Normen
BDG 1979 §93 Abs1 idF 2008/I/147;
BDG 1979 §93;
B-VG Art130 Abs2;
LDG 1984 §70 Abs1;
LDG 1984 §71 Abs1 idF 2008/I/147;
LDG 1984 §71 idF 2008/I/147;
SchUG 1986 §47 Abs3;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34 Abs1 Z11;
VwRallg;
BDG 1979 §93 Abs1 idF 2008/I/147;
BDG 1979 §93;
B-VG Art130 Abs2;
LDG 1984 §70 Abs1;
LDG 1984 §71 Abs1 idF 2008/I/147;
LDG 1984 §71 idF 2008/I/147;
SchUG 1986 §47 Abs3;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34 Abs1 Z11;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand als Hauptschullehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am Montag, den 29. Juni 2009 um ca. 15.30 Uhr während der Nachmittagsbetreuung in der Bibliothek der M-Hauptschule in S. (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof), den Schüler M. O. mit den Händen an dessen T-Shirt und in weiterer Folge im Nackenbereich und am linken Oberarm erfasst. Der Schüler habe dadurch, wie vom Hausarzt festgestellt worden sei, Hämatome am Hinterkopf, am linken Oberarm und zwei Kratzer im linken Schulterbereich davon getragen. Der Beschwerdeführer habe dadurch den Schüler körperlich gezüchtigt und die obliegenden Unterrichts- und Erziehungsaufgaben nicht erfüllt. Außerdem habe durch sein Verhalten das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben gelitten. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 und 2 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 (LDG 1984) iVm § 47 Abs. 1 und 3 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG) begangen und über ihn wurde eine Geldstrafe im Ausmaß von EUR 1.500,-- verhängt.
Zur Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung die Feststellungen zum Tathergang, die zur Verletzung der Dienstpflichten geführt hätten, in der Berufung nicht bemängelt hätte. Jedoch habe er die Strafzumessung bekämpft. Zur Strafzumessung führte die belangte Behörde wie folgt aus:
"Der Beschwerdeführer ist mit Ablauf des 31.7.2010 in den Ruhestand versetzt worden. Er bringt seitdem EUR 2.414,73 brutto ins Verdienen, besitzt ein Einfamilienhaus und ist für seine Gattin unterhaltspflichtig. Für den Erwerb eines weiteren Hauses mit seiner Partnerin muss er nach eigenen Angaben EUR 1.000,-- monatliche Ratenzahlung leisten.
Bei der Strafbemessung ist vor allem die Schwere der Dienstpflichtverletzung insbesondere die Bedeutung der verletzten Pflicht, der Grad des Verschuldens und der Beweggrund für die Tat, die Auswirkung der Tat für den Dienstgeber, für das Ansehen des Beschuldigten selbst und für die Beamtenschaft in der Öffentlichkeit sowie die bisherige Führung des Beamten zu berücksichtigen.
Die Hauptaufgabe eines Lehrers ist eine dem § 17 SchUG entsprechende Unterrichts- und Erziehungsarbeit. Gemäß § 47 SchUG hat der Lehrer im Rahmen der Mitwirkung der Schule an der Erziehung der Schüler in seiner Unterrichts- und Erziehungsarbeit die der Erziehungssituation angemessenen persönlichkeits- und gemeinschaftsbildenden Erziehungsmittel anzuwenden, die insbesondere Anerkennung, Aufforderung oder Zurechtweisung sein können.
Ausdrücklich verboten sind gemäß Abs. 3 leg. cit. unter anderem die körperliche Züchtigung der Schüler. Schon diese ausdrückliche Aufzählung durch den Gesetzgeber zeigt deutlich die Bedeutung der Einschränkung der Erziehungsarbeit betreffend die körperliche Züchtigung.
Der Beschwerdeführer hat diese körperliche Züchtigung auch nicht nach dem z.B. ersten Packen am Nacken sofort wieder beendet, sondern den Schüler dann auch noch zusätzlich sehr fest am Arm gepackt, was seine Schuld erschwert.
Allerdings war der Beweggrund für die Tat, auch wenn unterschiedliche Ausgangssituationen geschildert wurden, jeweils ein solcher, der aus Sicht des Lehrers vom Schüler provoziert wurde. Der Schüler hat sich geweigert, den Anweisungen des Lehrers zu folgen oder sich angemaßt, seinerseits Anweisungen an andere Schüler zu geben, was nur die Aufgabe des Lehrers sein konnte. Der Beweggrund der Tat war damit zum Teil auch ein Hinreißenlassen zu einer völlig überzogenen und rechtswidrigen Reaktion.
Bei der Strafbemessung ist der Schaden, der durch dieses Verhalten vom Beschwerdeführer für die Lehrerschaft in der Öffentlichkeit entstanden ist, jedenfalls zu berücksichtigen.
Zu berücksichtigen ist auch, dass über den Beschuldigten zuletzt 2007 eine Disziplinarstrafe verhängt wurde.
Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen. Ein Milderungsgrund ist jedenfalls der der Provokation durch den Schüler.
Zu beachten ist jedenfalls auch die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers. Er wurde aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt. Das zu Grunde liegende Gutachten attestiert ihm eine hochgradige Einschränkung der Fähigkeit, sich in bestehende Strukturen einzufügen, sowie eine verminderte Fähigkeit, Kritik und Konflikte lösungsorientiert zu bewältigen, dies aufgrund einer bestehenden Persönlichkeitsstörung.
