VwGH 2012/18/0027

VwGH2012/18/002719.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des RG, vertreten durch Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. Dezember 2011, Zl. UVS-FRG/19/11313/2011-7, betreffend Rückkehrentscheidung (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

FrÄG 2011;
FrPolG 2005 §125 Abs14 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53;
FrPolG 2005 §61 idF 2011/I/038;
MRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
FrÄG 2011;
FrPolG 2005 §125 Abs14 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53;
FrPolG 2005 §61 idF 2011/I/038;
MRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den aus Nepal stammenden Beschwerdeführer eine auf § 52 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestützte Rückkehrentscheidung. Unter einem legte sie die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 und Abs. 2 FPG mit 14 Tagen fest.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 7. April 2001 unrechtmäßig in Österreich eingereist und habe am 9. April 2001 einen Asylantrag gestellt. Das Asylverfahren, während dessen er zum vorläufigen Aufenthalt nach asylrechtlichen Bestimmungen berechtigt gewesen sei, sei mit Wirksamkeit vom 9. April 2009 rechtskräftig "negativ entschieden". Seitdem halte sich der Beschwerdeführer nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer sei strafrechtlich unbescholten. Er verfüge im Bundesgebiet über keine familiären Bindungen. Seine Eltern und sein Sohn wohnten im Heimatland des Beschwerdeführers.

In ihrer rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde davon aus, das vor In-Kraft-Treten des FrÄG 2011 (1. Juli 2011) im FPG vorgesehene Rechtsinstitut der Ausweisung nach § 53 Abs. 1 FPG - eine solche wurde in erster Instanz noch mit Bescheid vom 15. November 2010 erlassen - sei seit In-Kraft-Treten des FrÄG 2011 nicht mehr im Gesetz vorgesehen. Anstelle einer solchen Ausweisung sei nunmehr gemäß § 52 Abs. 1 FPG eine Rückkehrentscheidung zu treffen, wobei im Berufungsverfahren auf Grund der "gebotenen analogen Anwendung der Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 14 FPG kein Einreiseverbot auszusprechen" sei.

Es sei sohin zu prüfen gewesen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG vorlägen. Da sich der Beschwerdeführer, der insbesondere über keinen Aufenthaltstitel verfüge, seit Abschluss des Asylverfahrens nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG vor.

Bezogen auf die Beurteilung nach § 61 FPG führt die belangte Behörde weiter aus, es treffe zwar zu, dass "die Ausweisung" vor dem Hintergrund der langen Dauer des Asylverfahrens und des damit verbundenen mehrjährigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet einen erheblichen Eingriff in sein Privatleben darstelle. Jedoch erweise sich dieser Eingriff als notwendig, um die in Art. 8 EMRK genannten Ziele, insbesondere die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, zu erreichen. Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers habe sich auf einen Asylantrag gegründet, der sich letztlich als nicht berechtigt erwiesen habe. Der Beschwerdeführer weise in Österreich keine familiären Bindungen auf. Die als erwiesen angenommenen Umstände - hierbei bezog sich die belangte Behörde offenkundig auf das im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Vorbringen des Beschwerdeführers - hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeiten "auf kulturellem sowie sportlichem Gebiet" stünden der aufenthaltsbeendenden Maßnahme gleichfalls nicht entgegen.

Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers - so die belangte Behörde bezugnehmend auf sein Vorbringen zu einer am 8. April 2009 erlittenen lebensgefährlichen Verletzung - habe sich nach seinen eigenen Angaben in solcher Weise gebessert, dass die Verletzung nicht als Hindernis für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung angesehen werden könne.

Weiters stünden auch die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers, die er sowohl durch Absolvierung der "A2- Prüfung" als auch im Rahmen der öffentlichen Verhandlung unter Beweis gestellt habe, nicht der Rückkehrentscheidung entgegen. Dies gelte auch für die zwischenzeitlich bestehende Lebensgemeinschaft. Sowohl der Erwerb der deutschen Sprache als auch die Aufnahme der Lebensgemeinschaft lägen in einer Zeit, in der der Beschwerdeführer auf Grund der in erster Instanz erfolgten negativen Erledigung des Asylbegehrens nicht davon habe ausgehen können, dass er im Rechtsmittelweg "in jedem Fall eine positive Entscheidung" erlangen werde. Auch die vorliegende Beschäftigungszusage könne keine anderslautende Entscheidung herbeiführen.

Sohin sei die in erster Instanz noch vor dem In-Kraft-Treten des FrÄG 2011 (nach dem damals geltenden § 53 Abs. 1 FPG) ausgesprochene Ausweisung mit der Maßgabe zu bestätigen gewesen, dass anstelle der Ausweisung eine Rückkehrentscheidung erlassen werde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

§ 52 Abs. 1, § 61 und § 125 Abs. 14 FPG (jeweils samt Überschrift) lauten:

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

2. Abschnitt

Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 61. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

  1. 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
  2. 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
  3. 4. der Grad der Integration;
  4. 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
  5. 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
  6. 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

    8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

    9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung deren Unzulässigkeit gemäß Abs. 3 festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung nach Abs. 1 vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung rechtfertigen würde.

