VwGH 2010/10/0127

VwGH2010/10/012722.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des beim Amt der Kärntner Landesregierung eingerichteten Naturschutzbeirates gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 13. April 2010, Zl. KL3-NS-894/2007 (049/2010), betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: W AG), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art131 Abs2;
NatSchG Krnt 2002 §10;
NatSchG Krnt 2002 §5 Abs1 litb;
NatSchG Krnt 2002 §5 Abs1 lite;
NatSchG Krnt 2002 §54 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §57;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art131 Abs2;
NatSchG Krnt 2002 §10;
NatSchG Krnt 2002 §5 Abs1 litb;
NatSchG Krnt 2002 §5 Abs1 lite;
NatSchG Krnt 2002 §54 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §57;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (der belangten Behörde) vom 11. September 2008 wurde der mitbeteiligten Partei aufgrund deren Antrags vom 12. März 2008 unter Vorschreibung von Auflagen die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung der Kleinwasserkraftanlage S. erteilt.

Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2009, Zl. 2008/10/0280, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der wesentlichen Begründung aufgehoben, die belangte Behörde habe weder hinsichtlich der Auswirkungen des beantragten Projektes auf das Landschaftsbild noch hinsichtlich der Folgen dieses Projektes für das "Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum" (vgl. § 10 Abs. 3 lit. a Kärntner Naturschutzgesetz 2002 - K-NSG 2002) Feststellungen getroffen, weshalb die im Bescheid ohne die erforderlichen Tatsachenfeststellungen vertretene Annahme, es könne eine Ausnahmebewilligung von den Verboten des § 8 K-NSG 2002 erteilt werden, mit einem relevanten Verfahrensmangel im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG behaftet sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der mitbeteiligten Partei aufgrund deren (neuen) Antrags vom 20. November 2008 ("gekürzte Variante") wiederum unter Vorschreibung bestimmter Auflagen die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Kleinwasserkraftanlage auf näher genannten Grundstücken erteilt, wobei sich die belangte Behörde auf § 5 Abs. 1 lit. b und e, § 9 Abs. 7 und 8, § 47 und § 52 Abs. 1 K-NSG 2002 als Rechtsgrundlagen stützte. Die erteilte Bewilligung umfasst - wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich festhielt - wegen der Verkürzung der Strecke (von 2.800 m auf 1.200 m Länge) laut Projekt aus November 2008 den im eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für den fachlichen Naturschutz als "Abschnitt 4" bezeichneten Bereich nicht mehr.

Zur Begründung des Bescheides gab die belangte Behörde zunächst Befund und Gutachten des naturschutzkundigen Amtssachverständigen vom 12. November 2009 umfangreich wieder.

In diesem Gutachten wurde - auf das Wesentlichste zusammengefasst - ausgeführt, im "Abschnitt 1 und 2" werde eine Tiroler Wehr mit einem Entsanderbauwerk errichtet und die Druckrohrleitung in einen konsenslos errichteten Forstweg verlegt. Im Bereich der geplanten Bauwerke fehle ein Ufergehölzstreifen; der Gewässerabschnitt könne daher als nicht naturnah eingestuft werden. Durch die Errichtung der Bauwerke - welcher zugestimmt werden könne - würden keine seltenen, gefährdeten oder geschützten Arten oder Biotoptypen zerstört oder vernichtet. Das Landschaftsbild sei durch anthropogene Einrichtungen bereits vorbelastet und werde durch die Errichtung der Tiroler Wehr mit Entsanderbauwerk nicht zusätzlich beeinträchtigt. Die Durchgängigkeit des Gerinnes für Organismen aller Art in diesem Bereich werde durch die Errichtung einer Fischaufstiegstreppe gewährleistet.

Die konsenslos errichtete Trasse, in die nunmehr die Druckrohrleitung verlegt werden solle, habe eine Breite von bis zu 8 m, im Trassenbereich sei teilweise Schotter von bis zu 30 cm Höhe eingebracht worden. Durch die Errichtung dieser konsenslosen Forststraße sei das Landschaftsbild nachteilig beeinträchtigt und der Eindruck der Naturbelassenheit dieses Landschaftsraumes zur Zeit gestört. Durch seine große Breite sei der Weg weithin sichtbar, die Bodenverwundungen hätten eine große optische Wirksamkeit. Abgrabungen in diesem Ausmaß wären aus naturschutzfachlicher Sicht nicht notwendig und so auch nicht genehmigungsfähig gewesen.

