VwGH 2010/03/0175

VwGH2010/03/017523.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Tele2 Telecommunication GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Martin Parschalk, Rechtsanwalt in 80538 München, Oettingenstraße 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 20. September 2010, Zl M1/09 - 86, betreffend Feststellung beträchtlicher Marktmacht und Auferlegung spezifischer Verpflichtungen nach dem TKG 2003 (weitere Partei:

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie; mitbeteiligte Parteien: 1. A1 Telekom Austria AG in 1020 Wien, Lassallestraße 9, 2. Colt Technology Services GmbH in 1010 Wien, Kärntner Ring 10-12, 3. Energie AG Oberösterreich Data GmbH in 4021 Linz, Böhmerwaldstraße 3, 4. LinzNet Internet Service Provider GmbH in 4030 Linz, Flötzerweg 145, 5. Liwest Kabelmedien GmbH in 4040 Linz, Lindengasse 18,

  1. 6. UPC Austria GmbH, 7. UPC Austria Services GmbH,
  1. 8. UPC Broadband GmbH, 9. UPC Oberösterreich GmbH, jeweils in 1120 Wien, Wolfganggasse 58/60, 10. UPC Telekabel Klagenfurt GmbH in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 161, 11. UPC Telekabel Wien GmbH in 1120 Wien, Wolfganggasse 58-60, 12. UPC Telekabel-Fernsehnetz Region Baden Betriebsgesellschaft m.b.H. in 2514 Traiskirchen, Hauptplatz 13, 13. UPC Telekabel-Fernsehnetz Wiener Neustadt/Neunkirchen Betriebsgesellschaft m.b.H. in 2700 Wiener Neustadt, Bahngasse 8, 14. UPC Wireless GmbH in 1120 Wien, Wolfganggasse 58-60), zu Recht erkannt:

Normen

32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze Art7;
32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze ;
62003CJ0012 Kommission / Tetra Laval;
TKG 2003 §1;
TKG 2003 §129 Abs1;
TKG 2003 §129 Abs2;
TKG 2003 §34 Abs1;
TKG 2003 §37 Abs2;
TKG 2003 §37 Abs3;
TKG 2003 §37;
TKG 2003 §41;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze Art7;
32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze ;
62003CJ0012 Kommission / Tetra Laval;
TKG 2003 §1;
TKG 2003 §129 Abs1;
TKG 2003 §129 Abs2;
TKG 2003 §34 Abs1;
TKG 2003 §37 Abs2;
TKG 2003 §37 Abs3;
TKG 2003 §37;
TKG 2003 §41;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 37 Abs 2 TKG 2003 festgestellt, dass die erstmitbeteiligte Partei, A1 Telekom Austria AG (iF: A1), auf dem Endkundenmarkt "Zugangsleistungen für Privatkunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten" iSd § 1 Z 1 TKMV 2008 über beträchtliche Marktmacht verfügt (Spruchpunkt A).

Unter Spruchpunkt B wurden der A1 gemäß § 37 Abs 2 TKG 2003 näher konkretisierte spezifische Verpflichtungen auferlegt.

Spruchpunkt B.1 betrifft "Betreiber (Vor-)Auswahl", Spruchpunkt B.2 "Endkundenprodukte - Zugang und Gleichbehandlung", Spruchpunkt B.3 "Endkundenprodukte - Standardangebot", Spruchpunkt B.4 "Ex-ante Genehmigung", Spruchpunkt B.5 "Entgeltkontrolle", und Spruchpunkt B.6 "Getrennte Buchführung".

Die Spruchpunkte B.2 und B. 3 lauten:

"B.2 Endkundenprodukte - Zugang und Gleichbehandlung A1 Telekom Austria AG hat gemäß § 41 Abs 1 TKG 2003 iVm § 41 Abs 2 Z 2 TKG 2003 und unabhängig davon, ob sie selbst ein Voice over Broadband-Endkundenprodukt vertreibt,

B.2.1 auf Vorleistungsebene ein Voice over Broadband-Zugangsprodukt anzubieten, das von alternativen Betreibern auch ohne gleichzeitigen Bezug eines Breitbandinternetproduktes der A1 Telekom Austria AG nachgefragt werden kann. Das ist durch A1 Telekom Austria AG auch dann zu ermöglichen, wenn der Endkunde weder ein POTS- noch ein ISDN-Produkt von A1 Telekom Austria AG bezieht;

B.2.2 das in Spruchpunkt B.2.1 angeführte Voice over Broadband-Zugangsprodukt so zu gestalten, dass es alternativen Betreibern möglich ist, nichtdiskriminierend und aus eigener Hand Zugang und Nutzung von Sprachtelefonie in Form von Voice over Broadband anzubieten;

B.2.3 das in Spruchpunkt B.2.1 angeführte Voice over Broadband-Zugangsprodukt mit einer Bandbreite von zumindest 192/192 kbit/s inklusive einem Datenvolumen (Down- /Upload) von zumindest 2,4 GB anzubieten. Bei Überschreitung dieser GB-Grenze (Gesamtverbrauch aller angeschlossenen Kunden eines konkreten alternativen Anbieters) hat die Abrechnung nach verbrauchtem Datenvolumen und in 1 GB-Schritten zu erfolgen.

A1 Telekom Austria AG hat gemäß § 38 TKG 2003

B.2.4 bei Einführung neuer Endkundenprodukte, die den Zugang von Privatkunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten erfordern, die dafür notwendige Vorleistung iSd Spruchpunktes B.2.1 spätestens zeitgleich und zu denselben Bedingungen und mit der gleichen Qualität anzubieten, wie sie diese sich selber, verbundenen oder anderen Unternehmen bereitstellt. Im Falle der Einführung neuer Voice over Broadband-Endkundenprodukte haben sich die technischen Parameter der dafür notwendigen Zugangsprodukte auf Vorleistungsebene an den von A1 Telekom Austria AG angebotenen Voice over Broadband-Endkundenprodukten zu orientieren;

B.2.5 Nachfrager der in Spruchpunkt B.2.1 angeführten Vorleistungsprodukte über einschlägige Änderungen, wie insbesondere die Einführung neuer Voice over Broadband-Produkte auf Endkundenebene aber auch bei technischen Veränderungen, mindestens vier Wochen vor Einführung des entsprechenden Endkundenproduktes zu informieren;

B.2.6 auf begründete Nachfrage den gemeinsamen Bezug eines VoB-Zugangsproduktes und eines Bitstream-Vorleistungsproduktes von A1 Telekom Austria AG auf der gleichen Teilnehmeranschlussleitung zuzulassen.

B.3 Endkundenprodukte - Standardangebot

A1 Telekom Austria AG hat gemäß § 38 TKG 2003

B.3.1 für das Voice over Broadband-Zugangsprodukt nach Spruchpunkt B.2.1 gemäß § 38 Abs 3 TKG 2003 binnen acht Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides ein Standardangebot auf ihrer Unternehmenswebseite zu veröffentlichen und laufend auf aktuellem Stand zu halten. Dieses Standardangebot hat folgende näher zu konkretisierende Mindestinhalte aufzuweisen:

"5.1. Spezifische Verpflichtungen auf Vorleistungsebene

5.1.1. Betreiber(vor)auswahl

Die Betreiber(vor)auswahl ermöglicht es alternativen Betreibern ohne direkten Zugang zum Teilnehmer, Verbindungsleistungen am Endkundenmarkt anzubieten und schafft so durch die Ermöglichung von Verbindungsleistungen zusätzlich zu Zugangsleistungen eine zentrale Voraussetzung für effektiven Wettbewerb auf den Verbindungsmärkten und unterbindet so gewisse Möglichkeiten der Marktmachtübertragung auf Verbindungsmärkte.

5.1.2. Entbündelung

Die Entbündelung ist die bedeutendste Alternative zur Errichtung eigener Anschlüsse. Die Existenz der in städtischen Bereichen operativen Kabelnetzbetreiber, die Resale-Verpflichtung (Wholesale Line Rental, 'Resale Alt') und die nur ansatzweise etablierte und lediglich für Nichtprivatkunden vorgesehenen Naked-DSL Verpflichtung ändern daran nichts.

Entbündelung ist in Österreich seit Mitte des Jahres 1999 verfügbar. Seither wurden die Nutzungsmöglichkeiten laufend erweitert. So wurden mittels Entbündelung Anreize für ein kostengünstiges Angebot innovativer breitbandiger Dienste vor allem im Internetbereich geschaffen, die von UPC (inkl. Inode), Tele2 sowie zahlreichen regionalen Anbietern auch teils intensiv genutzt werden. Gemittelt über Privat- und Geschäftskundenanschlüsse sind rund 13 % aller Leitungen der A1 Telekom tatsächlich entbündelt. Ein flächendeckender Ersatz für eine entsprechende Endkundenregulierung ist die Entbündelungsverpflichtung allein aufgrund ihrer tatsächlichen Marktbedeutung und trotz beobachtbarer Zuwächse für Privatkundenanschlüsse bislang aber keinesfalls.

Das zukünftige Potenzial der Entbündelung wie auch der festen Teilnehmeranschlüsse insgesamt ist zudem stark von der intermodalen Wettbewerbsentwicklung abhängig bzw könnten hier die Zuwächse der letzten Jahre von einer weiter anhaltenden Verbreitung von mobilen Breitbandprodukten gefährdet sein.

Insgesamt ist eine substanzielle Replizierbarkeit von Anschlüssen für Privatkunden auf Basis der Entbündelungsverpflichtung für die nahe Zukunft nicht zu erwarten.

5.1.3. Mietleitungen - Multi-ISDN

Auf dem gegenständlichen Zugangsmarkt für Privatkunden ist die Bedeutung dieser Zugangsform vernachlässigbar. Diese Vorleistungsregulierung ist kein Ersatz für eine Endkundenregulierung.

5.1.4. Naked-DSL

Mit dem von A1 Telekom derzeit angebotenen 'Naked-DSL' existiert ein Zugangsprodukt, das in regulatorischer Hinsicht eine funktional ähnliche Zielsetzung wie Wholesale Line Rental (siehe dazu Punkt B 5.2.1) verfolgt und zudem auf Basis neuer Technologie weitaus geringere Implementierungskosten und Markteintrittsbarrieren mit sich bringt.

Es ist allerdings angesichts der ausgebliebenen Auswirkungen dieses Vorleistungsproduktes nicht zu erwarten, dass die Effekte von Naked-DSL (das außerdem nur hinsichtlich der Anbindung von Nichtprivatkunden von A1 Telekom verpflichtend anzubieten ist) innerhalb der kommenden beiden Jahre stark genug sein werden, um den gegenständlichen Zugangsmarkt in dieser Periode gegen effektiven Wettbewerb tendieren zu lassen.

Hinsichtlich des angeordneten Zugangsproduktes auf Basis VoB wird auf Punkt B.5.2.2 der Feststellungen verwiesen.

5.2. Spezifische Verpflichtungen auf Endkundenebene

Es ist darauf zu achten, dass keine überhöhten Preise verlangt werden, der Eintritt neuer Marktteilnehmer nicht behindert wird und Dienste bei clusterübergreifenden Angeboten nicht wettbewerbswidrig gebündelt werden. Obwohl einerseits kontrollierende Preisregulierungsformen erforderlich sind, bedarf es andererseits angesichts der im gesamten Festnetzbereich seit Jahren bestehenden Überkapazitäten einer notwendigen Flexibilisierung, damit das Incumbent Unternehmen sowie alle anderen ANB in geeigneter Form auf den intermodalen Wettbewerbsdruck von mobiler Seite reagieren können.

Eine völlige Deregulierung stellt keine Regulierungsoption dar, da auf dem gegenständlichen Zugangsmarkt für Privatkunden i) kein hinreichend effektiver Wettbewerb gegeben ist und ii) die Maßnahmen auf Vorleistungsebene den Wettbewerb auf Endkundenebene auf absehbare Zeit nur bedingt beeinflussen können.

Auf Endkundenebene ist daher zur Ergänzung der Vorleistungsregulierung nach geeigneten Alternativen zur vergleichsweise strengeren Kostenorientierungsverpflichtung zu suchen, um mehr Preisflexibilität zu ermöglichen. Bei der Umsetzung ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, dass sich - wie auch bisher - auf Endkundenebene wettbewerblich relevante Unterscheidungen (insbesondere hinsichtlich der Kundengruppe) auf Vorleistungsebene nicht abbilden lassen. Zudem muss auch den auf Endkundenebene identifizierten Wettbewerbsproblemen regulatorisch entsprochen werden.