Übergangsbestimmungen

§ 125. …

(14) Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 gelten als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

…"

Zunächst ist anzumerken, dass die belangte Behörde im vorliegenden Übergangsfall zu Recht in Anwendung der geltenden Fassung des FPG nach dem FrÄG 2011 (in Form einer sogenannten "Maßgabebestätigung") eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG erlassen hat und im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen ist, dass damit kein Einreiseverbot zu verbinden ist. Das ergibt sich zwar nicht aus der Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 14 FPG, weil sich diese Regelung nur auf rechtskräftige Ausweisungen bezieht, jedoch darf in diesen Fällen entgegen der Anordnung des § 53 Abs. 1 FPG - diese Bestimmung enthält nunmehr Regelungen zum Einreiseverbot - von der Berufungsinstanz kein Einreiseverbot erlassen werden, weil darüber in erster Instanz nicht abgesprochen wurde. Andernfalls würde somit die Sache des Berufungsverfahrens überschritten und dem Beschwerdeführer "eine Instanz genommen" werden (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 19. April 2012, Zl. 2012/21/0062, sowie dem folgend das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2012, Zl. 2011/21/0277, Pkt. 1). Vor diesem Hintergrund ist auch nicht erkennbar, dass insoweit im Gesetz eine mittels Analogie zu füllende Lücke vorhanden wäre.

Der Beschwerdeführer bestreitet die Richtigkeit der behördlichen Ausführungen, wonach er im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde über keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt hat, nicht. Es ist somit die behördliche Auffassung, der Beschwerdeführer halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, weshalb grundsätzlich gegen ihn nach § 52 Abs. 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen werden dürfe, nicht zu beanstanden, zumal auch nicht erkennbar ist, dass im vorliegenden Fall andere Bestimmungen zu sonstigen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen (arg.: "sofern nicht anderes bestimmt ist") zur Anwendung kämen.

Der Beschwerdeführer wendet sich allerdings gegen die von der belangten Behörde nach § 61 FPG vorgenommene Beurteilung. Er verweist in diesem Zusammenhang mit näherer Begründung darauf, dass er im Asylverfahren immer mitgewirkt und die jahrelange Dauer des Asylverfahrens nicht zu vertreten habe, dass er am 8. April 2009 eine lebensgefährliche Verletzung erlitten habe, an deren Folgen er immer noch leide; weiters auf seine Deutschkenntnisse, seine berufliche und sonstige soziale Integration sowie das Bestehen einer Lebensgemeinschaft mit einer Asylberechtigten.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner zu Ausweisungen gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF vor dem FrÄG 2011 ergangenen, aber auch für Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 1 FPG (in der Fassung des FrÄG 2011) maßgeblichen Rechtsprechung (vgl. dazu ebenfalls das bereits erwähnte hg. Erkenntnis 2011/21/0277, Pkt. 2) darauf hingewiesen, dass es zwar zutrifft, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt. Demgegenüber wurde in der bisherigen Judikatur aber auch bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden wiederholt von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich und damit von der Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung ausgegangen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden ausnahmsweise Ausweisungen (gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF vor dem FrÄG 2011) auch nach so einem langen Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. August 2011, Zl. 2008/21/0605, mit zahlreichen Nachweisen aus der hg. Rechtsprechung).

Von einem Fehlen jeglicher Integration kann aber im vorliegenden Fall, in dem sich der - unbescholtene - Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits mehr als zehneinhalb Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat, schon nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid keine Rede sein. Der Beschwerdeführer verfügt demnach über Kenntnisse der deutschen Sprache in hohem Ausmaß. Den im Verfahren von ihm vorgelegten Urkunden ist zu entnehmen, dass ihm im Rahmen seiner künstlerischen Tätigkeit auch eine berufliche Integration, die sich etwa in der Teilnahme an internationalen Kulturprogrammen und immer wiederkehrenden Beschäftigungen an der Wiener Volksoper manifestiert hat, gelungen ist. Vom Bestehen einer beruflichen Integration des Beschwerdeführers ist auch die belangte Behörde ausgegangen. Schon im Hinblick darauf hat die belangte Behörde den vorliegenden Sachverhalt rechtlich nicht richtig beurteilt.

Im Übrigen ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer familiäre Bindungen im Bundesgebiet abgesprochen hat, zumal sie selbst vom Bestehen einer aufrechten Lebensgemeinschaft in Österreich ausgeht. Das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben ist nämlich nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen beschränkt, sondern erfasst auch faktische Familienbindungen, bei welchen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben. Das hat die belangte Behörde verkannt, indem sie ungeachtet der festgestellten Lebensgemeinschaft von einem bloßen Eingriff in das Privatleben ausgegangen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2012, Zl. 2011/23/0263, mwN). Auch ein während eines unsicheren Aufenthaltsstatus entstandenes Familienleben hat vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass diesem überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte (vgl. auch dazu das soeben erwähnte Erkenntnis 2011/23/0263).

Vor diesem Hintergrund ist das während der langen Dauer des Aufenthalts in Österreich vom Beschwerdeführer aufgebaute Familien- und Privatleben von solchen maßgebenden Umständen gekennzeichnet, die die Erlassung einer Rückkehrentscheidung jedenfalls als unverhältnismäßig erscheinen lassen.

Da die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannt hat, dass sie ohne Bedachtnahme auf die Besonderheiten des hier vorliegenden Falles dem während des Asylverfahrens gegebenen unsicheren Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers eine derart überragende Bedeutung zugemessen und die Interessenabwägung darauf aufbauend zu Lasten des Beschwerdeführers vorgenommen hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Stellt sich aber die Erlassung einer Rückkehrentscheidung als nicht zulässig dar - für das fortzusetzende Verfahren ist im gegebenen Zusammenhang auf § 61 Abs. 3 FPG hinzuweisen -, kann auch der Ausspruch über die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise keinen Bestand haben.

Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 und 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 19. Juni 2012

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