Von der Maßnahme sei ein Mischwald und zum Teil ein Ufergehölzstreifen entlang des Baches betroffen. Ob von der konsenslosen Maßnahme seltene, geschützte oder gefährdete Tier- bzw. Pflanzenarten beeinträchtigt worden seien, könne nicht mehr festgestellt werden. (Aufgrund der Beschaffenheit des Trassenbereichs wird im Weiteren die Auffassung vertreten, es habe dort keine wesentlichen Bestände an Frauenschuh (Cypripedium calceolus) und an Alpenbock (Rosalia alpina) gegeben.)

Aus fachlicher Sicht bestehe gegen die Verlegung der Druckrohrleitung in die konsenslos errichtete Trasse kein Einwand, wenn sofort eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes im Trassenbereich erfolge.

Am Beginn der konsenslos bereits errichteten Trasse (auf einem näher bezeichneten Grundstück) werde das Krafthaus errichtet. Es könne nicht mehr festgestellt werden, ob im Bereich des geplanten Krafthauses seltene, geschützte oder gefährdete Tier- bzw. Pflanzenarten vorhanden gewesen oder beeinträchtigt worden seien. Vom Bau des Krafthauses sei ein Mischwaldbestand betroffen, der keinem geschützten Biotoptyp zuzuordnen sei. Durch die Verlegung des Krafthauses in den Hangbereich und dessen Überschüttung mit Erdmaterial werde das Landschaftsbild insgesamt nur wenig beeinträchtigt, weil "es nur unmittelbar im Gebäudebereich sichtbar" werde.

Im Zuge der Errichtung des Krafthauses werde das Naturufer des Bodenbaches auf ca. 10 m mittels Steinschlichtung gesichert. Durch eine raue, möglichst naturnahe Schlichtung sowie die Errichtung nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß könne die negative Beeinträchtigung gering gehalten werden. Aus fachlicher Sicht könne der Errichtung des Krafthauses zugestimmt werden.

Im Abschnitt 3 solle die Druckrohrleitung in der alten Bodentalstraße im Hangbereich errichtet werden, wobei mehrere Quellfluren am Rande von den Baumaßnahmen betroffen wären; die natürlichen Quellabflüsse in diesem Bereich seien schon im Zuge des Straßenbaus etwas beeinträchtigt worden und würden als Brunnen für den Privatgebrauch genutzt. Eine nachhaltige Beeinträchtigung der Quellbereiche im Hangbereich oberhalb und unterhalb der Straße könne durch geeignete Auflagen verhindert werden. Das Landschaftsbild werde nicht beeinträchtigt.

Im Anschluss an die Wiedergabe dieser Ausführungen des naturschutzkundigen Amtssachverständigen führte die belangte Behörde zunächst aus, durch die nicht vom "derzeitigen Antragsteller" (der mitbeteiligten Partei) verursachten konsenslosen Maßnahmen sei das Landschaftsbild nachhaltig nachteilig beeinflusst worden. Eine naturschutzrechtliche Bewilligung in diesem Ausmaß wäre für dieses Vorhaben in der Form nicht erteilt worden; solche Maßnahmen seien auch nie Gegenstand des Bewilligungsverfahrens gewesen.

In rechtlicher Beurteilung des Sachverhalts führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 9 Abs. 1, Abs. 3 lit. c, Abs. 7 und 8 K-NSG 2002 lediglich aus, der Amtssachverständige für den fachlichen Naturschutz habe Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, vor allem durch die konsenslos durchgeführten Maßnahmen, festgestellt. Jedoch sei im Gutachten aufgezeigt worden, dass bei projektgemäßer Ausführung unter Einhaltung der Auflagen diese Beeinträchtigungen möglichst gering gehalten werden könnten.

Das überwiegende öffentliche Interesse an den beantragten Maßnahmen stelle sich wie folgt dar:

"Das Projekt zur Errichtung des Kleinwasserkraftwerkes ist insofern von Wichtigkeit, als von der Verwirklichung des Projektes das Weiterbestehen des Betriebes der Familie (S.) abhängig ist. Der Betrieb der Familie (S.) ist für das gesamte Bodental wichtig, da es sich um den Leitbetrieb dieses Hochtales handelt. Das durch die niederen Temperaturen relativ schneesichere Skigebiet ist für die Bevölkerung des Bezirkes Klagenfurt die nächstgelegene Möglichkeit, wo (nicht nur) Kinder das Skifahren ausüben können.

