VwGH 2011/07/0222

VwGH2011/07/022228.2.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des 1. Ing. F S und des 2. Ing. M S, beide in K, beide vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. Juni 2011, Zl. FA10A-LAS16Fil/2011-103, betreffend Neuregulierungsverfahren (44 mitbeteiligte Parteien), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
EinforstungsLG Stmk 1983 §12;
EinforstungsLG Stmk 1983 §13 Abs3;
EinforstungsLG Stmk 1983 §21;
EinforstungsLG Stmk 1983 §24;
EinforstungsLG Stmk 1983 §49 Abs2;
EinforstungsLG Stmk 1983 §49;
ForstG 1975;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WWSGG §10;
WWSGG §34;
WWSGG §6;
WWSGG §8 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
EinforstungsLG Stmk 1983 §12;
EinforstungsLG Stmk 1983 §13 Abs3;
EinforstungsLG Stmk 1983 §21;
EinforstungsLG Stmk 1983 §24;
EinforstungsLG Stmk 1983 §49 Abs2;
EinforstungsLG Stmk 1983 §49;
ForstG 1975;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WWSGG §10;
WWSGG §34;
WWSGG §6;
WWSGG §8 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit (nicht im Akt erliegendem) Bescheid vom 9. Juni 1913 wurde das Neuregulierungsverfahren betreffend die F-Alpe auf Grundlage mehrerer Servitutenregulierungsurkunden eingeleitet. Die Beschwerdeführer sind Grundeigentümer, auf deren Grundstücken Rechte der Eingeforsteten lasten.

Während des Neuregulierungsverfahrens erließ die Agrarbezirksbehörde G (im Folgenden: AB) mit 3. Dezember 1998 mehrere Bescheide, in denen sie den aktualisierten Stand der Berechtigungen und Verpflichtungen vor dem Hintergrund der Servitutenregulierungsurkunden darstellte. Dabei wurde (insoweit hier verfahrenswesentlich) im ersten Bescheid das belastete Gebiet des Regulierungsgebietes festgestellt, zu dem auch das GSt. Nr. 899/1, KG F, damals im Eigentum des Erstbeschwerdeführers, gehört.

Im zweiten Bescheid wurden die Eigentümer der berechtigten Liegenschaften und die Weideberechtigungen festgestellt.

Mit dem dritten Bescheid wurde die M-Alm ins Neuregulierungsverfahren einbezogen. Der vierte Bescheid legt der Ermittlung des Weidefutterbedarfs und der weiteren Berechnungen das "M Rind" mit einem durchschnittlichen Kuhgewicht von 425 kg zugrunde.

Schließlich findet sich im fünften Bescheid eine Gliederung des belasteten Weidegebietes in einzelne räumlich abgegrenzte Weidegebiete, wobei den einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bildenden Beilagen zu entnehmen ist, dass das GSt. Nr. 899/1 zum Teil dem Weidegebiet Obere Alpe mit M-Alm (Beilage 3) und zum Teil dem Weidegebiet Untere Alpe mit W und F (Beilage 4) zugeordnet ist. In Bezug auf diese Weideflächen wurden die berechtigten Grundstücke bzw die Zahl der auftriebsberechtigten Rinder in den Beilagen 7 und 8 dieses Bescheides näher dargestellt.

Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor der AB am 17. Mai 2000 wurde eine Neufestlegung der Weidegrenzen und eine Neuzuordnung von Grundstücken zur Oberen bzw zur Unteren Alpe beschlossen.

Mit Bescheid vom 5. September 2000 stellte die AB daraufhin fest, dass unter anderem ein Teil des GSt. Nr. 899/1 zusammen mit anderen Grundstücken das Weidegebiet "Obere Alpe" darstelle (Spruchpunkt 1). Mit Spruchpunkt 2 wurde festgestellt, dass ein (anderer) Teil des GSt. Nr. 899/1 mit anderen Grundstücken das Jungviehweidegebiet "Untere Alpe (oberer Teil)" darstelle. Beilage 3 dieses Bescheides nennt die Eigentümer der berechtigten Liegenschaften und die Weideberechtigungen auf der Jungviehweide Untere Alpe; Beilage 4 stellt die Fläche für die Kuhweide auf der Unteren Alpe fest.

Offenbar beklagte sich der Erstbeschwerdeführer bei der AB über Schäden an seinen belasteten Grundstücken der Unteren Alpe in Folge der dort praktizierten Waldweide; diese Beschwerde ist nicht aktenkundig.

Dies gilt auch für die am 30. Juni 2004 von Eigentümern von 19 weideberechtigten Stammsitzliegenschaften der Unteren Alpe gegenüber der AB (nunmehr als Agrarbezirksbehörde für die Steiermark) abgegebene Erklärung, sich bei einer Reinweidebeschaffung auf der "Unteren Alpe" beteiligen zu wollen.

Mit undatiertem Schreiben, laut Eingangsvermerk bei der AB am 2. März 2006 eingelangt, stellte die Weidegemeinschaft T - F-Alpe - 'Untere Weide' einen Antrag auf "Wald-Weidetrennung bei der Weidegemeinschaft T - F-Alpe - 'Untere Weide'"; dieser Antrag ist von den Eigentümern von 15 weideberechtigten Stammsitzliegenschaften unterzeichnet. Diese Weideberechtigten hatten offenbar bereits die Eingabe vom Juni 2004 unterfertigt.

Offenbar verlangte die AB mit einem - ebenfalls nicht im Akt erliegenden - Bescheid vom 26. Juni 2007 von den verpflichteten Eigentümern, einen Plan über die Ausnutzung der belasteten Grundstücke durch sie und die Berechtigten gemäß § 40 Abs. 1 StELG 1983 vorzulegen. Mit einem - ebenfalls nicht im Akt erliegenden - Bescheid der belangten Behörde vom 26. September 2007, kam es offenbar zur Verfügung einer Auszäunung und Entlastung von Grundflächen auf Teilen der Grundstücke 899/1, 899/2 und 893/11.

