VwGH 2012/09/0063

VwGH2012/09/006317.12.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Rosenmayr und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde 1. des Ing. TS und 2. der S BaugesmbH, beide in W, vertreten durch Dr. Philip Jessich, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Henslerstraße 3/10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. Oktober 2011, UVS-07/A/3/4016/2011, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen; Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §13a;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
MRK Art6;
VStG §24;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §13a;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
MRK Art6;
VStG §24;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 2. März 2011 erkannte der Magistrat der Stadt Wien den Erstbeschwerdeführer schuldig, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der zweitbeschwerdeführenden Partei zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 7. Juli 2010 auf der Baustelle in Wien 12 die - mit schmutzigen bzw. staubigen Latzhosen und Shirts bekleideten - polnischen Staatsangehörigen BA und BP als Arbeiter beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Der Erstbeschwerdeführer habe dadurch die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verletzt und es wurden über ihn nach dem zweiten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 6.300,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 5 Tagen und 18 Stunden) verhängt.

Weiters wurde ausgesprochen, dass die zweitbeschwerdeführende Partei für die verhängten Geldstrafen und die Verfahrenskosten gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand hafte.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Erstbeschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung insoweit Folge, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils EUR 5.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 4 Tage herabgesetzt wurden. Im Übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe der Aussagen des Erstbeschwerdeführers und der in der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen nahm es die belangte Behörde als erwiesen an, dass die zweitbeschwerdeführende Partei, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführer sei, mit der Sanierung eines Kindergartens im Rahmen einer Baustelle in Wien 12 beauftragt gewesen sei. Bei einer Kontrolle am 7. Juli 2010 seien drei polnische Staatsangehörige bei der Durchführung von Sanierungsarbeiten angetroffen worden und hätten dabei übereinstimmend angegeben, für die zweitbeschwerdeführende Partei tätig zu sein.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass schon der Anschein dafür spreche, dass die hier gegenständlichen Ausländer von der zweitbeschwerdeführenden Partei zur Durchführung des von ihr übernommenen Auftrags beschäftigt worden seien. Der Erstbeschwerdeführer, der dies mit dem Vorbringen, die Arbeiter seien von einem Subauftragnehmer der zweitbeschwerdeführenden Partei, nämlich der S GmbH beschäftigt worden, bestritten habe, habe im unmittelbaren Eindruck persönlich unglaubwürdig gewirkt. Er sei erkennbar darum bemüht gewesen, den wahren Sachverhalt zu verschweigen. Er habe über Vorhalt, dass die Unterschrift des angeblichen Vertreters der S GmbH mit der Musterzeichnung des Geschäftsführers nicht übereinstimme, im erstinstanzlichen Verfahren nicht beantwortet, welche physische Person sein Ansprechpartner gewesen sei und wer die von ihm vorgelegten Dokumente unterzeichnet habe. Seine Erklärung in der mündlichen Verhandlung, er habe diese Frage mißverstanden, sei im Hinblick auf die Eindeutigkeit der einfachen Frage lebensfern und habe erkennbar nicht der Wahrheit entsprochen. Die Frage, wie es zur Anbahnung dieser Geschäftsbeziehung gekommen sei, habe der Erstbeschwerdeführer nur ausweichend und hinhaltend beantwortet. Auch hier sei er erkennbar bemüht gewesen, den wahren Sachverhalt zu verschweigen. Er habe selbst eingestanden, die Firmenräumlichkeiten des angeblichen Subauftragnehmers nur von außen und im geschlossenen Zustand gesehen zu haben. Die belangte Behörde sah deshalb die Annahme gestützt, dass es sich bei der S GmbH lediglich um eine Scheinfirma gehandelt habe, bei der nach der Sozialversicherungsabfrage 268 Dienstnehmer gemeldet gewesen seien, ohne dass für diese Beiträge bezahlt worden wären. Auf Grund der glaubwürdigen Aussage des Polizisten, der die Anzeige gelegt habe, der sachlich korrekt und unbefangen gewirkt habe, insbesondere an persönlicher Glaubwürdigkeit den Erstbeschwerdeführer bei weitem übertroffen habe, sei außerdem erwiesen, dass keiner der verfahrensgegenständlichen Ausländer auch nur angedeutet habe, für ein anderes Unternehmen als die zweitbeschwerdeführende Partei tätig gewesen zu sein. Auf die S GmbH habe auch kein sonstiger Hinweis auf der Baustelle hingedeutet. Die belangte Behörde nahm es daher zusammenfassend als erwiesen an, dass die beiden verfahrensgegenständlichen Ausländer von der zweitbeschwerdeführenden Partei beschäftigt worden seien, während es sich beim Vorbringen des Erstbeschwerdeführers lediglich um Schutzbehauptungen handle.

Davon ausgehend sah die belangte Behörde rechtlich den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG als gegeben an und sie begründete anschließend die Strafbemessung näher.

