VwGH AW 2012/17/0056

VwGHAW 2012/17/00561.2.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der X Bank AG, vertreten durch H K Rechtsanwälte - Gesellschaft mbH, der gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 21. November 2012, Zl. FMA-KI23 5451/0059-ABS/2012, betreffend Rücknahme der Bankkonzession, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

BWG 1993 §20;
BWG 1993 §5 Abs1 Z3;
BWG 1993 §6 Abs2 Z3;
BWG 1993 §6 Abs4;
BWG 1993 §70 Abs2 Z2 lita;
BWG 1993 §70 Abs2 Z4;
BWG 1993 §70 Abs4 Z3;
EigentümerkontrollV 2009;
VwGG §30 Abs2;
BWG 1993 §20;
BWG 1993 §5 Abs1 Z3;
BWG 1993 §6 Abs2 Z3;
BWG 1993 §6 Abs4;
BWG 1993 §70 Abs2 Z2 lita;
BWG 1993 §70 Abs2 Z4;
BWG 1993 §70 Abs4 Z3;
EigentümerkontrollV 2009;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei bekämpft den Bescheid der belangten Behörde vom 21. November 2012 vor dem Verwaltungsgerichtshof mit ihrer zur Zl. 2012/17/0585 protokollierten Beschwerde. Sie wendet sich dabei erkennbar nur gegen Punkt 2 des Spruches im angefochtenen Bescheid, mit dem die belangte Behörde gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 Bankwesengesetz (BWG) in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Z. 3 BWG in Verbindung mit § 70 Abs. 4 Z. 3 BWG die seinerzeitig der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid des "Bundesministeriums" für Finanzen vom 27. Juni 1989 erteilte Konzession mit sofortiger Wirkung zurücknimmt. Zusammen mit der Beschwerde stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG. Im vorliegenden Fall - so die diesbezügliche Begründung der beschwerdeführenden (antragstellenden) Partei - stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen nicht entgegen. Die beschwerdeführende Partei habe seit Erteilung der Konzession mit Bescheid vom 27. Juni 1989 ununterbrochen die Berechtigung zur Erbringung von Bankgeschäften inne gehabt. In dieser Zeit habe sie sich einen breiten Kundenkreis aufgebaut und am österreichischen Bankenmarkt einen Namen erarbeitet, besonders für vermögende Privatkunden im Zusammenhang mit der Vermögensveranlagung, aber auch im Zusammenhang mit dem Depotgeschäft. Die beschwerdeführende Partei sei nicht insolvenzgefährdet und habe auch niemals Tätigkeiten erbracht, die die Kundeninteressen oder volkswirtschaftlichen Interessen am Funktionieren des Bankenmarkts in Österreich gefährdet hätten. Sie verfüge nachweislich über alle notwendigen Kenntnisse und Einrichtungen für die Fortsetzung eines geordneten Bankbetriebes. Sie sei ausreichend kapitalisiert, besitze seit Jahren die erforderliche Infrastruktur und habe mit dem neuen Aktionariat eine solide wirtschaftliche Basis zur Finanzierung der Weiterentwicklung erhalten.

Die bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides eingeräumte Konzession habe die beschwerdeführende Partei nur zu einigen ausgewählten Bankgeschäften berechtigt, so etwa nicht zum Einlagengeschäft oder zum Kreditgeschäft. Beides seien die risikogeneigtesten Geschäfte von Banken und könnten die größte Gefahr für Kunden und somit den österreichischen Bankenmarkt ausstrahlen. Insofern sei die Geschäftstätigkeit der beschwerdeführenden Partei als wenig risikobehaftet einzustufen.

Die öffentlichen Interessen im Zusammenhang mit Banken ließen sich aus den Aufsichtszielen gemäß § 69 BWG ableiten; diese seien vor allem der Schutz des volkswirtschaftlichen Interesses an einem funktionierenden Bankwesen und der Gläubigerschutz. Von der beschwerdeführenden Partei gehe keinerlei Gefahr für volkswirtschaftliche Interessen für den österreichischen Bankensektor aus. Sie sei - wie näher dargelegt wird - über viele Jahre ein "wertvoller Bestandteil dieses Bankensektors" gewesen. Negative volkswirtschaftliche Auswirkungen durch die Berechtigung der beschwerdeführenden Partei bis zur Entscheidung des angerufenen Gerichtes weiterhin Bankgeschäfte wie in der Vergangenheit zu erbringen, lägen nicht vor und drohten auch nicht.