5.2.1. Resale (Wholesale Line Rental)

Die spezifische Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl entfaltet ihre Wirkung auf den Verbindungsmärkten; die auf diesem Zugangsmarkt festgestellten Wettbewerbsprobleme der überhöhten Preise sowie der Bündelung von Produkten bleiben daher unberührt von der Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl auf diesem Zugangsmarkt weiterhin bestehen.

Diesen Problemen könnte mit der erstmals bereits in den Bescheiden zu M 1/03 bzw M 1/06 explizit verankerten Resaleverpflichtung begegnet werden, um damit wettbewerbliche Impulse auf den Endkundenanschlussmärkten zu setzen.

Unter dem Begriff 'Resale' ('Wholesale Line Rental' (WLR), 'Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung') wird ein Bündel von Dienstleistungen verstanden, die A1 Telekom im Zusammenhang mit der Bereitstellung von POTS- bzw. ISDN-Anschlüssen auch gegenüber eigenen Endkunden anbietet. Diese Leistungen werden im Allgemeinen mit dem vom Endkunden zu bezahlenden Grundentgelt abgegolten; es handelt sich zB um die Bereitstellung eines POTSbzw ISDN-Basis-Zugangs zum Sprachtelefondienst und zu verbundenen Diensten. Die Verfügbarkeit derartiger Leistungen im Rahmen eines Großhandelsangebotes soll es auch jenen Wettbewerbern, die nicht über eine eigene Anschlussnetzinfrastruktur verfügen und daher bisher nur auf Basis der Betreiber(vor)auswahl Verbindungsleistungen anbieten konnten, ermöglichen, ihren Endkunden im Bereich der Festnetzsprachtelefonie ein Gesamtpaket aus Anschluss- und Verbindungsleistung anbieten zu können. Dieses Regulierungsinstrument zielt darauf ab, zu verhindern, dass vertikal integrierte Unternehmen, die über beträchtliche Marktmacht beispielsweise auf dem gegenständlichen Zugangsmarkt verfügen, den Zugang zu ihrem Vorleistungsprodukt verweigern und damit ihre Marktmacht auf andere Märkte übertragen.

Die letzten Jahre haben aber gezeigt, dass das 'Wholesale Line Rental' in der ursprünglichen Konzeption am Markt nicht angenommen und verwirklicht worden ist und daher keine wettbewerblichen Impulse auf der Endkundenebene bewirken konnte. Auch hinsichtlich der nächsten Jahre ist nicht damit zu rechnen, dass sich an dieser Situation etwas ändern wird, da der Vertrieb von bloßen Sprachanschlüssen für alternative Anbieter inzwischen als nicht mehr ausreichend lukrativ angesehen wird und daher Sprache-Breitband-Bündel über ULL oder allenfalls Bitstream angeboten werden, wo die Eintrittskosten wesentlich geringer sind. Die bei Umrüstung des PSTN-Netzes von A1 Telekom entstehenden Kosten zur Implementierung von 'Wholesale Line Rental' sind beträchtlich.

5.2.2. Replizierbarkeit von Endkundenprodukten - 'stand alone VoB-Zugangsprodukt'

5.2.2.1. Grundsätzliches zu VoB-Zugangsprodukten aus Endkundensicht

Für den Endkunden ist ein VoB-Anschluss von einem POTS/ISDN Anschluss meist nicht zu unterscheiden. Da VoB-Anschlüsse vielfach nicht als solche vermarktet werden, sondern als Standard Festnetztelefonieprodukte und es auch hinsichtlich der Produkteigenschaften kaum Unterschiede gibt, werden sie von den Endkunden nicht als solche wahrgenommen.

Bei VoB-Anschlüssen besteht, wie bei POTS/ISDN-Anschlüssen, die Möglichkeit, Faxe zu versenden und zu empfangen. Telefonbucheinträge sind ebenfalls möglich. Die Erreichbarkeit von Notrufdiensten ist gleichfalls gegeben. Bei einem stand alone VoB-Produkt ist die Einwahl ins Internet über ein Modem technisch möglich, bei Kombinationsprodukten mit Breitbandinternet ist der Zugang zum Internet ohnehin sichergestellt.

Darüber hinaus stehen zahlreiche Zusatzdienste, wie Anrufbeantworter, Rufnummernsperre, Rufnummernanzeige und Rufnummernunterdrückung etc, auch bei VoB-Anschlüssen zur Verfügung.

Zur Nutzung eines Zugangsproduktes auf Basis VoB ist ein Modem erforderlich. UPC bietet beispielsweise ein Modem an, das zahlreiche zusätzliche Features umfasst: Router, LAN-Switch, Telefonanschluss, WLAN-N Access Point, Firewall und USB 2.0 Anschluss für Drucker und externe Festplatten, DECT Basisstation (für bis zu 6 analoge Schnurlostelefone), integriertes Fax und Anrufbeantworter (siehe auch: http://www.upc.at/internet/takeit_easy ).

Für den Endkunden ist keine gesonderte Installation oder Konfiguration des Modems erforderlich, sondern es muss lediglich ein Telefonapparat an der Telefonbuchse des Modems angesteckt werden (Plug & Play). Zusätzliches Equipment ist nicht erforderlich, ein herkömmlicher Stromanschluss ist hingegen Voraussetzung wie dies etwa auch bei DECT-basierten Anschlüssen, Faxen und Anrufbeantwortern der Fall ist.

Zur Führung von ein- und ausgehenden Gesprächen ist es nicht erforderlich, einen PC einzuschalten, Gespräche können über ein herkömmliches Telefon (auch DECT-Schnurlostelefon) geführt werden.

5.2.2.2. Grundsätzliches zu VoB-Zugangsprodukten aus Betreibersicht

Seitens der Anbieter (Betreiber) sind aus technischer Sicht Unterschiede zwischen POTS/ISDN Anschlüssen und VoB-Anschlüssen gegeben. Markteintritte (auch auf Basis von VoB) erfolgten in der Vergangenheit auf Basis von Entbündelung und eigener Infrastruktur (CA-TV). Diese Technologien ermöglichen jedoch nur ein geographisch eingeschränktes Angebot ('footprint'). Möchten alternative Anbieter österreichweit VoB-Anschlüsse anbieten, so ist dies derzeit nur auf Basis des Bitstream (naked-DSL) Angebots (in Kombination mit Breitband) der A1 Telekom möglich.

Dieses Angebot - das nur in Kombination mit einem Breitbandanschluss ('VoB-Zusatzoption' von A1 Telekom) bezogen werden kann - wird jedoch nicht ausreichend wahrgenommen, um Wettbewerb auf den Endkundenzugangsmärkten sicherstellen zu können. Es existieren per Q4/2009 rund 2,7 Mio Festnetzanschlüsse und etwa 1,9 Mio feste Breitbandanschlüsse. Etwa 800.000 Endkunden besitzen daher nur einen stand-alone Festnetzanschluss.

5.2.2.3. Bisher auf diesem Markt angebotene VoB-Zugangsprodukte

Derzeit bieten die Unternehmen UPC und Tele2 ein stand-alone VoB-Festnetzprodukt an. Die Tarife der beiden Unternehmen liegen mit 9,90 EUR und 13,90 EUR etwas unterhalb der Tarife von A1 Telekom. Die Festnetzanschlussprodukte der A1 Telekom (POTS) und die VoB-Anschlussprodukte alternativer Betreiber bewegen sich somit preislich in einem vergleichbaren Rahmen (ON 78). Eine allfällige Preiserhöhung bei schmalbandigen Zugangsleistungen würde entsprechende Wechselreaktionen zu stand-alone VoB-Anschlüssen bzw. VoB-Bündeln nach sich ziehen.

Seit 03.08.2009 bietet A1 Telekom das Vorleistungsangebot 'VoB-Zusatzoption' an. Darin ist das VoB-Profil 192/192 kBit/s inklusive 2,4 GB Datenvolumen enthalten. Auch die Bereitstellung des kundenseitigen Modems ist im Preis der VoB-Zusatzoption enthalten. Bei Überschreitung der GB-Grenze (Gesamtverbrauch aller an diesem Anschluss angeschlossenen Kunden) erfolgt die Abrechnung nach verbrauchtem Datenvolumen in 1-GB-Schritten.

Zur Belebung des Wettbewerbs ist auf dem gegenständlichen Zugangsmarkt ein Ersatz für das letztlich vom Markt nicht angenommene WLR-Zugangsprodukt mit möglichst geringen Markteintrittsbarrieren vorzusehen. Da es sich bei dem derzeitigen VoB-Vorleistungsprodukt der A1 Telekom um ein Produkt handelt, das ausschließlich im Bündel mit einem Breitbandvorleistungsprodukt (SDSL, naked-DSL, Best-Effort naked-DSL) bezogen werden kann, ist alternativ dazu von A1 Telekom ein VoB-Vorleistungsprodukt anzubieten, das ungebündelt, dh ohne gleichzeitigen Bezug eines Breitbandproduktes, nachgefragt werden kann. Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass mit einem VoB-Vorleistungsprodukt ein mit dem Verbindungsnetzbetrieb vergleichbarer Mehrwert auf Seiten von alternativen Anbietern erzielt werden kann.

Das Produkt ist dabei technisch so zu gestalten, dass es alternativen Betreibern möglich ist, wie A1 Telekom aus einer Hand Zugang und Nutzung von Sprachtelefonie in Form von VoB anzubieten. Aufgrund der Präferenz vieler Kunden für ein one-stop-shopping bzw. für eine einzige Rechnung sind von einem solchen Produkt wettbewerbliche Impulse sowohl für die Zugangsmärkte (privat/nicht privat) als auch den Gesprächsmarkt für Nichtprivatkunden zu erwarten. Mit einem VoB-Profil von 192/192 kbit/s inklusive 2,4 GB Datenvolumen kann auf diesem Zugangsmarkt Sprachtelefonie wirtschaftlich und auf einem technisch vergleichbaren Niveau durch ANB nachgebildet werden. Auch bei diesem Produkt hat die Bereitstellung des kundenseitigen Modems im stand-alone VoB-Zugangsprodukt enthalten zu sein.

Der angeordnete Zugang zu einem 'stand alone' VoB-Zugangsprodukt trägt zur Ermöglichung von gleichen Wettbewerbsbedingungen auf den Zugangsmärkten durch folgende Charakteristika bei: 1.) durch die Anschaltung der eigenen Endkunden Vorleistungserlöse als Teilnehmernetzbetreiber zu erzielen, 2.) durch den aus 1.) resultierenden größeren Spielraum (Skalierbarkeit) bei der Produktgestaltung und der Preissetzung insbesondere gegen wettbewerblichen Druck aus dem Mobilfunksektor mit größerer Flexibilität reagieren zu können, 3.) die größere Zukunftssicherheit im Hinblick auf die im EU-Telekompaket 2009 (Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, der Richtlinie 2002/19/EG über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung und der Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste, ABl L 337 vom 18.12.2009, S 37. und Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und - diensten, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz, ABl L 337 vom 18.12.2009, S 11.) nicht mehr verpflichtend aufzuerlegende Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl bei Vorliegen von beträchtlicher Marktmacht auf dem jeweiligen Zugangsmarkt,

4.) Grenzkosten in der Höhe von Null innerhalb gegebener Kapazität sowie, 5.) die Möglichkeit, über mehrere Endkunden eine Mittelung hinsichtlich der den Endkunden zur Verfügung zu stellenden Kapazität vornehmen zu können.

Vor dem Hintergrund möglicher zukünftiger VoB-Endkundenangebote ist jedenfalls der Zugang zu VoB-Vorleistungsprodukten, deren Parameter (Uploadgeschwindigkeit, Downloadgeschwindigkeit, Datenvolumen) sich an zukünftig von A1 Telekom angebotenen VoB-Endkundenprodukten orientieren sollen, zu ermöglichen. Insgesamt senkt ein solches VoB-Zugangsprodukt die Marktzutrittsbarrieren auf der Endkundenebene, verhindert so eine Marktmachtübertragung und unterstützt den Wettbewerb im Bereich der Endkundenmärkte für feste Sprachtelefonie insgesamt (ON 34).

