abstammung erworben hat, nach den staatsbürgerschaftsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen ist, die zum betreffenden Zeitpunkt - das ist vorliegend das Geburtsdatum der Beschwerdeführerin am 25. Juli 1974 - in Geltung standen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. März 2010, Zl. 2007/01/0482, sowie vom 16. Dezember 2010, Zl. 2007/01/0889, jeweils mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich angesichts des Beschwerdevorbringens nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal fallbezogen eine Feststellung nach § 42 Abs. 1 StbG beantragt wurde, ob die Beschwerdeführerin durch Abstammung, somit im Zeitpunkt ihrer Geburt, die österreichische Staatsbürgerschaft erworben habe.

Am 25. Juli 1974 war das Staatsbürgerschaftsgesetz 1965, BGBl. Nr. 250 (StbG 1965), in Kraft, dessen § 7 - der durch die Novellen BGBl. Nr. 163/1966, Nr. 394/1973, Nr. 703/1974 und Nr. 403/1977 keine Veränderung erfahren hat - wie folgt lautete:

"Abstammung (Legitimation)

§ 7. (1) Ein eheliches Kind erwirbt mit seiner Geburt die Staatsbürgerschaft, wenn sein Vater in diesem Zeitpunkt Staatsbürger ist oder die Staatsbürgerschaft im Zeitpunkt seines vor der Geburt des Kindes erfolgten Ablebens besessen hat.

(2) Ist der Vater Fremder oder war er es im Zeitpunkt seines vor der Geburt des Kindes erfolgten Ablebens, so erwirbt das eheliche Kind, dessen Mutter im Zeitpunkt seiner Geburt Staatsbürgerin ist, mit seiner Geburt die Staatsbürgerschaft, wenn es sonst staatenlos wäre.

(3) Ein uneheliches Kind erwirbt mit seiner Geburt die Staatsbürgerschaft, wenn seine Mutter in diesem Zeitpunkt Staatsbürgerin ist.

(4) Wird ein unehelich geborener Fremder zu einer Zeit, da er noch minderjährig und ledig ist, legitimiert, so erwirbt er mit seiner Legitimation die Staatsbürgerschaft, wenn sein Vater in diesem Zeitpunkt Staatsbürger ist oder die Staatsbürgerschaft im Zeitpunkt seines vorher erfolgten Ablebens besessen hat. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Legitimation erstreckt sich auf die unehelichen Kinder der legitimierten Frau."

Art. I § 1 Staatsbürgerschafts-Übergangsrecht 1985, BGBl. Nr. 311/1985, lautet wie folgt:

"§ 1. (1) Vor dem 1. September 1983 geborene eheliche und legitimierte Kinder erwerben unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 die Staatsbürgerschaft durch die Erklärung, der Republik als getreue Staatsbürger angehören zu wollen, wenn

1. sie ledig sind und am 1. September 1983 das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,

2. sie nie Staatsbürger waren oder die mit der Geburt erworbene Staatsbürgerschaft durch Legitimation verloren haben und

3. die Mutter Staatsbürger ist und die Staatsbürgerschaft auch am Tag der Geburt des Kindes besessen hat.

(2) Die Erklärung ist bis 31. Dezember 1988 schriftlich bei der nach § 39 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 zuständigen Behörde abzugeben. § 19 Abs. 2 und 3 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 ist sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters und des Minderjährigen, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, oder die Genehmigung des Gerichtes auch nach der Abgabe der Erklärung erteilt werden kann. (BGBl. Nr. 202/1985, Art. II Z 1)

(3) Ist das Kind nicht eigenberechtigt, im Gebiet der Republik geboren und hat es in diesem seit der Geburt ununterbrochen seinen ordentlichen Wohnsitz, so kann die Erklärung auch von der Mutter kraft eigenen Rechtes abgegeben werden. Die Erklärung bedarf der schriftlichen Zustimmung des Minderjährigen, der das 14. Lebensjahr vollendet hat. (BGBl. Nr. 202/1985, Art. II Z 2)

(4) Liegen die in den Abs. 1 bis 3 angeführten Voraussetzungen vor, so hat die Behörde mit schriftlichem Bescheid festzustellen, daß die Staatsbürgerschaft mit dem Tag des Einlangens der Erklärung bei der zuständigen Behörde erworben wurde. Die Form des Bescheides wird durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. § 46 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 gilt sinngemäß.