Mit Schreiben vom 18. März 2010 erklärte die AB gegenüber denjenigen, die die Erklärung vom 30. Juni 2004 unterfertigt hatten, dass eine Planung zur Schaffung von Reinweide auf der Unteren Alpe erfolge, wies diese Berechtigten darauf hin, dass sie sich an den Arbeitsleistungen und den Kosten entsprechend ihrer Rechte beteiligen und dass die Auftriebsrechte ausgeübt werden müssten. Die AB ersuchte diese Berechtigten, bekanntzugeben, ob sie ihre Auftriebsrechte auch in Zukunft ausüben wollten. Die gleiche Anfrage erging an diejenigen Weideberechtigten, die die Erklärung vom 30. Juni 2004 nicht unterfertigt hatten.

Mit einem Übergabs- und einem Realteilungsvertrag vom 12. März 2010 samt Nachtrag zum Realteilungsvertrag vom 6. September 2010 erwarb der Zweitbeschwerdeführer vom Erstbeschwerdeführer u.a. das (neu vermessene) GSt. Nr. 892/3. Mit Schreiben vom 6. September 2010 schlossen darüber hinaus die Vertragsparteien (die beiden Beschwerdeführer wie auch Dipl. Ing. (FH) F S) ein Übereinkommen gemäß § 4 Abs. 3 des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983 (im Folgenden: StELG 1983), wonach die bestehenden Weiderechte auf die neuen Grundbuchskörper zur Gänze und ungeteilt mit zu übertragen seien.

Mit Schreiben vom 25. Mai bzw. vom 7. Oktober 2010 ersuchten die Beschwerdeführer und Dipl. Ing. (FH) F S die AB um agrarbehördliche Genehmigung der obgenannten Verträge bzw. des Übereinkommens.

Am 10. November 2010 führte die AB eine mündliche Verhandlung durch, bei der auch die vorgenommene Realteilung diskutiert wurde. In Ergänzung des Übereinkommens vom 6. September 2010 vereinbarten die Beschwerdeführer und Dipl. Ing. (FH) F S unter anderem, dass sich der Zweitbeschwerdeführer im Falle einer Reinweideschaffung auf der Unteren Alpe verpflichte, dass die Reinweide, welche aliquot dem neuen GSt. Nr. 892/5 entspreche, auf dem neuen GSt. Nr. 892/3 im Bereich der Nachbargrundstücke der 31.-, 32.- und 37.-

mitbeteiligten Partei geschaffen werden könne. Weiters verpflichtete sich der Zweitbeschwerdeführer, in diesem Fall keine Einwände gegen eine etwaige Entlastung des neuen GSt. 892/5, welche aliquot einem Teil der geschaffenen Reinweide entspreche, zu erheben.

Dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung angehängt sind verschiedene Beilagen. Darunter befindet sich eine forstfachliche Stellungnahme vom 9. November 2010 von DI K. P. (Beilage C) und eine Stellungnahme des Projektleiters und almwirtschaftlichen Amtssachverständigen DI O. G. (Beilage D). Der Beilage B ist zu entnehmen, dass von 26 Berechtigten 17 Berechtigte den Antrag gestellt bzw aufrecht erhalten hätten und 19 Berechtigte auftreiben wollten.

Mit Bescheid vom 22. November 2010 erteilte die AB dem Realteilungsvertrag vom 12. März 2010 samt Nachtrag, dem Übereinkommen vom 6. September 2010 gemäß § 4 Abs. 3 StELG 1983 und der Vereinbarung vom 10. November 2010 die agrarbehördliche Genehmigung.

Einer weiteren Stellungnahme des Projektleiters und almwirtschaftlichen Amtssachverständigen DI O. G. vom 18. Februar 2011 ist u.a. zu entnehmen, dass die gesamte Untere Alpe mit Weiderechten von insgesamt 26 Stammsitzliegenschaften im Ausmaß von umgerechnet 50,69 GVE belastet sei, dass 19 Berechtigte weiter auftreiben wollten und dass sich daraus ergebe, dass Weideboden für 39,92 GVE geschaffen werden müsste. Die Eigentümer von 7 Stammsitzliegenschaften hätten erklärt, in absehbarer Zeit ihr Weiderecht nicht ausüben zu wollen. Ausgehend von 19 Weiderechten (= 39,92 GVE) und einem Schlüssel von 0,5961 ha/GVE ergebe sich weiters, dass für die Schaffung von 0,5961 ha Reinweide für 1 GVE umgekehrt 4,79 ha entlastet werden könnten. In weiterer Folge legte der Sachverständige einen Dreistufenplan für die Schaffung von ca. 180 ha Reinweide auf den Grundstücken 899/1, 899/12 bis 14 und 894/1 durch schrittweise Rodung dar.

Der Bescheid der AB über die Trennung von Wald und Weide wurde in der Zeit vom 19. April 2011 bis 3. Mai 2011 im Gemeindeamt aufgelegt; am ersten Tag der Auflage fand eine Instruierungsverhandlung statt.

Mit diesem Bescheid der AB vom 19. April 2011, der in anderen Ausfertigungen das Datum 21. April 2011 trägt, wurde gemäß §§ 24 und 49 StELG 1983 in Verbindung mit §§ 17 und 18 des Forstgesetzes 1975 (im Folgenden: ForstG 1975) verschiedenen Grundstückseigentümern, darunter namentlich auch dem Erstbeschwerdeführer, die Bewilligung erteilt (Unterstreichung im Original), Waldboden auf den GSt. Nr. 899/1, 899/12, 899/13, 899/11 und 894/1 im Gesamtausmaß von 22,09 ha, entsprechend einem einen Bestandteil des Bescheides bildenden Plan, zum Zweck der Schaffung einer Reinweide zu roden "bzw. die Umwandlung der genannten Flächen von Waldboden in Weideboden verfügt". Aufgrund dieser Rodung werde eine Waldfläche von insgesamt 180,24 ha entlastet. Die Abstockung (Umwandlung) der zu schaffenden Weidefläche wurde in diesem Bescheid nach einem Stufenplan verfügt, wobei in Stufe I ein Teil von GSt. Nr. 899/1 (Erstbeschwerdeführer namentlich als Eigentümer angeführt, Teilfläche 7,33 ha), und weiters die Nrn. 894/1, 899/11, 899/12 und 899/13 (andere Eigentümer) als Abstockungsflächen verzeichnet wurden. In den Stufen II und III wurde die Abstockung weiterer Teilflächen des GSt. Nr. 899/1 verfügt (6,79 ha und 5,16 ha). Insgesamt sollten 22,09 ha gerodet werden.

