VwGH 2010/06/0270

VwGH2010/06/027029.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie die Hofrätin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der A AG in Wien, vertreten durch Dr. Peter Lösch Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Neuer Markt 1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Oktober 2010, Zl. FA13B-12.10D60/2010-3, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Deutschfeistritz), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BauG Stmk 1995 §43 Abs2 Z7;
BauRallg;
AVG §52;
BauG Stmk 1995 §43 Abs2 Z7;
BauRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Eingabe vom 5. März 2008 erstattete die Beschwerdeführerin eine Bauanzeige betreffend die Errichtung einer Telekommunikationsanlage, bestehend aus einem Fahnenmast und einem Wetterschutzdach für die Unterbringung der Systemtechnik, auf einem näher bezeichneten Grundstück im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde.

Nach der Baubeschreibung soll eine 29 m hohe Mastkonstruktion aus feuerverzinkten Rundrohren entsprechend dem statischen Erfordernis errichtet werden. Die auftretenden Lasten sollen mittels Blockfundament in das Erdreich abgetragen werden. Die Systemtechnik soll unter einem Witterungsschutz auf dem Mastfundament aufgestellt werden.

Mit Mitteilung vom 9. April 2008 gab die mitbeteiligte Marktgemeinde der Beschwerdeführerin bekannt, dass gemäß § 33 Abs. 5a Stmk BauG 1995 ein Baubewilligungsverfahren eingeleitet werde, weil die Anrainerunterschriften nicht beigebracht worden seien.

Die mitbeteiligte Marktgemeinde holte in der Folge ein Ortsbildgutachten des Architekten Dipl. Ing. F. vom 21. August 2008 ein. Darin wird im Wesentlichen im Befund ausgeführt, der Standort der Anlage liege 10 m östlich der Landesstraße L334 in der unmittelbaren Nähe des Kreuzungsbereiches bzw. der Einmündung der Landesstraße L315 in die Landesstraße L334. Der geplante Standort liege im Ortsteil K. im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde am Fuße des P. Kogels. Dieses Gebiet um den 730 m hohen P. Kogel sei seit dem Jahre 1946 ein verordnetes Naturschutzgebiet des Landes Steiermark mit der Bezeichnung "NSG 6a, P. Kogel-G. Kogel" und umfasse 727 ha. Der Planungsstandort bilde mit seiner Bezeichnung S. Tal die nördliche Begrenzung des P. Kogels und das Gebiet gelte als ein sehr beliebtes Ausflugsziel und Wandergebiet. Ausgangspunkt und Treffpunkt für viele dieser Wanderungen, aber auch Ort für viele Veranstaltungen seien die unmittelbar an das Planungsgebiet angrenzenden Bereiche "Parkplatz" und "Festwiese" der Freiwilligen Feuerwehr K., beim Gasthof B., einer traditionellen Gaststätte mit Fremdenzimmern. Hier fänden u.a. das traditionelle Maibaumaufstellen, das Maibaumumschneiden, der Dämmerschoppen und im Herbst der Krampuslauf statt. Zum Zeitpunkt der örtlichen Besichtigung sei am Gelände der Freiwilligen Feuerwehr - auf der Festwiese - der 20 m hohe Maibaum gestanden, gegenüber dem vorgesehenen Standort des 29 m hohen Sendemastes der Telekommunikationsanlage. Ebenfalls gegenüber dem Planungsgebiet erstrecke sich, eingebunden in die sanft hügelige Landschaft, die Wohnbebauung des Ortsteiles K., welche vorwiegend aus Einfamilienhäusern bestehe und innerhalb des Gemeindegebietes als eine sehr lebenswerte Wohngegend bezeichnet werde. Im Gutachten legt der Amtssachverständige dar, eine 29,00 m hohe Antennenkonstruktion könne in ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht wie ein Gebäude beurteilt werden, weshalb zumindest seine bildhafte Wirkung und gestalterische Auswirkung auf das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild aus ortsplanerischer Sicht zu untersuchen sei.

