VwGH 2010/15/0061

VwGH2010/15/006126.2.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der R M in P, vertreten durch Helga Krendlsberger, Steuerberaterin in 4600 Wels, Dr. Groß-Straße 12a, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 17. Februar 2010, Zl. RV/1395- L/07, betreffend Einkommensteuer 2002 bis 2004, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §19 Abs1;
EStG 1988 §19 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erzielte als wesentlich beteiligte GmbH-Geschäftsführerin Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988). Im Rahmen dieser Einkunftsquelle verwendete sie ihren eigenen Pkw und stellte der GmbH Kilometergelder in Rechnung (2002: 3.482,76 EUR, 2003: 4.453,21 EUR, 2004: 2.808,51 EUR). Die Beträge wurden von der GmbH als Betriebsausgaben geltend gemacht, aber der Beschwerdeführerin in den Jahren 2002 bis 2004 im Wesentlichen (noch) nicht ausbezahlt. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die genannten Beträge an Kilometergeldern als Betriebseinnahmen der Beschwerdeführerin zu erfassen seien. Im Übrigen werde der Pkw überwiegend für betriebliche Zwecke der Beschwerdeführerin verwendet und gehöre daher zu ihrem Betriebsvermögen, weshalb mit dem Fahrzeug zusammenhängende Betriebsausgaben - mangels eines konkreten Nachweises - nur mit pauschal 6% der Betriebseinnahmen anzusetzen seien.

Die GmbH hatte zum 31. Dezember 2004 auch eine Geschäftsführerprämie von 8.800 EUR als Aufwand verbucht. Diese Prämie ist der Beschwerdeführerin zwar ebenfalls nicht ausbezahlt, aber auf einem Verrechnungskonto der Beschwerdeführerin gutgeschrieben worden. Der Prüfer gelangte zur Auffassung, dass auch dieser Betrag als Betriebseinnahme der Beschwerdeführerin zu erfassen sei.

Gegen die den Prüfungsfeststellungen entsprechend ergangenen Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2004 brachte die Beschwerdeführerin Berufung ein. Sie brachte vor, sie habe 2002 und 2003 keine Kilometergelder "entnommen", weil 2002 ein Verlust erwirtschaftet worden sei, der 2003 gerade habe ausgeglichen werden können. 2004 sei ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden, was zu einem Abfluss liquider Mittel geführt habe. Die Kilometergelder seien dann im Jahr 2005 nachgezahlt worden. Die Geschäftsführerprämie sei aufgrund kaufmännischer Vorsicht und besonderer Verantwortung der Geschäftsführer nicht im Jahr 2004 ausgezahlt worden, weil die Auszahlung erst erfolgen sollte, sobald die GmbH über die entsprechenden finanziellen Mittel verfüge.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Die von der Abgabenbehörde angewendete Betriebsausgabenpauschalierung (6% der Einnahmen) erscheine zur Anerkennung der in Zusammenhang mit dem Pkw entstandenen Kosten vertretbar, zumal die Beschwerdeführerin keine Beweise erbracht habe, denen glaubhaft zu entnehmen gewesen wäre, dass dieser Betrag der Realität nicht nahe komme.

Was die zum 31. Dezember 2004 auf dem Verrechnungskonto der Beschwerdeführerin bei der GmbH gutgeschriebene Geschäftsführerprämie betreffe, sei zu beachten, dass ein Betrag auch dann als zugeflossen gelte, wenn er dem Steuerpflichtigen bloß gutgeschrieben werde. Voraussetzung sei, dass er über den Betrag rechtlich und wirtschaftlich verfügen könne. Die Beschwerdeführerin bestreite nicht den Zufluss der Prämie auf ihrem Verrechnungskonto zum 31. Dezember 2004. Sie meine aber, dass keine Betriebseinnahme anzusetzen sei, weil der Betrag nicht ausbezahlt worden sei. Allerdings bedeute schon die Gutschrift eines Betrages, über den der Steuerpflichtige rechtlich und wirtschaftlich verfügen könne, einen Zufluss, weshalb eine Einnahme im abgabenrechtlichen Sinn vorliege. Die Entscheidung der Beschwerdeführerin, die ihr gutgeschriebene Geschäftsführerprämie nicht auszuzahlen, sei als Einkommensverwendung anzusehen und habe auf den Zufluss der Prämie zum 31. Dezember 2004 abgabenrechtlich keine Auswirkung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Ein Betrag ist gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 dann als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger über ihn tatsächlich und rechtlich verfügen kann. Für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger gleichzeitig Mehrheitsgesellschafter jener GmbH ist, die sein Schuldner ist, nimmt die Rechtsprechung den Zufluss grundsätzlich an, sobald die Forderung fällig ist, vorausgesetzt die GmbH ist nicht zahlungsunfähig (vgl. die hg Erkenntnisse vom 23. März 2010, 2007/13/0037, und vom 28. Juni 2006, 2002/13/0175). Dies leitet die Rechtsprechung aus dem beherrschenden Einfluss des Mehrheitsgesellschafters der GmbH ab (vgl. das Erkenntnis 30. November 1993, 93/14/0155).

Nimmt eine Kapitalgesellschaft eine Gutschrift zu Gunsten ihres Geschäftsführers etwa auf dem Verrechnungskonto vor, geht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls von einem Zufluss aus, wenn die GmbH zahlungsfähig ist. Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft hat grundsätzlich die tatsächliche Verfügungsmacht über die zu seinen Gunsten ausgestellten Gutschriften (vgl. Doralt, EStG10, § 19 Tz 30, Stichwort "Gutschriften", sowie das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, 2000/15/0039).

Hinsichtlich der Geschäftsführerprämie wird im angefochtenen Bescheid die Feststellung getroffen, dass diese am 31. Dezember 2004 am Verrechnungskonto der Beschwerdeführerin gutgeschrieben gewesen ist. Diese Feststellung wird in der Beschwerde nicht bekämpft; es wird auch nicht eingewendet, die GmbH wäre zahlungsunfähig gewesen. Solcherart vermag die Beschwerde nicht aufzuzeigen, dass die Beschwerdeführerin durch die Annahme eines im Jahr 2004 erfolgten Zuflusses der Geschäftsführerprämie in ihren Rechten verletzt worden wäre.

In Bezug auf die Kilometergelder enthält der angefochtene Bescheid hingegen keine Ausführungen darüber, aufgrund welcher tatsächlichen und rechtlichen Umstände ein Zufluss der in den Jahren 2002 bis 2004 nicht ausbezahlten Beträge an die Beschwerdeführerin gegeben sein könnte. Dieser Begründungsmangel hindert den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit und führt daher zur Bescheidaufhebung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2012, 2009/15/0181). Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde insbesondere festzustellen haben, ob der Betrag der Kilometergelder etwa auf dem Verrechnungskonto der Beschwerdeführerin gutgeschrieben worden ist, woraus sich der Zufluss ergeben könnte.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Februar 2013

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