Die mit diesem Bescheid erteilte "Bewilligung" wurde weiters an verschiedene Bedingungen und Auflagen gebunden. Dabei wurde die "Gültigkeit der Rodung" an die ausschließliche Verwendung der Fläche zum geplanten Zweck, nämlich zur Schaffung von Reinweide, gebunden und unbefristet erteilt (Punkt 1). Darüber hinaus wurde verfügt, dass die Rodungsmaßnahmen in den laut Stufenplan verfügten Teilschritten zu erfolgen hätten. Jeder Teilschritt solle nach längstens vier Jahren abgeschlossen sein. Der Beginn des zweiten und dritten Teilschrittes solle erst nach ordnungsgemäßem Abschluss des vorherigen Schrittes erfolgen (Punkt 2). Die Schlägerung und Bringung des Baumbestandes sei von den jeweiligen verpflichteten Grundstückseigentümern durchzuführen und zwar so, dass möglichst wenig Schlagabraum zurückbleibe (Ganzbaummethode; Punkt 3). Die Berechtigten hätten unmittelbar nach erfolgter Räumung des Baumbestandes die Säuberung und Schwendung der Rodungsflächen und die Einsaat von Futterpflanzen mit geeignetem Saatgut auf unbewachsenen Stellen vorzunehmen (Punkt 4). Die Auszäunung der den einzelnen Rodungsschritten entsprechenden Entlastungsflächen bzw. der gesamten Entlastungsflächen könne erst nach Vorhandensein von genügend Futteraufwuchs erfolgen (Punkt 5).

In ihrer Begründung führte die AB zunächst aus, dass ein Großteil der Berechtigten der Unteren Alpe einen Antrag auf Schaffung von Reinweide gestellt habe. Infolge Erhebung sei festgestellt worden, dass 19 Berechtigte ihre Auftriebsrechte im Gesamtumfang von 41, 67 GVE auch in Zukunft ausüben wollten. Unter Berücksichtigung des Verhandlungsergebnisses der mündlichen Verhandlung seien Stellungnahmen des forsttechnischen und des almwirtschaftlichen Amtssachverständigen abgegeben worden.

Der folgenden Wiedergabe des Gutachtens des forsttechnischen Amtssachverständigen ist die forstfachliche Beurteilung der geplanten Rodungsflächen, darunter des GSt. Nr. 899/1, zu entnehmen. Die technische Rodung solle in drei Etappen (in Abständen von drei bis vier Jahren) durchgeführt werden. Dies diene vor allem dazu, einerseits Erosionsschäden hintanzuhalten und andererseits die Gefahr von Windwurfschäden zu minimieren. Unter Berücksichtigung der vorhandenen forstlichen Verhältnisse und mit Sicht auf die forstpolitischen Ziele in der Funktionsfläche, nämlich die Trennung von Wald und Weide (durch geplante Maßnahmen würden ca. 180 ha Wald weidefreigestellt), seien die etappenweise geplanten Rodungen vom forstfachlichen Standpunkt aus zu befürworten.

In weitere Folge der Bescheidbegründung findet sich die Wiedergabe der Stellungnahme des almwirtschaftlichen Amtssachverständigen vom 18. Februar 2011, aus der hervorgeht, dass die Eigentümer der 19 Stammsitzliegenschaften über Auftriebsrechte von 39,92 GVE verfügten.

Aus rechtlicher Sicht führte die AB aus, sie habe mit ihrem Bescheid vom 26. Juni 2007 von den verpflichteten Eigentümern verlangt, einen Plan über die Ausnutzung der belasteten Grundstücke durch sie und die Berechtigten gemäß § 40 Abs. 1 StELG 1983 vorzulegen. Ein solcher Nutzungsplan sei nur von näher bezeichneten Verpflichteten (darunter jedoch nicht die Beschwerdeführer) vorgelegt worden. Wenn die Verpflichteten dem Auftrag zur Vorlage eines Wirtschaftsplanes nicht nachkämen, habe die Agrarbehörde gemäß § 40 Abs. 6 StELG 1983 alle Vorkehrungen zu treffen, welche die Ausübung der Nutzungsrechte sicherten.

Nach Zitierung der §§ 49 Abs. 2 und 24 StELG und der §§ 17 und 18 ForstG 1975 führte die AB abschließend aus, dass durch die geplante Wald- und Weidetrennung, zu deren Zweck die gegenständliche Rodung durchgeführt werde, Reinweide geschaffen werde, wodurch eine beträchtliche Waldfläche von der Weideausübung entlastet werde. Durch die vorgenommene Waldweidetrennung überwögen somit die öffentlichen Interessen an der Agrarstrukturverbesserung gegenüber dem im ForstG 1975 normierten Gebot der Walderhaltung. Durch die erzielte Trennung werde einerseits eine zweckmäßige Ausübung der Weiderechte gewährleistet und würden andererseits die erforderlichen Wirkungen eines Waldes in den verbleibenden Beständen gefördert und auf Dauer nachhaltig gesichert.