Die Sichtbeziehungen der nördlichen Wanderwege vom unmittelbar angrenzenden Naturschutzgebiet, von den Zu- und (gemeint:) Ausfahrten zum Ortsteil K. und von den Veranstaltungsorten "Festwiese der FF K." und "Parkplatz K."

würden durch das Aufstellen des Sendemastes empfindlich gestört.

Ebenso würden viele Menschen, die in der westlich angrenzenden Wohnbebauung leben, eine empfindliche Störung der Blickbeziehung in Richtung Osten erfahren. Die Bilder 1, 2, 8, 12, 15, 21 und 22 im Gutachten zeigten, welche Dimension der 29 m hohe geplante Sendemast im Vergleich zum vorgefundenen 20 m hohen Maibaum darstellen werde, welcher jedoch als Brauchtumsmerkmal immer wieder entfernt und wieder aufgestellt werde und keinesfalls als eine Störung eines Orts- und Landschaftsteiles bezeichnet werden könne und dürfe.

Die Redewendung "Orts- und Landschaftsbild" könne als einheitlicher Begriff verstanden werden. Für das gegenständliche Verfahren bedeute dies, dass die Wirkung der Antennenkonstruktion auf das Landschaftsbild nur dann berücksichtigt werden dürfe, wenn eine Wechselbeziehung zwischen dem Orts- und Straßenbild einerseits und dem Landschaftsbild anderseits gegeben sei, was im vorliegenden Fall sowohl in den Sichtbeziehungen zum und vom Naturschutzgebiet, zur Festwiese, bei den Ein- und Ausfahrten in den Ortsteil K., als auch in der Lage des Mastes im Bezug zu seiner unmittelbar angrenzenden landwirtschaftlichen Bebauung - dem Gehöft und Gasthof - zutreffe. Eine "Messbarkeit zwischen eventuellem neuzeitlichem Erfordernis und bestehendem, höchstem und bedeutendstem Kulturgut" (Hervorhebung nicht im Original) sei somit nicht gegeben. Da das Bauwerk in seiner gestalterischen Bedeutung dem Straßen-, Orts- und Landschaftsbild aus den genannten Gesichtspunkten nicht gerecht werde und seine Errichtung eine empfindliche Störung der erwähnten Sichtbeziehung bedeute, seien die Voraussetzungen für die Bewilligung nicht erfüllt.

In der Folge legte die Beschwerdeführerin ein Gutachten des Architekten Dipl. Ing. P. vom 18. November 2008 vor. Im Befund wird darin im Wesentlichen festgehalten, der Beurteilungsbereich zeige sich an der Einmündung der L315 in die L334 gelegen. Die geplante Telekommunikationsanlage solle im Bereich des Bahnhofes K. auf einem Grundstück unmittelbar neben dem zum Gasthof gehörenden Nebengebäude errichtet werden. Die Gebäude stünden in Nachbarschaft zur ÖBB (Bruck a. d. Mur - Graz - Spielfeld). Angrenzend zeige sich der Vorplatz zur Haltestelle mit einer Brücke über die Bahnstrecke in Richtung S-. Nach NW befinde sich eine Wohnbebauung; nach NW führe die L315. Hier befinde sich der Festplatz der Feuerwehr. Nach W hin befinde sich Wohngebiet. Der Kreuzungspunkt mit der L315 zeige sich sehr eng gehalten in seiner inneren Aufmerksamkeit.

Der geplante Errichtungsstandort befinde sich am westlichen Rand des Murtales, im Einmündungsbereich des S. Baches. In diesem Bereich schiebe sich der P. Kogel südlich und bilde einen abrupten Taleingang. Das Murtal erstrecke sich in N-S-Richtung und berge in seiner Breite die wichtigsten Verkehrsachsen der Bahn, der L334 und der A9. Der Ortsteil K. erstrecke sich entlang der Bahnlinie und im Kreuzungsbereich in das Tal des S. Baches. Die Bahnlinie zeige sich als bestimmend und grenze den Ortsbereich zur Mur hin ab. Durch diese Grenze, das einmündende Tal und durch die Verkehrsachse der Landesstraße L334 werde der geplante Errichtungsstandort gekennzeichnet.

