VwGH 2012/10/0027

VwGH2012/10/002718.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des SR in B, vertreten durch Schwartz Huber-Medek & Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 27. Dezember 2011, Zl. E HG1/14/2010.006/005, betreffend Bewilligung zum Betrieb einer Filialapotheke (mitbeteiligte Partei: GO in O, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nußdorfer Straße 10-12; weitere Partei:

Bundesminister für Gesundheit), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §66 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 57,40 sowie der mitbeteiligen Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40, jeweils binnen zwei Wochen, bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird zunächst auf die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 2005, Zl. 2004/10/0185, und vom 14. Juli 2011, Zl. 2006/10/0016, verwiesen.

Mit Bescheid vom 11. Juni 2004 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (die Behörde erster Instanz) dem Beschwerdeführer über dessen Antrag vom 11. Juli 2003 die Bewilligung zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Filialapotheke mit der Betriebsstätte "N., K.-Platz 2" und dem Standort "Gemeinde N".

Am 26. Mai 2004 beantragte die mitbeteilige Partei bei der Behörde erster Instanz die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in N.

Der zuletzt über Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den erstbehördlichen Bescheid vom 11. Juni 2004 ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 12. Dezember 2005 wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. Juli 2011, Zl. 2006/10/0016, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Für das fortgesetzte Verfahren wies der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis abschließend (unter Punkt 2.2.) darauf hin, dass es nach Aufhebung des erstbehördlichen Bescheides Aufgabe der Erstbehörde sein werde, der im angeführten Vorerkenntnis vom 31. Jänner 2005 vertretenen Rechtsauffassung entsprechend unter einem über die Bewilligungsanträge der mitbeteiligten Partei und des Beschwerdeführers zu entscheiden, wobei letztere eine Verfahrensgemeinschaft bilden (zu welcher der Gerichtshof nähere Ausführungen tätigte).

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Dezember 2011 gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge und hob den Bescheid der Behörde erster Instanz vom 11. Juni 2004 - nach dem Wortlaut des Spruchs des angefochtenen Bescheides - gemäß § 66 Abs. 4 AVG "ersatzlos" auf.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Darstellung der Vorgeschichte und Wiedergabe der relevanten Bestimmungen - insbesondere aus, nach dem zitierten hg. Erkenntnis vom 14. Juli 2011 sei über die Bewilligungsanträge des Beschwerdeführers zur Errichtung einer Filialapotheke und der mitbeteiligten Partei zur Errichtung einer neuen Apotheke, welche eine Verfahrensgemeinschaft bildeten, in einem Verfahren abzusprechen; da dies nicht erfolgt sei, sei der bekämpfte Bescheid erster Instanz zu beheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, wobei sie die Abweisung der Beschwerde beantragt, allerdings von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen hat. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde wendet sich ausschließlich gegen die von der belangten Behörde vorgenommene ersatzlose Behebung des erstbehördlichen Bescheides und bringt dazu im Wesentlichen vor, aus der Begründung des - die ersatzlose Behebung gemäß § 66 Abs. 4 AVG aussprechenden - angefochtenen Bescheides lasse sich nicht ableiten, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung des Betriebes einer Filialapotheke wieder unerledigt und daher neuerlich von der Behörde erster Instanz meritorisch zu erledigen sei. Der angefochtene Bescheid habe daher zur Folge, dass die Behörde erster Instanz über den Antrag des Beschwerdeführers nicht mehr neuerlich entscheiden dürfe.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde allerdings nicht zum Erfolg.

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde in der Regel in der Sache selbst zu entscheiden. In bestimmten Fällen hat die Sachentscheidung der Berufungsbehörde auch in einer bloßen Kassation des angefochtenen Bescheides zu bestehen; dies dann, wenn nach der materiell-rechtlichen Situation die Erlassung eines Bescheides überhaupt unzulässig war oder während des Berufungsverfahrens unzulässig geworden ist und allein die Kassation eines solchen Bescheides den von der Rechtsordnung gewünschten Zustand herstellen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. April 2011, Zl. 2009/07/0124, mwN).

Liegt dem erstbehördlichen Bescheid ein Parteienantrag zugrunde, so hat die Berufungsbehörde in Handhabung des § 66 Abs. 4 AVG grundsätzlich über diesen Antrag eine Sachentscheidung zu treffen. Die ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides allein wird diesem Erfordernis in aller Regel nicht gerecht. Aus der Begründung des eine ersatzlose Behebung gemäß § 66 Abs. 4 AVG aussprechenden Berufungsbescheides kann sich allerdings eine Situation ergeben, wonach ein der Entscheidung zugrunde liegender Antrag wieder unerledigt, aber neuerlich von der Unterinstanz meritorisch zu erledigen ist (vgl. etwa wiederum das hg. Erkenntnis vom 28. April 2011, mwN).

Gerade dies ist bei dem angefochtenen Bescheid der Fall: Die belangte Behörde hat in dessen Begründung unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 14. Juli 2011 ausdrücklich hervorgehoben, über den (im Verfahren vor der belangten Behörde gegenständlichen) Bewilligungsantrag des Beschwerdeführers und jenen der mitbeteiligten Partei, die eine Verfahrensgemeinschaft bildeten, sei in einem Verfahren abzusprechen, weshalb der Bescheid der Behörde erster Instanz zu beheben sei. Davon ausgehend wurde der Beschwerdeführer durch die Beifügung des Wortes "ersatzlos" im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht in Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008; allerdings ist die Umsatzsteuer vom pauschalierten Schriftsatzaufwand iSd § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG bereits umfasst.

Wien, am 18. April 2012

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