Der Bescheid verweist in seinem Spruch auf einen "vorgelegten Plan", der einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bilde; dieser Plan findet sich im Akt allerdings nicht als Anhang des Bescheides. Ob der im Akt zu Aktenseite 541 erliegende Plan (ohne Datum, ohne Angabe des Verfassers, ohne Stempel oä) der Plan ist, auf den sich der Bescheid der AB bezieht, kann daher nicht sicher gesagt werden.

Gegen diesen Bescheid beriefen die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 16. Mai 2011.

Darin führten sie zunächst aus, dass der Erstbeschwerdeführer in Folge der der Behörde bekannten und genehmigten Realteilung nicht mehr Eigentümer des betroffenen Gebiets sei. Die im angefochtenen Bescheid angestellten Berechnungen hinsichtlich des Weideviehs sollten nicht auf Bruchteile, sondern auf volle urkundliche Vieheinheiten ausgerichtet werden. Die Gewichtung mit Kuh = 0,85 GVE und Jungvieh = 0,6375 GVE sei aus den urkundlichen Grundlagen nicht zu rechtfertigen. Ebenso bemängelten die Beschwerdeführer in ausführlicher Weise die Berechnungen des almwirtschaftlichen Amtssachverständigen und nahmen eine mögliche UVP-Pflicht aufgrund der zu rodenden Fläche von insgesamt 22,09 ha an, die durch die Vorschreibung eines Unterstandes in Form des Weiterbestehens eines Streifens der Waldweide von ca. 40 m Breite als Trennung der Reinweidebereiche umgangen werde. Weiters wiesen sie auf Widersprüche innerhalb des Bescheidspruches und auf zu gewärtigende Probleme bei der Bescheidvollstreckung hin. Der Erstbeschwerdeführer habe kein Interesse mehr an der Reinweide und daher auch keine Bewilligung beantragt; eine solche sei aber erteilt worden.

Mit Schreiben vom 17. Juni 2011 gab der almwirtschaftliche Amtssachverständige eine aktualisierte Stellungnahme über die Lage der geplanten Reinweideflächen unter Berücksichtigung der neuen Grundstücksnummern und der neuen Grundeigentümer ab. Im Zuge der Realteilung seien die GSt. Nrn. 899/1 und 896 gelöscht worden. Die Rodungsflächen kämen nunmehr auf dem Neugrundstück Nr. 892/3 zu liegen, welches seit Durchführung der Realteilung im Eigentum des Zweitbeschwerdeführers stehe. Ebenso wurden die geplanten Entlastungsflächen im Zusammenhang mit den jeweiligen Rodungsschritten jeweils ziffernmäßig angeführt.

Die belangte Behörde führte am 29. Juni 2011 eine mündliche Verhandlung durch.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. Juni 2011 änderte die belangte Behörde die im Spruch des Erstbescheides angeführte GSt. Nr. 899/1 auf GSt. Nr. 892/3 ab. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde zunächst aus, dass nach der Konzeption des StELG 1983 nach Einleitung des Verfahrens durch Bescheid über das Ergebnis desselben der sogenannte Einforstungsplan zu erlassen sei, der abweichend von den §§ 58 ff. AVG bei der Neuregulierung eine Haupturkunde und eine planliche Darstellung zu enthalten habe. Mit der in Berufung gezogenen Entscheidung habe die AB aber im laufenden Einforstungsverfahren einen Bescheid erlassen, dessen Inhalt nur die Rodung eines Grundstücksteiles und die korrespondierende Entlastung von mit Einforstungsrechten belastetem Wald sei. Mit diesem Bescheid sei also noch nicht der Einforstungsplan als Ergebnis der Neuregulierung erlassen, sondern eine Verfügung forstrechtlicher Natur getroffen worden, die in die neue Gestaltung der Rechte führen solle. Solche Verfügungen stützten sich auf § 58 StELG 1983. Es liege in der Natur von Übergangsverfügungen nach § 58 StELG 1983, dass diese den Übergang in die neue Gestaltung der Rechte erleichtern sollten. Gerade bei der von der Agrarbehörde anzustrebenden Trennung von Wald und Weide habe sich die Durchführung von Rodungen zur Schaffung von Reinweideflächen noch vor Erlassung des abschließenden Einforstungsplanes bewährt, damit die Wirksamkeit der Wald-Weide-Trennung erprobt werden könne.

Die Berufung der Beschwerdeführer könne nur dann gegen die erlassenen Übergangsverfügungen erfolgreich sein, wenn die Maßnahmen nicht zur Erzielung eines angemessenen Übergangs in die neue Gestaltung der Rechte getroffen worden seien. Der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen könnten daher Argumente betreffend die Umrechnung auf das "Normalrind" oder zur Ermittlung des Weidebodenbedarfes, solange sie nicht völlig abwegige Annahmen der Behörde aufzeigten. Dies sei gegenständlich jedoch nicht der Fall, weil der Umfang der angeordneten Reinweidefläche ohnehin nur einen Teil der Berechtigungen abzudecken vermöge und daher keine überschießende Maßnahme getroffen werde. Diese Argumente berührten die Gesetzmäßigkeit der Neuregulierung und seien daher erst in einer Berufung gegen den Einforstungsplan bedeutsam.

Mit dem allgemein gehaltenen Vorbringen, es sei Erosionsgefahr gegeben, werde den sachverständigen Äußerungen, wonach die geplante Fläche aufgrund der Gelände- und Bodenverhältnisse gut als Weide geeignet sei, nicht auf derselben fachlichen Ebene entgegen getreten. Die Trennung von Wald und Weide und die Umwandlung von Waldboden in Weideboden seien im StELG 1983 ausdrücklich als ein mögliches bzw. sogar anzustrebendes Ergebnis eines Neuregulierungsverfahrens vorgesehen. Die Agrarbehörden seien daher verpflichtet, bei der Neugestaltung von Einforstungsrechten die Waldweide zugunsten einer Reinweide zurückzudrängen, wohin der angefochtene Bescheid auch führe. Dies habe unabhängig davon zu geschehen, ob die Waldweide ausreichenden Ertrag biete und die Rechte gegenwärtig bedeckt seien. Der Verpflichtete sei nämlich bei mit Weiderechten belastetem Wald gehalten, für die volle Bedeckung der urkundenmäßigen Weiderechte zu sorgen, wie sich aus § 40 Abs. 3 und § 23 Abs. 1 StELG 1983 ergebe. Dies könne der anzustrebenden Wald-Weide-Trennung nicht entgegenstehen, auch wenn die gesetzeskonforme Situation erst in den letzten Jahren hergestellt worden sei, denn mit der sofort wirksamen korrelierenden Weidefreistellung des Waldes würden die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Verpflichteten verbessert.