Zur Umsetzung der angeordneten Gleichbehandlungsverpflichtung ist es erforderlich, dass A1 Telekom ein Standardangebot über das angeordnete stand-alone VoB-Zugangsprodukt legt, das es alternativen Anbietern ermöglicht, von A1 Telekom (nur) jene Leistungen zu beziehen, die für das Replizieren von auf den marktgegenständlichen Produkten aufbauenden Endkundenprodukten notwendig sind."

Die weiteren Ausführungen betreffen neben Mindestinhalten des Standardangebots noch Maßnahmen hinsichtlich Entgeltkontrolle (Punkt 5.2.3.), Bündelprodukte (Punkt 5.2.4.), getrennte Buchführung (Punkt 5.2.5.), und Transparenzverpflichtung (Punkt 5.2.6.).

Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde aus, die Feststellungen zum gegenständlichen Markt, zu den wettbewerblichen Verhältnissen, den einzelnen Indikatoren für Marktmacht sowie zu den Regulierungsoptionen ergäben sich "aus der eingehenden schlüssigen und nachvollziehbaren Untersuchung der Amtssachverständigen vom September 2009 (ON 34)".

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte die belangte Behörde zunächst - was näher ausgeführt wurde - dar, dass A1 auf dem gegenständlichen Markt über beträchtliche Marktmacht gemäß § 37 Abs 1 TKG 2003 verfüge.

Bei Darlegung der spezifischen Verpflichtungen führte die belangte Behörde zunächst aus, bei diesen handle es sich um komplementäre und nicht alternative Instrumente. Jedes für sich diene dazu, einzelnen Wettbewerbsproblemen zu begegnen. Nur beim Einsatz aller Instrumente sei sichergestellt, dass die Wettbewerbsprobleme tatsächlich und effektiv bekämpft werden könnten.

In weiterem führte die belangte Behörde dazu - unter anderem -

Folgendes aus:

"6.2.2. Endkundenprodukte - Zugang und Gleichbehandlung (Spruchpunkt B.2)

6.2.2.1.1. Zugang

Die Verpflichtung zur Zugangsgewährung dient gemäß den Feststellungen ferner dazu, es den Mitbewerbern der A1 Telekom auch auf den horizontal nachgelagerten Verbindungsmärkten zu ermöglichen, unterschiedliche Tarifoptionen (Bündel von Grundentgelt und Verbindungsminuten) und auch Spezialpakete aus einer Hand (one-stop-shopping) auf Basis VoB anzubieten, um ein vergleichbares preis- und marketingpolitisches Repertoire zur Verfügung zu haben wie A1 Telekom. Die Asymmetrie zwischen A1 Telekom und den alternativen Festnetzbetreibern hinsichtlich der Preisgestaltungsspielräume würde sich damit deutlich abschwächen. Durch die Möglichkeit zum one-stop-shopping und durch die Verfügbarkeit zusätzlicher Tarifoptionen durch ANB, die für Endkunden zusätzlich zur Verfügung stehen, erhöht sich potenziell auch die Gesamtwohlfahrt.

Die im Punkt B.2 des Spruches auferlegte Verpflichtung zur Bereitstellung eines Voice over Broadband-Zugangsproduktes bekämpft aus diesen Gründen die aus dem natürlichen Monopol des Anschlussbereiches resultierenden und festgestellten Wettbewerbsprobleme der 1.) Übertragung von Marktmacht durch Produktbündelung, Kampfpreise und Herbeiführung eines Margin Squeeze. Mittelbar trägt die damit bewirkte Wettbewerbsbelebung zur Bekämpfung der Wettbewerbsprobleme der 2.) nichtwettbewerblichen Preissetzung bei. Die angeordnete Verpflichtung ist ferner geeignet, die 3.) auf dem gegenständlichen Markt aufgrund der nicht leicht ersetzbaren Infrastruktur des Zugangsnetzes von A1 Telekom existierenden hohen Markteintrittsbarrieren zu reduzieren.

6.2.2.2. Zur Abwägung des angeordneten stand-alone VoB-Zugangsproduktes gegenüber einem WLR-Produkt

Angesichts des Umstandes, dass es das Quasi-Monopol der Teilnehmeranschlussleitung ist, welches den Ausgangspunkt der auf diesem Markt festgestellten Wettbewerbsprobleme darstellt, sind spezifische Verpflichtungen zur Bekämpfung dieser Wettbewerbsprobleme auf diesem Markt aufzuerlegen.

Die festgestellten Wettbewerbsprobleme können grundsätzlich sowohl mit der Anordnung des Zugangs zu einem WLR-Produkt alleine als auch mit der Anordnung des Zugangs zu einem stand-alone VoB-Zugangsprodukt gemeinsam mit einem WLR-Produkt bekämpft werden.

Da es in Österreich noch eine beträchtliche Zahl an Nachfragern gibt (Punkt B.5.2.2.4), die einen stand-alone Festnetzanschluss beziehen und keinen Bedarf nach Breitbandinternet haben, wird eine Verpflichtung für A1 Telekom, ein stand-alone Zugangsprodukt bereitzustellen, als erforderlich angesehen, um den Wettbewerb auf den Zugangsmärkten, der ursprünglich über das WLR-Angebot belebt werden sollte, zu stimulieren.

Es war die für A1 Telekom weniger eingriffsintensive Zugangsverpflichtung aufzuerlegen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitprüfung war daher 1.) zwischen der Option der alleinigen Auferlegung des Zugangs zu einem Voice over Broadband-Zugangsprodukt oder 2.) der Auferlegung des Zugangs zu einem Voice over Broadband-Zugangsprodukt gemeinsam mit einem WLR-Produkt abzuwägen.

6.2.2.2.1. Alleinige Auferlegung des Zugangs zu einem Voice over Broadband-Zugangsprodukt

Da A1 Telekom bereits jetzt ein Sprachtelefonieprodukt auf Basis VoB anbietet (siehe Punkt B.5.2.2 der Feststellungen) - wenn auch an den Bezug eines Breitbandinternetprodukts gekoppelt - ist davon auszugehen, dass A1 Telekom bereits über die notwendige Kompetenz zur kostengünstigen Bereitstellung eines solchen Produktes verfügt. Die Anforderungen zur bereitzustellenden Mindestbandbreite, zum inkludierten Datenvolumen sowie zu den zulässigen Abrechnungssprüngen finden ihre Rechtfertigung in der notwendigen Planbarkeit für alternative Anbieter sowie in der von A1 Telekom bereits angebotenen VoB-Zusatzoption. Die angeordneten Eckpunkte des stand-alone Zusatzproduktes sind ausreichend, um die Bereitstellung wettbewerbsfähiger Angebote durch alternative Anbieter gewährleisten zu können.

Die Feststellungen zeigen ferner, dass das VoB-Zugangsprodukt für alternative Anbieter die Möglichkeit mit sich bringt, Vorleistungserlöse zu generieren, nur niedrige Markteintrittsbarrieren verursacht, auf individuelle Nachfrage gut skalierbar ist, generell eine höhere Wertschöpfung auf Seiten des alternativen Nachfragers mit sich bringt, sowie eine Aggregation über mehrere Teilnehmer hinweg ermöglicht.

Ein stand-alone VoB-Zugangsprodukt ist daher nach den Feststellungen besser geeignet, dem tendenziell vom Mobilfunk ausgehenden und zunehmenden Wettbewerbsdruck im Verbindungsbereich etwas entgegensetzen zu können. Im Vergleich dazu haben alternative Anbieter bei Bezug von WLR weniger Möglichkeiten mit entsprechenden Mobilfunkangeboten zu konkurrieren, da der Endkunde in einem solchen Fall nach wie vor auch Endkunde von A1 Telekom ist und alternative Anbieter daher bei der Gestaltung von Bündelprodukten stark eingeschränkt sind.

Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist auch zu berücksichtigen, ob Sprachprodukte, die auf Basis eines VoB-Vorleistungsprodukts angeboten werden, aus Sicht des Kunden bzw. aus Sicht des alternativen Anbieters technisch gleichwertig mit einem POTS- oder ISDN-Anschluss anzusehen sind. Ein Unterschied, der Endkunden möglicherweise von einem Bezug eines VoB-Produktes abhält, ist die Notwendigkeit der kundenseitigen Stromversorgung für ein VoB-fähiges Endgerät. Kunden, die neben ihrer Telefonsteckdose keine Stromversorgung besitzen, können ein entsprechendes VoB-Sprachprodukt ohne technische Änderung der elektrischen Installation oder Ortsveränderung des Netzabschlusspunktes innerhalb der Wohnung nicht beziehen. Darüber hinaus ist beim Kunden die Installation eines Modems erforderlich. Vor allem für ältere Kunden, die tendenziell eine geringere Affinität gegenüber neuen Technologien zeigen, könnte dies ein Grund für die Beibehaltung des POTS- oder ISDN-Produktes sein.

Die Telekom-Control-Kommission hat nach Abwägung aller angeführten Umstände die Verpflichtung zur Gewährung eines Zugangs auf Basis VoB in der angeordneten Form für verhältnismäßig erachtet. Es war dabei vor dem Hintergrund des regulatorischen Interesses an einer Stärkung des Infrastrukturwettbewerbs (§ 1 Abs 2 Z 1 TKG 2003 (Schaffung einer modernen Kommunikationsinfrastruktur zur Förderung der Standortqualität auf hohem Niveau)) zwischen den Interessen der A1 Telekom, nicht eine Vielzahl von Zugangsprodukten anbieten zu müssen und den Interessen alternativer Anbieter, in Zukunft mittels eines flexiblen Zugangsprodukts attraktive Endkundenangebote im Festnetz bereitstellen zu können, abzuwägen. Auch die übrigen in Punkt B 5.2.2 getroffenen Feststellungen geben den Ausschlag, kein WLR-Produkt sondern nur ein Zugangsprodukt auf Basis VoB aufzuerlegen, insbesondere deshalb, da alle wesentlichen wettbewerblichen Vorteile eines WLR-Produktes auch durch das angeordnete Zugangsprodukt auf Basis VoB gewährleistet sind.

6.2.2.2.2. Auferlegung des Zugangs zu einem Voice over Broadband-Zugangsprodukt und zu einem WLR-Produkt

Gegen eine neuerliche Auferlegung eines WLR-Produktes zusätzlich zur auferlegten stand-alone VoB-Zugangsverpflichtung spricht, dass es sich bei einem WLR-Produkt um eine Maßnahme handelt, die eine sehr geringe Wertschöpfung auf Seiten der alternativen Anbieter bewirkt. Der angeordnete Zugang zu einem VoB-Zugangsprodukt gewährleistet dem gegenüber die festgestellten Vorteile für alternative Anbieter. Darüber hinaus erhöht der angeordnete Zugang zu einem VoB-Zugangsprodukt den Spielraum der alternativen Anbieter hinsichtlich Produktgestaltung (Bündelprodukte) und der Preissetzung, was durch die dadurch erreichte größere Flexibilität verstärkte Konkurrenz am Endkundenmarkt erwarten lässt.

Wird nun zusätzlich zu einem VoB-Zugangsprodukt auch WLR auf Basis Rebilling als Verpflichtung auferlegt, so besteht die Gefahr, dass das aus wettbewerblicher Sicht besser geeignete - weil die Markteintrittsbarrieren senkende, auf zukunftsträchtiger Technologie basierender und auf höherer Wertschöpfungsebene angesiedelte - VoB-Produkt nicht angenommen wird und alternative Anbieter stattdessen das WLR Produkt beziehen.

Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Auferlegung eines WLR-Produktes auf Basis Rebilling eine parallel auferlegte Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl erfordert, welche nach dem EU-Telekompaket 2009 ('Review') auch bei Vorliegen von beträchtlicher Marktmacht auf einem Zugangsmarkt nicht mehr verpflichtend aufzuerlegen ist.

Angesichts der Fülle an bereits bestehenden Zugangsprodukten (Entbündelung, Bitstream, und dem nunmehr angeordneten Zugang auf Basis VoB) und dem der Regulierung zugrunde liegenden Verhältnismäßigkeitsprinzips nimmt die Telekom-Control-Kommission von der zusätzlichen Auferlegung eines WLR Produkts auf Basis Rebilling Abstand.