Die gelieferte Energie des Kraftwerkes ist auch für den wirtschaftlichen Weiterbetrieb der Skiliftanlage und der aufwändigen Beschneiungsanlage unbedingt notwendig.

Die Naturschutzbehörde gelangt daher aus den dargelegten Gründen zu der Überzeugung, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein Überwiegen des öffentlichen Interesses des Tourismus und Stärkung eines Leitbetriebes gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen handelt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß § 61 Abs. 3 K-NSG 2002 iVm Art. 131 Abs. 2 B-VG.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und auf ihre (im Verfahren zur hg. Zl. 2008/10/0280 erstattete) Gegenschrift vom 4. November 2008 verwiesen. Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Kärntner Naturschutzgesetz 2002 - K-NSG 2002 (in der hier maßgeblichen Fassung des LGBl. Nr. 9/2010) umfasst - auszugsweise - die folgenden Bestimmungen:

"§ 1

Ziele und Aufgaben

(1) Die Natur ist als Lebensgrundlage des Menschen so zu schützen und zu pflegen, dass

  1. a) ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,
  2. b) der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume sowie

    c) ein ungestörtes Wirkungsgefüge des Lebenshaushaltes der Natur erhalten und nachhaltig gesichert werden.

    (…)

    § 5

    Schutz der freien Landschaft

(1) In der freien Landschaft, das ist der Bereich außerhalb von geschlossenen Siedlungen und der zum Siedlungsbereich gehörigen besonders gestalteten Flächen, wie Vorgärten, Haus- und Obstgärten, bedürfen folgende Maßnahmen einer Bewilligung:

(…)

b) Abgrabungen und Anschüttungen auf einer Fläche von mehr als 2000 m2, wenn das Niveau überwiegend mehr als einen Meter verändert wird und ähnlich weitreichende Geländeveränderungen;

(…)

e) Eingriffe in natürliche und naturnah erhaltene Fließgewässer;

(…)

§ 9

Bewilligungen

(1) Bewilligungen im Sinne der §§ 4, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 dürfen nicht erteilt werden, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme

  1. a) das Landschaftsbild nachhaltig nachteilig beeinflusst würde,
  2. b) das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt würde oder

    c) der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde.

(2) Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur liegt vor, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben

a) ein wesentlicher Bestand seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- oder Pflanzenarten vernichtet würde;

b) der Lebensraum seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- oder Pflanzenarten wesentlich beeinträchtigt oder vernichtet würde oder

c) der Bestand einer seltenen, gefährdeten oder geschützten Biotoptype beeinträchtigt oder vernichtet würde.

(3) Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes ist jedenfalls gegeben, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben

  1. a) eine Zersiedelung eingeleitet oder fortgesetzt würde,
  2. b) eine Verarmung eines durch eine Vielfalt an Elementen gekennzeichneten Landschaftsraumes eintreten würde,

    c) der Eindruck der Naturbelassenheit eines Landschaftsraumes wesentlich gestört würde,

    d) natürliche Oberflächenformen wie Karstgebilde, Flussterrassen, Flussablagerungen, Gletscherbildungen, Bergstürze, naturnahe Fluss- oder Bachläufe wesentlich geändert würden oder

    e) freie Seeflächen durch Einbauten, Anschüttungen und ähnliches wesentlich beeinträchtigt würden oder die Ufervegetation von Gewässern wesentlich aufgesplittert würde.

    (…)

(7) Eine Versagung einer Bewilligung im Sinne der §§ 4, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 darf nicht erfolgen, wenn das öffentliche Interesse an den beantragten Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen.

(8) Wenn eine Bewilligung auf Grund einer Interessenabwägung nach Abs. 7 erteilt wird, ist durch Auflagen zu bewirken, dass die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens möglichst gering gehalten werden. Bei umfangreichen Vorhaben kann zur Sicherung einer fach-, vorschriften- und bescheidgemäßen Ausführung eine ökologische Bauaufsicht (§ 47) bestellt werden. Eine nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes kann durch Vorschreibung einer der umgebenden Landschaft entsprechenden Gestaltung ausgeglichen werden.

(…)

§ 54

Prüfung durch den Naturschutzbeirat

(1) Vor der Erlassung von Bescheiden, mit denen Bewilligungen nach § 4 lit. b oder c, § 5 Abs. 1 lit. a, e oder g, letztere hinsichtlich der Anlage von Schitrassen, mit denen Ausnahmebewilligungen nach § 10 erteilt oder Gelände zur Ausübung von Motorsportarten im Sinne von § 5 Abs. 1 lit. f festgelegt werden, sind die Mitglieder des Naturschutzbeirates zu hören.

(…)

§ 61

Naturschutzbeirat

(…)

(3) Der Naturschutzbeirat darf gegen Bescheide, vor deren Erlassung seine Mitglieder nach § 54 Abs. 1 zu hören sind, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG erheben, insoweit diese im Rahmen der Anhörung Einwendungen vorgebracht haben, denen im Bescheid nicht Rechnung getragen wurde. Die Frist für die Erhebung der Beschwerde beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem alle Mitglieder des Naturschutzbeirates Kenntnis vom Inhalt des Bescheides erlangt haben."

2. Der angefochtene Bescheid nennt unter anderem § 5 Abs. 1 lit. e K-NSG 2002 als Rechtsgrundlage. Es liegt somit ein Bescheid vor, vor dessen Erlassung die Mitglieder des Naturschutzbeirates gemäß § 54 Abs. 1 K-NSG 2002 zu hören waren. Im Umfang jener Gründe, die Gegenstand der im Rahmen der Anhörung vorgebrachten Einwendungen waren und denen im Bescheid nicht Rechnung getragen wurde, ist der Naturschutzbeirat zur Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof berechtigt (vgl. etwa zuletzt das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2013, Zl. 2010/10/0104, mwN).

3. Vor Erlassung des angefochtenen Bescheides haben Mitglieder des Naturschutzbeirates verschiedene Einwendungen gegen den von der belangten Behörde beabsichtigten Bescheid erhoben.

Soweit diese Einwendungen auf behauptete Beeinträchtigungen der Natur durch die konsenslosen Baumaßnahmen Bezug nehmen, gehen sie allerdings aufgrund des durch das beantragte Projekt vorgegebenen Gegenstandes des behördlichen Bewilligungsverfahrens ins Leere. Soweit aber die im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwendungen mit Blick auf die vorliegende, auf § 9 Abs. 7 K-NSG 2002 gestützte Bewilligung von Relevanz sind, wurde in ihnen im Wesentlichen vorgebracht, ein regionales öffentliches Interesse an der projektierten Kleinwasserkraftanlage sei ebenso wenig begründbar wie ein überregionales öffentliches Interesse daran, weil das Kleinkraftwerk für die Gesamtheit der Energiegewinnung keine Relevanz habe und auch für das Unternehmen (der Familie S.) durch die Nichtausführung der Baumaßnahmen keine Existenzgefährdung eintrete. Überdies bestehe bereits eine Kraftwerksanlage, deren Sanierung als Alternative ins Auge gefasst werden könnte. Außerdem sei die Bewertung des Landschaftsbildes falsch erfolgt.

Ausgehend von diesen im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwendungen war die beschwerdeführende Partei lediglich hinsichtlich der Beurteilung von Beeinflussungen des Landschaftsbildes durch das beantragte Projekt (vgl. § 9 Abs. 1 lit. a K-NSG 2002) und hinsichtlich der Interessenabwägung nach § 9 Abs. 7 K-NSG 2002 gemäß § 61 Abs. 3 K-NSG 2002 zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof berechtigt.

4. Die vorliegende Beschwerde bringt - im Rahmen der wiedergegebenen Einwendungen zulässigerweise - vor, auch die mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid bewilligte "verkürzte Variante" des geplanten Kleinkraftwerkes im Bodental stelle eine wesentliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar. Die belangte Behörde habe nicht begründet, warum das Landschaftsbild nicht nachteilig durch das bewilligte Projekt beeinflusst werde. Ebensowenig habe die belangte Behörde das öffentliche Interesse an der Erweiterung des bestehenden Kraftwerkes begründet, indem sie auf das Skigebiet Bodental und dessen Gäste verwiesen habe, weil das angesprochene Skigebiet nicht etwa durch Liftanlagen oder sonstige Anlagen erweitert worden sei und somit mit dem bestehenden Kraftwerk das Auslangen gefunden werden könne.

Betreffend eine Beeinträchtigung des Naturhaushaltes oder des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes (vgl. § 9 Abs. 1 lit. b und c, Abs. 2 und Abs. 3 K-NSG 2002) wurden allerdings im Verwaltungsverfahren hinreichend konkretisierte Einwendungen nicht erhoben. Die in diesem Zusammenhang - nach dem unter Punkt 3. Gesagten von vornherein unzulässigerweise - vorgetragenen Beschwerdegründe (dass "bis dato noch nicht begründet" worden sei, "welche seltenen, gefährdeten und geschützten Tier- und Pflanzenarten hier konkret vorkommen (…), warum keine nachvollziehbaren, auf die Lebensbedingungen konkreter Tiere (…) und Pflanzen Bezug nehmende (…) Begründungen angeführt werden (…), warum das Gefüge des Haushaltes der Natur nicht beeinflusst wird (…), warum der Charakter des betroffenen Lebensraums (…) nicht beeinflusst wird") entsprechen im Übrigen nicht den Anforderungen an die konkrete Darlegung der Relevanz von Verfahrensmängeln. Auch soweit im erwähnten Kontext schlagwortartig (ohne jeden Hinweis auf quantitative und qualitative Aspekte, die räumliche Einordnung usw.) auf Hangabrutschungen sowie den Lebensraum der Wasseramsel und der Gebirgsstelze hingewiesen wird, entspricht die Beschwerde nicht den Anforderungen an die Beschwerde einer fachkundigen Amtspartei zur konkreten und fachlich fundierten Geltendmachung von Beschwerdegründen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. September 2011, Zl. 2009/10/0243).

5. Die belangte Behörde, die den angefochtenen Bescheid (u.a.) auf die Bestimmungen des § 5 Abs. 1 lit. b und e K-NSG 2002 gestützt hat, ist so erkennbar von einer Bewilligungspflicht der mit dem beantragten Projekt verbundenen Maßnahmen ausgegangen, weil diese in der freien Landschaft Abgrabungen und Anschüttungen auf einer Fläche von mehr als 2000 m2, wobei das Niveau überwiegend mehr als einen Meter verändert würde, oder ähnlich weitreichende Geländeveränderungen (§ 5 Abs. 1 lit. b K-NSG 2002) oder Eingriffe in natürliche und naturnah erhaltene Fließgewässer (§ 5 Abs. 1 lit. e K-NSG 2002) mit sich brächten.

Auch die beschwerdeführende Partei bestreitet nicht, dass das beantragte Vorhaben nach § 5 Abs. 1 lit. b und e K-NSG 2002 bewilligungspflichtig ist.

6. Die Beschwerde kann mit ihren Hinweisen auf die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch konsenslos durchgeführte Maßnahmen alleine nicht aufzeigen, dass die Bewilligung zu Unrecht erteilt worden wäre.

Gegenstand des Bewilligungsverfahrens ist nämlich ausschließlich das Vorhaben im projektgemäßen Umfang; die Verweigerung der Bewilligung kann nicht darauf gestützt werden, dass der Projektwerber bewilligungspflichtige Maßnahmen ohne Bewilligung ausgeführt habe, und zwar selbst dann, wenn die Folgen des konsenslosen Eingriffes nicht oder nicht zur Gänze beseitigt werden können oder wenn infolge der Ausführung bewilligungsbedürftiger Maßnahmen ohne Bewilligung nicht mehr konkret feststellbar ist, dass dadurch geschützte Güter beseitigt wurden. Die Konsequenz der konsenslosen Ausführung bewilligungspflichtiger Maßnahmen, die nicht Gegenstand des Projektes sind, ist vielmehr - neben einer Bestrafung - ein Auftrag, den früheren Zustand bzw. den den Interessen des Schutzes und der Pflege der Natur möglichst entsprechenden Zustand wieder herzustellen (vgl. § 57 K-NSG 2002).

7. Im vorliegenden naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren hatte die belangte Behörde vielmehr darauf abzustellen, inwiefern durch Auswirkungen des beantragten Projekts - und nur durch diese - in die geschützten Güter eingegriffen wird, wobei dieser Beurteilung jenes (hypothetische) Landschaftsbild zugrunde zu legen ist, das sich ergäbe, wenn im Sinne des § 57 K-NSG 2002 der rechtmäßige Zustand wieder hergestellt bzw. der den Interessen des Schutzes und der Pflege der Natur möglichst weitgehend entsprechende Zustand hergestellt worden wäre. Dies war der Beurteilung zugrunde zu legen und damit hatten sich die eingeholten Gutachten zu beschäftigen.