Die belangte Behörde habe auch nicht festgestellt, dass konkrete oder abstrakte Gläubigerinteressen durch die Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei gefährdet seien; die beschwerdeführende Partei verfüge über einen überschaubaren Kundenkreis, der seit vielen Jahren mit ihren Dienstleistungen versorgt werde. Sie komme auch ihren Verpflichtungen geordnet nach; auf Grund der vollständig gezeichneten Kapitalerhöhung in Höhe von EUR 1 Million am 16. November 2012 bestünde auch keinerlei Gefahr, dass die beschwerdeführende Partei ihren Gläubigern gegenüber in Verzug gerate. Die belangte Behörde habe festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei durchschnittlich EUR 200.000,-- Kapitalabgang im Monat zu verzeichnen habe. Gegenwärtig verfüge sie über Kapital, welches die Mindesteigenmittelerfordernisse des BWG überschritten. Alleine die Kapitalerhöhung ermögliche ihr den Fortbetrieb, ohne dass auch nur im Geringsten ein Unterschreiten der gesetzlichen Mindestmittel zu befürchten wäre. Selbst ein derartiges Unterschreiten der Mindestmittel bedeute jedoch nicht, dass Gläubigerinteressen gefährdet wären; das Unterschreiten dieser Grenze sei streng vom Vorliegen einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit zu unterscheiden.

Soweit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid Bezug auf die Gesellschaftereigenschaft einer näher genannten Gesellschaft mit 17,2 % nehme, könne dies ebenfalls keinem zwingenden öffentlichen Interesse wiedersprechen. Die belangte Behörde sei nämlich zutreffend davon ausgegangen, dass deren Stimmrechte ruhten und von einem Treuhänder ausgeübt würden. Auch aufsichtsrechtlich existierten keine zwingenden öffentlichen Interessen, dem "Rechtsmittel" keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid "unrichtig behaupteten Verfehlungen" seien "keiner drastischen Natur", welche die unverzügliche Bescheiderlassung durch die belangte Behörde zum gewählten Zeitpunkt gerechtfertigt hätte; eine Dringlichkeit des Einschreitens bringe die belangte Behörde nicht vor.

Demgegenüber liege es auf der Hand, dass der unmittelbare Entzug der Berechtigung zur Erbringung der Bankgeschäfte unter öffentlicher Kommunikation dieses Schrittes durch die belangte Behörde enorme Auswirkungen auf die Kundenstruktur der beschwerdeführenden Partei habe; die beschwerdeführende Partei habe auf Grund des angefochtenen Bescheides davon Abstand zu nehmen, neue Geschäfte zu schließen. Sie sei derzeit darauf beschränkt, die bestehenden Bankgeschäfte geordnet zurückzuführen. Das heiße jedoch auch, dass sie in eingeschränktem Ausmaß Dienstleistungen für ihre derzeit noch verbliebenen Kunden zu erbringen habe. Ohne Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei mit einem "zügigen und vollständigen Abgang der noch verbliebenen Kunden zu rechnen". Das Bankgeschäft setze ein hohes Maß an Vertrauen zwischen Dienstleistungserbringer und Kunden voraus; dieses Vertrauen werde durch einen unmittelbaren Konzessionsentzug durch die belangte Behörde "enorm erschüttert". Die beschwerdeführende Partei verfüge über Kunden, die derzeit nach wie vor die Bereitschaft hätten, die Bankdienstleistungen der beschwerdeführenden Partei in Anspruch zu nehmen; sollte eine Erbringung von Bankdienstleistungen mangels aufrechter Konzession bis zur Endentscheidung nicht möglich sein, wären diese Kundenbeziehungen endgültig verloren, was zu einem unwiederbringlichen erheblichen Nachteil für die beschwerdeführende Partei führen würde.

In der Folge erstattete die beschwerdeführende Partei noch einen weiteren Schriftsatz. In diesem nahm sie zum Vorbringen der belangten Behörde betreffend die Gewährung der aufschiebenden Wirkung in einem parallel geführten Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof Stellung.