Hinsichtlich einer wirksamen Hintanhaltung einer Windwurfgefahr habe der beigezogene forstfachliche Amtssachverständige empfohlen, am Bestandesrand einen Deckungsschutz aufrecht zu erhalten. Der vorhandene Bestandesaufbau sei von ihm entlang der östlichen Grundstücksgrenze im nunmehrigen Eigentum des Zweitbeschwerdeführers bei der Rodefläche als geeignet angesehen worden. Die Beschwerdeführer seien dem nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Auch die Aufteilung der hinkünftigen Reinweidefläche in zwei durch einen Waldstreifen voneinander getrennte Komplexe sei nicht zu beanstanden, weil der dazwischen liegende Wald nach der Legende der dem angefochtenen Bescheid beigeschlossenen planlichen Darstellung als Unterstand für Weidevieh bei harschen Witterungsbedingungen dienen solle. Die Beibehaltung des Waldes in diesem Bereich sei daher fachlich zum Wohle der Weidetiere begründet und nicht aus der Vermeidung einer Umweltverträglichkeitsprüfung heraus zu erklären. Bei Vernichtung des Bestandes durch höhere Gewalt wäre die Fläche wieder aufzuforsten, sodass die Befürchtung einer ungeplanten Ausweitung der Reinweide unbegründet sei.

Mit dem Bescheid der AB sei die Rodung von Waldgrundstücksteilen und die vorläufige Entlastung von Waldboden verfügt worden und man könne nicht davon ausgehen, dass jemandem eine Bewilligung erteilt worden sei. Diese Verfügung hätten die Verpflichteten und die Berechtigten nach Maßgabe des § 24 Abs. 4 StELG 1983 durchzuführen bzw. die Kosten zu tragen. Ob die Arbeiten von allen oder nur von einzelnen oder auch nur von ihnen beauftragten Personen durchgeführt würden, sei für den Verpflichteten bedeutungslos. Der missverständliche Wortlaut des Spruches sei aber nicht abzuändern, weil dieser gleichwohl auch als Verfügung formuliert sei. Da eine Leistungsfrist zum Abschluss des ersten Teilschrittes (rechtswidrig) nicht enthalten sei, sei dieser mit Rechtskraft sofort vollstreckbar und innerhalb angemessener Frist umzusetzen. Der Berufung sei dennoch Folge zu geben, weil der angefochtene Bescheid an die neue Rechtslage, nämlich die neuen Eigentumsverhältnisse, anzupassen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" und "Mangelhaftigkeit des Bescheides infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung" geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Mehrere mitbeteiligte Parteien erstatteten ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie zu den einzelnen Punkten der Beschwerde Stellung nahmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im vorliegenden Verfahren geht es um die Erlassung eines Bescheides während eines (seit 1913) laufenden Neuregulierungsverfahrens.

Die gegenständlich wesentlichen Bestimmungen des StELG 1983 lauten:

"Grundlage der Neuregulierung, Regulierung, Ablösung und Sicherung

§ 12. Die Grundlage für die Neuregulierung, Regulierung, Ablösung und Sicherung der Nutzungsrechte bildet das durch Übereinkommen festgestellte und durch Urkunden oder sonstige Beweismittel nachgewiesene Ausmaß der Nutzungsrechte und Gegenleistungen.

Gegenstand und Umfang der Neuregulierung

§ 14. (1) Die Neuregulierung hat sich auf den im § 12 bezeichneten Grundlagen auf die näheren Bestimmungen über Ort, Zeit, Ausmaß und Art der Nutzungen und der Gegenleistungen zu erstrecken.

(2) Sie bezweckt im Rahmen des nach § 12 festgesetzten Ausmaßes der Nutzungsrechte die Ergänzung oder auch Änderung der Bestimmungen der Regulierungsurkunden, soweit sie mangelhaft oder lückenhaft sind oder soweit die seit der Regulierung eingetretenen Veränderungen in den Verhältnissen eine solche Ergänzung oder Änderung nach den Bedürfnissen des berechtigten oder verpflichteten Gutes zur Erzielung ihrer vollen wirtschaftlichen Ausnutzung erfordern.

(3) Eine Schmälerung oder Erweiterung der urkundlich festgelegten Rechte darf durch eine Neuregulierung nicht eintreten.

Neuregulierung von Weiderechten

§ 21. Die Neuregulierung von Weiderechten hat sich insbesondere zu erstrecken auf:

  1. a)
  2. i) sonstige Maßnahmen, welche die Ausübung der urkundlichen Weiderechte gewährleisten.

    Trennung von Wald und Weide

§ 24. (1) Bei der Neuregulierung ist eine vollständige oder teilweise Trennung von Wald und Weide, das ist die Verweisung aller oder einzelner Weiderechte auf ein Gebiet vorhandener oder erst zu schaffender reiner Weide unter gänzlicher Befreiung der restlichen belasteten Grundstücke oder von Teilen derselben von den Nutzungsrechten grundsätzlich anzustreben. Zur Erzielung einer solchen Trennung können, wenn sie anders nicht durchführbar ist, auch bisher nicht belastete Grundstücke des Verpflichteten durch Übereinkommen oder, wenn ein solches nicht erzielbar ist, auch ohne Zustimmung des Verpflichteten herangezogen werden.

