VwGH 2011/08/0123

VwGH2011/08/012315.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des EF in S, vertreten durch Dr. Alexander Rehrl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 54, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 26. April 2011, Zl. 20305-V/14.814/4-2011, betreffend Beitragszuschlag (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse in 5020 Salzburg, Engelbert-Weiß-Weg 10), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1152;
ASVG §4 Abs2;
ABGB §1152;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 113 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in Höhe von EUR 1.800,-

- vorgeschrieben.

Im Zuge einer Kontrolle durch Beamte der KIAB Salzburg-Stadt vom 9. April 2010 um 19.30 Uhr seien der syrische Asylwerber DA und der irakische Asylwerber JM am Imbissstand des Beschwerdeführers in F. iSd § 49 Abs. 1 ASVG entgeltlich arbeitend tätig angetroffen worden, ohne zur Sozialversicherung gemeldet gewesen zu sein. DA habe am Verkaufstresen eine Kundschaft bedient. JM habe am Küchenarbeitsplatz Salat geschnitten. Im Verkaufslokal habe sich eine Kundschaft mit Kind aufgehalten. DA sei zumindest Essen, Trinken und manchmal Zigaretten als Abgeltung zuteil geworden.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers werde durch die Wahrnehmungen der Kontrollorgane im unmittelbaren Zusammenhang mit der Betretung an diesem Tag widerlegt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, DA habe lediglich kurz seiner Frau helfen sollen, wenn viel los sei, und er wisse nicht, warum JM in der Küche Salat geschnitten habe, würde augenscheinlich nicht den Tatsachen entsprechen. Es handle sich um Schutzbehauptungen. Einerseits seien beide Asylwerber alleine im Imbissstand anwesend gewesen und hätten Verkaufsverhandlungen mit Kunden sowie Essenszubereitungen durchgeführt, andererseits könne auch von einer gewissen Eigenverantwortung im Imbissstand gesprochen werden, da weder der Beschwerdeführer noch dessen Frau anwesend gewesen seien. Die beiden genannten Mitarbeiter hätten den Verkauf von Lebensmitteln, das Kassieren des Verkaufspreises und das Zubereiten der Lebensmittel weisungs- und kontrollunterworfen durchgeführt. Beide seien für den Beschwerdeführer tätig gewesen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, gemäß § 33 Abs. 1 ASVG hätten Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet werde, könnten dem Dienstgeber gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 oder Z 2 ASVG Beitragszuschläge vorgeschrieben werden. Im Falle des § 113 Abs. 1 Z 1 setze sich der Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 2 ASVG nach einer unmittelbaren Betretung iSd § 111a ASVG aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten würden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung belaufe sich auf EUR 500,-- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz belaufe sich auf EUR 800,--. Sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG, welche für die volle Ausschöpfung des Beitragszuschlages von insgesamt EUR 1.800,-- sprächen, seien erfüllt.

Der Bestand der sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnisse iSd § 4 Abs. 2 ASVG sei zum Zeitpunkt der Kontrolle am 9. April 2010 gegeben. Die entgeltliche Beschäftigung bzw. zumindest ein ausreichender Entgeltanspruch iSd § 49 Abs. 1 ASVG sei festgestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde bekämpft die Beweiswürdigung der belangten Behörde und bringt vor, dass "der unabhängige Verwaltungssenat Salzburg offenkundig dem Kontrollorgan nicht uneingeschränkt glaubte und weitere Zeugen lud". Es wäre Aufgabe der belangten Behörde gewesen, "weitere Ermittlungen durchzuführen".

Damit vermag der Beschwerdeführer keinen relevanten Verfahrensmangel bzw. keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufzuzeigen.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist -

die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen dann, wenn sie den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, nicht widersprechen. Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2012, Zl. 2008/08/0252, mwN).

Die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Beweiswürdigung erschöpfen sich im Wesentlichen darin, dass der UVS Salzburg (in einem anderen Verfahren) zu dieser Frage eine andere Auffassung vertreten hätte. Die belangte Behörde ist indes im vorliegenden Fall weder an ein Erkenntnis noch an beweiswürdigende Überlegungen des UVS Salzburg gebunden. Auch kann in der Auffassung der belangten Behörde, den Kontrollorganen der KIAB als Zeugen mehr Glauben zu schenken als dem Beschwerdeführer, keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung erblickt werden. Es ist auch nicht ersichtlich, welche "weitere Ermittlungen" die belangte Behörde im vorliegenden Fall hätte durchführen sollen.

Ausgehend von den sohin auf einem mängelfreien Verfahren beruhenden Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde ist auch die Rechtsrüge nicht berechtigt:

Die Mitarbeiter des Beschwerdeführers waren in dessen betriebliche Organisation (Verkaufsstand) eingebunden und haben eine Kundschaft bedient bzw. Salat geschnitten.

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2011, Zl. 2010/08/0129). Für das Vorliegen der Entgeltlichkeit kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob ausdrücklich ein Entgelt (allenfalls in einer bestimmten Höhe) vereinbart wurde oder eine solche Vereinbarung unterblieb. Im Zweifel gilt für die Erbringung von Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Wurde die Höhe des Entgelts nicht festgelegt, so ist ein angemessener Lohn zu zahlen. Demnach ist Unentgeltlichkeit der Verwendung nicht schon bei Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten, sondern diese muss ausdrücklich und erwiesenermaßen - wenigstens nach den Umständen konkludent - vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2012, Zl. 2012/08/0165).

Der Beschwerdeführer wäre als Dienstgeber gemäß § 33 Abs. 1 ASVG verpflichtet gewesen, die von ihm beschäftigten, in der Krankenversicherung nach dem ASVG pflichtversicherte Personen vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die belangte Behörde hat zu Recht den - vom Beschwerdeführer der Höhe nach nicht bestrittenen - Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG vorgeschrieben.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 15. Mai 2013

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