(BGBl. Nr. 170/1983, Art. II)"

4. Zur Verfassungsmäßigkeit des § 7 Abs. 2 und 3 StbG 1965 sowie des Art. I Abs. 2 Staatsbürgerschaftsübergangsrecht 1985:

Mit Beschluss vom 31. Mai 2012, Zl. A 2012/0014, stellte der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 iVm Abs. 4 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag festzustellen, dass das Wort "uneheliches" in § 7 Abs. 3 StbG 1965, sowie die Wortfolge ", wenn es sonst staatenlos wäre" in § 7 Abs. 2 StbG 1965, in eventu dass das Wort "uneheliches" in § 7 Abs. 3 StbG 1965, in eventu dass die Wortfolge ", wenn es sonst staatenlos wäre" in § 7 Abs. 2 StbG 1965 verfassungswidrig war sowie in eventu die Wortfolge "bis 31. Dezember 1988" in Art. I § 1 Abs. 2 Staatsbürgerschafts-Übergangsrecht 1985, BGBl. Nr. 386/1986 als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 14. März 2013, G 65/12, G 69/12, wies der Verfassungsgerichtshof (u.a.) diesen Antrag ab und begründete dies in der Sache (in den Randnrn. 31 bis 41) wie folgt:

"2.2. Die Frage der Erlangung der Staatsbürgerschaft, soweit sich diese auf die Abstammung von den Eltern gründet, fällt in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK (EGMR, Fall Genovese, Z 33 f.; VfGH 11.10.2012, B 99/12, B 100/12; 29.11.2012, G 66/12, G 67/12). Staatliche Regelungen, die die Erlangung (Erwerb oder Verleihung) der Staatsbürgerschaft in solchen Fällen von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen, müssen daher den Anforderungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK entsprechen und müssen gemäß Art. 14 EMRK so ausgestaltet sein, dass sie zu keiner Benachteiligung führen, die insbesondere im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status begründet ist (siehe wiederum EGMR, Fall Genovese, Z 31 ff.).

Auch der in Art. 7 Abs. 1 B-VG österreichischen Staatsbürgern gewährleistete Gleichheitsgrundsatz ist auf Fallkonstellationen, in denen es um die rechtliche Klärung des Status der österreichischen Staatsbürgerschaft für bestimmte Personen geht, anwendbar (zuletzt VfGH 29.11.2012, G 66/12, G 67/12, mit Hinweis auf die Vorjudikatur).

2.3. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte müssen schwerwiegende Gründe vorgetragen werden, ehe eine unterschiedliche Behandlung aus einem der in Art. 14 EMRK genannten Merkmale als mit der Konvention vereinbar angesehen werden kann (siehe zur unterschiedlichen Behandlung wegen nichtehelicher Geburt EGMR, Fall Genovese, Z 44 unter Verweis auf EGMR 28.10.1987, Fall Inze, Appl. 8695/79, ÖJZ 1988, 177 f. (Z 41)). Dem folgend geht auch der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass sehr gewichtige Gründe vorliegen müssen, damit eine unterschiedliche Behandlung etwa allein aus dem Umstand der ehelichen oder der unehelichen Geburt als mit Art. 7 B-VG vereinbar angesehen werden kann (siehe unter Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Inze VfSlg. 12.735/1991; aus der Literatur Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz, 2008, 472 f.). In jedem Fall müssen wegen der Schranken des Art. 14 iVm Art. 8 EMRK einschlägig differenzierende staatliche Regelungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen (VfGH 28.6.2012, G 114/11; 29.11.2012, G 66/12, G 67/12; EGMR 31.7.2008, Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, newsletter 2008, 232 (Z 96)).

2.4. Nach § 7 StbG 1965 in der hier maßgeblichen Fassung vor der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 erwirbt ein eheliches Kind nach Abs. 1 dieser Bestimmung die Staatsbürgerschaft, wenn sein Vater zu diesem Zeitpunkt Staatsbürger war. Durch Abstammung nach der Mutter kann das eheliche Kind nach § 7 Abs. 2 die Staatsbürgerschaft nur erwerben, wenn der Vater Fremder war und das Kind sonst staatenlos gewesen wäre. Uneheliche Kinder erwerben nach dieser Rechtslage die Staatsbürgerschaft durch Abstammung nach der Mutter (dies entspricht grundsätzlich der heutigen Rechtslage nach § 7 StbG 1985; siehe dazu VfGH 29.11.2012, G 66/12, G 67/12, wo ausgeführt wird, dass in dem, im Familienrecht begründeten grundsätzlichen Unterschied zwischen ehelichen Vätern, für die die Vermutung der Vaterschaft nach § 138 ABGB (nach dem Inkrafttreten des Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetzes 2013: § 144 ABGB) gilt, und unehelichen Vätern, deren Vaterschaft der Feststellung oder Anerkennung bedarf, im Sinne der Rechtsprechung ein sehr gewichtiger Grund liegt, der es grundsätzlich rechtfertigen kann, die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft des unehelichen Kindes eines österreichischen Vaters und einer Mutter mit fremder Staatsangehörigkeit nicht durch Abstammung eintreten zu lassen, sondern von einem Verfahren zur Verleihung der Staatsbürgerschaft abhängig zu machen).

