VwGH 2012/01/0085

VwGH2012/01/008526.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Pitsch, über die Beschwerde des A in K, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 8. Mai 2012, Zl. KUVS-1399- 1400/17/2011, betreffend Richtlinienbeschwerde nach § 89 SPG (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

SPG 1991 §89 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;
SPG 1991 §89 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers wegen Verletzung von Richtlinien durch Organe der Bundespolizeidirektion Klagenfurt am 16. Juni 2011, gemäß § 89 Abs. 4 und 5 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) als unbegründet abgewiesen. Das Kostenbegehren des Beschwerdeführers wurde ebenfalls abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde - soweit vorliegend wesentlich - aus, der Beschwerdeführer habe mit Schriftsatz vom 27. Juni 2011 gleichzeitig mit einer Maßnahmenbeschwerde gemäß § 67a Abs. 1 Z 2 AVG bzw. § 88 Abs. 1 und 2 SPG eine Beschwerde wegen Verletzung von Richtlinien gemäß § 89 SPG bei der belangten Behörde eingebracht.

Nach Abschluss des Verfahrens über die Maßnahmenbeschwerde mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. April 2012 (die Behandlung der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit hg. Beschluss vom 20. Juni 2012, Zl. 2012/01/0081, gemäß § 33a VwGG abgelehnt) sei die Richtlinienbeschwerde durch die belangte Behörde an das Landespolizeikommando für Kärnten übermittelt worden. Der Beschwerdeführer habe in diesem Verfahren auf eine öffentlich mündliche Verhandlung mit der Bemerkung verzichtet, dass eine Entscheidung auf Basis des (im Maßnahmenbeschwerdeverfahren) hervorgekommenen Sachverhalts erfolgen könne.

Sodann begründete die belangte Behörde im Einzelnen die Abweisung der Richtlinienbeschwerde sowie die Kostenentscheidung nach § 79a Abs. 1 AVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. In dieser wird unter anderem geltend gemacht, der Beschwerdeführer habe keinen Antrag auf Entscheidung der Richtlinienbeschwerde nach § 89 Abs. 4 SPG gestellt, sondern die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid, ohne die Frist für die Einbringung dieses Antrages abzuwarten, erlassen. Daher sei sie unzuständig gewesen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 89 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 146/1999 (SPG), hat der unabhängige Verwaltungssenat, insoweit mit einer Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat die Verletzung einer gemäß § 31 leg. cit. festgelegten Richtlinie behauptet wird, diese (die Richtlinienbeschwerde) der zur Behandlung einer Aufsichtsbeschwerde in dieser Sache zuständigen Behörde zuzuleiten.

Gemäß § 89 Abs. 2 SPG haben Menschen, die in einer binnen sechs Wochen, wenn auch beim unabhängigen Verwaltungssenat (§ 89 Abs. 1 SPG), eingebrachten Aufsichtsbeschwerde behaupten, beim Einschreiten eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes, von dem sie betroffen waren, sei eine gemäß § 31 leg. cit. erlassene Richtlinie verletzt worden, Anspruch darauf, dass ihnen die Dienstaufsichtsbehörde den von ihr schließlich in diesem Punkte als erwiesen angenommenen Sachverhalt mitteilt und sich hiebei zur Frage äußert, ob eine Verletzung vorliegt.

Gemäß § 89 Abs. 4 SPG hat jeder, dem gemäß § 89 Abs. 2 SPG mitgeteilt wurde, dass die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, das Recht, binnen 14 Tagen die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates zu verlangen, in dessen Sprengel das Organ eingeschritten ist; dasselbe gilt, wenn eine solche Mitteilung (Abs. 2) nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergeht. Der unabhängige Verwaltungssenat hat festzustellen, ob eine Richtlinie verletzt worden ist.

2. Im Beschwerdefall ist auch nach dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Verfahrensgang unstrittig, dass der Beschwerdeführer kein ausdrückliches Entscheidungsverlangen nach § 89 Abs. 4 SPG gestellt hat.

Fehlt es an einem Entscheidungsverlangen nach § 89 Abs. 4 SPG, so kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat überhaupt keine Entscheidungskompetenz zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 2006, Zl. 2004/01/0323, mwN, sowie die bei Pürstl/Zirnsack, SPG2 (2011), E 22 ff zu § 89 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

3. Da somit die Abweisung der Richtlinienbeschwerde und die damit verbundene Kostenentscheidung ohne entsprechenden Antrag erfolgte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Juni 2013

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