VwGH 2012/18/0093

VwGH2012/18/00937.11.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des O O in W, vertreten durch Mag. Marko MacKinnon, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 25, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Februar 2012, Zl. E1/40.201/2012, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem FPG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrPolG 2005 §46a idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §9 Abs2 idF 2009/I/122;
FrPolG 2005 §9 Abs2 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §9 Abs2 idF 2011/I/112;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrPolG 2005 §46a idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §9 Abs2 idF 2009/I/122;
FrPolG 2005 §9 Abs2 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §9 Abs2 idF 2011/I/112;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers, der bislang unterschiedliche Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit machte, indem er zum einem angab, aus Nigeria, zum anderen angab, aus Togo zu stammen, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 8. Oktober 2011, womit sein Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete abgewiesen wurde, gemäß § 46a Abs. 1 iVm § 9 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) als unzulässig zurück.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am 19. Jänner 2011 den Antrag gestellt, ihm eine Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 2 FPG auszustellen. Diesen Antrag habe die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 8. Oktober 2011 gemäß § 46a Abs. 1 FPG abgewiesen. Die Rechtsmittelbelehrung enthalte den Hinweis, dass gemäß § 9 Abs. 2 FPG gegen die Versagung der Ausstellung einer Karte für Geduldete eine Berufung nicht zulässig sei. Weiters sei auf die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts hingewiesen worden.

Dennoch habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. November 2011 eine Berufung erhoben. Es sei "festzuhalten, dass § 9 Abs. 2 FPG 2005 idgF. (unter anderem) ausdrücklich" normiere, dass gegen die Versagung einer Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung, einer Karte für Geduldete und einer Identitätskarte für Fremde eine Berufung nicht zulässig sei. Die mit 21. November 2011 datierte und mit 24. November 2011 als eingebracht anzusehende Berufung des Beschwerdeführers sei daher als unzulässig zurückzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Eingangs ist zunächst zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festzuhalten, dass die weitere im Bescheid der belangten Behörde enthaltene Entscheidung, womit ein näher bezeichneter Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien nach § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben wurde (Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides), vom Beschwerdeführer nicht der Anfechtung unterzogen wurde. Auf den darauf Bezug nehmenden Teil des angefochtenen Bescheides war daher hier nicht weiter einzugehen.

Die Beschwerde räumt ein, dass zu jener Zeit, als die hier gegenständliche Berufung erhoben wurde, die Möglichkeit der Erhebung einer solchen durch den zu dieser Zeit geltenden § 9 Abs. 2 FPG ausgeschlossen war. Jedoch habe sich mit 8. Dezember 2011, somit während des Berufungsverfahrens, die Rechtslage durch die Novellierung des FPG mit BGBl. I Nr. 112/2011 geändert. Diese Änderung hätte die Berufungsbehörde nach Ansicht des Beschwerdeführers berücksichtigen und die Berufung inhaltlich behandeln müssen.

Der Beschwerde ist darin Recht zu geben, dass der Gesetzgeber mit dem Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, § 9 Abs. 2 FPG insofern geändert hat, als damit ab Inkrafttreten - dies war der 8. Dezember 2011 - der bis dahin vorgesehene Ausschluss einer Berufungsmöglichkeit für den Fall der Versagung der Ausstellung einer Karte für Geduldete beseitigt wurde (vgl. dazu ausführlich den hg. Beschluss vom 16. Mai 2012, Zl. 2012/21/0053).

Dies führt im vorliegenden Fall aber nicht dazu, dass die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung als zulässig hätte angesehen werden müssen. Nach Ausweis der Verwaltungsakten wurde der Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 8. Oktober 2011, womit der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete abgewiesen wurde, dem Beschwerdeführer am 14. Oktober 2011 (im Weg der Hinterlegung) zugestellt. Der zu dieser Zeit geltende § 9 Abs. 2 FPG (in der Fassung des BGBl. I Nr. 122/2009) sah vor, dass eine Berufung gegen einen solchen Bescheid nicht zulässig war. Die am 24. November 2011 eingebrachte Berufung war daher nach § 9 Abs. 2 FPG in dieser Fassung als nicht zulässig anzusehen.

Es trifft zwar die Ansicht des Beschwerdeführers zu, dass die Rechtsmittelbehörde auch hinsichtlich des Instanzenzuges das im Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltende Recht und eine gesetzliche Änderung des Instanzenzuges während des anhängigen Verfahrens zu beachten hat (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 63 Rz 38). Jedoch kann eine nach der Sach- und Rechtslage spätestens zum Ablauf der Berufungsfrist unzulässige und daher zwingend zurückzuweisende Berufung nicht nach Ablauf der Rechtsmittelfrist in eine zulässige Berufung umgewandelt werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, a.a.O., mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Dies trifft im vorliegenden Fall aber selbst dann zu, wenn man - wie in der Berufung vorgebracht - davon ausginge, die Zustellung des Bescheides der Bundespolizeidirektion Wien vom 8. Oktober 2011 sei nicht am 14. Oktober 2011, sondern erst am 11. November 2011 erfolgt.

Daher hat die belangte Behörde - ungeachtet dessen, dass sie ihre Entscheidung erst nach dem Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 112/2011 getroffen hat - zu Recht die vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung zurückgewiesen.

Die behauptete Rechtsverletzung liegt sohin nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 7. November 2012

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