Die belangte Behörde sprach sich vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus. Dieser stünden zwingende öffentliche Interessen entgegen. Die belangte Behörde fasste in ihrer Stellungnahme den maßgeblichen Sachverhalt wie folgt zusammen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

  1. 3. die Voraussetzungen des § 70 Abs. 4 Z. 3 vorliegen;
  2. 4. über das Vermögen des Kreditinstituts das Konkursverfahren eröffnet wird;

    5. das Kreditinstitut den organschaftlichen Beschluss auf Auflösung gefasst hat und sämtliche Bankgeschäfte abgewickelt sind.

    Nach § 6 Abs. 4 leg. cit. wirkt ein Bescheid, mit dem die Konzession zurückgenommen wird, wie ein Auflösungsbeschluss des Kreditinstitutes, wenn nicht binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die Geschäfte nach § 1 Abs. 1 BWG als Unternehmensgegenstand aufgegeben werden und die Firma nicht entsprechend dem § 94 BWG geändert wird. Die FMA hat eine Ausfertigung ihres Bescheides dem Firmenbuchgericht zuzustellen; die Konzessionsrücknahme ist in das Firmenbuch einzutragen.

    Gemäß § 6 Abs. 5 leg. cit. hat das Gericht auf Antrag der FMA Abwickler zu bestellen, wenn die sonst zur Abwicklung berufenen Personen keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Abwicklung bieten. Ist die FMA der Ansicht, dass die zur Abwicklung berufenen Personen keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Abwicklung bieten, so hat sie bei dem für den Sitz des Kreditinstitutes zuständigen, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen erster Instanz zuständigen Gerichtshof die Bestellung geeigneter Abwickler zu beantragen; der Gerichtshof entscheidet im Verfahren außer Streitsache.

    Gemäß § 70 Abs. 4 Z. 3 BWG hat die FMA wenn (unter anderem) eine Konzessionsvoraussetzung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 bis 14 BWG oder gemäß § 5 Abs. 4 BWG nach Erteilung der Konzession nicht mehr vorliegt, die Konzession zurückzunehmen, wenn andere Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz die Funktionsfähigkeit des Kreditinstitutes nicht sicherstellen können.

    Die belangte Behörde hat nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides ihre Entscheidung auf das Wegfallen der Konzessionsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Z. 3 BWG gestützt. Nach der erwähnten Gesetzesstelle ist die Konzession zu erteilen, wenn die Personen, die eine qualifizierte Beteiligung am Kreditinstitut halten, den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Kreditinstitutes zu stellenden Ansprüchen genügen und keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit dieser Personen ergeben; liegen derartige Tatsachen vor, dann darf die Konzession nur erteilt werden, wenn die Unbegründetheit der Zweifel bescheinigt würde.

    Nach der - im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht herangezogenen - Bestimmung des § 5 Abs. 1 Z. 5 BWG ist die Konzession zu erteilen, wenn das Anfangskapital oder die Anfangsdotation mindestens EUR 5 Millionen beträgt und den Geschäftsleitern unbeschränkt und ohne Belastung im Inland zur freien Verfügung steht.

    Gemäß § 69 Abs. 2 BWG hat die FMA zur Bedachtnahme auf die Art, den Umfang und die Komplexität der betriebenen Bankgeschäfte der Kreditinstitute und Kreditinstitutsgruppen die Angemessenheit des Kapitals, welches zur quantitativen und qualitativen Absicherung aller wesentlichen bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zur Verfügung steht, sowie die Angemessenheit der Verfahren gemäß § 39 Abs. 1 und 2 BWG und § 39a BWG, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 39 Abs. 2b BWG angeführten Risiken zu beaufsichtigen. Nach Abs. 4 leg. cit. erster Satz hat die FMA bei der Ausübung ihrer Aufgaben in gebührender Weise die möglichen Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf die Stabilität der Finanzsysteme in allen anderen betroffenen Mitgliedstaaten und insbesondere in Krisensituationen zu berücksichtigen, wobei sie die zum jeweiligen Zeitpunkt verfügbaren Informationen zugrunde zu legen hat.

