Normen
AVG §13 Abs7;
AVG §56;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
LDG 1984 §8;
AVG §13 Abs7;
AVG §56;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
LDG 1984 §8;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Verordnungsblatt des Landesschulrates für Kärnten (kurz: LSR) vom 21. September 2009, Nr. 16, wurde die Leiterstelle der Volksschule V. ausgeschrieben. Es bewarben sich ausschließlich die (nach Durchführung des entsprechenden Pflichtschulleiterauswahlverfahrens später zweitgereihte) Beschwerdeführerin, die als Volksschuloberlehrerin (VOL) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten steht, und der (als Erstgereihter mit Bescheid vom 28. September 2010 per 1. Oktober 2010 ernannte) ebenso in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten stehende VOL T.
Im Auswahlverfahren räumte die Kärntner Landesregierung der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 22. Juni 2010, worin bereits die Absicht bekanntgegeben wurde, VOL T. zu ernennen, die Möglichkeit ein, nach Akteneinsicht binnen zwei Wochen "eine schriftliche Stellungnahme abzugeben und eine bescheidmäßige Erledigung zu beantragen". Mangels Einlangens einer solchen dürfe "Ihr Einverständnis zur beabsichtigten Stellenbesetzung und gleichzeitig Ihr Verzicht auf eine bescheidmäßige Erledigung in der gegenständlichen Angelegenheit angenommen werden".
Am 14. Juli 2011 richtete die Beschwerdeführerin an das Amt der Kärntner Landesregierung eine Eingabe, in welcher sie nach Darstellung des bisherigen Verfahrens unter Hinweis auf eine durch ihren Rechtsvertreter am 7. Juli 2010 abgegebene Stellungnahme und das Unterbleiben einer Zustellung des VOL T. betreffenden Ernennungsbescheides beantragte, ihre "Parteistellung im Verfahren" festzustellen und ihr jenen Bescheid des Verwaltungsverfahrens zuzustellen, mit welchem VOL T. zum Leiter der Volksschule V. ernannt wurde.
Darauf antwortete die Kärntner Landesregierung am 17. August 2011 wie folgt:
"Zu Ihrem Schreiben vom 14.07.2011 wird festgestellt, dass … weder der Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Parteistellung noch der Antrag auf Zustellung des Bescheides nachvollzogen werden kann, zumal im Verlauf des Verfahrens zur Besetzung der Leiterstelle an der Volksschule V. die Parteistellung … (der Beschwerdeführerin) … überhaupt nie strittig war und außerdem das Parteiengehör in vollem Umfang gewährt worden ist.
Allerdings ist die Behauptung, dass innerhalb der zweiwöchigen Frist eine Stellungnahme bei der Ernennungsbehörde eingelangt wäre, nicht zutreffend. Nachdem innerhalb der Frist keine Stellungnahme bei der Ernennungsbehörde eingelangt ist und dieser kein rechtsgültiger Nachweis über eine rechtzeitig eingebrachte Stellungnahme vorliegt, kann (die Beschwerdeführerin) keinesfalls als übergangene Partei betrachtet werden.
Darüber hinaus wird nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass entsprechend dem Ergebnis des durchgeführten Auswahlverfahrens der erstgereihte Bewerber bereits mit 01.09.2010 (richtig: 01.10.2010) rechtskräftig zum Leiter der Volksschule V. ernannt worden ist. Somit ist der Ernennungsbescheid bereits in Rechtskraft erwachsen und damit besteht die Bindungswirkung nicht nur gegenüber den Parteien sondern auch gegenüber der Behörde.
Zudem ergibt sich aus dem Gesamtinhalt des gegenständlichen Schreibens eindeutig, dass die Antragstellerin weder die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsanspruches sondern vielmehr die Feststellung einer Tatsache begehrt, nämlich jener, dass die Stellungnahme der Antragstellerin rechtzeitig eingelangt sei.
Mit der Bitte um Kenntnisnahme und mit freundlichen Grüßen!"
In dieser Angelegenheit erhob die Beschwerdeführerin zunächst Säumnisbeschwerde, die mit hg. Beschluss vom 29. März 2012, Zl. 2012/12/0040, dem die weiteren Einzelheiten dieses Verfahrens entnommen werden können, mangels Anrufung des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten (der belangten Behörde) zurückgewiesen wurde. Dieser wies (nach mündlicher Verhandlung) als nunmehr im Devolutionsweg angerufene Behörde die "Anträge" mit dem angefochtenen Bescheid zurück.
Er stellte fest, dass der Beschwerdeführerin die (oben dargestellte) behördliche Aufforderung vom 22. Juni 2010 zugegangen sei, jedoch innerhalb der ihr gesetzten Frist von zwei Wochen bei der Kärntner Landesregierung eine Stellungnahme dazu (insbesondere das später erwähnte Anwaltsschreiben vom 7. Juli 2010) nicht eingelangt sei. Die Gefahr des Verlusts der Sendung auf dem Weg zur Behörde trage der Absender. Rechtlich sei weiter auszuführen, dass der Antrag auf Zustellung des Ernennungsbescheides auf eine (von der Bescheiderlassung zu trennende) sonstige Leistung ziele, deren Durchsetzung mit einem Devolutionsantrag nicht in Betracht komme. Die Voraussetzungen für die Erhebung eines Devolutionsantrages wegen Säumnis bezüglich der Erledigung des Antrages auf Zustellung einer bereits getroffenen Sachentscheidung lägen daher nicht vor, insoweit sei der Devolutionsantrag zurückzuweisen. Im Übrigen sei der Beschwerdeführerin die Parteistellung im Verwaltungsverfahren zuerkannt, daraus folgende Rechte, insbesondere das Parteiengehör, seien gewahrt worden. Aus dem (oben wiedergegebenen) Schreiben vom 17. August 2011 folge, dass der erstgereihte Bewerber zum Leiter der Volksschule V. ernannt und die Ernennung der Beschwerdeführerin damit "abgelehnt" worden sei. Es sei "zumindest hinsichtlich des Schreibens vom 17.08.2011 von einer bescheidmäßigen Erledigung auszugehen, da dieser zweifelsfrei normativer Inhalt zukommt". Auf die Bezeichnung als Bescheid könne verzichtet werden, "zumal die Berufungswerberin rechtsfreundlich vertreten war". Der Antrag erweise sich daher als "nicht zulässig" und sei zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zwar ist der belangten Behörde einzuräumen, dass ein Devolutionsantrag zur Durchsetzung des Antrages auf Zustellung eines Bescheides ungeeignet ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 29. Februar 2008, Zl. 2007/12/0196).