6.2.2.2.3. Zum Vorbringen von Tele2

Die in Spruchpunkt B.2 erfolgte Auferlegung eines Zugangsproduktes auf Basis VoB war auch von Tele2 gefordert worden (ON 46). Tele2 beantragte (ON 61, ON 62 und ON 65) außerdem die Auferlegung einer Verpflichtung von A1 Telekom zum Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung (WLR), da die Eigenschaften eines Zugangsproduktes auf Basis VoB wettbewerbliche Nachteile für Tele2 mit sich bringen würde. Unter Verweis auf die zu Punkt B.5.2.1 getroffenen Feststellungen zur Ungeeignetheit der spezifischen Verpflichtung von A1 Telekom zum Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung zur Bekämpfung der festgestellten Wettbewerbsprobleme ist außerdem hinsichtlich des von Tele2 in ON 61, 65 und 77 Angeführten zu ergänzen:

Tele2 verweist in ON 61 auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 29.10.2009 zur Zahl 2005/03/0002, mit dem der Bescheid der Telekom-Control-Kommission zu W 2/02-237 vom 22.11.2007 betreffend die Abweisung der Anträge der Tele2 auf Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch A1 Telekom durch das Nicht-Anbieten eines diskriminierungsfreien Angebots über den Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung aufgehoben wurde.

Die Telekom-Control-Kommission weist in diesem Zusammenhang

1.) darauf hin, dass das diesbezüglich gemäß § 42 Abs 3 Verwaltungsgerichtshofsgesetz derzeit von der Telekom-Control-Kommission geführte Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Aus dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs folgt

2.) nicht zwingend, dass die spezifische Verpflichtung zum Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung angemessen und verhältnismäßig iSd §§ 37ff TKG 2003 ist. Insoweit Tele2

3.) ausführt (Punkt 2.1.a der ON 61), dass die in ON 34 getätigten Ausführungen, wonach das bestehende Angebot zum Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung vom Markt nicht angenommen worden sei, auf unklarer Grundlage beruhen würde, ist darauf hinzuweisen, dass tatsächlich bis zum heutigen Tag kein alternativer Anbieter davon Gebrauch gemacht und Tele2 dieser Umstand eingestandenermaßen (ON 61, Punkt 2.1 a)) bekannt ist. Verwiesen wird 4.) auf die zu Punkt B.5.2.2 getroffenen Feststellungen zur Ungeeignetheit der spezifischen Verpflichtung von A1 Telekom zum Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung zur Bekämpfung der festgestellten Wettbewerbsprobleme. Die für die Implementierung einer Lösung zum Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung erforderlichen hohen Aufwände erscheinen der Telekom-Control-Kommission in der jetzigen Situation (Umbau auf NGN-Technologie bzw Verfügbarkeit eines VoB-Zugangsproduktes) ferner als unverhältnismäßig hoch. Von der Auferlegung einer Verpflichtung zum Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung war daher Abstand zu nehmen.

Tele2 bringt vor, dass auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine beträchtliche Anzahl von Endkunden ausschließlich Sprachtelefonie nachfragen würde und leitet daraus die Notwendigkeit des Zugangs zu einem WLR-Produkt ab. Die Telekom-Control-Kommission verweist dazu in der Sache zustimmend auf die getroffenen Feststellungen zu Punkt B.5.2.2.2, wonach (noch) ca 800.000 Endkunden ausschließlich über einen festen Sprachtelefonieanschluss verfügen. Um diese Endkunden, die (offenbar) keinen Bedarf nach Breitbandinternet haben, erreichen zu können, ist allerdings eine Verpflichtung für A1 Telekom, ein stand-alone VoB-Zugangsprodukt bereitzustellen, erforderlich, da der Wettbewerb auf dem gegenständlichen Zugangsmarkt in der Vergangenheit eben nicht mit Hilfe eines WLR-Zugangsproduktes belebt werden konnte.

Im Hinblick auf die Ausführungen der Tele2 zum Thema (Standalone)-'VoB-Zugangsprodukt' ist auszuführen, dass das von Tele2 angesprochene Mehrfrequenzwahlverfahren hinsichtlich seiner technischen Parameter von A1 Telekom unterstützt wird. Der Telekom-Control-Kommission liegen keine Hinweise darauf vor, dass A1 Telekom dieses Verfahren in Zukunft und im Rahmen der Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 38 TKG 2003 nicht mehr unterstützen wird. Tele2 erstattete auch kein diesbezügliches Vorbringen. Gegenüber den in Summe vorhandenen netzbezogenen Vorteilen des VoB-Zugangsproduktes hatten die spezifischen Interessen der Tele2, die gemäß dem Vorbringen wohl durch einen existierenden Kundenstock an älteren und tendenziell wenig flexiblen CPS-Kunden motiviert wurden, daher zurückzutreten; den diesbezüglich gestellten Anträgen der Tele2 war daher nicht stattzugeben.

6.2.2.3. Fazit

Aufgrund der gegenwärtigen Marktsituation, in der der Erfolg eines stand alone VoB-Zugangsproduktes am Markt nicht absehbar ist, kann diese spezifische Verpflichtung allerdings nicht als gleichwertiger Ersatz zur auferlegten Endkundenentgeltkontrolle (§ 43 TKG 2003) gesehen werden.

Die alleinige Anordnung zum Zugang zu einem VoB-Zugangsprodukt § 41 TKG 2003 ist daher geeignet aber auch notwendig, um die festgestellten Wettbewerbsprobleme zu bekämpfen und daher als verhältnismäßig anzusehen.

Nach den Feststellungen gibt es keine gelinderen spezifischen Verpflichtungen, die bei vergleichbarem Aufwand gleich effektive Wirkungen hinsichtlich der Wettbewerbsprobleme auf dem gegenständlichen Markt entfalten könnten. Die Zugangs- und Gleichbehandlungsverpflichtungen in der angeordneten Form sind daher als verhältnismäßig zu betrachten.

6.2.3. Endkundenprodukte - Standardangebot (Spruchpunkt B.3)

6.2.3.1. Zur auferlegten Verpflichtung zur Legung eines Standardangebots

Gemäß § 38 Abs 1 und 2 TKG 2003 kann die Regulierungsbehörde Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht Gleichbehandlungsverpflichtungen in Bezug auf den Zugang auferlegen.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz soll garantieren, dass Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht den Wettbewerb nicht verzerren (Erwägungsgrund 17 Zugangs-RL, ErläutRV zu § 38 TKG 2003). Diese Verpflichtung umfasst sowohl die Nichtdiskriminierung zwischen Wettbewerbern des Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht als auch die Gleichbehandlung von Mitbewerbern im Verhältnis zur Bereitstellung von Leistungen für das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht selbst oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen (Stratil, TKG 2003, Rz 1 zu § 38 TKG 2003).

Die Verpflichtung zum Anbieten eines stand-alone Zugangsprodukts auf Basis VoB ist nur durch die Verpflichtung zur Legung eines diskriminierungsfreien Standardangebotes in der in Spruchpunkt B.3.1 angeordneten Form praktisch durchsetzbar, da nur so die festgestellten Wettbewerbsprobleme hintan gehalten oder Wettbewerbsverzerrungen bzw Wettbewerbsbeschränkungen iSd § 1 Abs 2 Z 2 lit a TKG 2003 verhindert werden können.

Die Veröffentlichung und laufende Aktualisierung des Standardangebotes samt hinreichender Aufgliederung zum diskriminierungsfreien Anbieten des stand-alone Zugangsprodukts auf Basis VoB inklusive dafür notwendiger Annexleistungen ist erforderlich, um Informationsasymmetrien zu minimieren sowie Markteintrittsbarrieren zu verringern. Aus diesem Grund und vor dem Hintergrund des Entbündelungsgrundsatzes war auch anzuordnen, dass Regelungen hinsichtlich des gemeinsamen Bezugs eines Bitstream-Vorleistungsproduktes und eines VoB-Zugangsproduktes in das Standardangebot aufzunehmen sind."

Nach Ausführungen zu den unter den Spruchpunkten B.4, B.5 und B.6 angeordneten spezifischen Verpflichtungen legte die belangte Behörde zu der unter Spruchpunkt B.7 angeordneten Aufhebung früherer spezifischer Verpflichtungen Folgendes dar:

"6.3. Zur Aufhebung der bestehenden Verpflichtungen (Spruchpunkt B.7)

§ 37 Abs 2 S 2 TKG 2003 sieht vor, dass bereits bestehende spezifische Verpflichtungen für Unternehmen, soweit sie den relevanten Markt betreffen, nach Maßgabe der Ergebnisse des Verfahrens unter Berücksichtigung der Regulierungsziele geändert oder neuerlich auferlegt werden.

Der A1 Telekom (vormalige Telekom Austria TA AG bzw Telekom Austria AG und Mobilkom Austria AG) wurden mit Bescheid der Telekom-Control-Kommission M 1/06-64 vom 02.04.2007 spezifische Verpflichtungen auferlegt. Mit Spruchpunkt B des vorliegenden Bescheids werden der A1 Telekom spezifische Verpflichtungen auf dem gegenständlichen Endkundenmarkt auferlegt. Die Telekom-Control-Kommission geht davon aus, dass die mit Bescheid M 1/06-64 vom 02.04.2007 den beiden erwähnten Unternehmen auferlegten Verpflichtungen aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Vermeidung von Inkonsistenzen mit dem Inhalt dieses Bescheids dahingehend zu ändern sind, dass gleichzeitig mit den im vorliegenden Bescheid neu auferlegten Verpflichtungen die bisher auf dem gegenständlichen Endkundenmarkt bestehenden Verpflichtungen mit Rechtskraft dieses Bescheids aufzuheben sind."

Abschließend legte die belangte Behörde dar, dass die getroffene Anordnung eine Vollziehungshandlung im Sinne der §§ 128f TKG 2003 darstelle, die den Verfahren der Konsultation und Koordination zu unterziehen gewesen sei. Auf das im Zuge des Konsultationsverfahren erstattete Vorbringen sei "an gegebener Stelle" des Bescheides eingegangen worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Im Beschwerdefall ist nicht strittig, dass A1 auf dem gegenständlichen Markt über beträchtliche Marktmacht verfügt, weshalb ihr gemäß § 37 Abs 2 TKG 2003 zwingend geeignete spezifische Verpflichtungen zur Beseitigung der festgestellten wettbewerblichen Defizite aufzuerlegen sind.

2. Strittig ist vielmehr im Wesentlichen lediglich, ob es erforderlich ist, neben den unter den Spruchpunkten B.1 bis B.6 auferlegten spezifischen Verpflichtungen der A1 auch eine Verpflichtung zum Weiterverkauf der Anschlussleistung (Wholesale Line Rental, WLR), wie von der Beschwerdeführerin verlangt, aufzuerlegen bzw eine diesbezügliche Verpflichtung beizubehalten.

3. Die belangte Behörde hat dies verneint und deshalb unter Spruchpunkt B.7 des angefochtenen Bescheids die mit ihrem Bescheid vom 2. April 2007 der A1 auferlegten Verpflichtungen, darunter auch die Verpflichtung, ein Standardangebot zu legen, um Betreibern öffentlicher Telefondienste den Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung auf Basis eines Retail Minus Ansatzes zu ermöglichen, aufgehoben, ohne eine solche Verpflichtung neuerlich aufzuerlegen.

4. Die Beschwerde wendet dagegen ein, die Unterlassung der (neuerlichen) Auferlegung der in Rede stehenden Verpflichtung sei rechtswidrig. Zu dieser Frage wird von der Beschwerde ein umfangreiches Vorbringen erstattet.