Die Regelung des § 7 Abs. 1 StbG 1965, der zu Folge eheliche Kinder die Staatsbürgerschaft (nur) nach dem Vater erwerben, ist nur vor dem Hintergrund des damals geltenden Rechts verständlich, das Statusfragen des ehelichen Kindes grundsätzlich vom Vater ableitete (§ 146 ABGB idF vor dem BG über die Neuordnung des Kindschaftsrechts, BGBI. 403/1977; vgl. Kapfer, Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch30, 1976, 136;

Koziol/Weiser, Grundriß des bürgerlichen Rechts II, 1971, 114). Erst mit der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 wurde dieser § 7 StbG 1965 insofern geändert, als nunmehr eheliche Kinder die Staatsbürgerschaft mit Geburt erwarben, wenn in diesem Zeitpunkt ein Elternteil Staatsbürger war. Dadurch sollten beide Elternteile bei Weitergabe der österreichischen Staatsbürgerschaft an ihre ehelichen Kinder gleichgestellt werden, um dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter zum Durchbruch zu verhelfen. Die Rechtsstellung der ehelichen Mutter sei dadurch - wie im Familienrecht durch BGBl. 403/1977 - auch im Staatsbürgerschaftsrecht an die des ehelichen Vaters angeglichen worden (siehe RV 1272 BlgNR 15. GP, 8 ff.).

Der Gesetzgeber erkannte im Zuge dieser Reform des Staatsbürgerschaftsrechts auch, dass durch die Neuregelung ein Problem im Hinblick auf die Gleichbehandlung von vor und nach dem Inkrafttreten der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 geborenen ehelichen Kindern entstand. Er führte daher in Art. II der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 entsprechende Übergangsvorschriften ein, mit denen ehelichen Kindern, falls sie noch ledig waren und das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, eine befristete Möglichkeit geboten wurde, bei Vorliegen der in § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 StbG 1965 genannten Voraussetzungen die Staatsbürgerschaft nach der Mutter durch Abgabe einer Erklärung zu erwerben. Die Forderung nach Erfüllen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 StbG 1965 - im Wesentlichen das Nichtvorliegen bestimmter strafgerichtlicher Verurteilungen, einer Gefährdung für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit in der Person des Staatsbürgerschaftswerbers und das Vorliegen eines gesicherten Lebensunterhalts bzw. keiner selbstverschuldeten finanziellen Notlage - schien dem Gesetzgeber angebracht, weil von Staatsbürgerschaftsanwärtern ein gewisses Wohlverhalten erwartet werden dürfe. Das Absehen vom Nachweis der Entlassung aus dem bisherigen Staatsverband (dem das eheliche Kind ja nach seinem Vater angehören konnte), finde seine Rechtfertigung in der beabsichtigten Gleichstellung mit den ehelichen Kindern, für die bereits die Rechtslage nach der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 gelte (siehe RV 1272 BlgNR 15. GP, 20).

Der Gesetzgeber befristete die Geltendmachung dieses Erwerbsanspruchs der Staatsbürgerschaft zunächst auf drei Jahre. Mit der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1986 wurde diese Frist bis 31. Dezember 1988 verlängert, um Härtefälle möglichst zu vermeiden, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Regelung einer Reihe von im Ausland lebenden Österreichern, deren Kinder für diesen Erwerb in Frage kämen, unbekannt geblieben sei. Aus Gründen der Rechtssicherheit sei das Ende der Frist mit einem bestimmten Datum bezeichnet worden (RV 970 BlgNR 16. GP, 4).

2.5. Der Verwaltungsgerichtshof hegt nun das Bedenken, dass in den Fällen, in denen heute noch zur Beurteilung des Erwerbs der Staatsbürgerschaft die Rechtslage nach § 7 StbG 1965 idF vor der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 heranzuziehen ist, die - nach Ablauf der dargestellten Regelungen im Staatsbürgerschaftsübergangsrecht - in diesen Fällen nach wie vor gegebene Ungleichbehandlung von Vater und Mutter bei Erwerb der Staatsbürgerschaft ehelicher Kinder durch Abstammung ebenso gleichheitswidrig ist, wie dies für die Ungleichbehandlung ehelicher Kinder, die die Staatsbürgerschaft nach dieser Rechtslage nicht durch Abstammung nach der Mutter erwerben können, gegenüber unehelichen Kindern, für die dies sehr wohl gilt, der Fall ist. Diese unterschiedliche Behandlung werde, so der Verwaltungsgerichtshof, auch durch die Regelungen des Staatsbürgerschafts-Übergangsrechts 1985 nicht in einer solchen Weise abgemildert, dass sie sich als nicht mehr unsachlich erweist, weil diese Übergangsbestimmungen zum Einen befristet sind und zum Anderen den Erwerb der Staatsbürgerschaft von weiteren Voraussetzungen als nur derjenigen der Abstammung von einer österreichischen Mutter abhängig machen.

