VwGH 2011/04/0160

VwGH2011/04/01608.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Zirm, über die Beschwerde des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend in 1010 Wien, Stubenring 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 18. Juli 2011, Zl. VwSen-330024/5/Lg/Hue, betreffend Maß- und Eichgesetz (mitbeteiligte Partei: X in Y), zu Recht erkannt:

Normen

MEG 1950 §24 Abs3 Z3;
MEG 1950 §26 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
MEG 1950 §24 Abs3 Z3;
MEG 1950 §26 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (BH) vom 6. Juli 2010 wurde dem Mitbeteiligten vorgeworfen, er habe es als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der C-GmbH (im Folgenden: GmbH) zu verantworten, dass von der GmbH als Herstellerin näher bezeichneter Fertigpackungen die Bestimmungen der Fertigpackungsverordnung, BGBl. Nr. 867/1993 idF BGBl. II Nr. 115/2009 (FPVO 1993) nicht eingehalten worden seien. So seien am 31. Dezember 2009 näher bezeichnete Fertigpackungen mit Katzenstreu an die REWE International FDL entgeltlich abgegeben und somit in Verkehr gebracht worden. Entgegen dem Handelsbrauch sei bei diesen Fertigpackungen die Nennfüllmenge in Liter angegeben gewesen. Auf Grund der Bestimmung des § 11 Abs. 2 FPVO 1993 sei die Angabe der Nennfüllmenge bei festen Produkten in Kilogramm/Gramm erforderlich; ein entgegengesetzter Handelsbrauch sei nicht feststellbar. Daher habe der Mitbeteiligte § 63 Abs. 1 iVm § 26 Abs. 1 Maß- und Eichgesetz, BGBl. Nr. 152/1950 idF BGBl. I Nr. 137/2004 (MEG) iVm § 11 Abs. 2 der FPVO 1993 verletzt, wofür eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 365,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt wurden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen dieses Straferkenntnis vom Mitbeteiligten erhobenen Berufung gemäß den §§ 24, 44a, 45 Abs. 1 und 51 VStG Folge, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nach § 26 Abs. 1 MEG dürften Fertigpackungen gewerbsmäßig nur in Verkehr gebracht werden, wenn auf ihnen leicht erkennbar und deutlich lesbar die Nennfüllmenge in einer gesetzlichen Maßeinheit oder nach Stückzahl angegeben sei. Was unter "Inverkehrbringen" zu subsumieren ist, sei weder der gesetzlichen Grundlage noch der FPVO 1993 zu entnehmen. Gemäß § 12 Abs. 1 FPVO 1993 sei der Hersteller oder der Importeur dafür verantwortlich, wenn falsch deklarierte Fertigpackungen in einem Verkaufsgeschäft zum Verkauf bereitgehalten würden. Der Sinn des Regelungszusammenhangs sei der Konsumentenschutz. Daraus ergebe sich, dass als Tattag nur jene Tage von strafrechtlicher Relevanz sein könnten, an denen der Konsument mit dem (falsch deklarierten) Produkt Kontakt haben konnte. Da allerdings nicht gesichert sei, ob Konsumenten bereits zum Tatzeitpunkt, dem Liefertag mit der gegenständlichen Katzenstreu in Kontakt kommen konnten, sei das Straferkenntnis aufzuheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf § 63 Abs. 2 MEG gestützte Amtsbeschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der vorliegenden Amtsbeschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, entgegen der Ansicht der belangten Behörde definiere § 24 Abs. 3 Z. 3 MEG den Begriff des "Inverkehrbringens". Mit der Abgabe der Fertigpackungen sei die Verfügungsgewalt über das Produkt auf eine andere rechtliche Person als den Hersteller übergegangen und das Produkt in Verkehr gebracht worden. Die Frage, ob ein Konsument mit dem Produkt "Kontakt" haben konnte, stelle sich somit nicht. Auch habe der Gesetzgeber im Sinne einer effektiven Marktüberwachung Regelungen geschaffen, welche im Stande seien zu verhindern, dass nicht-konforme Fertigpackungen auch bereits vor dem unmittelbaren Kontakt mit Konsumenten vom Markt genommen werden könnten bzw. Fertigpackungen vor diesem Zeitpunkt den rechtlichen Anforderungen zu entsprechen hätten. Daher wäre eine verwaltungsstrafrechtlich relevante Übertretung des MEG durch den Mitbeteiligten festzustellen gewesen.