Zur Zurückweisung des Devolutionsantrages hinsichtlich der beantragten Feststellung der Parteistellung der Beschwerdeführerin im Auswahlverfahren: Dazu ist zunächst festzuhalten, dass es sich beim wiedergegebenen, nicht als Bescheid bezeichneten Schreiben der Kärntner Landesregierung vom 17. August 2011 - entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht - auf Grund des Fehlens wesentlicher für einen Bescheid erforderlicher Merkmale, vor allem einer bestimmten in einem Spruch verkörperten normativen Anordnung, nicht um einen Bescheid handelt.
Zur Frage des Bescheidcharakters einer nicht als Bescheid bezeichneten Erledigung hat ein verstärkter Senat des Verwaltungsgerichtshofes mit Beschluss vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934 und 1223/73, Slg. N.F. Nr. 9458/A, ausgeführt:
"Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die (Anmerkung: sofern dies auf Grund der späteren Änderung der Rechtslage noch vorgesehen ist) Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG, gewertet werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seiner bisherigen Judikatur den rechtsverbindlichen Inhalt einer behördlichen Erledigung als für die Bescheidqualität der Erledigung wesentlich gewertet und unter dieser Voraussetzung die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht als wesentlich angesehen. Ergibt sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung, insbesondere aus der Verwendung der Verfahrensgesetze und der Verwaltungsvorschriften für jedermann eindeutig, dass ein rechtsverbindlicher Anspruch vorliegt, dann ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzunehmen. Der mit der Bestimmung des § 58 Abs. 1 AVG angestrebte Zweck, nämlich durch die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Betroffenen Klarheit und damit Rechtssicherheit zu schaffen, ist erreicht, wenn die Bestimmung über den Spruch des Bescheides in eindeutiger Form eingehalten und verwirklicht ist. Die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid ist jedoch nicht in jedem Fall entbehrlich. Verwaltungsbehörden (im organisatorischen Sinn) können auch rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben, wobei aus dem Inhalt der Erklärung noch nicht eindeutig geschlossen werden kann, ob es sich um rechtsgeschäftliche Erklärungen oder um rechtsverbindliche Anordnungen im Bereich des öffentlichen Rechts handelt. Ferner sind behördliche Erledigungen nicht nur in Bescheidform zu erlassen (vgl. Verfahrensanordnungen, Dienstaufträge oder organisatorische Maßnahmen).
Insbesondere in jenem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung oder einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich."
An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muss hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. März 2011, Zl. 2011/12/0023, mwN). Die im Beschwerdefall zu beurteilende Erledigung vom 17. August 2011 ist nicht als Bescheid bezeichnet und nicht in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung gegliedert. Es liegt auch kein normativer Inhalt in dem Sinn vor, dass nach dem Inhalt des Schreibens eine Rechtsgestaltung bzw. eine bindende Feststellung über die Frage der Parteistellung erfolgen sollte. Vielmehr ist eine bloße Mitteilung über den bisherigen Verfahrensgang und die von der Behörde vertretene Rechtsansicht erfolgt, also lediglich eine Wissenserklärung abgegeben worden.
Die Auffassung der belangten Behörde das Auswahlverfahren sei mit dem als Bescheid aufzufassenden Schreiben der Kärntner Landesregierung vom 17. August 2011 beendet worden und der Devolutionsantrag hinsichtlich der beantragten Feststellung der Parteistellung in diesem Verfahren sei daher unzulässig, erweist sich als verfehlt.
Für das fortzusetzende Verfahren wird klargestellt, dass für die Annahme der Kärntner Landesregierung, aus dem Unterbleiben einer (qualifizierten) Stellungnahme könne - unter Berücksichtigung des behördlichen Schreibens vom 22. Juni 2010 gemeint wohl im Sinn einer Zurückziehung des Antrages nach § 13 Abs. 7 AVG - eine Beendigung der Parteistellung der Beschwerdeführerin und damit die Rechtskraft des ausschließlich dem Mitbewerber VOL T. zugestellten Ernennungsbescheides gefolgert werden, jede rechtliche Grundlage fehlt.
Die belangte Behörde wird daher in Ermangelung anderer Zurückweisungsgründe in meritorischer Erledigung des Devolutionsantrages festzustellen haben, ob der Beschwerdeführerin Parteistellung zukommt. Bejahendenfalls wäre die Landesregierung verpflichtet, der Beschwerdeführerin eine Ausfertigung des Ernennungsbescheides auch zuzustellen, um ihr Gelegenheit zur Erhebung einer Berufung dagegen an die belangte Behörde zu geben.
Da die belangte Behörde insofern die Rechtslage unrichtig beurteilt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 17. April 2013
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