(2) …

(4) Von den Kosten der Trennung von Wald und Weide sind die Kosten der Schlägerung und des Abtransportes des Holzes vom Verpflichteten, die Kosten der Schwendung, Aufräumung und sonstigen Weideverbesserungen von den Berechtigten zu tragen. Hinsichtlich der Beiträge zur Errichtung und Erhaltung der Umfangszäune finden die Bestimmungen des § 9 Abs. 2 sinngemäß Anwendung.

(5) …

Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 24a. (1) …

(2) Vor Erlassung eines Bescheides zur Trennung von Wald und Weide (§ 24) ist im Rahmen von Neuregulierungs- und Regulierungsverfahren bei Rodungen mit einer zusammenhängenden Fläche von mehr als 20 ha zur Schaffung reiner Weide eine UVP nach den folgenden Bestimmungen durchzuführen.

(3) ….

Nutzungsplan der belasteten Grundstücke

§ 40. (1) Auf Verlangen der Agrarbehörde oder der Berechtigten, bei mehreren Berechtigten auf Verlangen eines Drittels, hat der Eigentümer des verpflichteten Gutes der Agrarbehörde einen Plan über die Ausnützung des belasteten Grundstückes durch ihn und durch die Berechtigten vorzulegen. Die Agrarbehörde hat diesen oder den vom Verpflichteten aus eigenem Antriebe vorgelegten Plan vom Standpunkte dieses Gesetzes und des Forstgesetzes zu überprüfen, den Berechtigten eingehend zu erläutern, sie hierüber einzuvernehmen und über dessen Genehmigung unter Bedachtnahme auf allfällige Einwendungen zu entscheiden.

(2) …

(6) Wenn der Verpflichtete dem Auftrage zur Vorlage des Wirtschaftsplanes nicht nachkommt, hat die Agrarbehörde alle Vorkehrungen zu treffen, welche die Ausübung der Nutzungsrechte sichern.

§ 49. (1) Die Einleitung und der Abschluß des Verfahrens zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung sind durch Bescheid auszusprechen; der Eintritt der Rechtskraft dieser Bescheide ist kundzumachen. Die Einleitung und der Abschluß des Verfahrens sind jedenfalls den zuständigen Grundbuchsgerichten und den Bezirksverwaltungsbehörden mitzuteilen. Diese Einleitung erfolgt allgemein als Einforstungsverfahren. Ob eine Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung durchzuführen ist, wird von der Agrarbehörde auf Grund der Ergebnisse ihrer Erhebungen und Verhandlungen bestimmt.

(2) Von der Einleitung bis zum Abschluß des Verfahrens erstreckt sich die Zuständigkeit der Agrarbehörden, abgesehen von den Fällen des Abs. 3, auf die Verhandlung und Entscheidung über alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die zum Zwecke der Durchführung einer Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung in die agrarische Operation einbezogen werden müssen. Während dieses Zeitraumes ist in diesen Angelegenheiten die Zuständigkeit der Behörden ausgeschlossen, in deren Wirkungsbereich die Angelegenheiten sonst gehören. Vor Entscheidungen und Verfügungen forstrechtlicher Natur ist die Forstbehörde zu hören.

(3) …

Übergangsverfügungen

§ 58. (1) Die Agrarbehörde kann aus wichtigen wirtschaftlichen Gründen, wenn dem baldigen Abschlusse des Verfahrens Hindernisse entgegenstehen, die Ausübung von Nutzungsrechten durch eine einstweilige Verfügung (Provisorium) vorläufig regeln, sowie solche Verfügungen behufs Erzielung eines angemessenen Überganges in die neue Gestaltung der Rechte treffen. Derartige Verfügungen können sowohl vor als auch nach Einleitung eines Neuregulierungs-, Regulierungs- oder Ablösungsverfahrens und auch im Sicherungsverfahren getroffen werden.

(2) Im übrigen wird die Rechtsausübung während des Verfahrens nicht behindert. Exekutionsführungen sind auch während des Verfahrens zulässig."

§ 17 ForstG 1975 regelt die Rodung, § 18 leg. cit. die Rodungsbewilligung.

3. Die AB stützte sich im Spruch des Erstbescheides auf die §§ 24 und 49 StELG 1983 wie auch auf die §§ 17 und 18 ForstG 1975. In der Begründung ihres Bescheides verweist sie dann weiters auf § 40 Abs. 6 StELG 1983. Die belangte Behörde bemühte hingegen ihrerseits in ihrer Bescheidbegründung die Bestimmung des § 58 leg. cit. als weitere maßgebliche Rechtsgrundlage für die vorgenommene Maßnahme.

Aus dem StELG 1983 ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit vorsah, gemäß § 24 leg. cit. im Zuge eines anhängigen Neuregulierungsverfahrens einen Bescheid betreffend die Trennung von Wald und Weide zur Schaffung von Reinweideflächen zu erlassen. Eine solche Maßnahme stellt einen Eingriff in die Rechte der betroffenen Parteien dar und gestaltet diese neu. Regelmäßig stellt ein Bescheid betreffend die Wald und Weide-Trennung das Endergebnis des Neuregulierungsverfahrens selbst oder den Teil eines solchen Neuregulierungsbescheides dar. Im vorliegenden Fall wurde mit dem angefochtenen Bescheid aber eine Trennungsmaßnahme getroffen, die sich in örtlicher Hinsicht nur auf einen Teil des Neuregulierungsgebietes bezieht und auch nur einen Teil der Berechtigten bzw. Belasteten betrifft; in Bezug auf das restliche Neuregulierungsgebiet sind den vorgelegten Verfahrensakten keinerlei Verfahrensschritte in diesem Zusammenhang zu entnehmen.

3.1. Die belangte Behörde erkannte offenbar diesen Umstand und versuchte daher, die Maßnahme argumentativ in ihrer Bescheidbegründung auf § 58 StELG 1983 zu stützen. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass es sich hier lediglich um ein - auf das verfahrensgegenständliche Gebiet beschränktes - Provisorium, also um einen bloß vorübergehenden Zustand, handelt. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Gebiet von 180 ha lastenfrei gestellt; damit wurde aus rechtlicher Sicht ein endgültiger Zustand geschaffen. Auch die im Gegenzug erfolgende Rodung einer Fläche von über 22 ha (im Zeitraum von insgesamt 12 Jahren) hat keinen provisorischen Charakter. Abgesehen davon ist ein Vorgehen nach § 58 Abs. 1 StELG 1983 nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich; im angefochtenen Bescheid fehlen aber jegliche Ausführungen dazu, welche "Hindernisse dem baldigen Verfahrensabschluss entgegenstehen" und welche "wichtigen wirtschaftlichen Gründe" vorliegen. § 58 Abs. 1 StELG 1983 könnte daher nicht als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof geht im vorliegenden Fall allerdings davon aus, dass sowohl die Erstbehörde als auch die belangte Behörde - folgt man dem Bescheidspruch - einen Bescheid auf Grundlage des § 24 leg. cit. und nicht auf Grundlage des § 58 Abs. 1 (oder § 40 Abs. 6) StELG 1983 erließen. Die fälschliche Bezugnahme auf die Bestimmung des § 58 leg. cit. in der Bescheidbegründung des angefochtenen Bescheides schadet aber nicht, weil sich der allein rechtskraftfähige Bescheidspruch zutreffend auf § 24 StELG 1983 stützt.

3.2. Nun kann § 24 StELG 1983 allein (gegebenenfalls gemeinsam mit § 49 Abs. 2 leg. cit. und entsprechenden Vorschriften des Forstgesetzes) auch dann, wenn es sich nicht um den Neuregulierungsplan selbst handelt, die Rechtsgrundlage für die Erlassung eines Bescheides über die Wald-Weide-Trennung bilden.

Eine solche Vorgangsweise, nämlich während eines Neuregulierungsverfahrens einen Teil des Gebietes einer Wald-Weide-Trennung bei gleichzeitiger Entlastung von belasteten Flächen zu unterziehen und bescheidmäßig abzuschließen, nimmt für dieses Gebiet den Endzustand des Neuregulierungsverfahrens vorweg und stellt - inhaltlich betrachtet - einen Teil des Neuregulierungsbescheides dar.

Auch wenn es im StELG 1983 diesbezüglich keine ausdrücklichen Regelungen gibt, so kann sich ein solcher Schritt, gerade in besonders lang dauernden Neuregulierungsverfahren, als sinnvoll erweisen. Allerdings müssen für eine solche Vorgangweise bestimmte Voraussetzungen vorliegen.

3.2.1. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass durch diese Teilbeendigung des Neuregulierungsverfahrens keine Wechselwirkungen für das noch offene Verfahren wirksam werden, die dort zu einer Verletzung des öffentlichen Interesses führen. Es dürfen unter dem Gesichtspunkt der von Amts wegen zu wahrenden öffentlichen Interessen im restlichen Einforstungsbereich keine Bedenken gegen die getrennte Betrachtung dieses Teils des Neuregulierungsgebietes bestehen. Dazu bedarf es entsprechender fachkundiger Darstellungen der Zusammenhänge des vom Wald-Weide-Trennungsbescheid betroffenen und des restlichen Gebietes.

3.2.2. Dieser Grundgedanke der fehlenden Wechselwirkungen gilt aber umso mehr für die Rechte der Belasteten bzw. der Berechtigten. Auch unter dem Gesichtspunkt der Neugestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen diesen Gruppen muss feststehen, dass die Neuregelung in dem vom Wald-Weide-Trennungsbescheid betroffenen Gebiet und der dort bestehen bleibenden Rechte keine negativen Auswirkungen auf die Rechte der Belasteten bzw. Berechtigten des restlichen Gebietes haben.

Dazu kann hilfsweise auf die Bestimmung des § 13 Abs. 3 StELG 1983 zurück gegriffen werden, die ein Neuregulierungsverfahren nur für einen Teil der Berechtigten ("Einzelverfahren" - als Alternative zu einem Neuregulierungsverfahren) dann als zulässig erachtet, wenn die Nutzungsrechte der übrigen Berechtigten dadurch nicht beeinträchtigt werden. Dieser Grundgedanke muss auch in dem Fall gelten, wenn ein Neuregulierungsverfahren für einen Teil der Berechtigten und Belasteten weiter geführt, für einen anderen Teil aber durch einen Wald-Weide-Trennungsbescheid beendet wird, stellt dies doch auch im Ergebnis eine Art "Einzelverfahren" dar.

Auch dieser Gesichtspunkt bedürfte einer fachlichen Prüfung und einer Darstellung der Zusammenhänge innerhalb des gesamten Neuregulierungsgebietes.

3.3. Dem angefochtenen Bescheid liegen solche Überlegungen aber nicht zugrunde, ging die belangte Behörde doch fälschlicherweise davon aus, § 58 Abs. 1 StELG 1983 böte für diese Vorgangsweise die geeignete Rechtsgrundlage. Bereits aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.

4. Allerdings sprechen noch weitere Gründe gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.

4.1. Maßgeblich für die Neuregulierung und auch für die Erlassung eines Bescheides zur Wald-Weide-Trennung sind die urkundlich gesicherten Rechte der Berechtigten auf den belasteten Flächen. Im vorliegenden Fall wurden diese Rechte und Pflichten mit einer Reihe von Bescheiden aus dem Jahr 1998 und vom 5. September 2000 rechtskräftig festgestellt. Ob und welche weiteren Festlegungen im Bescheid der belangten Behörde vom 26. September 2007 erfolgten, kann nicht beurteilt werden, weil dieser Bescheid dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgelegt wurde.