Zum Gutachten des Architekten Dipl. Ing. F. wird ausgeführt, schon in dessen Befundaufnahme würden Sichtbeziehungen mit Wertigkeiten belegt, Ziele und Stimmungsbilder genannt, welche eine Ablehnung des Bauvorhabens bereits präjudizierten. Einerseits werde zwar Brauchtum bemüht, um eine gesellschaftspolitische Tätigkeit hervorzustreichen, anderseits würden gravierende Gegebenheiten, wie z.B. die Bahnlinie, nicht einmal erwähnt. In der detaillierten Beschreibung des in der Nähe befindlichen Naturschutzgebietes werde ein weiterer Versagungsgrund konstruiert und dies werde wiederum mit den Sichtbeziehungen begründet. Die Grundlagen der ortsplanerischen Beurteilung des Architekten Dipl. Ing. F. seien weder klar noch in der Aussage schlüssig. Einerseits werde die Redewendung "Orts- und Landschaftsbild" als einheitlicher Begriff definiert, im folgenden Absatz aber von Wechselwirkungen und somit von Unterschieden im Orts- und Straßenbild und im Landschaftsbild gesprochen. Diese Unklarheit werde weitergeführt mit Spekulationen über Sendetechnologien und einer Gegenüberstellung von konstruierter "Zerstörung" von Althergebrachtem und Neuem. Die Entwicklung aller Lebensbereiche, welche auch im gegenständlichen Bereich erfolgt sei, führe zu gemeinsam mit dem Bestand zu bewertenden Neuerungen. Das Gutachten des Amtssachverständigen sei somit weder vollständig noch schlüssig.

Architekt Dipl. Ing. P. führte sodann im Wesentlichen aus, die wohl markanteste Achse und gleichzeitig auch ortsbestimmende Komponente bilde die Bahnlinie, welche das Gebiet nach O hin so abgrenze, dass eine Zäsur in Richtung Murtal stattfinde. Das Murtal sei in seiner Breite kaum spürbar, dafür richte sich der Ortsteilbereich an den Verkehrsknoten der L334 und der L315. Dieser Kreuzungspunkt bilde einen engen Bereich, welcher sich in N-S-Richtung und in W-Richtung öffne. Die umgebenden Gebäude träten in den Hintergrund und eine "Verdichtung" am Knoten finde statt. Die innere Einsichtigkeit und Sichtbeziehung sei eingeschränkt und bei einer Annäherung sowohl von N als auch von S her werde der geplante Errichtungsstandort sehr spät wahrgenommen. Lediglich bei der Annäherung von W her sei die Aufmerksamkeit größer, da die Kreuzung auch den Talausgang bilde und die Straße zur Kreuzung hin falle. Diese Aufmerksamkeiten seien allerdings durch die Talführung und die Straßenkurve ebenfalls beschränkt. Es könne somit von kleinteiligen und kurzen Sichtbeziehungen ausgegangen werden. Von außerhalb des Ortsteiles seien Sichtbeziehungen vom Naturschutzgebiet und von den anderen Höhenrücken gegeben, welche im Gegensatz zum Ortsteil das Erfassen des ganzen Talbereiches zuließen. Diese Sichtbeziehungen von den Höhenrücken seien jedoch von der Weite des Tales und den Verkehrsachsen, vor allem jener der ÖBB, überlagert und reduzierten die Aufmerksamkeit. Naturgemäß sei eine Antennenanlage in dieser Größe ein Aufmerksamkeit erregendes Gebäude, aufgrund der engen Wahrnehmbarkeit und der Lage an dem Verkehrsknoten jedoch dem Ortsbild durchaus verträglich. Durch die vorhandenen Bauformen unterschiedlichster Funktionen sei auch kein explizit schützenswertes Ortsbild erkennbar.