    Speziell auf die Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtung eines Kreditinstitutes gegenüber seinen Gläubigern geht § 70 Abs. 2 BWG ein: Danach kann die FMA bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstitutes gegenüber seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihm anvertrauten Vermögenswerte, zur Abwendung dieser Gefahr befristete Maßnahmen durch Bescheid anordnen, die spätestens 18 Monate nach Wirksamkeitsbeginn außer Kraft treten. Die FMA kann durch Bescheid insbesondere

    1. Kapital- und Gewinnentnahmen sowie Kapital- und Gewinnausschüttungen ganz oder teilweise untersagen;

    1a. das Überschreiten der Anrechnungsbegrenzungen des § 23 Abs. 14 Z. 1 bis 3 BWG genehmigen;

    2. eine fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bestellen, die dem Berufsstand der Rechtsanwälte oder der Wirtschaftsprüfer angehört; die Aufsichtsperson, der alle Rechte des Abs. 1 Z. 1 und 2 (des § 70 BWG) zustehen, hat

    a) dem Kreditinstitut alle Geschäfte zu untersagen, die geeignet sind, die obige Gefahr zu vergrößern, bzw.

    b) im Falle, dass dem Kreditinstitut die Fortführung der Geschäfte ganz oder teilweise untersagt wurde, einzelne Geschäfte zu erlauben, die die obige Gefahr nicht vergrößern.

    Die FMA hat weiters nach § 70 Abs. 2 Z. 3 und Z. 4 leg. cit. die Möglichkeit, Geschäftsleitern des Kreditinstituts unter gleichzeitiger Verständigung des zur Bestellung der Geschäftsleiter zuständigen Organs die Führung des Kreditinstituts ganz oder teilweise zu untersagen; das zuständige Organ hat binnen eines Monats die entsprechende Anzahl von Geschäftsleitern neu zu bestellen; die Bestellung bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung der FMA, die zu versagen ist, wenn die neu bestellten Geschäftsleiter nicht geeignet scheinen, eine Abwendung der obigen Gefahr herbeiführen zu können, bzw. (Z. 4) kann die FMA die Fortführung des Geschäftsbetriebes ganz oder teilweise untersagen.

    Darüber hinaus hat die FMA noch in § 70 Abs. 4a, 4b und 4c BWG näher umschriebene Möglichkeiten bei Gefährdung der Finanz- und Solvabilitätslage des Kreditinstitutes.

    Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, kann von zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenlage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug des angefochtenen Bescheides gebieten. Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer behördlichen Maßnahme bestehen, berechtigt nicht ohne weiteres schon zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten. Hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als "zwingend" im Sinne der genannten Gesetzesstelle ansehen zu können (vgl. im Zusammenhang mit der Untersagung der Fortführung des Geschäftsbetriebes nach § 70 Abs. 2 BWG etwa den hg. Beschluss vom 2. April 1994, Zl. AW 94/17/0008, mwN).

    Derartige Umstände hat die belangte Behörde in ihrer erwähnten Äußerung zum Antrag der beschwerdeführenden Partei, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu gewähren, nicht in hinreichend konkreter Weise aufgezeigt.

    Soweit die belangte Behörde darauf verweist, dass der Aufschub des Vollzuges "insofern eine gewisse Signalwirkung am Finanzmarkt auslösen" könnte, als sich auch andere Marktteilnehmer "verleitet sehen könnten, die gem. §§ 20 ff BWG iVm der Eigentümerkontrollverordnung (EKV) vorgesehenen Anzeigen zu unterlassen bzw. Informationen zu unterdrücken, wenn sie in der Folge den Vorteil der aufschiebenden Wirkung einer Bescheidbeschwerde genießen könnten", ist dem zu entgegnen, dass mit diesem Vorbringen eine konkrete Gefahr aus dem aktuellen Verhalten anderer Marktteilnehmer nicht behauptet wird; selbst dann, wenn andere Marktteilnehmer - wie von der belangten Behörde vorgebracht - ihren rechtlichen Verpflichtungen nicht (ausreichend) nachkommen sollten, ist nicht ersichtlich, warum der - wie im Beschwerdefall - drohende Konzessionsverlust nicht bereits ein ausreichendes Mittel sein sollte, für die Einhaltung der entsprechenden Verpflichtungen Sorge zu tragen. Derartige generalpräventive Überlegungen würden schließlich - worauf die beschwerdeführende Partei zutreffend verweist - dazu führen, das Institut der aufschiebenden Wirkung (und damit das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes) weitgehend unanwendbar zu machen. Ein zwingendes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides lässt sich jedenfalls aus diesen Überlegungen nicht ableiten.

