Normen
VwGG §48 Abs2 Z1;
VwGG §48 Abs2 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 28,70 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Zweitbeschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina und die Tochter der Erstbeschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen. Die Zweitbeschwerdeführerin ist in Österreich geboren.
Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 5. Mai 2010 einen Erstantrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zwecks Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich niedergelassenen Ehemann. Dieser stellte am 17. Februar 2011 für die im Jänner 2011 geborene Zweitbeschwerdeführerin ebenfalls einen Erstantrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt".
Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die genannten Anträge gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) im Wesentlichen gleichlautend mit der Begründung ab, dass gemäß dem Richtsatz des § 293 ASVG für ein Ehepaar ein Unterhaltsbetrag von mindestens EUR 1.189,56 und für das Kind ein weiterer von EUR 122,41, insgesamt daher EUR 1.311,97, zur Verfügung stehen müssten. Der Zusammenführende könne für den Zeitraum 1. Jänner 2006 bis 27. Oktober 2010 lediglich eine Beschäftigung im Ausmaß von 230 Tagen nachweisen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 5. Mai 2010 sei der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin Bezieher von Notstands- und Überbrückungshilfe gewesen und erst seit 31. Oktober 2011 gehe er einer neuerlichen Beschäftigung bei der Firma M GmbH nach. Dort beziehe er höchstens ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.202,37. Für die Miete seien EUR 340,06 zu entrichten, weshalb der "Wert der vollen freien Station" um EUR 110,46 überschritten werde; dieser Differenzbetrag müsste ebenfalls zur Verfügung stehen.
Somit könne nicht nachgewiesen werden, dass die Existenz der Beschwerdeführerinnen gesichert sei und es erscheine sehr wahrscheinlich, dass ihr Aufenthalt in Österreich zur finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen werde.
Serbische Staatsangehörige, die im Besitz eines biometrischen Reisepasses seien, seien zur visumfreien Einreise in das österreichische Bundesgebiet berechtigt. Die Erstbeschwerdeführerin halte sich bereits seit 4. März 2010 in Österreich auf, weshalb der visumfreie Aufenthalt von 90 Tagen bereits abgelaufen sei und der Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG zum Tragen käme.
Zur Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK wies die belangte Behörde auf das Berufungsvorbringen hin, demzufolge die Erstbeschwerdeführerin mit ihrem Baby nicht herumreisen könnte, im Ausland über keine Aufenthalts- bzw. Wohnmöglichkeiten mehr verfügte und sich ärztlichen Kontrollen unterziehen müsste. Dem sei entgegenzuhalten, dass in der Heimat Serbien die Eltern der Erstbeschwerdeführerin lebten und überdies die Beschwerdeführerinnen trotz Aufforderung durch die belangte Behörde keine weiteren Angaben hinsichtlich des Privat- und Familienlebens und der behaupteten ärztlichen Kontrollen in Österreich getätigt hätten.
Es könne davon ausgegangen werden, dass für die Beschwerdeführerinnen nach wie vor soziale und wirtschaftliche Strukturen im Heimatland vorhanden seien, weil die Erstbeschwerdeführerin bis März 2010 dort ein Privat- und Familienleben geführt habe. Das öffentliche Interesse an einem geordneten Zuwanderungswesen überwiege in der vorgenommenen Interessenabwägung, weshalb die Erteilung eines Aufenthaltstitels ausgeschlossen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Eingangs ist festzuhalten, dass angesichts der Zustellung der angefochtenen Bescheide im Dezember 2011 die Bestimmungen des NAG idF der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011 anzuwenden sind.
Die belangte Behörde wertete die Anträge als auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gerichtet und wies die Anträge mit der Begründung ab, dass die erforderlichen Unterhaltsmittel nicht vorhanden seien. In der Beschwerde wird zwar behauptet, dass die diesbezüglichen Berechnungen der belangten Behörde unrichtig seien; es wird aber in keiner Weise konkret aufgezeigt, inwiefern dies der Fall wäre. Da die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide maßgeblich ist, kommt dem Vorbringen, dass der Ehemann bzw. Vater ab 1. Februar 2012 in fixer Anstellung ein wesentlich höheres Einkommen beziehen werde, keine Relevanz zu. Soweit nun Ersparnisse behauptet werden, wurde ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattet und es werden auch in der Beschwerde keine konkreten Angaben gemacht.
Die Ansicht der belangten Behörde ist somit nicht zu beanstanden, dass die Erteilungsvoraussetzung des gesicherten Unterhaltes nicht gegeben ist, zumal vorliegend nach dem Vorbringen nur ein gemeinsamer Familiennachzug beabsichtigt ist.
Auch das Ergebnis der behördlichen Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG kann nicht als rechtswidrig angesehen werden. Zum einen kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Zum anderen hält sich die Erstbeschwerdeführerin erst seit 4. März 2010 in Österreich auf und schloss am 21. April 2010 die Ehe mit dem zusammenführenden Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina. Zu diesem Zeitpunkt konnte sie wegen des visumfreien Aufenthaltes von nur 90 Tagen nicht mit einer Rechtmäßigkeit eines darüber hinausgehenden Aufenthaltes in Österreich rechnen. Deswegen und auch wegen der Kürze des Familienlebens in Österreich durfte die belangte Behörde den mit der Versagung der Aufenthaltstitel verbundenen Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerinnen als zulässig werten. Die Erstbeschwerdeführerin behauptet zwar, keine Unterkunftsmöglichkeit im Heimatland zu haben. Sie legt aber nicht dar, aus welchen Gründen ihr nach der kurzen Abwesenheit vom Heimatland eine Wiedereingliederung dort - auch mit einem Kleinkind - nicht möglich wäre, zumal kein Vorbringen erstattet wurde, dass die bosnische Staatsangehörigkeit der Zweitbeschwerdeführerin einem Familienleben mit der Erstbeschwerdeführerin in Serbien entgegenstünde.
Weiters wurde kein Vorbringen erstattet, dass dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin der Nachzug in deren Herkunftsstaat unmöglich oder unzumutbar wäre. Jedenfalls könnte dieser aber finanzielle Zuwendungen von Österreich aus leisten. Ob auch der Vater der Erstbeschwerdeführerin noch lebt und welchen Gesundheitszustand ihre Mutter aufweist, ist bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung nicht entscheidend.
Letztlich behaupten die Beschwerdeführerinnen Verfahrensmängel, weil "keine tatsächliche Überprüfung unserer Situation erfolgt ist". Dieser Rüge fehlt aber die erforderliche Relevanz, bringen die Beschwerdeführerinnen doch nicht konkret vor, welche weiteren Feststellungen die belangte Behörde hätte treffen können.
Da somit den angefochtenen Bescheiden die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Der Vorlageaufwand für die gemeinsam vorgelegten Verwaltungsakten konnte nur in einfacher Höhe zugesprochen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 2009, 2008/22/0731, 0732).
Wien, am 26. Juni 2013
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