Mit Bescheid vom 16. Jänner 2009 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde das Bauansuchen ab. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nach dem einwandfrei nachvollziehbaren Gutachten des Architekten Dipl. Ing. F., von dessen inhaltlicher Richtigkeit die Baubehörde überzeugt sei, eindeutig belegt sei, dass das geplante Vorhaben eine eklatante Beeinträchtigung des Ortsteiles K. im Sinne des § 43 Abs. 2 Z. 7 Stmk BauG darstellen würde und damit keine Bewilligungsfähigkeit des Projektes gegeben sei.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. August 2009 abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, es könne die Ansicht, das Gutachten des Architekten Dipl. Ing. F. sei nicht schlüssig, nicht nachvollzogen werden. Das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gutachten sei nicht geeignet, Zweifel an dessen Richtigkeit zu wecken. Auch die Berufungsbehörde teile die Ansicht der erstinstanzlichen Behörde, dass das eingereichte Vorhaben im Widerspruch zur weiteren Dorfentwicklung stehe und nachhaltig das bestehende Orts- und Landschaftsbild beeinträchtige. Es entspreche somit nicht den allgemeinen Anforderungen gemäß § 43 Stmk BauG und es sei damit keine Bewilligungsfähigkeit gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die Vorstellung vom 9. September 2009, die mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 18. Oktober 2010 als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, der geplante Standort im Ortsteil K. im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Marktgemeine am Fuße des P. Kogels und die Lage im Ortsgebiet seien sowohl im Gutachten des Architekten Dipl. Ing. F. als auch in jenem des Architekten Dipl. Ing. P. ausreichend beschrieben worden. Am geplanten Standort, dem Umfeld der Nahverkehrshaltestelle S., lasse sich die Problematik des unmittelbaren Zusammentreffens von hochrangiger Verkehrsinfrastruktur mit kleinmaßstäblichen dörflichen Strukturen erkennen. Neben den gewichtigen Nachteilen, dass sich die Bahndämme mit zunehmender Geschwindigkeit und Frequenz der Züge zu scharfen Grenzlinien und Barrieren entwickelt hätten, sei als gewichtiger Vorteil der Umstand zu werten, dass diese hochrangige Bahnlinie auch für den regionalen Verkehr genutzt werde und eine Haltestelle für den Nahverkehr im zentralen Bereich der Ortschaft direkt neben den Wohngebieten liege. Das im Befund beschriebene, unmittelbar ortsbildrelevante Umfeld des Errichtungsstandortes werde derzeit geprägt durch die dicht an die Bahn heranreichend Bebauung westlich der Bahn mit den für derartige Ortschaften typischen Gärten und Freiflächen, zwei Park & Ride Parkplätze sowie durch die leicht abgesenkte Bahnlinie und die im Bereich der Bahnunterführung sehr großzügige L334. Die Bahnlinie stelle für die Siedlungsentwicklung eine "natürliche" Grenze dar. Auch wenn auf dem schmalen Streifen zwischen Fluss und Bahnlinie einige Gebäude stünden, seien diese für die Charakteristik des Ortes nicht relevant.

Wenn Architekt Dipl. Ing. P. dem von der Behörde beigezogenen Sachverständigen Architekt Dipl. Ing. F. vorwerfe, er habe nicht im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juni 1987, Zl. 84/06/0183, gehandelt, und argumentiere, "es liegt durchaus nicht im Belieben des Sachverständigen eine Auswahl jener Elemente vorzunehmen, aus denen er das Ortsbild zusammensetzt, vielmehr muss die gesamte Lage in Umgebung berücksichtigt werden", könne dem nicht unbedingt zugestimmt werden. Der Amtssachverständige habe nämlich die beengte landschaftliche Situation zureichend beschrieben und erfasst und die Störung durch einen derartigen Antennenmast im zentralsten Bereich des Ortes richtig erkannt.

Die ortsräumliche Situation und das gegebene Ortsbild hingen ursächlich mit der Entwicklung dieses Ortsteiles zusammen, wo sich Wohnsiedlungen, und nicht ein "Mischmasch" unterschiedlichster Nutzungen, "ein Gebiet mit unterschiedlichen Funktionen, Bauweisen und Formen" an der bereits bestehenden Bahnlinie, trotz aller damit verbundenen Nachteile und ihrer Grenz- und Barrierewirkung, entwickelt hätten. Die Bahnlinie sei schon vor der Siedlungsentwicklung der letzten Jahrzehnte vorhanden gewesen und als ein begrenztes Element analog einem Fluss oder einer Stadtmauer zu werten und nicht als ein den Ort zerschneidendes Element in Richtung Murtal, wie dies Architekt Dipl. Ing. P. formuliert habe, weshalb ein "gemeinsames Ortsbild", also eine schutzwürdige, durch gemeinsame Charakteristik geprägte Umgebung westlich der Bahnlinie sehr wohl vorhanden sei. Wesentlich für die Beurteilung der Situation sei auch, dass es sich beim Errichtungsstandort nicht um irgendeinen beliebigen Punkt entlang der Südbahnstrecke handle, sondern um einen Nahverkehrshaltestellenbereich. Eine Telekommunikationsanlage sei weder eine für den Bahnbetrieb oder einen Haltestellenbereich unabdingbare technische Einrichtung noch könne sie als für den Bereich einer Ortschaft unbedingt notwendiges Element gesehen werden.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Die mitbeteiligte Marktgemeinde hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

4.1. In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, es werde im angefochtenen Bescheid nicht auf die Einwendungen der Vorstellung Bezug genommen, wonach Architekt Dipl. Ing. F. nicht gerade geringfügige Gegebenheiten, wie z.B. die Bahntrasse und Bahnlinie bzw. die Autobahn, in seinem Befund bzw. Gutachten unerwähnt lasse. Ungeachtet dessen werde der angeblich hinreichende Befund von der belangten Behörde aber dergestalt zitiert, dass das ortsbildrelevante Umfeld durch die dicht an die Bahn heranreichende Bebauung westlich der Bahn mit den für derartige Ortschaften typischen Gärten und Freiflächen, zwei Parkand-Ride Parkplätzen sowie die leicht abgesenkte Bahnlinie und die im Bereich der Bahnunterführung sehr großzügig ausgebaute L334 geprägt werde. Der Beschwerdeführerin sei nicht bekannt, welches allfällig noch zusätzliche Amtsgutachten der belangten Behörde vorgelegen sei. Im Ortsbildgutachten des Sachverständigen Architekt Dipl. Ing. F. vom 21. August 2010 seien mit keinem einzigen Satz die leicht abgesenkte Bahnlinie, zwei Park & Ride Parkplätze oder die Bahnunterführung beschrieben worden. Während der Sachverständige Dipl. Ing. P. ausführe, dass die wohl markanteste Achse und gleichzeitig ortsbestimmende Komponente die Bahnlinie sei, welche das Gebiet nach Osten hin abgrenze, sodass eine Zäsur in Richtung Murtal gegeben sei, werde diese Bahnlinie im Gutachten des Amtssachverständigen gar nicht erwähnt. Die eigenen Schlussfolgerungen der belangten Behörde ergäben sich nicht aus dem Akt; es obliege nicht der belangten Behörde, selbst ein Ortsbildgutachten zu erstellen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Bahnlinie analog einem Fluss zu sehen sei. Die belangte Behörde widerspreche sich selbst, wenn sie einerseits die Bahnlinie in ihrer Grenz- und Barrierewirkung beschreibe, und anderseits ausführe, dass diese keine Zäsur darstelle und analog einem Fluss kein zerschneidendes Element sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb ein Nahverkehrshaltestellenbereich besonders ortsbildrelevant und schutzwürdig sein solle. Hiezu gebe es keine gesetzliche Grundlage oder Judikatur; es werde hierauf auch von keinem der beiden Ortsbildsachverständigen Bezug genommen. Ebenso spiele es hinsichtlich der Beeinträchtigung des Ortsbildes keine Rolle, dass eine Telekommunikationsanlage weder für den Bahnbetrieb noch für den Haltestellenbereich eine unabdingbare Einrichtung sei. Ein angeblicher Nahverkehrshaltestellenbereich mit einer sehr bestimmenden Bahnlinie und den zu berücksichtigenden Verkehrsachsen der L334 und der Autobahn A9 sei kein explizit schützenswertes Ortsbild mehr. Die belangte Behörde folge über weite Teile nicht dem Gutachten des Amtssachverständigen, sondern habe eigene, nicht durch eine sachverständige Aussage fundierte Erwägungen angestellt. Darüber hinaus habe sie einen Befund als Grundlage herangezogen, der sich im angeblich als schlüssig und nachvollziehbaren Gutachten des Amtssachverständigen gar nicht finde, wenn sie zwei Park & Ride Parkplätze, die Bahnlinie, die Bahnunterführung usw. beschreibe. Ebenso sei auch die Beschreibung der ortsräumlichen Situationen, wo sich angeblich Wohnsiedlungen und nicht ein "Mischmasch" unterschiedlicher Nutzungen an der bereits bestehenden Bahnlinie und ihrer Grenz- und Barrierewirkung entwickelt hätten, weder durch ein Sachverständigengutachten noch sonst irgendwie aus dem Akt ableitbar.

Die belangte Behörde vermenge den richtigen Befund des Architekten Dipl. Ing. P. mit jenem des Architekten Dipl. Ing. F. und entwickle daraus eigene Schlussfolgerungen, wofür aber keine aktenmäßige Grundlage bestehe. Aus dem Akt ergebe sich weder, dass nach Aussage eines Gutachters ein Nahverkehrshaltestellenbereich besonders ortsbildschutzwürdig wäre, noch dass die Bahnlinie für die Stadtentwicklung eine "natürliche" Grenze darstelle oder dass sich nicht ein Mischmasch unterschiedlicher Nutzung an der bereits bestehenden Bahnlinie entwickelt hätte sowie dass sich unmittelbar im Umfeld des Errichtungsstandortes die für derartige Ortschaften typischen Gärten und Freiflächen sowie zwei Park & Ride Parkplätze (der Amtssachverständige beschreibe einen Parkplatz und eine Festwiese) entwickelt hätten.

Irrelevant, aber auch aktenwidrig, weil keine Sachverhaltsgrundlage gegeben sei, seien jene Ausführungen, wonach eine Telekommunikationsanlage für einen Bahn- oder Haltestellenbereich nicht unabdingbar technisch notwendig sei oder wonach zwar eine Bahn zur Zeit der Errichtung als Gunst der Lage gewertet worden sei, nunmehr die Bahndämme sich aber mit zunehmender Geschwindigkeit und Frequenz der Züge zu scharfen Grenzlinien und Barrieren entwickelten, jedoch hier als wesentlicher Vorteil zu berücksichtigen sei, dass die hochrangige Bahnlinie auch für den regionalen Verkehr genützt werde.

4.2. Gemäß § 43 Abs. 2 Z. 7 Stmk BauG, LGBl. Nr. 59/1995 (Stammfassung), muss ein Bauwerk derart geplant und ausgeführt werden, dass es in seiner gestalterischen Bedeutung dem Straßen-, Orts- und Landschaftsbild gerecht wird. Hierbei ist auf Denkmäler und hervorragende Naturgebilde Rücksicht zu nehmen.

Unter Ortsbild ist in erster Linie die bauliche Ansicht eines Ortes oder Ortsteiles einer Gemeinde zu verstehen, gleichgültig ob nun die Betrachtung von innen oder von einem Standpunkt außerhalb des Ortes erfolgt. Geprägt wird dieses Ortsbild grundsätzlich von den baulichen Anlagen eines Ortes selbst. Damit ergibt sich aber zwangsläufig, dass auch der Schutz des Ortsbildes mit den baulichen Anlagen eines Ortes untrennbar verbunden ist, wenn auch in diesem Zusammenhang Gesichtspunkte miteinbezogen werden, die über die Wirkung dieser baulichen Anlagen hinausgehen und etwa auch noch die bildhafte Wirkung von Grünanlagen, Parklandschaften, Schlossbergen und dergleichen mitumfassen, die neben den baulichen Anlagen dem jeweiligen Ortsbild das Gepräge geben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. August 2010, Zl. 2008/06/0093).