In den Ausführungen der belangten Behörde fehlen allerdings sowohl die erforderliche großräumige Beschreibung des Landschaftsbildes, wie es sich darböte, wären die nach dem Gesagten gebotenen und möglichen "Rückbaumaßnahmen" bereits durchgeführt und in Wirkung getreten als auch eine ins Einzelne gehende Darstellung, inwiefern das projektierte Vorhaben die prägenden Elemente des im Sinne des soeben Gesagten vorzustellenden Landschaftsbildes beeinträchtigen würde (vgl. zu den in diesem Zusammenhang notwendigen Feststellungen etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2009, Zl. 2008/10/0280, mwN).

8. Mit Blick auf die Anführung des § 9 Abs. 7 K-NSG 2002 sowie den Hinweis der belangten Behörde, das öffentliche Interesse an den beantragten Maßnahmen überwiege das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen, kann dem angefochtenen Bescheid entnommen werden, dass nach Auffassung der belangten Behörde die nach § 9 Abs. 7 K-NSG 2002 vorgesehene Interessenabwägung zugunsten des beantragten Projektes ausschlage (sodass die im vorliegenden Fall nach § 5 Abs. 1 K-NSG 2002 erforderliche Bewilligung nicht versagt werden dürfe).

Das (überwiegende) öffentliche Interesse an der Ausführung des beantragten Vorhabens hat die belangte Behörde - wie oben wiedergegeben - damit begründet, dass ohne dieses der Betrieb der Familie S., ein Leitbetrieb der Region, mit dessen Skilift und Beschneiungsanlage, nicht wirtschaftlich betrieben werden könnte.

Dem oben wiedergegebenen dagegen in der Beschwerde erstatteten Vorbringen (welches einer im Verwaltungsverfahren bereits erhobenen Einwendung entspricht) kommt insoweit Berechtigung zu, als die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine konkreten Tatsachenfeststellungen zu der von ihr angenommenen regionalwirtschaftlichen Bedeutung des beantragten Projektes getroffen hat, aus denen ableitbar wäre, weshalb das zu errichtende Kraftwerk für den Weiterbetrieb von Skiliftanlage und Beschneiungsanlage "unbedingt notwendig" sei.

Im Rahmen der Beurteilung nach § 9 Abs. 1 K-NSG 2002 und der gemäß § 9 Abs. 7 K-NSG 2002 vorzunehmenden Interessenabwägung ist nämlich nach der hg. Rechtsprechung ausgehend von entsprechenden Feststellungen zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes durch das Vorhaben zukommt. Dem ist das Gewicht der durch das Vorhaben allenfalls verwirklichten anderen öffentlichen Interessen gegenüber zu stellen. Den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung entspricht ein aufgrund einer Interessenabwägung ergangener Bescheid nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen des Naturschutzes abhängt, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist, und über jene Tatsachen, die das öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. März 2005, Zl. 2004/10/0226, sowie vom 14. Juli 2011, Zl. 2010/10/0011, jeweils mwN).

In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass bei der Bewertung der öffentlichen Interessen an der Realisierung des beantragten Vorhabens unter dem Gesichtspunkt der Energieversorgung der Umstand, dass es sich lediglich um eine Kleinwasserkraftanlage (mit entsprechend wenig Energieerzeugung) handelt, für sich allein nicht zur Verneinung eines relevanten öffentlichen Interesses führt. Vielmehr kann je nachdem, inwieweit eine Maßnahme nach den Umständen des Einzelfalles geeignet ist, zur Erreichung von Zielen wie der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie und der daraus resultierenden positiven Auswirkung für den Klimaschutz beizutragen, dem Interesse an ihrer Verwirklichung Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommen. Entscheidend ist dabei, welche Bedeutung die Verwirklichung der konkret beantragten Maßnahme für den Klimaschutz hat (wobei insbesondere die projektgemäß produzierte Strommenge maßgeblich ist) und wie gravierend die damit verbundenen Auswirkungen auf die naturschutzgesetzlich geschützten Rechtsgüter sind (vgl. etwa wiederum das hg. Erkenntnis vom 14. Juli 2011, mwN).

9. Der angefochtene Bescheid enthält allerdings keine dem unter den Punkten 7. und 8. Gesagten entsprechenden Tatsachenfeststellungen, auf deren Grundlage er auf seine Gesetzmäßigkeit überprüft werden könnte.

Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Wien, am 22. Oktober 2013

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