Normen
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §81 Abs4 idF 2007/031;
BauRallg;
EMRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §81 Abs4 idF 2007/031;
BauRallg;
EMRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 7. August 2008 beantragte die mitbeteiligte Partei beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage auf der Liegenschaft D. Gasse 18 bis 20. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft Gst. Nr. 2056/80, welches die Bauliegenschaft an einem Eckpunkt zum Baulos 24, auf dem die Einheit Top 41 errichtet werden soll, berührt.
Mit Schreiben vom 27. Jänner 2009 erhob die Beschwerdeführerin als Nachbarin Einwendungen, die sie in der am 28. Jänner 2009 durchgeführten mündlichen Verhandlung aufrecht hielt. Eingewendet wurde die Errichtung einer Reihenhausanlage in unzulässiger Gruppenbauweise, die Nichterreichung der erforderlichen Mindestgröße einiger Baulose (darunter auch Nr. 24), die Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe, die Unzulässigkeit der Errichtung von Gemeinschaftsanlagen und von Immissionen. Bei der mündlichen Verhandlung wurde auch noch das Nachbarrecht auf Einhaltung von Abständen geltend gemacht.
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 17. Juli 2009 wurde die beantragte Baubewilligung für die Gartensiedlungsanlage mit 16 Wohneinheiten gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) erteilt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung u.a. der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nach dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. 6958, sei für das gesamte Gebiet des Bauvorhabens die Widmung Gartensiedlungsgebiet festgesetzt, wobei das Ausmaß der bebaubaren Fläche mit 100 m2 je Baulos bestimmt werde. Nach den weiteren relevanten Bestimmungen dürfe die Dachneigung mehr als 25 Grad betragen. Der höchste Punkt der zur Errichtung gelangenden Dächer dürfe die ausgeführte Gebäudehöhe um nicht mehr als 4 m überragen. Bei Gebäuden mit einer Größe von mehr als 5 m2 seien bei Ausführung von Flachdächern diese entsprechend dem Stand der technischen Wissenschaften als begrünte Flachdächer zu errichten.
Weiters hielt die belangte Behörde fest, die Gartensiedlungshäuser sollten teilweise freistehend errichtet und teilweise an die Grundgrenze der Baulose angebaut werden. In der Widmung Gartensiedlungsgebiet sei keine bestimmte Bauweise im Sinne des § 76 Abs. 1 BO festgelegt, sondern es sei lediglich der gegebenenfalls einzuhaltende Abstand sowie das Ausmaß der bebaubaren Fläche festgesetzt. Bestimme der Bebauungsplan das Ausmaß der bebaubaren Fläche, dann dürfe dieses Ausmaß nur bebaut werden, wenn es nicht mehr als ein Drittel der Fläche des Bauloses betrage, wobei die zulässig bebaute Grundfläche 150 m2 nicht überschreiten dürfe (§ 76 Abs. 11 BO). Wie den Einreichplänen zu entnehmen sei, werde dies bei sämtlichen 16 Gartensiedlungshäusern eingehalten, wobei die zulässige verbaubare Fläche von 100 m2 bei den Baulosen 18, 20 bis 23, 25 und 26 zwar ausgenützt, nicht aber überschritten werde. Diese Baulose würden eine Fläche von 316 m2 bis 524 m2 aufweisen, sodass auch dem Erfordernis, dass nicht mehr als ein Drittel der Baulosfläche verbaut werden dürfe, entsprochen sei. Die Vorschrift des § 76 Abs. 11 BO sei auch bei den Baulosen Nr. 19 und 24 bei einer geplanten bebauten Fläche von jeweils 50 m2 und einer Fläche des Bauloses von 270 m2 bzw. 250 m2 jedenfalls erfüllt.