Über die gegen diesen Bescheid von den beschwerdeführenden Parteien erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerde wendet sich inhaltlich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wenn zusammengefasst vorgebracht wird, dass der Erstbeschwerdeführer den wahren Sachverhalt plausibel und nachvollziehbar dargestellt habe und ein Werkvertrag auch mit einem Vertragspartner geschlossen werden könne, der sich nicht gesetzeskonform verhalte. Zudem habe die belangte Behörde jegliche Ermittlungstätigkeit im Hinblick auf eine Anmeldung der beiden Ausländer zur Sozialversicherung sowie zur wirtschaftlichen Situation der S GmbH unterlassen. Jene Feststellungen, die weder von den Aussagen der polnischen Staatsangehörigen in der Anzeige noch von den Aussagen und dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers gedeckt seien, werden in der Beschwerde als aktenwidrig gerügt. Überdies habe die belangte Behörde den Sachverhalt nicht ausreichend von Amts wegen ermittelt, indem sie es unterlassen habe, Meldeanfragen in den "jeweiligen Ländern der fraglichen Ausländer" vorzunehmen, um in Erfahrung zu bringen, ob sich diese als Dienstnehmer der zweitbeschwerdeführenden Partei angesehen hätten. Allein der Umstand, dass bei der S GmbH 268 Arbeitnehmer gemeldet gewesen seien und sie offenbar keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt habe, reiche für die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen nicht aus.

Mit diesen Rügen bekämpft die Beschwerde inhaltlich ausschließlich die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Unter diesem Gesichtspunkt ist dem Beschwerdevorbringen zu entgegnen, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorgangs handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt werden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Nur die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegen daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Dem Erstbeschwerdeführer gelingt es mit den Beschwerdeausführungen nicht, eine solche Unschlüssigkeit aufzuzeigen und in diesem Umfang Zweifel an der Schlüssigkeit der beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde zu erwecken. So stellt der Erstbeschwerdeführer selbst in der Beschwerde noch nicht nachvollziehbar dar, wie es zum vorgeblichen Abschluss des Werkvertrags kam und weshalb er diese Umstände im Verwaltungsverfahren nicht von Anfang an offenlegte.

Die belangte Behörde ging weiters zu Recht von der Anwendbarkeit des § 28 Abs. 7 AuslBG aus. Wird nach dieser Gesetzesstelle ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Baustellen eines Unternehmens angetroffen, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, ist das Vorliegen einer nach dem AuslBG unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt. Die Gesetzesstelle des § 28 Abs. 7 AuslBG entbindet die Behörde zwar nicht von ihrer - angesichts der im Grunde des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG gegebenen - Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen festzustellen, die dafür notwendigen Beweise aufzunehmen, Parteiengehör einzuräumen und ein dem Art. 6 EMRK entsprechendes Verfahren durchzuführen. Diese Grundsätze hat die belangte Behörde jedoch im gegenständlichen Verfahren nicht verletzt.

Auch die Verfahrensrügen sind nicht berechtigt. Soweit der Erstbeschwerdeführer moniert, dass die Ausländer nicht als Zeugen einvernommen worden seien, übersieht er, dass eine Zustellung der Ladung an BP an der inländischen Meldeadresse schon im erstinstanzlichen Verfahren scheiterte und diese mit dem Vermerk "verzogen" retourniert wurde, im Übrigen Meldeadressen im Bundesgebiet nicht ermittelt werden konnten und auch ausländische Adressen der Zeugen nicht bekannt waren. Der Erstbeschwerdeführer gab im Verfahren vor der belangten Behörde weder neue Zustellanschriften bekannt noch beantragte er die Ladung dieser Zeugen oder machte diese selbst stellig. Die belangte Behörde durfte daher zu Recht davon ausgehen, dass eine persönliche Einvernahme dieser Zeugen wegen deren unbekannten Aufenthalts nicht möglich war. Soweit der Erstbeschwerdeführer eine Verletzung der Manuduktionspflicht darin erblickt, dass er von der belangten Behörde nicht angeleitet worden wäre, die Einvernahme eines weiteren Zeugen zu beantragen, ist er ebenfalls nicht im Recht. Eine derartige inhaltliche Anleitungspflicht besteht nicht. Die Manuduktionspflicht geht nicht so weit, dass Parteien dahin beraten werden müssten, mit welchen Mitteln sie bereits von der Behörde aufgenommene Beweise widerlegen oder in Frage stellen könnten, zumal die Behörden nach § 13a AVG nicht gehalten sind, unvertretenen Parteien ganz allgemein Unterweisungen zu erteilen, wie ihr Vorbringen zu gestalten wäre, damit sich der jeweilige Parteienstandpunkt letztlich durchsetzen könne (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. Mai 2013, Zl. 2011/03/0168, mwN).

Auch die vom Erstbeschwerdeführer als fehlend gerügte Feststellung, dass die Arbeiter von der S GmbH bei der Sozialversicherung angemeldet gewesen wären, würde nichts an der von der belangten Behörde festgestellten Beschäftigung der Arbeiter durch die zweitbeschwerdeführende Partei ändern. Entgegen der Beschwerdeansicht wäre auch daraus nicht zu schließen, dass die erforderlichen Bewilligungen nach dem AuslBG vorgelegen hätten oder die Ausländer überhaupt vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen gewesen wären.

Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde ausgehend von den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zum Schluss gelangte, dass in Wahrheit kein Werkvertrag mit der S GmbH abgeschlossen worden war, sodass kein Subauftrag vorlag, sondern die beiden Ausländer unmittelbar von der zweitbeschwerdeführenden Partei zur Durchführung des von ihr übernommenen Auftrags beschäftigt worden waren und diese daher als Arbeitgeberin der verwendeten ausländischen Arbeitskräfte anzusehen ist. Dem Erstbeschwerdeführer ist es hingegen im Ergebnis demnach nicht gelungen, durch seine Verantwortung darzutun, dass er die beiden gegenständlichen Ausländer nicht beschäftigt habe.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 17. Dezember 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte