VwGH 2011/05/0186

VwGH2011/05/018630.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des PR in Wien, vertreten durch Dr. Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 1/II/21, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 21. September 2011, Zl. BOB - 160/11, betreffend Kostenersatz (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §67a Abs1 Z2;
BauO Wr §129 Abs6;
BauRallg;
AVG §67a Abs1 Z2;
BauO Wr §129 Abs6;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 5. Oktober 2010 wurde auf der Liegenschaft Z-Gasse 72 gemäß § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (BO) eine Sofortmaßnahme durchgeführt, bei der ein Passagenschutzgerüst an der Front Z-Gasse und an der zugehörigen Front B-Gasse aufgestellt wurde um zu verhindern, dass Fassadenputzteile auf den Gehsteig fallen.

In der Folge legte die W GmbH eine detaillierte Rechnung von 21. Oktober 2010 über die Errichtung eines Passagengerüstes an der gesamten Hausfront, aufgegliedert nach verwendetem Material und eingesetzten Arbeitern, die im Ergebnis einen Betrag von EUR 14.028,76 auswies und von der Magistratsabteilung 25 (MA 25) auf EUR 13.411,99 richtiggestellt wurde.

Mit Bescheid vom 8. März 2011 schrieb der Magistrat der Stadt Wien, MA 25, dem Beschwerdeführer den zuletzt genannten Betrag von EUR 13.411,99 als Kostenersatz vor.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er bestritt, dass Gefahr im Verzug vorgelegen sei, ferner bestritt er die Notwendigkeit der Sicherungsmaßnahme, die Tauglichkeit und die Angemessenheit der Kosten hiefür. Das Passagengerüst sei mangelhaft ausgeführt worden, die aufgebrachte Plane habe sich mit Wasser gefüllt und sei durch das Gerüst in einer Art und Weise durchgesunken, die eine Gefahr dargestellt habe. Der von der W GmbH in Rechnung gestellte Betrag sei unangemessen und überhöht, dies sowohl was die Anzahl der Arbeitsstunden als auch die Stundensätze betreffe. Die Leistungen hätten während der Normalarbeitszeit und in weit kürzerer Zeit zumindest unter teilweiser Verwendung von einfachen Arbeitern durchgeführt werden können. Die Aufstellung des Passagengerüstes über die gesamte Häuserfront sei keinesfalls erforderlich gewesen. Auch bei weitem kostengünstigere Maßnahmen, z.B. die Entfernung allfälliger lockerer Fassaden- oder Putzteile, wären möglich gewesen. Zum Beweis gab der Beschwerdeführer seine eigene Einvernahme und die des Hausverwalters W. an.

Mit Schreiben vom 18. Mai 2011 begründete die MA 25 (zuständig für Stadterneuerung und Prüfstelle für Wohnhäuser) eingehend die vorgeschriebenen Kosten.

Dazu äußerte sich der Beschwerdeführer in einer Stellungnahme vom 9. Juni 2011 ablehnend und legte eine Rechnung der S GmbH vom 27. Mai 2011 vor, aus der hervorgeht, dass für das Haus S-Gasse 62 für Notabsicherungsmaßnahmen (Beistellung der gerüstlosen Arbeitseinrichtungen und Absicherungen, Fassadenflächen im Innenhof übersteigen und lose Putzteile abschlagen, Entsorgung des Abbruchmaterials) eine Rechnungssumme insgesamt von einschließlich Mehrwertsteuer EUR 864,-- der Hausverwaltung W. in Rechnung gestellt worden war.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Begründend legte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen dar, der Beschwerdeführer habe gegen die Sofortmaßnahme nicht den Unabhängigen Verwaltungssenat angerufen. Daher sei von der Rechtmäßigkeit der notstandspolizeilichen Maßnahme auszugehen. Eine Sofortmaßnahme könne auch erfolgen, ohne dass zuvor eine Anhörung der Partei stattfinde. Zur Kostenhöhe habe der Beschwerdeführer bloß allgemein gehaltene Behauptungen ohne konkrete zahlenmäßige Gegendarstellungen vorgelegt. Die der Kostenvorschreibung zugrunde liegende Rechnung sei vom Sachverständigen der MA 25 geprüft und als schlüssig und nachvollziehbar beurteilt worden, wobei in der Stellungnahme vom 18. Mai 2011 die Preisbildung und die Angemessenheit der Rechnungssumme ausführlich dargestellt worden seien. Diese lasse sich insbesondere auch anhand der dem Akt einliegenden Preislisten eines Holzfachmarktes sowie einer Baugerätehandelsfirma schlüssig nachvollziehen. Die Anzahl der Arbeiter bzw. der aufgewendeten Arbeitsstunden sei den detaillierten Regiescheinen zu entnehmen. Diesen Darstellungen und Unterlagen sei der Beschwerdeführer lediglich mit allgemein gehaltenen Bestreitungen entgegen getreten. Mängel des Parteigehörs im erstinstanzlichen Verfahren seien im Berufungsverfahren saniert worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verfahrensmängeln aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (BO) kann die Behörde bei Gefahr im Verzug auch ohne Anhörung der Partei die erforderlichen Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers (jedes Miteigentümers) eines Bauwerkes anordnen und sofort vollstrecken lassen.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, die konkrete Gefährdung und der Zeitraum bzw. Zeitpunkt dieser Gefährdung seien von der belangten Behörde nicht angeführt worden. Die Nachholung des Parteiengehörs im Berufungsverfahren sei zwar grundsätzlich zulässig, aber nur dann, wenn der Sachverhalt bereits durch eine ausreichende Klärung von der Behörde erster Instanz festgestellt worden sei. Das Passagengerüst sei überdimensioniert gewesen, was das Ausmaß (die Länge) betreffe, und die Kosten für dasselbe seien zu hoch gewesen. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass weder er noch die Hausverwaltung von den Baumängeln und dem Erfordernis sicherheitspolizeilicher Maßnahmen verständigt worden seien, obwohl dies ohne weiteres möglich gewesen wäre. Er habe ferner dargelegt, dass das Passagengerüst mangelhaft ausgeführt worden sei und die von der B GmbH in Rechnung gestellten Beträge unangemessen und überhöht seien, was sowohl die Anzahl der Arbeitsstunden als auch die Stundensätze betreffe. Des weiteren habe er vorgebracht, dass es kostengünstigere Maßnahmen, wie das Abschlagen der lockeren Fassaden- und Verputzteile, gegeben hätte, um die Gefährdung zu beseitigen. Er verweist auch auf die Stellungnahme vom 8. Juni 2011, in der er die Rechnung der S GmbH über EUR 720,-- netto vorgelegt habe. Die Preisangemessenheit der Stundensätze sei bestritten worden und auch die Richtigkeit der Ausführungen des Gutachtens der MA 25. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei beantragt worden. Die Behörde habe nicht dargetan, dass sie die Kosten bereits bezahlt habe, nur für diesen Fall sei die "Überbindung" derselben auf den Beschwerdeführer zulässig. Der Beschwerdeführer habe die überbundenen Kosten detailliert bekämpft, insbesondere auch die Ausführungen der MA 25. Die Behörde hätte von sich aus die Preisangemessenheit überprüfen müssen, wovon auch die Prüfung der Zweckmäßigkeit der Maßnahme und der Tauglichkeit der Ausführung umfasst gewesen wären. Der Beschwerdeführer habe ferner die Stellungnahme des Baumeisters P. vorgelegt, der mitgeteilt habe, dass das von der MA 25 aufgestellte Schutzgerüst als Fassadengerüst technisch ungeeignet sei und daher entfernt werden müsse. Abhilfe wäre auch durch ein angemietetes Fertigteilgerüst möglich gewesen. Mit dem Vorbringen, dass das Passagengerüst mangelhaft gewesen sei, habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Die Pflicht zum Kostenersatz bestehe aber nur, wenn die Ausführung der Maßnahme geeignet sei, die bestehende Gefahr abzuwenden. Dass dies nicht der Fall gewesen sei, habe der Beschwerdeführer behauptet und mit entsprechenden Beweisanboten untermauert. Mangels Tauglichkeit des Passagengerüstes bestünde keine Verpflichtung zum Kostenersatz.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer unbestritten die Sofortmaßnahme nicht beim unabhängigen Verwaltungssenat bekämpft hat. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Maßnahme nicht in seine subjektiv-öffentlichen Rechte rechtswidrig eingegriffen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2010, Zl. 2009/05/0028).

Zwar kann der Verpflichtete nicht geltend machen, dass die Kosten ohne Einschreiten der Behörde geringer gewesen wären, doch kann er mit substantiierten Darlegungen vorbringen, die Kosten seien unverhältnismäßig hoch (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2010). Ein derartiges Vorbringen hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren allerdings nicht erstattet.

Einerseits ist er den Sachverständigenausführungen der MA 25 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Eine Stellungnahme des Baumeisters P. befindet sich nicht im Akt. Die Rechnung der S GmbH bezog sich auf andere Maßnahmen an einem anderen Gebäude, und es kann der belangten Behörde daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie dieser keine Bedeutung beigemessen hat. Im Zusammenhang mit der Vorschreibung eines Kostenersatzes ist es nicht von Bedeutung, ob das jeweilige Bauunternehmen die Kosten von der Behörde bereits bezahlt erhalten hat.

Da somit Art und Umfang der Maßnahme nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens sind und der Beschwerdeführer die Mangelhaftigkeit der durchgeführten Maßnahme im Verwaltungsverfahren nicht fachlich untermauert dargelegt hat, und da ferner den umfangreichen Darlegungen der MA 25 nicht entsprechend substantiiert entgegengetreten wurde, erweist sich der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 30. April 2013

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