Im Bebauungsplan werde die bebaute Fläche mit 100 m2 beschränkt, wobei diesbezüglich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht nach der Anzahl der Gebäude zu unterscheiden sei. Auch aus § 76 Abs. 11 BO lasse sich keine Regelung über die Anzahl der Gebäude auf einem Baulos entnehmen. Daran vermöge auch die Bezugnahme auf die bebaute Fläche nichts zu ändern. Festzuhalten sei, dass eine Bebauung in Gruppenbauweise iSd § 76 Abs. 5 BO, bei der die Mittelbauplätze von Bauplatzgrenze bis Bauplatzgrenze bebaut werden müssten, nicht vorliege.
Die Bestimmung über die flächenmäßige Mindestgröße der Baulose von 250 m2 (§ 16 Abs. 2 erster Satz BO) sei eine Sollbestimmung. Die Größe von Baulosen müsse lediglich ausreichend sein, um darauf und auf den angrenzenden Liegenschaften den Anforderungen der Bauordnung und des Bebauungsplanes entsprechende Gebäude errichten zu können. Dieses Erfordernis sei erfüllt.
Sämtliche Gartensiedlungshäuser würden entsprechend § 75 Abs. 7 BO eine einheitliche und zulässige Gebäudehöhe von weniger als 5,5 m aufweisen. Es sei klar ersichtlich, dass die iSd § 81 Abs. 2 BO ermittelte Gebäudehöhe an allen Gebäudefronten die höchstzulässige Gebäudehöhe von 5,5 m einhalte. Die der Dachform entsprechenden - auch gedachten - Giebelflächen blieben bei der Bemessung der Gebäudehöhe außer Betracht. Weiters entspreche auch der geplante Dachumriss den Bestimmungen des Bebauungsplanes, die vorsähen, dass die Dachneigung mehr als 25 Grad betragen und der höchste Punkt der zur Errichtung gelangenden Dächer die ausgeführte Gebäudehöhe um nicht mehr als 4 m überragen dürfe. Nach der planlichen Darstellung werde das zulässige Ausmaß der Dachhöhe bei den Gartensiedlungshäusern sogar unterschritten.
Soweit sich die Beschwerdeführerin auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 2007, Zl. 2005/05/0315, beziehe, sei zu bemerken, dass dieses Erkenntnis zur Ermittlung des Dachumrisses seit In-Kraft-Treten der Novelle LGBl. Nr. 31/2007 am 30. August 2007 nicht mehr relevant sei. Nach § 81 Abs. 4 BO dürfe durch das Gebäude jener Umriss nicht überschritten werden, der sich daraus ergebe, dass in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Anschluss der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad, im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad, von der Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt werde. Dies gelte auch für den Fall, dass im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe der Dächer festgesetzt sei. Sei im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Neigung der Dächer festgesetzt, sei der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend. Der Bebauungsplan sehe keinen bestimmten Winkel für die Dachneigung vor, sondern erkläre lediglich einen solchen von mehr als 25 Grad für zulässig, sodass auch die projektierte Dachneigung von 45 Grad zulässig sei. Der in diesem Sinne zu bildende Dachumriss werde durch die Gartensiedlungshäuser nicht überschritten.
Die Regelung, dass begrünte Flachdächer herzustellen seien, sei eine stadtgestalterische Vorschrift, aus der kein subjektivöffentliches Nachbarrecht ableitbar sei. Im Übrigen handle es sich jeweils bei dem obersten Abschluss des Gebäudes (First) um kein Flachdach im Sinne dieser Bebauungsbestimmung.
Zur möglichen Verletzung von Abstandsbestimmungen durch die Bebauung auf den Baulosen 1, 8 und 17 sei festzuhalten, dass der Nachbar nur dann betroffen wäre, wenn die Abstandsverletzung ihm zugewandte Fronten beträfe. Dies sei jedoch bezüglich der genannten Gartensiedlungshäuser, die nicht einmal Gegenstand des vorliegenden Baubewilligungsverfahrens seien, nicht der Fall.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in den für seine Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes und des Beschwerdevorbringens als auch hinsichtlich der zu beantwortenden Rechtsfragen - jenen, die dem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2010/05/0070, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, zu Grunde lagen.
Aus den dort dargelegten Gründen war auch die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EuGH hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werde.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 18. März 2013
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)