Aufgrund seiner Ruhestandsversetzung ist zu berücksichtigen, dass spezialpräventiv eine Bestrafung nicht mehr erforderlich ist.
Allerdings war es der Kommission aufgrund generalpräventiver Strafgründe nicht möglich, nur mittels Verweis vorzugehen. Im Falle der körperlichen Züchtigung eines Schülers muss ein klares Signal an die Lehrerschaft gegeben werden, dass eine derartige Dienstpflichtverletzung als schwerwiegend zu betrachten ist.
Die Kommission kam daher insgesamt zu dem Schluss, dass eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.500,-- schuldangemessen ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der Einvernahme von Zeugen, nämlich des Schuldirektors, und zwei Schülern zum Ausmaß der Verletzungen des betroffenen Schülers abgesehen habe. Die belangte Behörde habe zu Unrecht festgestellt, dass der betroffene Schüler Hämatome erlitten habe.
Damit zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Die belangte Behörde durfte im vorliegenden Fall nämlich von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 94a Abs. 3 Z 5 LDG 1984 absehen, weil der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erschien. Ein Sachverhalt im Sinne dieser Bestimmung ist dann als geklärt anzusehen, wenn dieser nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt neu und in konkreter Beweis behauptet wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zl. 2008/09/0065, mwN). Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall erfüllt, zumal auch die Verletzungen des Schülers in einer Verletzungsanzeige durch einen Arzt für Allgemeinmedizin vom 29. Juni 2009 substanziiert wurden und der Beschwerdeführer die diesbezüglichen Annahmen im Bescheid der Behörde erster Instanz nicht in Frage gestellt hat. Der Beschwerdeführer hat auch in seiner Berufung nicht dargelegt, welche Aussagen welche von ihm in der Berufung beantragten Zeugen welchen Beweis hätten erbringen können, ein Beweisthema hinsichtlich dieser Zeugen hat er nicht angeführt.
Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausdrücklich zugestanden habe, dass im Hinblick auf die Pensionierung des Beschwerdeführers eine spezialpräventive Strafnotwendigkeit überhaupt nicht gegeben sei und die gegenständliche Strafe ausschließlich nach generalpräventiven Gesichtspunkten bemessen worden sei.
Mit diesem Hinweis zeigt der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Im vorliegenden Fall hatte die belangte Behörde nämlich hinsichtlich der Strafbemessung die Vorschrift des § 71 Abs. 1 LDG 1984 in der Fassung nach der Dienstrechts-Novelle 2008 anzuwenden. Zu den entsprechenden weitgehend gleichlautenden Bestimmungen des § 93 BDG 1979 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2008 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, Zl. 2011/09/0105, Folgendes ausgeführt:
"Zu der nunmehr anzuwendenden Rechtslage ist zu bemerken, dass der erste Satz des § 93 Abs. 1 BDG 1979 durch die Dienstrechts-Novelle 2008 nicht verändert worden ist. Nach wie vor gilt als 'Maß für die Höhe der Strafe' die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der 'Strafbemessungsschuld' des Strafrechtes und für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend als auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR 14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der 'Unrechtsgehalt') wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2008, Zl. 2007/09/0320, und vom 29. April 2011, Zl. 2009/09/0132, mwN).
Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0021). Daran hat sich auch durch die Dienstrechts-Novelle 2008 nichts geändert.
Unverändert ist durch die Dienstrechts-Novelle 2008 auch § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 geblieben, wonach bei der Strafbemessung die nach dem Strafgesetzbuch maßgebenden Gründe dem Sinne nach zu berücksichtigen sind und daher hinsichtlich des Grades des Verschuldens nach dem gemäß zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen ist, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte. Ferner sind weiterhin die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, eine Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis.
Durch die Dienstrechts-Novelle 2008 wurde jedoch im zweiten Satz des § 93 Abs. 1 BDG die Zielsetzung 'der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken', als zusätzliches Strafbemessungskriterium in das Gesetz eingefügt. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage kommt der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Strafe bei der Bemessung daher nicht mehr eine derart wesentliche Bedeutung wie bisher zu und sind Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen, die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten. Dementsprechend enthalten die oben wiedergegebenen Gesetzeserläuterungen die Aussage, es solle nach der Novelle möglich sein, dass 'bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen' sein werde."
Zutreffend hat die belangte Behörde die Schwere der Dienstpflichtverletzung des Beschwerdeführers, der die Bestimmung des § 47 Abs. 3 SchUG, wonach körperliche Züchtigung, beleidigende Äußerungen und Kollektivstrafen verboten sind, missachtet hat, als erheblich gewertet. Die Zufügung von rechtswidriger körperlicher Gewalt und von Verletzungen durch einen Beamten in Ausübung des Dienstes stellt jedenfalls eine erhebliche Rechtsgutbeeinträchtigung dar. Wenn die belangte Behörde aus generalpräventiven Strafgründen durch die Verhängung einer Geldstrafe ungeachtet des Vorliegens von Milderungsgründen ein "klares Signal an die Lehrerschaft" geben wollte, dass die körperliche Züchtigung eines Schülers durch einen Lehrer als schwerwiegend zu betrachten sei, dann ist darin im vorliegenden Fall jedenfalls keinen Ermessensmissbrauch zu erblicken.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 25. Juni 2013
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