VwGH 2011/11/0050

VwGH2011/11/005026.9.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des Dr. WZ in K, vertreten durch DDr. Hans Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6-8/47, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 1. Februar 2011, Zlen. WFF/BA/2010/104891 und WFF/BA/2010/105908, betreffend Krankenunterstützung (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

ÄrzteG 1984 §106 Abs1;
ÄrzteG 1984 §110a Abs2;
AVG §13 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
ÄrzteG 1984 §106 Abs1;
ÄrzteG 1984 §110a Abs2;
AVG §13 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchteil 1. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen (Spruchteil 2.) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Ärztekammer für Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 13. Juli 2010 wurde dem Beschwerdeführer aufgrund seiner diesbezüglichen beiden Anträge die Krankenunterstützung für die Dauer seiner Unfähigkeit zur Berufsausübung (einerseits betreffend den Zeitraum 26. April 2010 bis 11. Mai 2010 und andererseits betreffend 17. Mai 2010 bis 1. Juni 2010) in Höhe von jeweils EUR 453,44 gemäß § 106 Abs. 1 ÄrzteG 1998 in Verbindung mit näher genannten Bestimmungen der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich (im Folgenden kurz: Satzung) gewährt (Spruchpunkt 1.). Gleichzeitig wurde festgestellt, dass per 31. Dezember 2009 ein Beitragsrückstand in Höhe von EUR 1.594,95 bestehe und dass die gewährte Krankenunterstützung gemäß § 110a Abs. 2 ÄrzteG 1998 iVm der Satzung von den rückständigen Beiträgen abgezogen werde, sodass der aushaftende Beitragsrückstand somit EUR 688,07 betrage (Spruchpunkt 2.).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung (Beschwerde), wobei er Spruchpunkt 2. zur Gänze mit der Begründung bekämpfte, dass der angebliche Rückstand nicht bestehe.

Spruchpunkt 1. wurde vom Beschwerdeführer nur insoweit angefochten, als in diesem Spruchpunkt nicht auch gleichzeitig über einen weiteren (dritten) Antrag des Beschwerdeführers vom 9. Juli 2010 auf Gewährung von Krankenunterstützung (betreffend den Zeitraum 7. Juni 2010 bis 11. Juli 2010) abgesprochen worden sei.

Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 20. August 2010 wurde dem Beschwerdeführer aufgrund seines (dritten) Antrages die Krankenunterstützung für den Zeitraum 7. Juni 2010 bis 11. Juli 2010 (in Höhe von EUR 1.116,16) gewährt.

Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. Februar 2011 wurde (unter Spruchteil 1.) die Berufung abgewiesen, soweit sie sich gegen den unter Spruchpunkt 2. des Erstbescheides vom 13. Juli 2010 festgestellten und in Abzug gebrachten Beitragsrückstand richtete.

Soweit mit der Berufung die Auszahlung (Zuerkennung) der Krankenunterstützung für den Zeitraum 7. Juni 2010 bis 11. Juli 2010 begehrt worden sei, wurde die Berufung (unter Spruchteil 2. des angefochtenen Bescheides) mangels Beschwer zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat, auf welche der Beschwerdeführer mit einer Replik antwortete.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zu Spruchteil 1. des angefochtenen Bescheides:

Den strittigen Beitragsrückstand in Höhe von EUR 1.594,95, der von der (für die mit 1. Juni 2010 endenden Zeiträume) gewährten Krankenunterstützung in Abzug zu bringen sei, hat die belangte Behörde damit begründet, dass sich dieser Rückstand aus ihrem rechtskräftigen Feststellungsbescheid vom 31. März 2010, Zl. WFF/BA/2009/31521, ergebe, an den sie gebunden sei. Das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers gegen diesen Beitragsrückstand müsse daher aufgrund der Bindungswirkung des letztgenannten Bescheides ins Leere gehen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass er diesen Feststellungsbescheid beim Verwaltungsgerichtshof angefochten habe.