Diese Bedenken treffen aber nicht zu.

Wie der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. März 2013, G 63/12, aus Anlass eines, gleiche Bedenken wie hier gegen Bestimmungen in § 7 Abs. 2 und 3 StbG 1965 gegen Bestimmungen in § 3 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1949 vorbringenden Antrages des Verwaltungsgerichtshofes dargelegt hat, durfte der Gesetzgeber in gleichheitsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den durch die Übergangsvorschriften ermöglichten Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Erklärung aus Gründen der Rechtssicherheit zeitlich begrenzen. Der Gesetzgeber hat mit der dargestellten Übergangsregelung den Kreis der von diesen Übergangsvorschriften erfassten Personen auch sachlich abgegrenzt und gleichheitsrechtlich unbedenklich für die Zwecke einer solchen Übergangsbestimmung den Erwerb der Staatsbürgerschaft an die im § 10 Abs. 1 Z 2 bis Z 8 StbG 1965 geregelten Voraussetzungen geknüpft und den Erwerb der Staatsbürgerschaft sachlich gerechtfertigt (erst) mit Abgabe der im Übergangsrecht vorgesehenen Erklärung eintreten lassen (vgl. die auch auf die im vorliegenden Verfahren maßgebliche Rechtslage nach § 7 StbG 1965 zutreffenden Ausführungen im erwähnten Erkenntnis VfGH 14.3.2013, G 63/12). Darüber hinaus ist der Gesetzgeber durch den Gleichheitsgrundsatz und das in Art. 14 EMKR enthaltene Diskriminierungsverbot nicht gehalten, alle unter die alte Rechtslage fallenden Sachverhalte mit denjenigen, die unter die neue Rechtslage fallen, gleichzustellen (auch dazu VfGH 14.3.2013, G 63/12).

Angesichts der in Art. I § 1 Abs. 2 Staatsbürgerschafts-Übergangsrecht 1985 vorgesehenen und durch Art. II Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1986 bis zum 31. Dezember 1988 verlängerten Übergangsbestimmungen, denen zu Folge bis zu dem genannten Datum auch vor dem 1. September 1983 geborene eheliche Kinder unter bestimmten Voraussetzungen die Staatsbürgerschaft durch Abstammung auch nach der Mutter erwerben konnten, sieht sich der Verfassungsgerichtshof aus Anlass der vom Verwaltungsgerichtshof vorgetragenen Bedenken daher auch in diesem Verfahren nicht veranlasst auszusprechen, dass die angefochtenen Wortfolgen in § 7 Abs. 2 und 3 StbG 1965 verfassungswidrig waren (siehe VfGH 14.3.2013, G 63/12)."

5. Ergebnis:

Die Regelungen des § 7 Abs. 2 und 3 StbG 1965 waren somit nach den Feststellungen des Verfassungsgerichtshofes nicht verfassungswidrig, weshalb diese - wie schon oben unter 3.1. ausgeführt - bei Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwenden waren. Die von der Beschwerde geforderte verfassungskonforme Auslegung kommt vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes nicht in Betracht.

Die Beschwerde vermag auch sonst nicht aufzuzeigen, dass die Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre.

Soweit in der verbesserten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erstmals Verstöße gegen das Unionsrecht und die unmittelbare Anwendung der Gleichbehandlungsrichtlinie 2006/54/EG behauptet und eine unionsrechtskonforme Auslegung verlangt werden, ist der Beschwerde zu erwidern, dass der für den (Nicht-)Erwerb der Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerin maßgebliche Zeitpunkt der Geburt im Jahr 1974 lag, und damit (mehr als 20 Jahre) vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union. Da sich der Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Geburt nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Geburt richtet, fällt dieser Sachverhalt schon aus zeitlichen Gründen nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Auch der Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Abgabe der Erklärung nach den Übergangsregelungen richtet sich nach dem Zeitpunkt der Erklärung; die Erklärungsfrist in der Übergangsregelung war vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union schon lange abgelaufen, sodass auch die Beurteilung der Rechtswirkungen dieser Erklärung nicht vom Anwendungsbereich des Unionsrechts umfasst ist.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. April 2013

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