5. Die Beschwerde macht zunächst geltend, die gerügte Vorgangsweise der belangten Behörde verstoße gegen den Bestandschutz für bestehende Verpflichtungen. Gemäß § 37 Abs 2 TKG 2003 würden bereits bestehende spezifische Verpflichtungen für Unternehmen, sofern sie den relevanten Markt betreffen, von der Regulierungsbehörde nach Maßgabe der Ergebnisse des Verfahrens unter Berücksichtigung der Regulierungsziele geändert oder neuerlich auferlegt. Eine vollständige Aufhebung bereits bestehender spezifischer Verpflichtungen sei dagegen gemäß § 37 Abs 3 TKG 2003 nur dann zulässig, wenn auf dem relevanten Markt wirksamer Wettbewerb erreicht sei. Solange daher auf einem Markt noch kein wirksamer Wettbewerb erreicht sei, dürften bestehende spezifische Verpflichtungen nur entweder unverändert neu auferlegt werden, oder inhaltlich nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse geändert werden. Durch diese Regelung nehme der Gesetzgeber auf das essenzielle Bedürfnis der Marktteilnehmer nach einem kontinuierlich planbaren Regulierungsrahmen Rücksicht; ein kurzfristiger Wechsel der Regulierungsstrategie solle verhindert werden, Wettbewerbern des Marktbeherrschers Rechts- und Investitionssicherheit gegeben werden, und damit ein Bestandschutz für bereits auferlegte Regulierungsverpflichtungen gelten. Dies entspreche auch dem in § 1 Abs 2 Z 2 lit c TKG 2003 genannten Regulierungsziel der "Sicherstellung von bestehenden und zukünftigen Investitionen in Kommunikationsnetze und -dienste durch Berücksichtigung der Kosten und Risiken".

Eine vollständige Aufhebung bereits auferlegter spezifischer Verpflichtungen wäre nur bei einer wesentlichen Änderung des maßgeblichen Sachverhalts gegenüber der vorangegangenen Marktanalyse zulässig. Daran fehle es aber: Nach wie vor herrsche auf dem relevanten Markt kein wirksamer Wettbewerb; die Marktverhältnisse seien weitgehend unverändert.

6. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf.

6.1. § 37 TKG 2003, BGBl I Nr 70/2003 in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl I Nr 65/2009, sowie § 41 TKG 2003 in der hier noch anzuwendenden Stammfassung BGBl I Nr 70/2003, lauten auszugsweise wie folgt:

"Marktanalyseverfahren

§ 37. (1) Die Regulierungsbehörde führt von Amts wegen unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Europäischen Gemeinschaften in regelmäßigen Abständen, längstens aber in einem Abstand von zwei Jahren, eine Analyse der durch die Verordnung gemäß § 36 Abs. 1 festgelegten relevanten Märkte durch. Ziel dieses Verfahrens ist nach der Feststellung, ob auf dem jeweils relevanten Markt ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen oder aber effektiver Wettbewerb gegeben ist, die Aufhebung, Beibehaltung, Änderung oder Auferlegung von spezifischen Verpflichtungen.

(2) Gelangt die Regulierungsbehörde in diesem Verfahren zur Feststellung, dass auf dem relevanten Markt ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen und somit kein effektiver Wettbewerb besteht, hat sie diesem oder diesen Unternehmen geeignete spezifische Verpflichtungen nach §§ 38 bis 46 oder nach § 47 Abs. 1 aufzuerlegen. Bereits bestehende spezifische Verpflichtungen für Unternehmen werden, sofern sie den relevanten Markt betreffen, von der Regulierungsbehörde nach Maßgabe der Ergebnisse des Verfahrens unter Berücksichtigung der Regulierungsziele geändert oder neuerlich auferlegt.

(3) Stellt die Regulierungsbehörde auf Grund des Verfahrens fest, dass auf dem relevanten Markt effektiver Wettbewerb besteht und somit kein Unternehmen über beträchtliche Marktmarkt verfügt, darf sie - mit Ausnahme von § 47 Abs. 2 - keine Verpflichtungen gemäß Abs. 2 auferlegen; diesfalls wird das Verfahren hinsichtlich dieses Marktes durch Beschluss der Regulierungsbehörde formlos eingestellt und dieser Beschluss veröffentlicht. Soweit für Unternehmen noch spezifische Verpflichtungen auf diesem Markt bestehen, werden diese mit Bescheid aufgehoben. In diesem Bescheid ist auch eine angemessene, sechs Monate nicht übersteigende Frist festzusetzen, die den Wirksamkeitsbeginn der Aufhebung festlegt.

(4) Im Falle länderübergreifender Märkte, die durch Entscheidung der Europäischen Kommission festgelegt wurden, führen die betreffenden nationalen Regulierungsbehörden die Marktanalyse in enger Abstimmung und unter Berücksichtigung der Leitlinien zur Marktanalyse und zur Bewertung beträchtlicher Marktmacht durch und stellen einvernehmlich fest, ob ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen oder aber effektiver Wettbewerb gegeben ist. Die Absätze 1, 2, 3 und 5 sind sinngemäß anzuwenden.

Zugang zu Netzeinrichtungen und Netzfunktionen

§ 41. (1) Die Regulierungsbehörde kann Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht dazu verpflichten, Zugang zu bestimmten Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen und deren Nutzung zu gewähren.

(2) Die Verpflichtung nach Abs. 1 kann insbesondere folgende Verpflichtungen umfassen:

1. Gewährung des Zugangs zum Netz, zu bestimmten Netzkomponenten oder Netzeinrichtungen, einschließlich des Zugangs zu nicht aktiven Netzkomponenten, und des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss, um unter anderem die Betreiberauswahl, die Betreibervorauswahl oder Weiterverkaufsangebote für Teilnehmeranschlüsse zu ermöglichen;

2. Angebot bestimmter Dienste zu Großhandelsbedingungen zum Zweck des Vertriebs durch Dritte;

3. bereits gewährten Zugang zu Einrichtungen nicht nachträglich zu verweigern;

4. Führung von Verhandlungen nach Treu und Glauben mit Unternehmen, die einen Antrag auf Zugang stellen;

5. Gewährung von offenem Zugang zu technischen Schnittstellen, Protokollen oder anderen Schlüsseltechnologien, die für die Interoperabilität von Diensten oder Diensten für virtuelle Netze erforderlich sind;

6. Ermöglichung von Kollokation oder anderen Formen der gemeinsamen Unterbringung oder Nutzung von zugehörigen Einrichtungen;

7. Schaffung der Voraussetzungen, die für die Interoperabilität von Ende-zu-Ende-Diensten notwendig sind, einschließlich der Bereitstellung von Einrichtungen für intelligente Netzdienste oder Roaming in Mobilfunknetzen;

8. Gewährleistung des Zugangs zu Systemen für die Betriebsunterstützung oder ähnlichen Softwaresystemen, die zur Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs bei der Bereitstellung von Diensten notwendig sind,

  1. 9. Zusammenschaltung von Netzen oder Netzeinrichtungen sowie
  2. 10. Zugang zu zugehörigen Diensten wie einem Identitäts-, Standort- und Verfügbarkeitsdienst.

(3) Bei Auferlegung der Verpflichtungen gemäß Abs. 2 hat die Regulierungsbehörde insbesondere zu berücksichtigen:

1. technische und wirtschaftliche Tragfähigkeit der Nutzung oder Installation konkurrierender Einrichtungen im Hinblick auf die Geschwindigkeit der Marktentwicklung, wobei die Art und der Typ der Zusammenschaltung und des Zugangs berücksichtigt werden, einschließlich der Tragfähigkeit anderer vorgelagerter Zugangsprodukte, wie etwa des Zugangs zu Leitungsrohren;

2. Möglichkeit der Gewährung des Zugangs im Hinblick auf die verfügbare Kapazität;

3. Investitionen im Bereich neuer und verbesserter Infrastrukturen unter Berücksichtigung etwaiger getätigter öffentlicher Investitionen und der Investitionsrisiken;

4. Notwendigkeit zur langfristigen Sicherung des Wettbewerbs unter besonderer Berücksichtigung eines wirtschaftlich effizienten Wettbewerbs im Bereich Infrastruktur;

  1. 5. gewerbliche Schutzrechte oder Rechte an geistigem Eigentum;
  2. 6. Bereitstellung europaweiter Dienste.

    …"

6.2. Ausgehend von der Feststellung, dass A1 auf dem relevanten Markt über beträchtliche Marktmacht verfügt, effektiver Wettbewerb somit nicht gegeben ist, waren ihr von der belangten Behörde zwingend geeignete spezifische Verpflichtungen nach §§ 38 bis 46 oder 47 Abs 1 TKG 2003 aufzuerlegen, um den festgestellten Wettbewerbsproblemen effektiv zu begegnen (vgl VwGH vom 27. Februar 2013, 2010/03/0136, mwN).

Die Behörde hat dabei eine Auswahl unter den gesetzlich vorgesehenen Regulierungsinstrumenten vorzunehmen; dabei ist gemäß § 34 Abs 1 TKG 2003 insbesondere der Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Zu prüfen ist also, welche der nach dem Gesetz grundsätzlich in Betracht kommenden Verpflichtungen zur Behebung des Wettbewerbsproblems geeignet und erforderlich ist; stehen mehrere geeignete Verpflichtungen zur Auswahl, ist die am wenigsten belastende zu wählen (vgl VwGH vom 28. Februar 2007, 2004/03/0210). Nicht zulässig wäre es allerdings, unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Maßnahme auszuwählen, deren Effektivität in Zweifel steht (vgl VwGH vom 17. Dezember 2008, 2008/03/0116).

Die Behörde ist dabei auch aufgerufen, die in § 1 TKG 2003 - in Umsetzung des Art 8 der RahmenRL - festgesetzten Gesetzesziele, die "vor allem auch zur Orientierung bei der Vollziehung des Gesetzes" dienen (Erl zur RV 128 BlgNR 22.GP, S 3), zu verwirklichen (vgl VwGH vom 24. Mai 2012, 2009/03/0045).

Das gesetzliche Gebot, "geeignete spezifische Verpflichtungen" aufzuerlegen, erfordert zudem eine gesamthafte Prüfung der Eignung der auferlegten spezifischen Verpflichtungen, die insofern als untrennbar anzusehen sind (vgl das zitierte hg Erkenntnis 2004/03/0210).

Bei der derart vorzunehmenden "gebührenden Prüfung" (vgl VwGH vom 22. November 2005, 2005/03/0109) der Regulierungsinstrumente und der Auswahl unter ihnen kommt der Behörde - unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik und des Normzwecks - ein umfassender Beurteilungsspielraum (Regulierungsermessen) zu (VwGH vom 25. Juni 2008, 2007/03/0211; vgl dazu auch das Urteil des EuGH vom 15. Februar 2005, Rs C-12/03 (Tetra Laval), Slg 2005, I-987, Rz 38ff, und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni 2013, BVerwG 6 C 10.12, insbesondere die Rz 19 und 42).

Dieses Regulierungsermessen würde allerdings fehlerhaft ausgeübt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat, wenn in der Abwägung nicht alle Gesichtspunkte beachtet werden, die nach Lage des Falles zu beachten wären, wenn ihre Bedeutung verkannt oder der Ausgleich zwischen ihnen disproportional zu ihrem objektiven Gewicht vorgenommen würde. Jedenfalls aber ist es erforderlich, die Interessen der Beteiligten zu ermitteln, alle für die Abwägung notwendigen Gesichtspunkte zu berücksichtigen und keine sachfremden Erwägungen anzustellen.

6.3. Trifft die Beurteilung der belangten Behörde, die von ihr mit dem angefochtenen Bescheid auferlegten Verpflichtungen erreichten in ihrer Gesamtheit das gesteckte Ziel, dem festgestellten wettbewerblichen Defizit effektiv zu begegnen, zu, begründet die Aufhebung der in einem früheren Bescheid der A1 (bzw ihrer Rechtsvorgängerin) auferlegten spezifischen Verpflichtungen ohne neuerliche Auferlegung einer Verpflichtung zum Wiederverkauf der Anschlussleistung per se keine Rechtswidrigkeit. Ein "Bestandschutz" für A1 dereinst auferlegte spezifische Verpflichtung besteht insoweit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht; vielmehr ist von der Regulierungsbehörde auf Basis des im Marktanalyseverfahren festgestellten Sachverhalts, insbesondere der dabei ermittelten Wettbewerbsprobleme, eine insgesamt wirksame Abhilfemaßnahme zu schaffen. Anders als im Fall der Feststellung effektiven Wettbewerbs und der daraus folgenden Aufhebung noch bestehender Verpflichtungen, wofür nach § 37 Abs 3 TKG 2003 eine angemessene Frist festzusetzen ist, bedarf es bei der Änderung bestehender Verpflichtungen auch nicht der Festlegung einer besonderen "Übergangsfrist".

6.4. Ob es zutrifft, dass die Regulierungsbehörde ihre diesbezüglichen Verpflichtungen erfüllt hat, ist im Folgenden - im Lichte der Beschwerdebehauptungen - zu prüfen.