2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Maß- und Eichgesetzes, BGBl. Nr. 152/1950 in der Fassung BGBl. I Nr. 137/2004 (MEG), lauten:

"2. Fertigpackungen

§ 24.

(3) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist …

3. In-Verkehr-Bringen das Anbieten, Importieren, Vorrätighalten zum Verkauf oder zur sonstigen Abgabe.

§ 26. (1) Fertigpackungen dürfen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn auf ihnen leicht erkennbar und deutlich lesbar die Nennfüllmenge in einer gesetzlichen Maßeinheit oder nach Stückzahl angegeben ist.

(2) Abs. 1 gilt nicht, soweit andere Rechtsvorschriften Bestimmungen über eine Mengenkennzeichnung enthalten.

§ 27. Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend kann unter Bedachtnahme auf den Stand der Wissenschaft und Technik, völkerrechtliche Verpflichtungen der Republik Österreich, vergleichbare Vorschriften des Auslandes sowie Richtlinien internationaler Organisationen und Staatengemeinschaften folgende Anforderungen durch Verordnung festlegen:

6. daß Nennfüllmengen von Fertigpackungen mit bestimmten Erzeugnissen nur in bestimmten Maßeinheiten oder Größen anzugeben sind,

§ 63. (1) Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen, Entscheidungen oder Verfügungen werden, sofern sie nicht nach anderen Vorschriften mit einer strengeren Strafe bedroht sind oder ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand vorliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu 10 900 EUR bestraft, auch wenn es beim Versuch geblieben ist.

(2) Gegen Straferkenntnisse oder die Verfügung der Einstellung eines Strafverfahrens steht der Eichbehörde die Berufung zu. Gegen im Strafverfahren ergangene Bescheide eines unabhängigen Verwaltungssenates ist der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend befugt, zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung, eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Fertigpackungsverordnung, BGBl. Nr. 867/1993 in der Fassung BGBl. II Nr. 115/2009 (FPVO 1993), lauten:

"Zweiter Abschnitt

Fertigpackungen

§ 7. (1) Die Bestimmungen dieses Abschnittes gelten für Fertigpackungen, in denen Erzeugnisse in konstanten, einheitlichen Nennfüllmengen in den Verkehr gebracht werden sollen, die

§ 11. …

(2) Andere als die im Anhang 3 genannten Erzeugnisse" (dort sind näher bezeichnete alkoholische Getränke angeführt) "müssen, soweit nicht entgegen gesetzte Handelsbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe ihres Nenngewichtes auf der Fertigpackung tragen.

§ 12. (1) Der Hersteller oder der Importeur ist dafür verantwortlich, daß die Fertigpackungen den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen. …

§ 13. (1) Die Prüfung der Übereinstimmung der Fertigpackungen mit den Vorschriften dieser Verordnung wird von der Eichbehörde stichprobeweise beim Hersteller oder, wenn dies praktisch undurchführbar ist, beim Importeur oder seinem Beauftragten nach der in Anhang 2 beschriebenen Methode vorgenommen. Ist die Prüfung bei diesen Stellen nicht möglich, so kann sie auch in allen Stufen des Handels erfolgen."

3. Wie von der Amtsbeschwerde ausgeführt, hat die belangte Behörde die Legaldefinition des Begriffes "Inverkehrbringen" in § 24 Abs. 3 Z. 3 MEG nicht beachtet. Danach umfasst das Inverkehrbringen "das Anbieten, Importieren, Vorrätighalten zum Verkauf oder zur sonstigen Abgabe". Ein Kontakt mit Kunden oder Verbrauchern ist dagegen nicht, wie von der belangten Behörde angenommen, Voraussetzung für das Inverkehrbringen nach dem MEG.

4. Da der angefochtene Bescheid aus diesen Gründen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet ist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 8. Mai 2013

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