Aus den erstgenannten Bescheiden ergibt sich jedenfalls eine Zuordnung von Weiderechten zu bestimmten Weidegebieten, wie zB der Unteren Alpe. Auf dieser sind nach den Feststellungen im Erstbescheid 26 Stammsitzliegenschaften weideberechtigt. Die Berechnungen für die notwendige Fläche der Reinweide und korrespondierend der entlasteten Flächen bezogen sich aber nur auf 19 Nutzungsrechte, weil die übrigen 7 Berechtigten erklärten, ihre Rechte "derzeit nicht ausüben zu wollen".

Eine Veränderung des Ausmaßes der Auftriebsrechte der 26 Stammsitzliegenschaften wurde im angefochtenen Bescheid nicht verfügt, somit bestehen auch die Auftriebsrechte der 7 Stammsitzliegenschaften unverändert weiter. Wenn nun diese 7 Berechtigten ihre Rechte aber wieder ausüben wollen, so könnte der Umstand eintreten, dass die neu geschaffenen Reinweideflächen zu gering dimensioniert sind, um auch ihre (in der Berechnung nicht berücksichtigten) Rechte ausüben zu können. Auf die entlastete Fläche könnten sie aber wegen deren Entlastung von allen Rechten nicht mehr auftreiben. Ungeachtet des Umstandes der aktuellen Nichtbeweidung durch diese Berechtigten wäre bei einer Wald-Weide-Trennung und der Berechnung der notwendigen Flächen für die Reinweide dennoch auf die potentielle Nutzung ihrer Rechte Bedacht zu nehmen oder aber - bei Vorliegen der Voraussetzungen - mit einer Ablösung dieser Rechte vorzugehen gewesen.

Diese Vorgangsweise verletzt aber nicht nur Rechte der (nicht beschwerdeführenden) Nutzungsberechtigten, sondern auch Rechte des beschwerdeführenden Belasteten, könnte diese Berechnungsmethode im Falle der Nutzung aller Rechte doch zu einer zu starken Belastung (Inanspruchnahme) der belasteten Reinweideflächen und damit zu einem Nachteil für deren Eigentümer führen.

4.2. Mit dem im Wesentlichen durch die belangte Behörde aufrecht erhaltenen Erstbescheid wurde die Rodung in drei Teiletappen verfügt und im Gegenzug in drei Etappen eine Fläche von 182 ha entlastet.

Diese Entlastung in drei Teiletappen findet sich allerdings nicht im Bescheidspruch. Dort ist lediglich von einer Entlastung einer Gesamtfläche von 180,24 ha die Rede. Eine Darstellung der Entlastungsetappen findet sich möglicherweise in dem dem Erstbescheid als integrierenden Bestandteil beigeschlossenen Plan. Dieser Plan findet sich - wie dargestellt - im vorgelegten Verwaltungsakt aber nicht als gekennzeichnete Bescheidbeilage, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die etappenmäßige Entlastung von Grundflächen nicht rechtswirksam erfolgte.

4.3. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid der AB wurde u.a. dem Erstbeschwerdeführer "die Bewilligung erteilt, Waldboden (…) zum Zweck der Schaffung einer Reinweide zu roden, bzw. die Umwandlung der genannten Flächen von Waldboden in Weideboden verfügt" (Unterstreichung im Original).

Die belangte Behörde erklärte dazu, dass man nicht davon ausgehen könne, dass mit diesem Bescheid jemandem eine Bewilligung erteilt worden sei. Der "missverständliche Wortlaut des Spruches" sei aber nicht abzuändern, weil dieser "auch als Verfügung" formuliert sei.

Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass innerhalb des Spruches des Erstbescheides ein Widerspruch besteht. Zum einen ist mehrfach von einer Rodungsbewilligung die Rede und wird die Erteilung einer Bewilligung durch das Unterstreichen dieser Worte sogar besonders betont, zum anderen "wird die Umwandlung von Wald in Weide verfügt." Damit wird einerseits u.a. dem Erstbeschwerdeführer durch die Erteilung einer Bewilligung die Möglichkeit zur Rodung eingeräumt, die zu konsumieren er aber nicht verpflichtet ist; andererseits wird die Umwandlung der Fläche durch ebendiese Rodung "verfügt", also (u.a.) dem Erstbeschwerdeführer gegenüber verpflichtend angeordnet.

Diese "Verfügung" nimmt der gleichzeitig ausgesprochenen und besonders hervorgehobenen "Bewilligung" aber nicht den Charakter einer Bewilligung, sondern bewirkt einen unauflöslichen Widerspruch innerhalb des Bescheidspruches. Dieser Widerspruch wird auch durch die Bezugnahme auf die Bestimmungen der §§ 17 und 18 ForstG nicht ausgeräumt, regeln diese Bestimmungen doch die Rodungsbewilligung und keine Rodungsverpflichtung.

Da der Spruch des Bescheides somit in sich widersprüchlich ist und dieser Widerspruch, zumal der Bescheid einer klärenden Rechtsgrundlage entbehrt, auch nicht auflösbar ist, belastet auch dies den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 59 Rz 86).

4.4. Schließlich erweist sich der Bescheidspruch aber auch deshalb als rechtswidrig, weil er sich unverändert an den Erstbeschwerdeführer richtet, der sowohl im ersten Spruchteil als Bewilligungsinhaber aufscheint als auch bei der Nennung der zu rodenden Grundstücke namentlich genannt ist.

Die bloße Korrektur der Bezeichnung des GSt. Nr. 899/1 auf GSt. Nr. 892/3 reichte zur Richtigstellung des Bescheidspruches nämlich nicht aus, weil dieses Grundstück bereits im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im Eigentum des Zweitbeschwerdeführers stand. Mit dieser Vorgangsweise wird vielmehr eine weitere Widersprüchlichkeit innerhalb des Bescheidspruches geschaffen.

5. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Von einem weiteren Eingehen auf das Vorbringen der Beschwerdeführer konnte daher abgesehen werden.

6. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. Februar 2013

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