7. Die Beschwerde bemängelt (zusammengefasst), die getroffenen Feststellungen seien nicht schlüssig begründet, das Gutachten der Amtssachverständigen biete keine Basis für die Annahme der grundsätzlichen (technischen und wirtschaftlichen) Gleichwertigkeit von VoB und WLR. Tatsächlich bestünden wesentliche Funktionsunterschiede mit Auswirkungen auf die (zu erwartende) Endkundennachfrage. Die bislang fehlende Marktakzeptanz des von A1 angebotenen WLR habe ihren Grund nicht in fehlender Nachfrage, sondern in den seitens A1 dafür festgelegten Bedingungen, insbesondere den geforderten hohen Investitionsersatzkosten.

8. Die von der belangten Behörde bestellten Amtssachverständigen haben im September 2009 ein Gutachten ("Wirtschaftliches Gutachten für die Telekom Control Kommission in den Verfahren M1 bis 2/09 sowie M10/09 (Festnetzendkundenmärkte") erstattet (ON 34, Band III des Verwaltungsakts).

In diesem Gutachten werden (ua) folgende Ausführungen getroffen:

"3.2. Bisherige Regulierung

3.2.1. Regulierung auf Vorleistungsmärkten

Seit der ersten Einführung der Verpflichtung zur Betreiber(vor-)auswahl (CPS/CbC) im Rahmen eines Zusammenschaltungsverfahrens Anfang 2001 ist es zu keinerlei wesentlichen Änderung in der Vorleistungsregulierung gekommen. Änderungen im Rahmen der Zusammenschaltungsverpflichtung stellten lediglich Adaptionen und Erweiterungen in den Standardangeboten bzw. Neuberechnungen von Entgelten dar; die bereits im Rahmen von M 1-2/03 explizit auferlegte Resale-Verpflichtung blieb ohne Marktrelevanz. Die mit Ende 2005 erstmals auferlegten Maßnahmen am Breitbandvorleistungsmarkt in Form von 'Naked-DSL' (Mit dieser am Breitbandvorleistungsmarkt auferlegten Verpflichtung sollte es ISP's bzw. generell alternativen Anbietern, die über keine eigenen Anschlusskunden verfügen, ermöglicht werden, dem Endkunden neben DSL-Produkten auch (schmalbandige) Festnetzanschlüsse (in gebündelter Form) anzubieten.) (M 1/05) stellten zwar eine regulatorische Neuerung dar, doch zeitigten auch diese in der Vergangenheit keine effektiven Auswirkungen. In der Breitbandmarktanalyse zu M 1/07 kam es zwar zu entsprechenden regulatorischen Adaptionen, der entsprechenden Bescheid wurde jedoch mit der Entscheidung des VwGH vom 12/2008 behoben. Es gilt der Bescheid zu M1/05, der jedoch hinsichtlich der Relevanz für Zugang und Verbindung (Stichwort naked-DSL) weniger explizit ist. Darüber hinaus ist im Bereich der Vorleistungsebene auf die Deregulierung des Transitmarktes hinzuweisen.

3.2.1.2 Wiederverkauf der Anschlussleistung ('Resale', Wholesale Line Rental)

Unter dem Begriff 'Anschlussleistung' wird ein Bündel von Dienstleistungen verstanden, die Telekom Austria im Zusammenhang mit der Bereitstellung von POTS- bzw. ISDN-Anschlüssen auch gegenüber eigenen Endkunden anbietet. Diese Leistungen werden im Allgemeinen mit dem vom Endkunden zu bezahlenden Grundentgelt abgegolten; es handelt sich z.B. um die Bereitstellung eines POTSbzw. ISDN-Basis-Zugangs zum Sprachtelefondienst und zu verbundenen Diensten. Die Verfügbarkeit derartiger Leistungen im Rahmen eines Großhandelsangebotes soll es auch jenen Wettbewerbern, die nicht über eine eigene Anschlussnetzinfrastruktur verfügen und bisher nur Verbindungsleistungen angeboten haben, ermöglichen, ihren Endkunden im Bereich der Festnetz-Sprachtelefonie ein Gesamtpaket (Tarifoptionen) aus Anschluss- und Verbindungsleistung anbieten zu können.

Im Zuge der Marktanalyseverfahren gemäß § 37 TKG 2003 betreffend die Märkte für Zugang von Privat- bzw. Nichtprivatkunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten wurde der Telekom Austria mit den Bescheiden M 1/03-62, M 2/03-62 v. 20.12.2004 u.a. die Verpflichtung zur Legung eines Großhandelsangebotes betreffend den Wiederverkauf der Anschlussleistung auferlegt. Dieser Verpflichtung kam die Telekom Austria nach, indem sie am 22.03.2005 ein Standardangebot betreffend den Wiederverkauf der Anschlussleistung vorlegte, dessen Konditionen denen des bereits zuvor geltenden Großhandelsangebotes vom 24.05.2004 entsprachen. Das Standardangebot ist in einen Hauptteil und fünf Anlagen (Anlage 1 - Technisches Handbuch, Anlage 2 - Entgelte und Rechnungslegung, Anlage 3 - Betriebliches Handbuch, Anlage 4 - Verrechnung nach Aufwand und Anlage 5 - Leistungsbeschreibung) gegliedert. Die Regelungen des Hauptteils enthalten wie auch andere Standardangebote Regelungen in Bezug auf den Vertragsgegenstand sowie weitere vertragsrechtliche Bestimmungen. Die Konditionen dieses Standardangebotes wurden von der Telekom-Control-Kommission nicht beanstandet. 'Resale' wird jedoch in Österreich nach wie vor nicht in Anspruch genommen.

In Bezug auf die Festnetzmärkte ist es seit der ersten Einführung der Verpflichtung zur Betreiber(vor-)auswahl im Rahmen eines Zusammenschaltungsverfahrens Anfang 2001 zu keinerlei wesentlichen Änderung in der Vorleistungsregulierung mehr gekommen. Änderungen im Rahmen der Zusammenschaltungsverpflichtung stellten lediglich Adaptionen und Erweiterungen in den Standardangeboten bzw. Neuberechnungen von Entgelten dar. Die bereits im Rahmen von M 1-2/03 explizit auferlegte Resale-Verpflichtung blieb bislang ohne Marktrelevanz. Die mit Ende 2005 erstmals auferlegte Maßnahme am Breitbandvorleistungsmarkt in Form von 'Naked-DSL' (M 1/05 bzw. Markt 14 in Tabelle 12) stellte zwar eine regulatorische Neuerung dar, doch zeitigte auch diese in der Vergangenheit keine effektiven Auswirkungen. In der Breitbandmarktanalyse zu M 1/07 kam es zwar zu entsprechenden regulatorischen Adaptionen, der entsprechende Bescheid wurde jedoch mit der Entscheidung des VwGH vom 12/2008 behoben. Es gilt der Bescheid zu M1/05, der jedoch hinsichtlich der Relevanz für Zugang und Verbindung (Stichwort naked-DSL) weniger explizit ist. Darüber hinaus ist auf Märkteebene im Vorleistungsbereich einzig auf die oben schon erwähnte Deregulierung des Transitmarktes hinzuweisen.

6.3.2. Zugang von (Nicht-)Privatkunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten

Der Umstand, dass die Regulierungsoptionen hinsichtlich der Zugangsleistungen für den Nichtprivatkunden- und den Privatkundenmarkt gemeinsam analysiert werden, begründet sich darin, dass die potentiellen Differenzierungen gesamt gesehen nur gradueller Natur sind und die getroffenen Schlussfolgerungen somit nicht berühren. Dort wo zu berücksichtigende wettbewerbliche bzw. regulatorische Differenzen bestehen, werden sie gesondert angesprochen.

6.3.2.1 Vorleistungsverpflichtungen

§ 43 TKG 2003 in Verbindung mit § 45 TKG 2003 spezifiziert die Verpflichtungen, die marktbeherrschenden Unternehmen auf den Endkundenmärkten auferlegt werden können, wenn die Verpflichtungen nach §§ 38-42 TKG 2003 sowie § 46 TKG 2003 nicht ausreichen, um die beschriebenen Wettbewerbsprobleme zu adressieren. Im Folgenden soll daher erörtert werden, inwieweit Instrumente der Vorleistungsregulierung geeignet sind, den dargestellten Wettbewerbsproblemen zu begegnen. Zunächst werden dabei diejenigen Regulierungsverpflichtungen diskutiert, die auch auf Zugangsmärkten auferlegt werden (Kapitel 6.3.2.1.1 bis Kapitel 6.3.2.1.3), und im Anschluss daran jene Regulierungsinstrumente, die zwar nicht auf Zugangs- bzw. relevanten Festnetzmärkten auferlegt werden, jedoch eine gewisse wettbewerbliche Wirkung auf diese Märkte entfalten können (Kapitel 6.3.2.1.4 bis Kapitel 6.3.2.1.5).

6.3.2.1.1 Betreiber(vor)auswahl

Die Betreiber(vor)auswahl ermöglicht es alternativen Betreibern ohne direkten Zugang zum Teilnehmer, Verbindungsleistungen am Endkundenmarkt anzubieten. Die nach § 46 TKG 2003 gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl ist - wie bereits in Kapitel 6.1 ausgeführt -

in Abhängigkeit von der Wettbewerbssituation auf den Zugangsmärkten aufzuerlegen. Sie fördert den Wettbewerb auf den Zugangsmärkten zwar nicht per se, sodass die Wettbewerbsprobleme auf diesen Märkten durch eine solche Verpflichtung unverändert bleiben, doch sie unterbindet gewisse Möglichkeiten der Marktmachtübertragung auf Verbindungsmärkte und schafft somit eine zentrale Voraussetzung für effektiven Wettbewerb auf diesen Märkten. Aus ökonomischer Sicht ist die Verpflichtung der Betreiber(vor)auswahl nach § 46 TKG 2003 (die an sich eine Vorleistungsverpflichtung am Markt für Originierung darstellt) daher ein adäquates und geeignetes Instrument, Telekom Austria daran zu hindern, ihre Marktmacht auf die Verbindungsmärkte zu übertragen. Fiele diese Verpflichtung der Gesprächszuführung zum gegenwärtigen Zeitpunkt weg, würde dies aufgrund der de facto monopolistischen Marktstruktur im Zugangs-/Anschlussbereich des Festnetzes einem Ende der potentiell wettbewerbsfähigen Strukturen auf Gesprächsmärkten gleichkommen. Daher wird auf den Zugangsmärkten diese Verpflichtung als ökonomisch erforderlich angesehen, um die Voraussetzungen für Wettbewerb auf den Verbindungsmärkten zu schaffen. Auf den Zugangsmärkten selbst entfaltet die Betreibervorauswahl jedoch keine direkte Wirkung und ist daher nicht geeignet, die dort identifizierten Wettbewerbsprobleme zu adressieren.

6.3.2.1.2 Resale ('Wholesale Line Rental')

Die Wettbewerbsprobleme der überhöhten Preise sowie der Bündelung von Produkten bleiben unberührt von der Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl auf den Zugangsmärkten weiterhin bestehen, da diese Form der Regulierung ihre Wirkung auf den Verbindungsmärkten entfaltet. Rein funktional könnte diesen Problemen mit der erstmals bereits nach dem alten Rechtsrahmen initiierten und in M 1-2/03 explizit verankerten Resaleverpflichtung begegnet werden, um damit wettbewerbliche Impulse auf den Endkundenanschlussmärkten zu setzen. Dass dieses Instrument (im neuen Rechtsrahmen gemäß § 41 Abs. 2 TKG 2003) primär den Dienstewettbewerb forciert, welcher in dynamischer Perspektive auch komplementär den Infrastrukturwettbewerb beleben kann, erklärt sich aus der kaum vorhandenen und auch auf absehbare Zeit nicht zu erwartenden Replizierbarkeit der lokalen Zugangsnetze.