Es kommt somit wesentlich auf die Ansicht an, die sich bei der Betrachtung des Ortsbildes bietet, in dem die gegenständliche Anlage errichtet werden soll, und welche Auswirkungen der Bau auf diese Ansicht hat. Nicht hingegen kommt es darauf an, welche Sichtbeziehungen oder Blickbeziehungen insgesamt in der Umgebung bestehen und welche Auswirkungen der Bau auf diese hat, solange diese Beziehungen nicht die Ansicht des Ortsbildes am Errichtungsort betreffen, also etwa das Bauvorhaben, insbesondere wegen seiner Breite, den Blick auf das relevante Ortsbild verstellt oder verändert (vgl. auch dazu das vorzitierte Erkenntnis vom 17. August 2010).

Soweit die belangte Behörde selbst umfangreiche Überlegungen zum Ortsbild anstellt, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Frage der Auswirkung einer Anlage auf das Ortsbild jedenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen zu beurteilen ist, der die konkrete örtliche Situation zu beschreiben hat. Die Behörde hat das vom Sachverständigen erstattete Gutachten auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls als Grundlage ihrer Entscheidung heranzuziehen. Bei einander widersprechenden Gutachten muss die Behörde, wenn sie einem folgt, begründen, warum sie dem einen Beweisergebnis den Vorrang eingeräumt hat (vgl. auch dazu das vorzitierte Erkenntnis vom 17. August 2010).

So ist die belangte Behörde aber nicht vorgegangen. Sie hat eigene, nicht durch eine sachverständige Aussage fundierte Erwägungen angestellt. Diese Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Bescheidbegründung zum Ortsbild erweisen sich schon deshalb, weil sie nicht auf entsprechenden Sachverständigenerhebungen und Begutachtungen beruhen, als von vornherein nicht geeignet, die Entscheidung der belangten Behörde zu stützen, weshalb es sich erübrigt, auf sie weiter einzugehen.

Schließlich ist festzuhalten, dass für die Schlüssigkeit eines Gutachtens auch erforderlich ist, dass der Gutachter das relevante Straßenbild bzw. Ortsbild in seinem Befund nach sachlichen Gesichtspunkten nachvollziehbar abgrenzt. Es ist zwar möglich, dass es sich dabei um ein sehr weitreichendes Gebiet handelt, es bedarf aber jedenfalls einer sachlichen Begründung, weshalb das für die Beurteilung entscheidende Gebiet im Hinblick auf die gegenständliche Anlage insgesamt von Bedeutung ist, wobei es, wie nochmals hervorzuheben ist, auf die Ansicht dieses Gebietes ankommt, nicht aber bloß auf Sichtbeziehungen aus diesem Gebiet heraus bzw. über dieses Gebiet womöglich hinweg (vgl. das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom 17. August 2010).

Es bedarf einer eingehenden Befundaufnahme und Beschreibung hinsichtlich der in dem abgegrenzten Beurteilungsgebiet gegebenen baulichen Anlagen samt der weiteren einzubeziehenden Gesichtspunkte. Das Gutachten des Amtssachverständigen lässt eine solche Beschreibung vermissen. Darin finden sich beispielsweise keine Ausführungen hinsichtlich Haltestelle der Bahnlinie und der Park & Ride Parkplätze, die erst von der belangten Behörde selbst ohne Beiziehung eines Sachverständigen gemacht wurden.

5. Da die belangte Behörde nicht darauf einging, dass sich die Entscheidung der Gemeindebehörden auf ein nicht vollständiges bzw. nicht schlüssiges Sachverständigengutachten gestützt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. April 2013

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