Mit Erkenntnis vom 26. April 2013, Zl. 2010/11/0089, hat der Verwaltungsgerichtshof den genannten Bescheid vom 31. März 2010 im Umfang seines feststellenden Abspruches als rechtswidrig aufgehoben. Die dem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 3 VwGG zukommende ex-tunc-Wirkung hat zur Folge, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als wäre der aufgehobene Bescheid nie erlassen worden (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2012, Zl. 2010/04/0139, mwN).

Damit kam dem Feststellungsbescheid vom 31. März 2010 rückblickend betrachtet keine Bindungswirkung zu, sodass der angefochtene Bescheid insofern einen relevanten Begründungsmangel hinsichtlich der Höhe des von der belangten Behörde angenommenen Beitragsrückstandes aufweist.

Spruchteil 1. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

2. Zu Spruchteil 2. des angefochtenen Bescheides:

Unstrittig wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 20. August 2010 die beantragte Krankenunterstützung entsprechend seinem dritten Antrag vom 9. Juli 2010 für den Zeitraum 7. Juni 2010 bis 11. Juli 2010 gewährt, nachdem er bereits Beschwerde (Berufung) gegen den Erstbescheid vom 13. Juli 2010 erhoben hatte. Unter Bedachtnahme darauf hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Berufungsbescheid vom 1. Februar 2011 die Beschwerde (Berufung), soweit sie gegen die Nichtberücksichtigung dieses dritten Antrages des Beschwerdeführers gerichtet war, zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer macht dagegen in seiner Beschwerde zusammengefasst geltend, die Erstbehörde hätte die im dritten Antrag vom 9. Juli 2010 beantragte Krankenunterstützung bereits im eingangs erwähnten Bescheid vom 13. Juli 2010 erledigen müssen, weil der Antrag bei Erlassung dieses Bescheides bereits eingebracht gewesen sei.

Dieses Vorbringen ist im Ergebnis unbegründet:

Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt voraus, dass der Antragsteller einen Grund dafür hat, die angefochtene Entscheidung zu bekämpfen. Dies ist dann nicht der Fall, wenn bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten dem Parteiantrag ohnehin vollinhaltlich entsprochen wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2010, Zl. 2007/11/0113, mwN).

Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugestehen, dass seinen Anträgen auf Zuerkennung von Krankenunterstützung - jedenfalls im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde (Berufung) gegen den Bescheid vom 13. Juli 2010 - noch nicht vollinhaltlich Rechnung getragen war, weil sein dritter Antrag vom 9. Juli 2010 noch unerledigt war, sodass die Berufung nicht unzulässig war.

Dennoch durfte die belangte Behörde nur über die "Sache" iSd § 66 Abs. 4 AVG absprechen, somit nur über die Krankenunterstützung, soweit sie Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides vom 13. Juli 2010 war. Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte den Bescheid vom 13. Juli 2010 aufheben müssen, weil dieser über den dritten Antrag auf Krankenunterstützung nicht abgesprochen hat, ist ihm zu entgegnen, dass die Nichterledigung eines Antrages den Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, wenn der unerledigte Antrag vom erledigten Verfahrensgegenstand in rechtlicher Hinsicht trennbar ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 239 und E 233 referierte Judikatur).

Letzteres ist gegenständlich der Fall, weil § 106 Abs. 1 ÄrzteG 1998 in der hier maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 135/2009 unter den dort genannten Voraussetzungen die Gewährung der Krankenunterstützung vorsieht, die sich nach der "Dauer der Krankheit" richtet. Da der Beschwerdeführer gegenständlich für insgesamt drei - zeitlich voneinander getrennte - Phasen der Krankheit die Krankenunterstützung beantragt hat und die Entscheidungen über jeden dieser Anträge für sich allein selbständig bestehen können (vgl. dazu den zuletzt genannten Judikaturhinweis), ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die Behörde über den dritten Antrag gesondert entschieden hat.

Vor diesem Hintergrund stellt die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides vom 13. Juli 2010 im Ergebnis keine Rechtsverletzung dar.

Daher war die Beschwerde hinsichtlich des Spruchteiles 2. des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. September 2013

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