Die Verfahrensgeschichte der letzten Jahre hat jedoch gezeigt, dass das 'Wholesale Line Rental' in der ursprünglichen Konzeption ('Resale Alt') niemals am Markt angenommen und verwirklicht worden ist. Auch hinsichtlich der nächsten Jahre ist nicht damit zu rechnen, dass sich an dieser Situation etwas ändert, da der Vertrieb von Sprachanschlüssen alleine für ANBs inzwischen relativ uninteressant ist und Sprache-Breitband-Bündel über ULL oder allenfalls Bitstreams angeboten werden (und hier die Eintrittskosten wesentlich geringer sind). Damit hätte aber auch eine neuerliche (dritte) Auferlegung im Rahmen der gegenständlichen Marktanalyseverfahren wenig Sinn, da sich die Höhe der Kosten, die die entscheidende Realisierungsbarriere sein dürften, auf Grund der Anpassungsprozesse in den zugrunde liegenden PSTN Prozessen (Mandantenfähigkeit) jedenfalls nicht verringern lassen werden. Zudem gibt es seit geraumer Zeit mit dem bereits eingangs angesprochenen 'Naked-DSL' ein Zugangsprodukt ('Resale-Neu'), das in regulatorischer Sicht eine funktional ähnliche Zielsetzung verfolgt und zudem auf Basis neuer Technologie weitaus geringere Implementierungskosten und Markteintrittsbarrieren mit sich bringt. Hier ist also aus regulatorischer Sicht eine dynamische Überführung (von 'Resale Alt' zu 'Resale Neu') die eindeutig effizientere Lösung. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass die Effekte von Naked-DSL innerhalb der kommenden beiden Jahre stark genug sein werden, sodass die Zugangsmärkte in dieser Periode gegen effektiven Wettbewerb tendieren. Zur regulatorischen Verankerung und praktischen Bedeutung von Naked-DSL vgl. Abschnitt 6.3.2.1.5.

6.3.2.1.3 Entbündelung

Die Entbündelung bleibt - von der Existenz der in städtischen Bereichen operativen Kabelnetzbetreiber abgesehen - aufgrund der bislang am Markt nicht angenommenen Resale-Verpflichtung (Wholesale Line Rental, Resale Alt) und der nur ansatzweise etablierten Naked-DSL Verpflichtung ('Resale Neu') die bedeutendste Alternative zur Errichtung eigener Anschlüsse aus Sicht der alternativen Betreiber. Entbündelung ist in Österreich seit Mitte des Jahres 1999 verfügbar. Seither wurden die Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen der Bescheide der TKK laufend erweitert und die Bestimmungen verfeinert. So wurden mittels Entbündelung Anreize für ein kostengünstiges Angebot innovativer breitbandiger Dienste vor allem im Internetbereich geschaffen, die von UPC (Inode), Tele2 sowie zahlreichen regionalen Anbietern auch teils intensiv genutzt werden. Mit Ende 2008 sind damit rund 13% aller Leitungen der Telekom Austria tatsächlich entbündelt. Ein (flächendeckender) Ersatz für eine entsprechende Endkundenregulierung kann die Entbündelungsverpflichtung allein aufgrund ihrer tatsächlichen Marktbedeutung bislang aber keinesfalls sein. Zudem ist diese Entwicklung nach Kundensegmenten zu differenzieren. So waren seit Abschluss der letzten Marktanalyseverfahren insbesondere bei Privatkunden deutliche Zuwächse zu beobachten, bei Nichtprivatkunden ist hingegen keine derartige Entwicklung zu beobachten, was dem obigen Befund hinsichtlich der marktstrukturellen Ausprägung bei Anschlussleistungen für Nichtprivatkunden entspricht.

Das zukünftige Potential der Entbündelung wie auch der festen Teilnehmeranschlüsse insgesamt ist zudem stark von der intermodalen Wettbewerbsentwicklung abhängig bzw. könnten hier die Zuwächse der letzten Jahre von einer weiter anhaltenden Verbreitung von mobilen Breitbandprodukten gefährdet sein. Eine substanzielle Replizierbarkeit auf Basis der Entbündelungsverpflichtung ist insgesamt für die nahe Zukunft nicht zu erwarten.

6.3.2.1.4 Mietleitungen - Multi-ISDN

Zwar konnten ANB in dem mit Abstand kompetitivsten Zugangssegmet für Nichtprivatkunden die größten Anschlussmarktanteile auf sich vereinigen, was sowohl auf die obig erwähnten Entbündelungsverpflichtung als auch die existierende (Zugangs-)Verpflichtungen auf Mietleitungs(vorleistungs-)märkten zurückzuführen ist. Dennoch konnten diese segmentspezifischen Entwicklungen selbst im Jahr 2007 nur sehr begrenzt Auswirkungen für den relevanten Endkundenmarkt für Nichtprivatkunden (mit Marktanteilen der Telekom Austria in Höhe von rund 92% bei Umsätzen und rund 93% bei Anschlüssen) zeitigen. Auf Privatkundenmärkten ist die Bedeutung dieser Zugangsform de facto vernachlässigbar bzw. als solche nicht existent, wodurch diese Vorleistungsregulierung auch keinesfalls Ersatz für eine Endkundenregulierung sein kann.

6.3.2.1.5 Naked DSL

Die mit Ende 2005 erstmals auferlegte Maßnahme am Breitbandvorleistungsmarkt in Form von 'Naked-DSL' (M 1/05 bzw. Markt 14 in Tabelle 12) stellt zwar eine regulatorische Neuerung dar, doch zeitigte auch diese in der Vergangenheit keine effektiven Auswirkungen. In der Breitbandmarktanalyse zu M 1/07 kam es zwar zu entsprechenden regulatorischen Adaptionen, der entsprechende Bescheid wurde jedoch mit der Entscheidung des VwgH vom 12/2008 behoben. Es gilt somit wieder der Bescheid zu M1/05. So ist nicht anzunehmen, dass diese Zugangsverpflichtung effektive Auswirkungen hinsichtlich der zugrunde liegenden Analyse- und Prognosezeiträume haben wird. Zum anderen fungiert auch auf diesem Markt die Entbündelung als zentrale Regulierungsverpflichtung in Bezug auf das Anbieten von Sprache und breitbandiger xDSL Dienste bzw. Endkundenprodukte.

Fazit: Festzuhalten bleibt, dass das Wettbewerbsproblem antikompetitiver Preise sowie das der Marktmachtübertragung auf den Zugangsmärkten aus ökonomischer Sicht gegenwärtig mit den zur Verfügung stehenden bzw. aufzuerlegenden Vorleistungsinstrumenten nicht ausreichend adressierbar ist. Die spezifischen Vorleistungsverpflichtungen reichen auch gesamt gesehen nicht aus, die identifizierten Wettbewerbsprobleme adäquat zu adressieren, da sie allein schon aufgrund ihrer empirischen Bedeutung derzeit nicht geeignet sind, Wettbewerb auf den Zugangsmärkten sicher zu stellen."

9. Die Gutachter haben also dargelegt, dass die bisherigen Regulierungsmaßnahmen nicht ausgereicht haben, Wettbewerb auf dem relevanten Markt sicherzustellen. Zwar wäre eine Resale-Verpflichtung (Wiederverkauf der Anschlussleistung), wie sie von der A1 bereits in ihrem Standardangebot vom 22. März 2005, dessen Bedingungen von der belangten Behörde "nicht beanstandet" worden seien, übernommen worden sei, dafür grundsätzlich geeignet; die Vergangenheit habe aber gezeigt, dass WLR am Markt nicht angenommen und verwirklicht worden sei. Mit einer diesbezüglichen Änderung sei nicht zu rechnen, zumal der Vertrieb von Sprachanschlüssen allein für ANBs mittlerweile "relativ uninteressant" sei.

10. Gegen diese Beurteilung hat die Beschwerdeführerin bereits im Schriftsatz vom 26. März 2010 (Band V, ON 61) Stellung genommen und dabei ua vorgebracht, eine Begründung für die Annahme fehlenden Interesses an WLR fehle völlig. Vielmehr zeige schon die langjährige Verfahrensfortführung durch die Beschwerdeführerin ihr weiter bestehendes Interesse am Zugang zur Anschlussleistung. Zudem gebe es eine große Gruppe an Endkunden, die lediglich Sprachtelefonie, nicht aber Breitbandinternet in Anspruch nehmen wolle. Diese Kundengruppe sei nach wie vor ausschließlich auf den von A1 zur Verfügung gestellten Telefonanschluss angewiesen.

Entgegen der Auffassung der Gutachter sei WLR bislang nicht an fehlendem Interesse der ANBs gescheitert, vielmehr an der fehlenden Marktfähigkeit des bisherigen Angebots von A1:

Insbesondere die geforderten hohen - wesentlich überhöhten und für die Herstellung des Zugangs zur Anschlussleistung nicht erforderlichen - Einmalkosten hätten bislang die Inanspruchnahme des von A1 auf Basis des Standardangebots angebotenen Zugangs verhindert.

Ein VoB-Vorleistungsprodukt könne aber, selbst wenn es unabhängig von Breitbanddiensten ("stand alone") angeboten würde, kein marktfähiger Ersatz für WLR sein, weil VoB und WLR weder in technischer noch in wirtschaftlicher Hinsicht gleichwertig seien, vielmehr Einschränkungen bestünden, die gerade bei dem primär in Frage kommenden Kundensegment der Privatkunden zu einer vergleichsweise geringeren Akzeptanz dieses Produkts führen würden.

Die Beschwerdeführerin verwies dazu auf das Erfordernis der Installation eines Modems und des Vorhandensein eines Stromanschlusses beim Telefonanschluss. Während der Endkunde bei A1 einen einfachen Telefonanschluss nutzen könne, müsse bei einem Wechsel zu VoB zunächst ein Modem installiert werden, was technisch nicht immer einfach, mitunter mit Schwierigkeiten, jedenfalls aber mit einem Zeitaufwand verbunden sei und so gerade die primär angesprochene Kundengruppe, nämlich technisch weniger versierte Privatkunden ohne Interesse an einem Internetzugang, von einem Wechsel abhalten könne. Aufgrund der Erfahrung der Beschwerdeführerin mit VoB-Vorleistungsprodukten sei davon auszugehen, dass die Wechselrate bei VoB deshalb um ca 50 % niedriger als im Rahmen von WLR liege; ein wettbewerbsfördernder Effekt sei daher nur mit WLR zu erzielen.

Zudem bestünden Einschränkungen bei sicherheitsrelevanten Anwendungen, die auf dem DTMF-Standard (Mehrfrequenzwahlverfahren) beruhten, wie bei der telefonischen Anbindung von Alarmanlagen und der Verwendung von Notrufarmbändern. Außerdem sei ein "normaler", über WLR hergestellter Telefonanschluss unabhängig von der Stromversorgung und damit in einem höheren Maß ausfallsicher als bei VoB.

Im Schriftsatz vom 11. Juni 2010 (Band V, ON 62) ergänzte die Beschwerdeführerin dieses Vorbringen insbesondere um Hinweise auf eine internationale Vergleichsstudie, wonach das von A1 verlangte Set-up-fee (einmaliger Implementierungskostenersatz) von Euro 750.000.-- pro Anbieter europaweit einzigartig sei und die Annahme des Vorleistungsprodukts WLR verhindere.

Mit ihrer Stellungnahme vom 22. Juli 2010 (Band V, ON 65) hat die Beschwerdeführerin dazu ein Privatgutachten ("Anschlussresale - Regulatorische Optionen und marktfähige Vorleistungsprodukte") vom 19. Juli 2010 vorgelegt, mit dem das diesbezügliche Vorbringen unter Beweis zu stellen versucht wird.

Die Beschwerde macht nun geltend, im angefochtenen Bescheid sei eine gehörige Auseinandersetzung mit diesen im Verwaltungsverfahren erstatteten Einwänden unterlassen worden, das Ergebnis der Abwägung zwischen WLR und VoB daher nicht schlüssig begründet.

Zudem sei die belangte Behörde ihrer Verpflichtung nach § 129 Abs 2 TKG 2003, den im Rahmen des Koordinationsverfahrens seitens der Europäischen Kommission erstatteten Stellungnahmen "weitestgehend Rechnung" zu tragen, nicht nachgekommen. Die Europäische Kommission habe in ihrer Stellungnahme nicht nur bemängelt, dass für die Schlussfolgerung im Maßnahmenentwurf, VoB sei Teil des zu analysierenden Marktes, ausreichende Feststellungen fehlten. Sie habe auch kritisiert, dass die bislang bestehende Verpflichtung zu WLR aufgehoben werden solle. Vielmehr sei nach Auffassung der Europäischen Kommission von einer entsprechenden Nachfrage auszugehen; die bislang fehlende Annahme liege an den regulatorisch vorgegebenen Zugangsbedingungen, insbesondere dem hohen Investitionskostenersatz. Auch könne VoB Funktionseinschränkungen im Vergleich zu POTS-Anschlüssen aufweisen, sodass es nicht als gleichwertiger Ersatz wahrgenommen werde.