    Den Schwerpunkt der Ausführungen der belangten Behörde zur Frage des Vorliegens eines zwingenden öffentlichen Interesses im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG bilden jedoch die Darlegungen hinsichtlich der Finanzlage der beschwerdeführenden Partei. Zutreffend verweist die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auch darauf, dass das hier von ihr geltend gemachte Interesse der Vermeidung von Schädigung von Anlegern und anderen Gläubigern vom Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich als ein öffentliches Interesse, das eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten kann, anerkannt wurde, wobei auch hier das Vorliegen der zwingenden öffentlichen Interessen auf Grund des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalts zu beurteilen ist, soweit die Erwägungen der belangten Behörde nicht von Vornherein als unschlüssig zu erkennen sind (vgl. etwa in Verfahren nach dem BWG den hg. Beschluss vom 16. Oktober 2007, Zl. AW 2007/17/0019, mwN und - im Rahmen der Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG - die beschwerdeführende Partei betreffend den hg. Beschluss vom 24. Mai 2012, Zl. AW 2012/17/0026).

    Im hier zu beurteilenden Fall ist jedoch zunächst darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nach dessen Spruch allein vom Fehlen der Konzessionsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Z. 3 BWG ausgegangen ist; sie hat somit - im Einklang mit dem Parteienvorbringen - nicht das Fehlen der Konzessionsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Z. 5 (Unterschreiten des Anfangskapitals) herangezogen. Die belangte Behörde geht vielmehr davon aus, dass dem Unterschreiten der hier relevanten Grenze von EUR 5 Millionen im Jahr 2011 durch die Bestellung der Regierungskommissärin im Zusammenhalt mit einer Kapitalaufbringung durch die Gesellschafter (vorläufig) entgegengewirkt werden konnte. Wenn die belangte Behörde im Zusammenhang mit ihrem Vorbringen betreffend die von der beschwerdeführenden Partei begehrte aufschiebende Wirkung für die vorliegende Beschwerde auf das Fehlen eines erfolgversprechenden Geschäftskonzepts und die Höhe der (voraussichtlichen) monatlichen Verluste verweist, ist ihr entgegen zu halten, dass es Aufgabe des Regierungskommissärs (hier der Regierungskommissärin) nach § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a BWG ist, dem Kreditinstitut alle Geschäfte zu untersagen, die geeignet sind, die Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen des Kreditinstitutes gegenüber seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihm anvertrauten Vermögenswerte, zu vergrößern. Es bestünde in diesem Zusammenhang für die belangte Behörde auch die Möglichkeit, der beschwerdeführenden Partei nach § 70 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. die Fortführung des Geschäftsbetriebes ganz oder teilweise (für die Dauer von 18 Monaten nach Wirksamkeitsbeginn) zu untersagen. Warum derartige Aufsichtsmaßnahmen nicht in der Lage sein sollten, die in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde dargestellte Gefahr zumindest für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hintanzuhalten, sodass es des sofortigen Vollzuges der im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Rücknahme der Konzession (und damit gegebenenfalls der Auflösung der beschwerdeführenden Partei) bedürfte, ist nicht zu ersehen.

    Insgesamt ist daher festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall nicht vom Vorliegen von zwingenden öffentlichen Interessen ausgehen kann, die einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides erfordern würden.

    Ist demnach aber davon auszugehen, dass zwingende öffentliche Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nicht vorliegen, fällt die danach vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten der beschwerdeführenden Partei aus; die Versagung der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Beschwerde würde im Hinblick auf die gemäß § 6 Abs. 4 BWG gegebenenfalls verbundene Rechtsfolge einen schweren, nicht wiedergutzumachenden Nachteil für die beschwerdeführende Partei bedeuten.

    Dem Antrag war daher stattzugeben.

    Auf die Vorschrift des § 30 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird

    verwiesen.

    Wien, am 1. Februar 2013

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