Die belangte Behörde habe dieser Stellungnahme nicht hinreichend Rechnung getragen, sie habe insbesondere eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens zu den angesprochenen Punkten unterlassen.

11. Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufgezeigt.

11.1. § 129 Abs 1 TKG 2003 verpflichtet die Regulierungsbehörde unter anderem, in einem Marktanalyseverfahren den Entwurf einer Vollziehungshandlung der Europäischen Kommission zur Verfügung zu stellen. Gemäß § 129 Abs 2 TKG 2003 kann diese binnen einem Monat zu dem Entwurf Stellung nehmen; einer derartigen Stellungnahme ist durch die Regulierungsbehörde "weitestgehend Rechnung zu tragen". Dies bedeutet zwar nicht, dass die belangte Behörde der Stellungnahme zwingend zu folgen hätte; sie hat sich aber damit auseinanderzusetzen und im Fall der Nichtberücksichtigung der Stellungnahme dies hinreichend zu begründen (vgl VwGH vom 27. Februar 2013, 2010/03/0136).

11.2. Die Europäische Kommission hatte in ihrer Stellungnahme vom 10. September 2010 (Band VI, ON 83) zur in Aussicht genommenen Aufhebung der WLR-Verpflichtung und Auferlegung des VoB-Zugangs auf der Vorleistungsebene wie folgt Stellung genommen:

"Die Kommission ist der Auffassung, dass es weiterhin eine Nachfrage nach WLR in Österreich gibt, wie durch laufende Gerichtsverfahren mit dem Ziel einer Änderung der Bedingungen für den WLR-Zugang belegt wird, ebenso durch Angaben alternativer Betreiber während der nationalen und europäischen Konsultationen zum Maßnahmenentwurf. Die Kommission ist der Auffassung, dass das beobachtete mangelnde Aufgreifen des WLR-Zugangs eng mit den regulierten Zugangsbedingungen zusammenhängt, unter anderem mit der hohen Vorabzahlung, die laut TKK eine erhebliche Markteintrittsbarriere darstellt. In Übereinstimmung mit früheren Stellungnahmen zur Wirksamkeit einer WLR-Verpflichtung ersucht die Kommission die TKK, die Angemessenheit einer Aufhebung der WLR-Verpflichtung in diesem Stadium zu überdenken und neu zu bewerten, ob die regulierten Bedingungen für den WLR-Zugang verbessert werden könnten.

Hinsichtlich der VoB-Zugangsverpflichtung vertritt die Kommission die Auffassung, dass sie eventuell nicht dieselben Funktionen wie der WLR-Zugang umfasst und daher nicht als Substitut für WLR anzusehen sein könnte. Insbesondere könnte das VoB-Vorleistungsprodukt nicht für die Bereitstellung des Zugangs für solche Kunden geeignet sein, die derzeit über herkömmliche Kupferdoppeladern angeschlossen sind und nicht in Erwägung ziehen würden, nur für die Zwecke des Zugangs zu Sprachdiensten im öffentlichen Telefonnetz auf einen Breitbandanschluss umzusteigen, da dies mit hohen Transaktionskosten (Modem, Installation) verbunden ist. Außerdem nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass ein VoB-Zugang auf der Vorleistungsebene vorgeschlagen wird, und zwar auch dann, wenn A1 TA seinen eigenen Endkunden kein solches Produkt anbietet. Die Kommission ersucht die TKK, die Angemessenheit einer solchen Abhilfemaßnahme, besonders in Verbindung mit der vorgeschlagenen Aufhebung der WLR-Verpflichtung, zu überdenken und auch zu bewerten, ob eine Verbesserung der Bedingungen für den WLR-Zugang ein besser geeigneter Weg wäre, dem beobachteten Marktversagen abzuhelfen…."

11.3. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid - bei Darstellung des Verfahrensablaufs - zwar ausgeführt, dass die Europäische Kommission mit Schreiben vom 10. September 2010 Stellung genommen habe; sie hat aber weder den Inhalt dieser Stellungnahme wiedergegeben noch dargestellt, warum sie ihr nicht folge. Damit fehlt es an der durch § 129 Abs 2 TKG 2003 geforderten eingehenden Auseinandersetzung mit den wesentlichen Inhalten der Stellungnahme.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Europäische Kommission in ihrer Stellungnahme den von der belangten Behörde hervorgehobenen Umstand, trotz Verfügbarkeit von WLR sei dieses Produkt von keinem ANB in Anspruch genommen worden, nicht als hinreichendes Argument für eine fehlende Nachfrage angesehen hat; sie hat vielmehr betont, dass dieser Umstand Resultat der Zugangsbedingungen, insbesondere der geforderten, eine erhebliche Markteintrittsbarriere darstellenden Einmalzahlung sei.

11.4. Es wäre daher der belangten Behörde oblegen, sich mit diesem Argument - das auch von der Beschwerdeführerin selbst im Verwaltungsverfahren erhoben wurde - auseinanderzusetzen. Anzumerken ist dabei, dass der Hinweis der Amtssachverständigen in ihrem Gutachten ON 34, Punkt 3.2.1.2., die Bedingungen des Wiederverkaufs der Anschlussleistung im Großhandelsangebot der A1 vom 22. März 2005 - darunter die in Rede stehende Einmalzahlung - seien von der belangten Behörde "nicht beanstandet" worden, zu kurz greift:

Mit Erkenntnis vom 29. Oktober 2009, 2005/03/0002, hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 22. November 2004, Zl W 2/02-237, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Mit dem genannten Bescheid war der Antrag der Beschwerdeführerin auf Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung der A1 (bzw ihrer Rechtsvorgängerin) durch Verweigerung eines nichtdiskriminierenden Angebots über den Verkauf der Anschlussleistung abgewiesen worden, weil nach Auffassung der belangten Behörde das Großhandelsangebot der A1 vom 24. Mai 2004 (das inhaltlich iW dem vom 22. März 2005 entsprach) sowohl vom Umfang der angebotenen Leistungen her als auch hinsichtlich der dazu gestellten Bedingungen, insbesondere der begehrten Entgelte, diskriminierungsfrei sei. Dieser Bescheid ist mit dem Erkenntnis vom 29. Oktober 2009 ua deshalb aufgehoben worden, weil die Höhe der Implementierungs- und Umstellungskosten, die im Großhandelsangebot anteilig auf die Beschwerdeführerin überwälzt werden, ebenso wenig schlüssig begründet wurde, wie die des Umstellungsentgelts (pro Endkunden). So fehlte es insbesondere an einer abschließenden Beurteilung der Notwendigkeit der von der A1 als erforderlich angesehenen Maßnahmen zur Systemanpassung (Herstellung der "Mandantenfähigkeit").

Wenn nun die belangte Behörde im jetzt angefochtenen Bescheid (unter Punkt 6.2.2.2.3.) argumentiert, das nach Aufhebung des Bescheids vom 22. November 2004 zu führende Verfahren sei noch nicht abgeschlossen, aus dem zitierten Erkenntnis folge aber nicht zwingend, "dass die spezifische Verpflichtung zum Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung angemessen und verhältnismäßig" ist, mag dies für sich genommen zutreffend sein. Diese Argumentation geht aber nicht auf den im Erkenntnis vom 29. Oktober 2009, in den von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwänden und nicht zuletzt in der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 10. September 2010 dargestellten Aspekt, die Höhe der von A1 im Großhandelsangebot für WLR verlangten Einmalzahlung sei fragwürdig, weshalb aus der Nichtannahme des Großhandelsangebots nicht der Schluss gezogen werden könne, die marktteilnehmenden ANBs, darunter die Beschwerdeführerin, hätten kein Interesse an WLR, ein.

11.5. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass sich die belangte Behörde mit dem in der Stellungnahme der Europäischen Kommission aufgeworfenen, eben dargestellten Aspekt auseinanderzusetzen haben wird.

12. Dies gilt (insbesondere vor dem Hintergrund, dass etwa 800.000 Endkunden nur einen stand-alone Festnetzanschluss besitzen (so die diesbezüglich unstrittigen Feststellungen, Punkt 5.2.2.2)) auch für das Vorbringen in der Beschwerde, der - im angefochtenen Bescheid übernommenen - Annahme der Amtssachverständigen, "der Vertrieb von Sprachanschlüssen alleine (sei) für ANBs inzwischen relativ uninteressant" (Punkt 6.3.2.1.2 des Gutachtens), fehle eine tragfähige Grundlage.

13.1. Gleiches gilt für den Beschwerdeeinwand, die Notwendigkeit, für die Realisierung des Zugangs über VoB anstelle WLR Modem und Stromanschluss bereitzustellen, wirke prohibitiv für Endkunden, die nur an Sprachtelefonie, nicht aber an Internetzugang Interesse hätten und bislang das Auslangen damit gefunden hätten, das Telefongerät mit der Telefonsteckdose zu verbinden.

13.2. Zwar wurde dem von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Umstand, eine nicht zu vernachlässigende Gruppe von Endkunden sei nur an Sprachtelefonie, nicht aber an Internetprodukten interessiert, seitens der belangten Behörde durch die Anordnung eines "stand-alone"-Produkts insofern Rechnung getragen, als ein solches Zugangsprodukt ungebündelt, ohne gleichzeitigen Bezug eines Breitbandinternetprodukts anzubieten ist.

13.3. Die Beschwerde rügt aber mit Recht, dass den insofern pauschal gehaltenen Ausführungen im angefochtenen Bescheid, VoB-Dienste ermöglichten "im Allgemeinen" volle Konnektivität ins klassische Telefonnetz, sie seien hinsichtlich der Produktcharakteristika "im Allgemeinen" ein "weitgehendes Äquivalent" zum klassischen Telefondienst, keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem seitens der Beschwerdeführerin wie auch der Europäischen Kommission erhobenen Einwand, es fehle an der technischen und wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der beiden Zugangsprodukte, zu entnehmen ist.

Die belangte Behörde hat dargestellt, dass zur Nutzung von VoB ein Modem und ein Stromanschluss erforderlich ist, nicht aber das Einschalten eines PC. Die Erreichbarkeit von Notrufdiensten sei gleichfalls gegeben (Punkt 5.2.2.1). Das von der Beschwerdeführerin angesprochene Mehrfrequenzwahlverfahren werde hinsichtlich seiner technischen Parameter von A1 unterstützt; es lägen keine Hinweise dafür vor, dass A1 dieses Verfahren in Zukunft nicht mehr unterstützen werde (Punkt 6.2.2.2.3).

Sie hat sich aber nicht mit dem Einwand der Beschwerdeführerin (mündliche Anhörung vom 23. August 2010, ON 77) auseinandergesetzt, wonach Sicherheitseinrichtungen wie Notfallarmbänder über VoB "nicht stabil" laufen würden und von zehn abgesetzten Rufen nur neun durchkämen. Es fehlt auch eine konkrete (quantifizierende) Auseinandersetzung damit, wie sich der geltend gemachte Umstand, dass der Zugang mit VoB einen (funktionsfähigen) Stromanschluss voraussetzt und die Weiterleitung von Notrufen ohne Stromversorgung (etwa im Fall eines Stromausfalls) nicht möglich ist, auf die Endkundenakzeptanz eines VoB-Zugangsprodukts und damit auf die Bereitschaft zum Anbieterwechsel auswirkt. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund geboten gewesen, dass der angefochtene Bescheid selbst (6.2.2.2.1) davon ausgeht, schon die Notwendigkeit einer kundenseitigen Stromversorgung und das Erfordernis der Installation eines Modems könnte für Endkunden ein Grund für die Beibehaltung des POTS- oder ISDN-Produkts sein und sie damit von einem potentiellen Wechsel zur Beschwerdeführerin abhalten.

14. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass der Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheids mit Rechtswidrigkeit belastet ist.

15. Es war deshalb der gesamte (unteilbare, vgl das zitierte hg Erkenntnis vom 27. Februar 2013, 2010/03/0136) Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 23. Oktober 2013

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